Blickpunkt Ausgabe 2-2011 - DJV Thüringen
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Meinung Nachrichten Medien Internes Personalien<br />
Medienperversionen<br />
ein Effekt“), so dass ältere Zuschauer oft Mühe<br />
haben, überhaupt zu folgen, von völlig unmotiviert<br />
zerteilten Dokumentar-Kurzporträts, viel zu<br />
kurzen Schrifteinblendungen und einer (besonders<br />
in Nachtstunden) absolut unverschämt verstärkten<br />
Lautstärke bei Werbeeinblendungen gar<br />
nicht zu reden.<br />
Früher war ja sowieso immer alles viel besser!<br />
Manchmal stimmt es sogar. Durch das<br />
Privatfernsehen und die „Jahrhunderterfi ndung“<br />
Computer mit allen bekannten und noch nicht<br />
bekannten Konsequenzen hat sich die Medienlandschaft<br />
total verändert. In einem erbarmungslosen<br />
Konkurrenzkampf geht es nur noch um<br />
Quoten und Aufl age, ums nackte Überleben. Die<br />
Konsequenz: Waren früher Neutralität, Objektivität,<br />
eine gründliche Recherche und vor allem<br />
Seriosität mit wenigen Ausnahmen fast selbstverständlich,<br />
dominieren heute ganz andere Kriterien:<br />
Spektakuläre, oft konstruierte Gegensätze,<br />
Übertreibungen und Emotionen auch auf Kosten<br />
der Privat- und Intimsphäre werden<br />
hemmungslos „ausgewertet“.<br />
Auch dass es z. B. kaum noch eine<br />
Talk-Show ohne Eigenwerbung für<br />
diverse Neu- und Alterscheinungen<br />
(Bücher, Veranstaltungen, eigene Sendungen,<br />
Tourneen, DVDs, Filmpremieren<br />
oder sonst was) gibt, wird schon<br />
als selbstverständlich hingenommen.<br />
Das war früher undenkbar! Dafür<br />
müssen im Printbereich Kommentare<br />
redaktionell „abgestimmt“ sein.<br />
Die aktuellen „Unterhaltungs-<br />
Shows“ wie Big Brother, Dschungel-Camp,<br />
Topmodel, Superstar, Let´s<br />
Dance, Song-Contest usw. verlieren<br />
jedwede Glaubwürdigkeit durch inszenierte<br />
„Zwischenfälle“, bestellte<br />
Claqueure und oft „ausgesuchte“ Gewinner, für<br />
die politisch und wirtschaftlich gerade Bedarf ist<br />
oder die am besten zu vermarkten sind, oft zu<br />
Lasten der wirklich Besten – wobei Manager und<br />
Werbestrategen manchmal nicht berücksichtigen,<br />
dass der Konsument mittlerweile auch schon<br />
mal durchschaut, wenn eine zunächst durchaus<br />
positive Eigenschaft (z. B. Authentizität) zur kalkulierten<br />
Masche wird („unsere“ Lena!).<br />
Und dass nach einer einmaligen, fast einstimmig<br />
medialen Guttenberg-Vernichtung nur<br />
ganz vereinzelt in Nebensätzen, die nicht nur<br />
unrühmliche, sondern skandalöse Rolle der Uni<br />
Bayreuth (750.000-3-Spende – summa cum laude<br />
für die „indiskutable“ Dissertation!) erwähnt<br />
wird, zeugt auch nicht unbedingt für fairen und<br />
investigativen Journalismus. Auch Filmproduktionen<br />
neueren Datums wirken oft zusammenhanglos,<br />
zerhackt, unübersichtlich („jede Szene<br />
Foto: Archiv<br />
Wolfgang Avenarius,<br />
Fernsehjournalist und<br />
Filmemacher, ist seit<br />
40 Jahren anerkannter<br />
Sportfachmann und lebt<br />
als freier Journalist in<br />
Frankfurt<br />
Vor allem aber auch im Sport ist Fairness<br />
schon immer eines der wichtigsten Kriterien,<br />
Voraussetzung und Grundsatz gewesen! Leider<br />
mittlerweile nicht mehr im begleitenden Medienbereich.<br />
Aktuelles Beispiel ist der spektakuläre<br />
Trainertausch bei Eintracht Frankfurt. Da wird ein<br />
Trainer bei Verpfl ichtung und Antritt<br />
fast einstimmig gefeiert und mit großen<br />
medialen Erwartungen bestätigt,<br />
weil seine Art zu arbeiten, bekannt ist<br />
und natürlich nichts anderes erwartet<br />
wird. Da die Mannschaft desolater,<br />
untrainierter, ja fast lethargischer war<br />
als erwartet, er bei mindestens zehn<br />
fast 100-prozentigen Chancen die Tore<br />
nicht selbst schießen und Schiedsrich-<br />
ter-Entscheidungen nicht beeinfl ussen<br />
kann, hat er am Ende alles falsch gemacht<br />
und ist der Versager schlechthin,<br />
der eigentlich abgewirtschaftet hat.<br />
Wunderbar. Dass nur der Erfolgreiche<br />
am Ende immer recht behält – und umgekehrt<br />
–, ist zwar eine Binsenweisheit,<br />
aber eine halbwegs faire Analyse sollte<br />
das eigentlich nicht ausschließen.<br />
Auch wird über Randerscheinungen mittlerweile<br />
oft intensiver, spektakulärer und aufwendiger<br />
berichtet als über das Ereignis selbst.<br />
Das gilt für Transfers, Spielerfrauen und entsprechende<br />
Begleiterscheinungen, die schwachsinnige,<br />
mittlerweile fast kultige und natürlich<br />
gesponserte Bierdusche ebenso wie Randale<br />
und Ausschreitungen von Ultras und Hooligans,<br />
die mit Sicherheit erst durch die intensive<br />
Medienpräsenz ihre Motivation und Intensität<br />
erhalten.<br />
Nichts gegen berechtigte Feierlaune von<br />
Spielern, Verantwortlichen und Fans bei<br />
Meisterschaft und Pokalsieg. Aber dass die ARD<br />
stundenlang Saufen, Grölen und immer wieder<br />
dieselben Gesänge und Statements überträgt,<br />
werden viele Sportverbände, die um jede (existenziell<br />
wichtige) Sendeminute kämpfen, besonders<br />
registriert und es wird sie „erfreut“ haben.<br />
2/<strong>2011</strong> 13