26 Fortbildungtzb 04|2003Abb. 4: Positiver Epikutantest auf Amalgam-Legierung bei gleicher Patient<strong>in</strong>allergischen Sensibilisierung der Haut verknüpfts<strong>in</strong>d, ist der Epikutantest das wichtigstediagnostische Nachweisverfahren.Weiterh<strong>in</strong> steht der aufwändigere Epimukosa-Testzur Verfügung. Dabei wird daszu testende Allergen über e<strong>in</strong>e angepassteGaumenplatte aus Kunststoff-Material direktmit der Schleimhaut <strong>in</strong> Kontakt gebracht.E<strong>in</strong> positiver Hauttest beweist e<strong>in</strong>e Sensibilisierungund muss h<strong>in</strong>sichtlich se<strong>in</strong>er kl<strong>in</strong>ischenRelevanz überprüft werden. Dieswird vielfach nicht berücksichtigt. Trotz e<strong>in</strong>erim Epikutantest e<strong>in</strong>deutig nachweisbarenSensibilisierung gegen Zahnarztmaterialienbesteht bei vielen Patienten e<strong>in</strong>e Toleranz.Diese Toleranz der Allergene wird auf anatomischeund physiologische Besonderheitender Mundhöhlenschleimhaut zurückgeführt.Um allergische Reaktionen an der Schleimhautauszulösen, wird üblicherweise e<strong>in</strong>e5- bis 12-fach höhere Konzentration desKontaktallergens verglichen mit Hautreaktionenbenötigt. Der Speichelglukoprote<strong>in</strong>filmder Mundschleimhaut sche<strong>in</strong>t als Diffusionsbarrierezu fungieren.Das überzeugendste diagnostische Verfahrenzur Beurteilung e<strong>in</strong>es Zusammenhangszwischen Kontaktallergen und kl<strong>in</strong>ischerSymptomatik stellt das Verschw<strong>in</strong>den derSymptome nach Allergenkarenz dar. DiesesVorgehen hat sich <strong>in</strong> der Prothetik undZahnerhaltung als anwendbar erwiesen. Fürdie Kieferorthopädie kommt es jedochwegen des erheblichen Zeit- und Kostenaufwandesweniger <strong>in</strong> Betracht.Abb. 5: Positiver Epikutantest auf Quecksilber(II)-amidchloridAbb. 6: Stomatitis desquamativa bei Acrylat-KontaktallergieDie Diagnosestellung e<strong>in</strong>er Typ IV-Allergieerfolgt per Anamnese, Epikutantestung undAllergenkarenz. Da die meisten Kontaktallergiender Mundschleimhaut mit e<strong>in</strong>erGeneralisierte allergische Reaktionen miteher diskreten oder nicht sichtbaren Reaktionenan der Mundschleimhaut könnenmittels <strong>in</strong> vitro-Testverfahren, wie demLymphozyten-Transformationstest, verifiziertwerden. Dabei handelt es sich jedoch umteure und technisch aufwändige Verfahren,die nur an Speziale<strong>in</strong>richtungen durchgeführtwerden sollten, um e<strong>in</strong>e gute Validitätzu erreichen. Differenzialdiagnostisch s<strong>in</strong>dvon der allergischen Kontakt-StomatitisKrankheitsbilder abzugrenzen, die zu ähnlichenkl<strong>in</strong>ischen Ersche<strong>in</strong>ungsbildern führenwie die irritativen Reaktionen, Lupuserythematodes oder andere Autoimmundermatosen,<strong>in</strong>fektbed<strong>in</strong>gte Plaques und Leukoplakien.Als Kontaktallergene s<strong>in</strong>d bekannt:1. Prothesen2. Füllungsmaterialien3. Abdruckmaterialien4. Metalllegierungen5. Kieferorthopädische Materialien6. Dentalpharmaka.
