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2 Schweiz<br />
WOZ Nr. 49 9. Dezember 2010<br />
hauSmItteIlungen<br />
ein Glücksfall für die WoZ<br />
Am Telefon begrüsst Sie schon seit einer<br />
Weile häufig unser Praktikant Vasco Rasi.<br />
Vasco absolviert im WOZ-Verlag ein kaufmännisches<br />
Praktikum, im nächsten Sommer<br />
wird er die Berufsmatur machen, und Fussball<br />
spielen kann er auch! Wir freuen uns,<br />
dass Vasco uns noch mindestens bis zu den<br />
Sommerferien 2011 unterstützen wird!<br />
Verspätete herbstaktion<br />
Sechsmal die WOZ gratis für Ihre Lieben<br />
haben wir Ihnen versprochen, und viele von<br />
Ihnen haben uns drei Adressen geschickt.<br />
Nun bitten wir herzlich um Nachsicht und<br />
Geduld: Der Erfolg der Aktion ist gross, und<br />
wir kämpfen uns noch immer durch die<br />
gigantischen Adressberge. Aber bis in zwei<br />
Wochen sollten alle Beschenkten ihre erste<br />
Gratis-WOZ erhalten haben.<br />
Klimatisches<br />
«Klimapolitik und Umweltschutz – eine<br />
ökonomische und politische Krise?»: Unter<br />
diesem Titel gibt es am Sonntag, 12. Dezember,<br />
um 11 Uhr eine Podiumsdiskussion<br />
im Klimasaal der Ausstellung «2 Grad» im<br />
Basler Kunstfreilager Dreispitz. Mit dabei:<br />
Professor Lucas Bretschger (ETH Zürich),<br />
Gabi Hildesheimer (Öbu – Netzwerk für<br />
nachhaltiges Wirtschaften), Jörg Krähenbühl<br />
(Regierungsrat BL) und der Klima spezialist<br />
und regelmässige WOZ-Mitarbeiter Marcel<br />
Hänggi. Die Moderation übernimmt «Tagesanzeiger»-Redaktor<br />
Martin Läubli.<br />
Die WoZ hören<br />
«Hören ist die Aussaat Gottes. Die Frucht<br />
der Saat ist unser Tun» schrieb der römische<br />
Philosoph und Kirchenlehrer Augustinus<br />
von Hippo. AtheistInnen, die nur<br />
grob ahnen, was er da<strong>mit</strong> gemeint haben<br />
könnte, hilft es, sich auf der WOZ-Website<br />
www.woz.ch/hoertext umzuhören:<br />
• Der überwachte Überwacher: Warum die<br />
Bundespolizei einen Mitarbeiter observiert,<br />
wenn der sich «unnatürlich verhält»<br />
• Der kranke Wettbewerb: Basel will die<br />
öffentlichen Krankenhäuser privatisieren, in<br />
Zug wird über eine Rückkehr zum alten Modell<br />
abgestimmt.<br />
Die Texte werden gelesen und zur<br />
Verfügung gestellt von der Schweizerischen<br />
Bibliothek für Blinde, Seh- und<br />
Lesebehinderte. www.sbs-online.ch<br />
dIeSSeItS von gut und böSe<br />
Wird alles wieder gut<br />
In der Unterhaltungssendung «Wetten,<br />
dass …?» kam es am Samstagabend völlig<br />
unerwartet zu einem schweren Unfall. Dabei<br />
wollte der junge Mann bloss auf Hüpfstelzen<br />
<strong>mit</strong> einem Salto über fahrende Autos gumpen<br />
– kann man sich ja vorstellen, wie viel<br />
Spass das macht!<br />
Erwartungsgemäss quollen anschliessend<br />
aus allen Medien moralische Exkurse<br />
über die ständig wachsende Risikobereitschaft<br />
von Fernsehanstalten auf Quotenjagd,<br />
und Moderator Thomas Gottschalk<br />
kündigte an, man wolle das Sendekonzept<br />
überdenken und die Wetten entschärfen.<br />
Schade! Den Hals kann sich schliesslich<br />
auch brechen, wer über die Teppichkante<br />
stolpert.<br />
Dem Kommentator im «Tages-Anzeiger»<br />
war sofort klar, dass ihm die Sendung<br />
so zu langweilig würde: «Statt ‹Wetten,<br />
dass …?› zu schauen, besucht man dann<br />
vielleicht Freunde, lädt die Nachbarn ein<br />
oder spielt <strong>mit</strong> den Kindern. Es gibt so viel,<br />
was man an einem Samstagabend tun kann.»<br />
Etwa S-Bahn-Surfen oder Komasaufen.<br />
Im Übrigen war das Timing des Unfalls<br />
einfach brillant: Fast am gleichen Tag fuhr<br />
Daniel Albrecht erstmals seit seinem Schädel-Hirn-Trauma<br />
