den harten Vollzug und persönliche Entlastungentlang der Selbstinszenierung derverantwortlichen Politiker zu verbinden erwiessich als vielleicht effizienteste Entlastungsstrategie.Doch damit nicht genug: Im Lauf derZeit schuf der mitleidlose, vielfach offenbarsystematisch mißbräuchliche Vollzug((,) einUmfeld, in dem sich buchstäblich niemanddem Wissen um die immanente Gewalt entziehenkonnte. Jenseits aller Inszenierungengewöhnten sich Österreicherinnen undÖsterreicher an die aus eigener (mittelbarer)Erfahrung bekannten drastischen "Nebenwirkungen"der neuen, eben nicht nur erklärtermaßengewaltbereiteren Politik.Dies mag mit einem zweiten Effekt derdifferenzierten Inszenierung von Gewaltbereitschaftzusammenhängen: Das Zusammenspielvon vorbereitender Präsentation,nachvollziehender Tat und beschwichtigenderKommentierung wurde auch als direkteDemonstration einer neuen Macht desStaatsapparats erlebt. Wie jede Manifestationrepressiver politischer Macht lud auchdiese zu persönlicher Regression, etwa inForm von Resignation und Apathie ein.Zur ursprünglich breiten Akzeptanz derAsyl- und Fremdenpolitik mag auch beigetragenhaben, daß• die dauernde Berufung auf krisenhafteEntwicklungen (sei es an der Grenzenach Ungarn, sei es im 15. Bezirk) undderen "Überwindung" ein systematischüberzeichnetes Bild von den Risken derMigration zeichnete,• die öffentliche politische Rückendeckungauch für Übergriffe undMißbrauch im Sicherheitsapparat ein Gefühlpersönlicher Ohnmacht erzeugenmußte (und sollte),• die akzentuierte Verknüpfung einer Vielzahlvon Verunsicherungen (Arbeit, Wohnen,Sicherheit) mit dem Thema Zuwanderungzur "Einsicht in die Notwendigkeit"beitrug oder zumindest zum Fatalismusverführte.Die Nationalratswahl ist geschlagen, überdas Zwischenergebnis in der politischen undideologischen Auseinandersetzung sind wenigWorte zu verlieren. An Darstellungender Folgen dieser Politik für direkt betroffeneMenschen mangelt es ebensowenig wiean Bemühungen, die schlimmsten Härtendes Systems zu mildern. Selbst die Hoffnungauf die Wiederherstellung <strong>recht</strong>staatlicherZustände ist noch nicht notwendigerweiseverloren zu geben.'13 . ... und die FolgenGerade in Hinblick auf die weiteren Stationender politschen Auseinandersetzung umForm, Gehalt und Ziel der aktuellen und zuerwartenden Mobilisierungen wären allerdingseinige Anmerkungen zu den längerfristigenWirkungen des eingeschlagenenWeges anzubringen. Ich möchte mich dabeian den skizzierten Rahmen von Mobilisierung,Integration und soziale Repräsentationenhalten und muß aus Platzgründen aufeine systematischere Auseinandersetzungverzichten.3.1. Soziale RepräsentationenWenn Menschen überhaupt von Regierenden beeinflußtwerden, dann folgen sie dem, was die Regierendentun, nicht dem, was die Regierenden sagen.Die Reformulierung sozialer Repräsentationenvollzog sich auf zwei Ebenen: bewußtneu (und negativ) interpretiert wurden Be-JURIDIKUMgriffe wie Fremde, AusländerInnen usw.Hier muß ein Hinweis auf die damit in Kaufgenommene und vielfach dokumentierte destruktiveDynamik genügen.Die zweite Verschiebung betraf - teilsgewollt, teils ungewollt - die sozialen Repräsentationender VertreterInnen der neuenPolitik sowie der Institutionen, die sie vollzogenbzw. mittrugen. Es kann nicht verwundern,daß mit der Zeit vor allem die unerwarteteSkrupellosigkeit in Inszenierung,Umsetzung und Verteidigung der neuen Politikdie Wahrnehmungen der AkteurInnenzu prägen begann - und dies durchaus inbeide Richtungen. Ich kann hier nur drei fürmich besonders interessante Punkte herausgreifen:3.1.1. Demoralisierung: Verweigerte Solidaritätund verdrängte Menschlichkeit gegenüberden Betroffenen sind eine bewußte(wenn auch subjektiv vielleichtnur temporäre) Entscheidung gegen humanistischeTraditionen. Die gegen alleAppelle durchgehaltene Entsolidarisierungführt zur dauerhaften Enttäuschungüber den Stellenwert von Toleranz undHumanität in dieser Gesellschaft.3.1.2. Desintegration: Der drastisch vorgelebtetaktisch motivierte Verzicht auf moralischePrinzipien nimmt den Repräsentantender (ehemaligen) Volksparteiendas wichtigste Integrationsinstrumentariuminnerhalb des jeweiligen politischenSpektrums. Warum aber sollen einzelneInteressensgruppen bzw. Personen beitaktischem Bedarf nicht nach denselbenmenschenverachtenden Prinzipien handeln?3.1.3. Enthumanisierung: