01.12.2012 Aufrufe

Blickpunkt Ausgabe 2-2011 - DJV Thüringen

Blickpunkt Ausgabe 2-2011 - DJV Thüringen

Blickpunkt Ausgabe 2-2011 - DJV Thüringen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Aktuell Nachrichten Medien Internes Personalien<br />

gelesen bei nachbarn<br />

Foto: BJVreport<br />

38 2/<strong>2011</strong><br />

Bayerischer Journalisten-Verband:<br />

Verleger wollen an Google mitverdienen<br />

Die Verleger fordern ein eigenes<br />

Leistungsschutzrecht. Sie wollen<br />

an Links und Ausschnitten auf den<br />

Seiten von Suchmaschinen wie<br />

Google mitverdienen. Bei einer<br />

BJV-Podiumsdiskussion im Münchner<br />

Presseclub ging es um die<br />

Frage, inwieweit auch Journalisten<br />

davon profitieren könnten. Hier<br />

(ein gekürzter) „BJVreport“-Beitrag<br />

von Maria Goblirsch:<br />

Die Miene von Verlegerjustiziar<br />

Professor Robert Schweizer sprach<br />

Bände. Mehrmals verzog er während<br />

der Podiumsdiskussion die<br />

Mundwinkel, als hätte er gerade in<br />

eine saure Zitrone gebissen. Dabei<br />

war die Kost, die ihm die Kritiker<br />

servierten, bestens gewürzt. „Die<br />

großen Verlage, die am lautesten<br />

nach einem Leistungsschutzrecht<br />

schreien, haben die größten<br />

Gewinne“, legte etwa der Kölner<br />

Medienexperte und Rechtsanwalt<br />

Georg Nolte dar. Er nannte den von<br />

den Verlegern präsentierten Entwurf<br />

„hanebüchend“ und stellte fest: Nur<br />

mit Kaffeesatzleserei ließe sich herausfi<br />

nden, was die Verleger konkret<br />

vorhätten. Nämlich eine Flatrate,<br />

die alle gewerblichen Nutzer zahlen<br />

müssten, wenn sie sich bisher freie<br />

Inhalte aus dem Internet herunterladen<br />

oder ausdrucken. Auch freie<br />

Journalisten!<br />

Im Kern geht es darum, dass die<br />

Verlage künftig im Internet mitverdienen<br />

wollen, dass ihre Leistung<br />

als Vermittler von Informationen<br />

gesetzlich geschützt und honoriert<br />

wird. Die Meinungen dazu waren<br />

auf dem Podium sehr geteilt. „Die<br />

Googles und Apples dieser Welt essen<br />

ein großes Stück des Kuchens,<br />

den sie nicht selbst gebacken<br />

haben. Wir müssen das Problem lösen,<br />

dass sich da jemand die Früchte<br />

der Arbeit von vielen anderen zu<br />

eigenen Businesszwecken nutzbar<br />

macht“, sagte Angelika Niebler,<br />

Parlamentarische Geschäftsführerin<br />

der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen<br />

Parlament.<br />

Wer erwartet hatte, dass Verlegerjustiziar<br />

Schweizer endlich die Katze<br />

aus dem Sack lassen und Details<br />

auf den Tisch legen würde, wurde<br />

enttäuscht. Er schwieg auf die<br />

Frage, ob denn auch freie Journalisten<br />

künftig für die Nutzung von<br />

Internet-Inhalten zahlen müssten.<br />

Er schwieg auch zur Frage, um welche<br />

Geldsummen es bei den neuen<br />

Erlösen eigentlich geht. Kritiker<br />

sprechen von über 150 Mio. Euro<br />

im Jahr.<br />

Der Burda-Justiziar Schweizer nahm<br />

für sich in Anspruch, „zu 80 Prozent<br />

auch für die Journalistenseite<br />

zu sprechen“. Es könne nicht länger<br />

so bleiben, dass die Verlage kostenlos<br />

Inhalte ins Netz stellten, und<br />

andere daran verdienten, während<br />

der Qualitäts-journalismus auf der<br />

Strecke bleibe.<br />

Das Bild von Verlegern und Journalisten<br />

treu Seit‘ an Seit‘ trübte<br />

der Kölner Medienrechtsprofessor<br />

Peifer, der in dem neuen Verleger-<br />

Schutzrecht „mehr Schaden als<br />

Nutzen“ sieht. Es erschwere die<br />

Arbeit der Urheber, die eine Lizenz<br />

erwerben müssten, wenn sie zu Re-<br />

cherchezwecken Beiträge aus dem<br />

Internet kopieren oder ausdrucken.<br />

Nutznießer des geplanten Schutzrechtes<br />

seien eindeutig die Verleger.<br />

„Und der Journalist kann nur hoffen,<br />

dass er mittelbar profi tiert, wenn die<br />

Verleger reicher werden“, kritisierte<br />

Peifer. Diese Hoffnung hegten die<br />

Urheber seit etwa 200 Jahren, aber<br />

„so richtig erfüllt hat sich diese<br />

Hoffnung bis heute nicht“. Auch<br />

mit der Reform 2003 habe man<br />

den Urhebern eine angemessene<br />

Vergütung für ihre Werke versprochen,<br />

die Praxis sehe ganz anders<br />

aus. „Wenn wir hier von Fair Share<br />

sprechen, dann sollte das doch in<br />

beide Richtungen funktionieren“,<br />

mahnte Peifer. Als „Gefangene<br />

des Leistungsschutzrechtes“ sieht<br />

Dieter Frey, Fachanwalt für Medienrecht,<br />

die Journalisten, weil dieses<br />

eine Zweitverwertung von Beiträgen<br />

erheblich erschwere oder ganz<br />

unmöglich mache. Der Urheber<br />

müsste sich in Zukunft jeweils von<br />

seinem Verleger zuerst eigens ein<br />

Nutzungsrecht einräumen lassen,<br />

bevor er seinen Text einem weiteren<br />

Auftraggeber anbieten könne. Ein<br />

Unding. Der Medienexperte sieht<br />

einen Widerspruch darin, dass die<br />

Verleger erst frei zugängliche Inhalte<br />

ins Internet stellen, um dann später<br />

für deren Nutzung zu kassieren.<br />

Die Frage bleibt: Bekommen die<br />

Journalisten ein ausreichend großes<br />

Stück vom Geld-Kuchen ab? Oder<br />

bleiben sie einmal mehr auf der<br />

Strecke, wenn die Verlage Gewinne<br />

einstreichen? BJV-Geschäftsführerin<br />

Jutta Müller stellte bei der Podiumsdiskussion<br />

klar: BJV und <strong>DJV</strong> sagen<br />

nur „Ja“ zu einem neuen Leistungsschutzrecht<br />

für Verleger, wenn die<br />

Urheber auch angemessen an den<br />

neuen Einnahmen beteiligt werden.<br />

„Wir denken da an eine Größenordnung<br />

von etwa 50 Prozent“,<br />

sagte die Rechtsanwältin. „Es muss<br />

zudem sichergestellt sein, dass die<br />

Recherche für freie Journalisten<br />

nicht erschwert wird, und sie für<br />

die Nutzung von Inhalten aus dem<br />

Internet nicht zur Kasse gebeten<br />

werden.“<br />

Volker Hummel

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!