wieder ein Skirennen. Na,<br />
geht doch! Nach einem Weilchen im künstlichen<br />
Koma kann jeder wieder auf die Beine<br />
kommen – er muss nur wollen. K ho<br />
In eIgener Sache<br />
Post von der Post<br />
Von Roman SchüR mann<br />
Trägt die WOZ zur Meinungsvielfalt im Land bei?<br />
Zur Pressevielfalt? Ist ihr Erhalt also von <strong>dem</strong>okratie-<br />
und staatspolitischem Interesse? Warum<br />
müssen diese Fragen überhaupt gestellt werden?<br />
In der Schweiz gibt es eine sogenannte indirekte<br />
Presseförderung. Die Zeitungen werden<br />
anders als Fernsehen und Radio vom Staat nicht<br />
direkt unterstützt. Doch die Post erhält vom<br />
Bund dreissig Millionen Franken, um Zeitungen,<br />
die gewisse Kriterien erfüllen, zum ermässigten<br />
Tarif zuzustellen. Diese Kriterien stehen<br />
Kommentar<br />
Was geschah<br />
<strong>mit</strong> den Peperoni?<br />
Von Bettina DyttR ich<br />
Es war ein Bericht, der viele schockierte: Das<br />
Westschweizer Fernsehen verfolgte eine halbe<br />
Stunde lang die Spuren importierter Peperoni.<br />
Die Sendung zeigte, dass manches Gemüse<br />
Rückstände von bis zu elf verschiedenen Pestiziden<br />
enthielt – und sie dokumentierte das prekäre<br />
Leben der Landarbeiter in Südspanien, die<br />
in Plastikzelten leben und dreissig Euro im Tag<br />
verdienen.<br />
auSSer<strong>dem</strong><br />
armee beschafft<br />
m eerschweinchen<br />
Von Dinu GautieR<br />
Dienstag: WOZ-RedaktorInnen verfolgen gebannt<br />
die «Operation Payback», den virtuellen<br />
Angriff von Wikileaks-SympathisantInnen auf<br />
Postfinance. Ist das jetzt bereits ein «Cyber War»,<br />
wie ihn Verteidigungsminister Ueli Maurer in<br />
einem WOZ-Interview im Oktober heraufbeschworen<br />
hatte (siehe WOZ Nr. 41/10)?<br />
Dann tritt eine Informantin in die Redaktion<br />
und berichtet, die Schweizer Armee beschaffe<br />
Meerschweinchen. Cyber War, ein Nagerheer:<br />
ruedI wIdmer<br />
unten links<br />
seit Mitte 2007 im Postgesetz – so werden etwa<br />
Zeitungen <strong>mit</strong> über 40 000 Exemplaren Auflage<br />
seither nicht mehr gefördert.<br />
Auch die WOZ wird indirekt gefördert. Der<br />
Versand der Zeitung kostet uns im Jahr rund<br />
110 000 Franken weniger als nach Normaltarif –<br />
für uns ein substanzieller Betrag. Nun will uns<br />
die Post die Förderung entziehen. Wenn die Post<br />
darauf beharrt, bleibt uns der Weg vors Gericht.<br />
Tatsächlich erfüllt die WOZ alle inhaltlichen<br />
Kriterien. Das bestreitet auch die Post<br />
nicht. Umstritten ist einzig der Einleitungsatz im<br />
entsprechenden Postgesetzartikel: «Zur Erhaltung<br />
einer vielfältigen Regional- und Lokalpresse<br />
gewährt die Post Ermässigungen für abonnierte<br />
Tages- und Wochenzeitungen.» Die Post<br />
sagt nun, die WOZ sei keine Regionalzeitung.<br />
Da es zu diesem Gesetzesabschnitt keine<br />
Verordnung gibt, die die Details regelt, ist auf<br />
Das war im Frühling 2008. Der Kanton<br />
Jura hatte drei Monate zuvor im Nationalrat eine<br />
Standesinitiative eingereicht, die sehr gut zu<br />
diesem Bericht passte. Sie forderte drei Dinge:<br />
Die Bundesbehörden sollten sich in Verhandlungen<br />
<strong>mit</strong> der EU und der Welthandelsorganisation<br />
WTO für gerechte Arbeitsbedingungen<br />
und nachhaltige Produktion einsetzen. Auf<br />
Importlebens<strong>mit</strong>teln müssten Informationen<br />
über die Produktionsbedingungen zu finden<br />
sein. Und Esswaren, «die unter sozialen Bedingungen<br />
produziert werden, die zum Standard<br />
in unserem Land in frappantem Widerspruch<br />
stehen», dürften nicht mehr importiert werden.<br />
In der Folge reichten auch die Kantone<br />