tzb 04|2003Fortbildung27ProthesenDie Prothesen-Unverträglichkeit ist nur seltenauf e<strong>in</strong>e allergische Reaktion des Materialszurückzuführen. Bei dem verwendetenKunststoff ist zwischen Heißpolymerisatenund Kaltpolymerisaten zu unterscheiden,da unterschiedliche Verarbeitungstechnikenangewendet werden, die wiederum e<strong>in</strong>enE<strong>in</strong>fluss auf den Restmonomergehalt desMaterials besetzten. Restmonomere könnenvor allem irritative und selten auch allergischeReaktionen verursachen. Heißpolymerisateweisen lediglich e<strong>in</strong>en Restmonomer-Gehaltvon 1 % gegenüber 5 % bei Kaltpolymerisatenauf. Die Monomer-Gehalte(Monomermethylmetacrylat) besitzen vorallem bei Personen Bedeutung, die dasMaterial verarbeiten und können bei Zahnärztenals auch Zahntechnikern zu e<strong>in</strong>em Kontaktekzemim Bereich der F<strong>in</strong>gerspitzen führen.Allergische Reaktionen im Bereich der Mundschleimhautkönnen durch zugesetzte Farbstoffeoder Substanzen, die am Polymerisationsprozessbeteiligt s<strong>in</strong>d, wie den KatalysatorBenzoylperoxid und den StabilisatorHydroch<strong>in</strong>on verursacht werden. Die Häufigkeitallergischer Reaktionen auf Prothesenkunststoffeund se<strong>in</strong>en Inhaltsstoffen s<strong>in</strong>dselten und werden zwischen 2 – 3 % angegeben(4) .FüllungsmaterialienDas bekannteste Füllungsmaterial ist Amalgam.E<strong>in</strong>e allergische Reaktion auf Amalgamberuht üblicherweise auf e<strong>in</strong>er Sensibilisierunggegen Quecksilber, das <strong>in</strong> e<strong>in</strong>erAmalgam-Füllung etwa zu 40 bis 50 % enthaltenist. Die Freisetzung des Quecksilberssteht <strong>in</strong> engem Zusammenhang mit korrosivenProzessen, pH-Wert im Mund,schlechte Mundhygiene sowie Plaquebesiedelung.Sensibilisierungen gegenüber Amalgams<strong>in</strong>d selten. Die Quecksilber-Sensibilisierungsquotebeträgt weniger als 0,2 % (5)und ist damit der Gold-Sensibilisierungvergleichbar. E<strong>in</strong>e erforderliche Entfernungvon Amalgam ist nach der Deutschen Kontaktallergiegruppeder Deutschen DermatologischenGesellschaft nur dann erforderlich,wenn kl<strong>in</strong>ische Zeichen e<strong>in</strong>er lokalen Kontaktallergieund e<strong>in</strong> positiver Hauttest sowohlgegen Amalgam als auch Quecksilber nachweisbars<strong>in</strong>d.Allergien gegen Komposits, Kunststoffen, Zementenund Zahnlacken s<strong>in</strong>d selten. Bei demPolyesterkunststoff Skutan ist es vor allemder Katalysator (Benzolderivat), der allergischeReaktionen hervorrufen kann. Zementeenthalten Kolophonium, Eugenol und Sulfonamide,Zahnlacke u. a. Methylmethacrylateund Epoxidharz als potenzielle Allergene.AbdruckmaterialienKunststoffe wie Imprägun und Skutan enthaltenKatalysatoren (Benzolderivate), die allergisierendwirken können. Allergische Reaktionenauf das Lösungsmittel Dibenzyltoluols<strong>in</strong>d nicht bekannt. Die Häufigkeit e<strong>in</strong>er Allergieauf Benzolderivat wird mit 0,5 % angegeben.Eugenol, e<strong>in</strong> Stoff der auch <strong>in</strong> Paradontalverbändenund temporären Zementen vorkommt,ist e<strong>in</strong> weiteres potenzielles Allergen<strong>in</strong> Abdruckmaterialien. Weiterh<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> derLiteratur seltene Allergien gegen Alg<strong>in</strong>atstaubbeschrieben.MetalllegierungenMetalllegierungen f<strong>in</strong>den ihre Anwendungvor allen