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Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

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von Gesetzen bzw. Gesetzesänderungen (5)sowie von teilweise - gelinde gesagt - erstaunlichenErkenntnissen des VfGH ist.Der VfGH geht in seinem Erk über das Pensionsalteretwa als" unbestritten" davon aus,daß "Frauen bisher die Hauptlast der Haushaltsführungund Kindererziehung trugenund noch immer tragen, sodaß verheirateteFrauen ebenso wie Frauen, die in einer Lebensgemeinschaftmit einem Mann leben,vor allem aber Frauen, denen die Obsorgefür Kinder oder sonstige Angehörige obliegtund die überdies berufstätig sind, in der Regeleiner doppelten Belastung ausgesetztwaren und noch sind." (VfSlg 8871, 27.) Dasniedrigere Pensionsalter von Frauen aus diesemGrund beizubehalten hält der VfGH allerdingsnicht für sachlich ge<strong>recht</strong>fertigt. ImNachtarbeitsverbotserkenntnis argumentiert erfolgendermaßen: "Ein möglichst weitreichendesVerbot der Nachtarbeit für Frauenwird [ ... ] nach wie vor für notwendig gehalten.Daß das Ziel - Hintanhaltung der konkretenGefahr einer Mehrbelastung durchNachtarbeit - ge<strong>recht</strong>fertigt ist, steht außerZweifel". Es sei Aufgabe des Gesetzgebers,ob der den (noch) für erforderlich gehaltenenSchutz gewährt und damit indirekt "dieüberkommene Rollenverteilung zwischenden Geschlechtern verfestigt, oder die Angleichungder Lebensverhältnisse von Frauenund Männern auf Kosten eines verläßlichenSchutzes der gegenwärtig Betroffenenfür die Zukunft vorantreibt". (VfGH 1992)Bezeichnend ist auch das Magistraerkenntnis,dessen Essenz darin besteht, "daß der geschlechtsneutraleGebrauch der männlichenSprachform durch den Gesetzgeber zulässigist". (VfGH 1993)Recht als Instrument •••Bei allen Bestrebungen, Recht und (konventionelle)Moral zu trennen, sind doch vieleNormen und <strong>recht</strong>liche Institutionen sowiederen Auslegung Ausdruck einer patriarchalischenGesellschaftsordnung. Die <strong>recht</strong>swissenschaftlicheBetrachtung wiedcrum hatteund hat bestärkende Wirkung bzw., wennder Gesetzgeber allzu forsch die Gleichbe<strong>recht</strong>igungvoranzutreiben scheint, dämpfendeWirkung, was die Beförderung derGleichbehandlung von Frauen anbelangt.Als kleines Beispiel Koziol- WeIser, Grundrißdes bürgerlichen Rechts Bd. 2, über daseheliche Kind: "Die Eltern sollen [ ... ] in derAusübung der Recht und Pflichten einvernehmlichvorgehen (§ 144 ABGB)" Dazu folgendererhellender Kommentar der beidenAutoren: "Das Gesetz ist in seinem Bestreben,die Gleichstellung beider Elternteile(5) Vgl. nurbeispie/sweise Reformen in Privat<strong>recht</strong> (Familimreclltsrefonn),Straf<strong>recht</strong> (Vergewaltigung in derEhe) und Arbeits<strong>recht</strong> (Geser:G über die Gleichbehand­Itmgvoll Frau und Mann bei der Festsetzung des Entgelts(Gleichbehandlungsgesetz) BGBI 1979/108)(6) So ist etwa im noch ausfiihrlicher vorzustellenden B­GBG, BGBI.Nr. 100/1993, zwar eine FralIenquote fürNr 2/95herbeizuführen, über den vernünftig verstandenenGleichheitsgrundsatz hinausgegangen.Dadurch blieb offen, welcher Ehegattedie einzelnen Rechte und Pflichten gegenüberden Kindern wahrzunehmen hat, wennkein Einvernehmen erzielt wird .... Mit demGleichheitsgrundsatz wäre es durchaus vereinbargewesen, im Falle mangelnden Einverständnissesdie Pflege und Erziehungprimär der Frau, die Unterhaltsleistung hingegenprimär dem Mann zuzuweisen, einGedanke, dem das Gesetz ohnehin beim unehelichenKind gefolgt ist (vgl. § 166ABGB)." - Vereinbar wohl eher mit denherrschenden <strong>gesellschaft</strong>lichen Strukturenals mit dem Gleichheitsgrundsatz.Von manchen feministischen Kritikerinnenwird Recht aus diesen Gründen einer radikalenund fundamentalen Kritik als patriarchalischesHerrschaftsinstrument unterworfenund mit größter Skepsis betrachtet.Mir scheint es allerdings nicht angebracht,das Kind solcher Art mit dem Bade auszuschütten.Recht ist das <strong>gesellschaft</strong>lich wirksamsteInstrument, soweit es überhaupt einwirksames Instrumentarium zur Steuerungeiner Gesellschaft gibt. Gesetzliche Reformenhaben oft Vorreiterfunktion, sollen einZeichen dafür geben, daß sich eine Gesellschaftin einer bestimmten Richtung verändernsollte. Gerade die Gesetzgebung kannentscheidende und vor allem durchsetzbareImpulse kurz- und mittelfristiger Art setzen.Zwar stellt sich gerade bei progressiven Gesetzeswerkendas Problem, daß der reformerischeWille nicht durch ein entsprechendesSanktionensystem flankiert wird, was dieDurchsetzung der in den Normen verkörpertenIdeen faktisch hochgradig in Fragestellt.