Der andauerndeMißbrauch von Begriffen, Wendungenund Argumentationen, die mit humanistischenPositionen verknüpft sind, bewirktihre schleichende Um- und damit Entwertung.Gerade die gewollte Hohlheitgroßkoalitionärer Beschwichtigungengerät unversehens zur Hohlheit jeglicherhumanistisch inspirierter Argumentation.Typischerweise wird die Diskussion inRandbereiche und Positionen abgedrängt,die bereits eine vorweggenommene Anerkennungdes status quo oder auch eine stilleKomplizenschaft zu suggerieren scheinen. Indiesem Klima kann in einer Erregung überbewußte Manipulationen auch die stille Einsichtin deren Notwendigkeit vermutet werden.In der mahnenden Erinnerung kann etwashilflos Nostalgisches, in der Auseinandersetzungmit konkreten Mißständen etwasNaives, in der Einforderung elementarer(Menschen)Rechte etwas Resignatives unhintergehbar mitschwingen.Die Akzentverschiebungen in den sozialenRepräsentationen zentraler Personenund Institutionen müssen in vielfacher Formderen Integrations- und (im Falle konstruktiverIntentionen) Kommunikationsfahigkeit(6) vgl. etwa die aktuelle Studie des UNHCR.Nr 2/95
_______________ Desintegrationbeeinträchtigen. Der Weg zu weiteren Polarisierungenscheint vorgezeichnet.3.2. ReintegrationStrenge Gesetze und harte Strafen sind nicht dasWerk wahrhaft herrschender Könige.Implementation und Stabilisierung des skizziertenSystems verlangten (und verlangen)drastische Interventionen in das demokratischeGefüge der nunmehr alten (noch: zweiten)Republik. Bei aller partieller Transparenzerfordert schon die Auf<strong>recht</strong>erhaltungdes Systems den systematischen Rückgriffauf Mittel der Täuschung, Verleugnung und- wo möglich - der Repression.Für viele Menschen ist damit im politisch-administrativenSystem die beängstigendeKonfrontation mit Instrumenten undMechanismen einer derartigen Kampagneverbunden. Eine nicht zu unterschätzendeZahl wird in persönliche moralische Konfliktegetrieben, andere müssen zumindest mitdem Wissen um das Vorgehen von Behördenund PolitkerInnen leben.'Die Verarbeitung dieser individuell nichtlösbaren Konflikte kann z.B. über persönlicheRegression (Unterwerfung unter undAnlehnung an die Obrigkeit), Verdrängungoder Leugnung (mit intensiver Anlehnungan die herrschende Ideologie) erfolgen. Esist allerdings schwer vorstellbar, auch beiweitgehender" Reparatur" des Anlaßfalleswieder zum status quo ante zurückzukehren.Damit geht eine Akzentverschiebungstaatlicher Integrationsmechanismen einher:offene, reformorientierte Mechanismen werdenzunehmend durch strukturkonservierendeund zumindest partiell durch klar an Repressionorientierte Verhaltensmuster abgelöst.Hier muß der Verweis etwa auf dasVerhalten des Innenminister(ium)s gegenüberParlament, Regierung und Partei oderdie veränderte Rolle von Polizei und Gerichtenim Vollzug des Asyl- und Fremden<strong>recht</strong>sgenügen.Das Verblassen des Kontexts, innerhalbdessen humanistische Positionen überhauptformulierbar sind, schwächt dabei schon vorabdie Position demokratischer, pluralistischenWerten verpflichteter Politikerlnnenund Institutionen.3.3. Mobilisierung... Dies heißt sich in der Formlosigkeit verbergen.Wer kiinnte M eisterschajt über die Form erlangen,der sich nicht in der Formlosigkeit zu verbergenwüßte/'Die vermutlich interessantesten Auswirkungenwerden Design und Vollzug des AsylundFremden<strong>recht</strong>s allerdings auf die Möglichkeitenund Instrumente der politischenMobilisierung in dieser Gesellschaft haben.Die unhintergehbare Neuerung liegt nichtso sehr in der Repression an sich (es gibt vermutlichin turbulenten politischen Zeitenkeine Königswege), sondern in Stil und Gehaltder sorgsam inszenierten Präsentation.Nr 2/95Der bewußte ({iiel,!,.!'iIT auf Formen derVergemeinschaftllll,l'" dl'l Illtegration überFreund-Feind SchclIlala 1IIId welln nötigRepression, der Appell :111 cill nationales,,\Vir" in AbgrenzlIlll', 111 .11'11 "allderen", alldas ist nicht etwa Polilik dt'r F lind andererBewegungen im lillkl'll IllId <strong>recht</strong>en politischenSpektrum (das lIal i!dich auch), sondernTeil der medialeIl l'I:lS('lltatioll von Innenministerund Blllllksk:lll/kr dieser Republik.Dabei wird CiIH' I',all/l' (;esellsehaftals Geisel genomllll'll: NIl'llialid kann unddarf sich der Veranlll'olll'lll: J'ilr das elltziehen,was in enrw:ilTIII'IIl111l 1'''1111