Genf, Neuenburg, Waadt und Freiburg Stan desini<br />
tia ti ven <strong>mit</strong> den gleichen Forderungen ein.<br />
Am kommenden Montag wird der Nationalrat<br />
darüber beraten.<br />
Bricht gerade das Fantasyzeitalter an? Der WOZ<br />
gelingt es, einen Soldaten zu befragen, der im<br />
Rahmen eines Wiederholungskurses letzte Woche<br />
im Schnee Meerschweinchenhäuschen bauen<br />
musste. Er spricht von derzeit vier Nagern<br />
und der erwarteten Ankunft von zwei Zwerghasen<br />
sowie weiteren zehn Meerschweinchen.<br />
Wofür braucht die Armee Meerschweinchen?<br />
Als Drohnenbesatzung? Als Salatvorkoster<br />
im C-Krieg? Selbst die GSoA weiss noch nichts<br />
die Parlamentsdebatte zurückzugreifen – welche<br />
Absicht leitete den Gesetzgeber? Wer die<br />
Wortprotokolle liest, merkt rasch: Ziel war – das<br />
beweisen zahlreiche Voten –, die kleineren Zeitungen<br />
zu fördern und da<strong>mit</strong> den «Erhalt einer<br />
richtigen, das heisst inhaltlichen Pressevielfalt»,<br />
die «im <strong>dem</strong>okratie- und staatspolitischen Interesse»<br />
sei, wie es Eduard Engelberger, Nidwaldner<br />
FDP-Nationalrat, formulierte. Eben erst<br />
bestätigte das die neue Postministerin Doris<br />
Leuthard vor <strong>dem</strong> Ständerat.<br />
Vielleicht verzichtet die Post doch noch<br />
dar auf, uns die indirekte Presseförderung zu<br />
streichen. Wenn nicht, wird die WOZ, die als<br />
einzige unabhängige Wochenzeitung in der<br />
Deutschschweiz auch Themen und Meinungen<br />
bringt, die sonst kaum zu finden sind, dafür<br />
kämpfen, dass auch die Post die eingangs gestellten<br />
Fragen wie alle anderen beantwortet.<br />
Der Ständerat lehnte die Standesinitiativen<br />
im Sommer alle ab. Sie seien nicht vereinbar<br />
<strong>mit</strong> den Verpflichtungen der Schweiz gegenüber<br />
EU und WTO. Das räumte auch der grüne Genfer<br />
Ständerat Robert Cramer ein. Er plädierte<br />
trotz<strong>dem</strong> für die Annahme der Initiativen – man<br />
könne ja einen Gegenvorschlag ausarbeiten, der<br />
zumindest die ersten beiden Punkte aufnehme.<br />
Genau darum geht es: Auch wenn die Initiativen<br />
nicht von A bis Z umsetzbar sind, wäre<br />
ihre Annahme im Nationalrat ein starkes Zeichen<br />
für mehr Verantwortung im Lebens<strong>mit</strong>telbereich.<br />
Doch hier droht wieder einmal der<br />
Röstigraben: Während in der Romandie ParlamentarierInnen<br />
von links bis bürgerlich für soziale<br />
Fragen in der Landwirtschaft sensibilisiert<br />
sind, zeigt in der Deutschschweiz oft gerade die<br />
SP wenig Verständnis dafür. Nächsten Montag<br />
gäbe es Gelegenheit für einen Kurswechsel.<br />
davon. GSoA-Sekretärin Rahel Ruch: «Wir begrüssen,<br />
dass die Armee Meersäuli statt Kampfflugzeuge<br />
beschafft.»<br />
Christoph Brunner, Informationschef Verteidigung,<br />
spricht von lediglich zwei von der<br />
Armee gehaltenen Meerschweinchen. Zusätzlich<br />
gebe es Schildkröten, Katzen und weitere<br />
Kleintiere, die allesamt im Kompetenzzentrum<br />
Veterinärdienst und Armeetiere stationiert<br />
seien. «Sie erlauben die Ausbildung der Kleintierpfleger-Lehrlinge,<br />
wie sie vom Lehrplan vorgeschrieben<br />
ist», so Brunner. Diese Ausbildung<br />
erfolge vor allem im Zusammenhang <strong>mit</strong> der<br />
Pflege der Diensthunde der Armee. «Über die<br />
Kosten für die Meerschweinchen können keine<br />
Angaben gemacht werden», so Brunner weiter.<br />
Rahel Ruch von der GSoA empfiehlt, die<br />
«Nagerstrategie» weiterzuverfolgen: «Die Armee<br />
als Streichelzirkus gewinnt an Akzeptanz in der<br />
Bevölkerung.»<br />
Ein offenes Geheimnis Seite 13<br />
Mustergültig am Fenster stehen Seite 19