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Willi Volka - Interessengemeinschaft deutschsprachiger Autoren eV

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Das Wetter ist noch immer schön, und ich<br />

bin inzwischen bei der sechsten oder<br />

siebenten Geschichte angelangt. Ich weiß es<br />

nicht einmal genau, weil ich die Trostlosig‐<br />

keiten nicht mitgezählt habe – immer in der<br />

Hoffnung, dass sie endlich zu Ende gehen<br />

würden. Und während ich bisher fest davon<br />

überzeugt war, dass meinem Autor doch<br />

bald, sehr bald die Wendung zu einem ganz<br />

anderen Stoff gelingen könnte, bin ich in‐<br />

zwischen nur noch neugierig darauf, ob er<br />

sie überhaupt schafft. Bis zur Hälfte des<br />

Buches jedenfalls gab es kein Anzeichen<br />

dafür!<br />

Deshalb ist es ganz unverständlich, dass<br />

ich diesen elenden Schmöker noch immer<br />

nicht fortgeworfen habe! (Ich merke, wie es<br />

mich reizt, mit den Zähnen zu knirschen!)<br />

Bücherleser sind merkwürdige Leute. Ich<br />

habe soeben gemerkt, dass ich mit der<br />

siebenten Geschichte schon über die Mitte<br />

des Buches hinaus bin. Jetzt aber werde ich<br />

es jedenfalls zu Ende lesen. Ich mag halb‐<br />

gelesene Bücher nicht! Und ich habe an dem<br />

Spinat, den ich als Kind nicht ausstehen<br />

konnte und den ich trotzdem nicht halb‐<br />

gegessen liegen lassen durfte, die not‐<br />

wendige Disziplin auch den abwegigsten<br />

Yvonne Höller<br />

D<br />

ie Poesietherapie ist keine eigene<br />

Psychotherapieform. Sie ist vielmehr<br />

ein Instrument, das in der Behandlung<br />

psychischer Störungen eingesetzt werden<br />

kann und ist zumindest unter diesem<br />

Namen weitgehend unbekannt. Aber sehr<br />

viele Therapeuten bitten ihre Klienten, ihre<br />

Gefühle und Erlebnisse aufzuschreiben.<br />

Dabei handelt es sich nicht nur um<br />

Protokolle sondern auch um die Anregung,<br />

sich kreativ mit dem Erleben der Psyche<br />

auseinanderzusetzen. Außerdem schreibt<br />

ESSAY<br />

POESIETHERAPIE UND EMETOPHOBIE<br />

IGdA‐aktuell, Heft 1 (2009), Seite 27<br />

Sachverhalten gegenüber gelernt. Schon auf<br />

den letzten Seiten ist mir der Gedanke ans<br />

Aufhören gar nicht mehr gekommen, ob‐<br />

wohl sich der Inhalt der Geschichten und ihr<br />

Stil nicht entscheidend geändert haben.<br />

Vielleicht ist mein Entschluss eine Art<br />

Trotzhandlung oder ein Aufbegehren da‐<br />

gegen, dass soviel gedruckte Trostlosigkeit<br />

aus einem geduldigen Leser einen zornigen<br />

machen könnte und zuletzt einen ver‐<br />

zagenden.<br />

Nein, ich will das Buch schließlich mit der<br />

letzten Seite zuklappen können, im Gefühl,<br />

es geschafft zu haben. Das ist zwar un‐<br />

gemein töricht, mindestens angesichts des<br />

wunderschönen Wetters draußen und wenn<br />

man zudem sicher sein kann, dass aus<br />

diesem KELLER hier kein Gottfried werden<br />

wird und wahrscheinlich nicht einmal ein<br />

Paul, und dass man deshalb keine welt‐<br />

literarische Lücke zurück behalten würde,<br />

wenn man sein Werk nicht gründlich<br />

kennte, aber –<br />

Bleibt einzig und allein die Hoffnung,<br />

dass der Autor doch noch ein neues Thema<br />

finden könnte, vielleicht in den beiden<br />

letzten Geschichten.<br />

doch ein beträchtlicher Anteil der <strong>Autoren</strong><br />

und Schriftsteller nicht zuletzt, um sich<br />

etwas von der Seele zu schreiben. Die<br />

„Kunst um der Kunst willen“ ist selten in<br />

dieser reinen Form präsent, vielmehr<br />

handelt es sich oft um eine persönliche Mit‐<br />

teilung oder Aufarbeitung des Künstlers.<br />

Letztendlich kann auch das Führen eines<br />

Tagebuches als Poesietherapie gesehen<br />

werden.<br />

So kam es, dass ich in einer von mir ge‐

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