(6) Dennoch muß die Forderung nach<strong>recht</strong>lichen Reformen immer wieder anoberster Stelle stehen. Die durch Rechtsnormeneingerichteten Strukturen und Verfahrenhaben Schurzmantelfunktion und nochjede programmatische Norm hat <strong>gesellschaft</strong>licheSignalwirkung.••• das Bundes­GleichbehandlungsgesetzEinen Meilenstein in der Rechtsentwicklung- nicht nur inhaltlich, sondern auchsprachlich (in welchem Gesetz ist sonst von"B LI ndeskanzlerin oder Bundeskanzler" (7) dieRede?) - stellt das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz(B-GBG) dar, auf dessen Grundlageder vieldiskutierre Frauenförderungsplanfür das Wissenschaftsressort erlassenwurde. Heide Normensysteme illustrierenden vom österreichischen Gesetzgeber erkanntenHandlungsbedarf und sind einden öffeJltlich/!ll Di/!llst vorp:esdlliebeJl, bei deren Nichterreic/uillga//erd;Jlp:.\' kdll/: SflllktirJJleJlllormiert sind. Esist lediglith ein Be,irhts.l:ystelll fes/p:e/egt (§ 53).(7) § 53 Abs. 3 Hlilldes-G/dlhbehfllldllltlgsG(8) AusseJldllllg Zl/r Begtttachtllllg des Entwurfs eillesBUlldesgesetzes iibel' Gleichbehaliri/ltIlg IIlId FördeTltngVOll Frauen im BlI1ldesdietist Itlld übel' ÄlIderullgm desJURIDIKUMStudium & Berufdeutliches Signal für dessen Erkenntnis, daßdie fortdauernde Diskriminierung von Frauendurch formale Gleichbehandlung offensichtlichnicht zu beheben ist. Als Ziel desB-GBG wird die "Verankerung des Grundsatzesdes Gleichbehandlungsgebotes sowiebesonderer Förderungsmaßnahmen fürFrauen im Bereich des öffentlichen Dienstes"(H)angegeben. Für den Fall einer bestehendenUnterrepräsentation von Frauenwerden besondere Fördermaßnahmen fürFrauen angeordnet. § 42 schreibt etwa diebevorzugte Aufnahme von Frauen, diegleich qualifiziert sind (wie der beste männlicheBewerber) und § 43 die Bevorzugungvon Frauen beim beruflichen Aufstieg vor,wobei jeweils eine Quote von 40% als Zielangegeben wird.Quoten setzen an dem Punkt an, an demDiskriminierung sichtbar wird, das heißt, ander signifikanten Unterrepräsentanz vonFrauen: "Wenn in einer Gesellschaft, in derformale Chancengleichheit verwirklicht ist,eine auffällige Korrelation besteht zwischenden Inhabern gut und besser dotierter Stellen,Ämter und Funktionen auf der einenSeite und einer für diese Stellen, Ämter undFunktionen irrelevanten Eigenschaft, nämlichder des Geschlechts [ ... J, auf der anderenSeite, dann muß man annehmen, daß dieStrukturen dieser Gesellschaft die Diskriminierungeiner [ ... ] gesellsehaftliche[n] Gruppenfördern und unterstützen." (91 Da die Situationder Unterrepräsentation von Frauenschwerpunktmäßig auf den Führungsebenenin Wirtschaft und politischer Elite, besteht,muß sich eine Politik der Frauenförderungauf diese Bereiche besonders konzentrieren.Ob diese Politik nach Ansicht derBetrachterin oder des Betrachters des Einsatzesvon Quoten bedarf, wird davon abhängen,wie gravierend die strukturelle Diskriminierungeingeschätzt wird. Ein Plädoyerfür Quoten geht von zwei Prämissen aus: Erstenswird der Wert der Gleichbe<strong>recht</strong>igunghoch angesetzt und zweitens wird davonausgegangen, daß sich ohne Quoten im Blickauf <strong>gesellschaft</strong>liche Gleichbe<strong>recht</strong>igung sobald nichts ändern wirdyolDa das B-GBG Frauenquoten für den öffentlichenDienst vorschreibt, ist die Schlußfolgerungzulässig, daß diese vom Gesetzgeberals <strong>recht</strong>liches Instrumentarium anerkanntsind. Es besteht die Hoffnung, daßsich auch die VertreterInnen der RechtswissenschaftlichenFakultät dieser Anerkennunganschließen. Bislang gibt es allerdingskein Signal hinsichtlich der Notwendigkeitoder auch nur Wünschbarkeit von Quotenregelungen.Man kommt nicht umhin festzustellen,daß der Gesetzgeber zumindest inAusschreibungsgeserMs und Verwaltungsakademiegesetzes,GZ 141.210/1-//11/92,29.(9) Beate Rässler, Quotierung utld Ge<strong>recht</strong>igkeit: EitlÜberblick über die Debatte, in: Rossler(Hrsg.), Quotierungund Ge<strong>recht</strong>igkeit. Eitle moralphilosophische Kontroverse,Frankfmt/Maitl - New York 1993, 7-28, 8.(10) Rössler, 1993, 10.Seite 43

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