D<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> der Prothetik (Kronen,Teilprothesen, Brücken). Bei den Aufbrennlegierungenunterscheidet man Gold-Legierungen,Palladium-Legierungen, Nickel-,Chrom-, Molybden- und Kobalt-Chrom-Molybden-Legierungen. Bei schlechterMundhygiene und niedrigem pH-Wert alsauch Potenzial-Differenzen <strong>in</strong> der Mundhöhle(durch Lötungen) setzen Legierungen Ionenfrei, die bei entsprechender Sensibilisierungallergische Reaktionen verursachen können.Die häufigsten, im Epikutantest nachweisbarenallergischen Reaktionen f<strong>in</strong>det man beiNickel-Legierungen, gefolgt von Kobalt-Chrom-Molybden- und quecksilberhaltigenPalladium-Legierungen.Allergische Reaktionen auf Gold s<strong>in</strong>d seltenund beruhen meist auf e<strong>in</strong>er Reaktiongegen Goldchlorid. Bei der Auswertung positiverEpikutantestungen, d. h. der Nachweise<strong>in</strong>er Allergiebereitschaft gegen Metalle,ist unbed<strong>in</strong>gt zu beachten, dass im Munddes sensibilisierten Patienten dentale Legierungenverwendet werden können, ohnedass sie e<strong>in</strong>e Reaktion an der Schleimhautauslösen.KieferorthopädischeMaterialienIn der Kieferorthopädie spielen bei Überempf<strong>in</strong>dlichkeitsreaktionenvor allem unterschiedlicheLegierungen e<strong>in</strong>e Rolle. DaNickel wiederum das häufigste Allergen darstellt,wurden <strong>in</strong> der Vergangenheit nickelfreiebzw. nickelreduzierte Legierungen entwickelt,wie Rematitan und Menzanium. Esist jedoch zu berücksichtigen, dass NickelsensibilisiertePatienten gleichzeitig e<strong>in</strong>e weitereSensibilisierung gegenüber anderenMetallen wie Kobalt und Chrom aufweisenkönnen. Bei dem nickelfreien Material fürBrackets (Menzanium) sowie den verwendetennickelfreien Drahtmaterialien (Menzaniumund Nonionium) lässt sich e<strong>in</strong> Chromanteilbis zu 20 % nachweisen. Durch Korrosionund mechanische Beanspruchung dieserLegierungen ist mit Ionenfreisetzung zurechnen. Dies betrifft vor allem recycelteMaterialien (Brackets) (6) . Bei Nickel-Allergikernkönnen Titannitrit, kunststoffbeschichteteMaterialien oder andere Stoffe wieKeramik und Fieberglas verwendet werden.DentalpharmakaIn der Stomatologie kommen Antibiotika,Antiseptika, Lokalanästhetika und Zahnpflegemittel(Prothesenhaftmittel, Spülungen,Zahnpasta) zur Anwendung und könnenallergische als auch pseudoallergische Reaktionenauslösen. Dies s<strong>in</strong>d am häufigsten dieReaktionen auf Lokalanästhetika der Ester-Gruppe. Hierzu wurde bereits Stellung genommen.Seltene Reaktionen auf Zahnpflegemittel,wie Zahnpasta und Spüllösungen,die Menthol, Aromate, Perubalsam, Eugenol,Duftstoffe und andere Zusatzstoffe enthalten,können ebenfalls ausgelöst werden.Zum Abschluss sollte nicht unerwähnt se<strong>in</strong>,dass e<strong>in</strong>e chronische allergische Rh<strong>in</strong>itisoder e<strong>in</strong>e bei Atopikern nicht seltene Polyposisnasi vor allem im K<strong>in</strong>desalter aufgrundder beh<strong>in</strong>derten Nasenatmung zu Stellungsanomaliender Zähne führen kann. Typischerweisezeigt sich bei diesen Patienten e<strong>in</strong> offenerBiss mit hohem Gaumen. Hier ist e<strong>in</strong><strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äres Handeln gefordert im Interessedes Patienten.