Grundriss der menschlichen Erblichkeitslehre und ... - dullophob
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Auslese <strong>und</strong> Tüchtigkeit <strong>der</strong> Organe.<br />
sich ausbreiten können. Gegenwärtig erwachsen allein infolge<br />
zu engen Beckens schon bei 3— 5 o/o aller Geburten Schwierig-<br />
keiten.<br />
Beson<strong>der</strong>s groß ist die Gefahr einer Entartung <strong>der</strong><br />
Stillfähigkeit. Vollständige Stillunfähigkeit ist zwar noch<br />
nicht häufig; aber fast ein Drittel aller Frauen können ihre<br />
Kin<strong>der</strong> nicht mehr 6 Monate stillen, was man nach Agnes<br />
Bluhm wohl als Mindestmaß ansehen müßte. Bis vor kurzem<br />
wiesen die Flaschenkin<strong>der</strong> allerdings noch eine viel größere<br />
Sterblichkeit auf als die Brustkin<strong>der</strong>. Je mehr es aber gelingt,<br />
auch die Sterblichkeit <strong>der</strong> nicht gestillten Säuglinge herab-<br />
zudrücken, desto mehr müssen wir mit einem weiteren Überhandnehmen<br />
<strong>der</strong> Stillschwäche rechnen, zumal da bei nichtstillen-<br />
den Müttern schneller eine neue Empfängnis einzutreten pflegt<br />
als bei stillenden. Vor dem Aufkommen <strong>der</strong> künstlichen Säug-<br />
lingsernährung bedeutete Stillunfähigkeit <strong>der</strong> Mutter fast regelmäßig<br />
den Tod des Kindes, wenn dieses nicht gerade bei einer<br />
an<strong>der</strong>n Mutter angelegt werden konnte. Auch für die heutigen<br />
Naturvölker trifft das noch zu. Sogar in China <strong>und</strong> Japan soll<br />
die künstliche Säuglingsernährung so gut wie unbekannt <strong>und</strong><br />
demgemäß das Stillvermögen <strong>der</strong> Mütter allgemein ausreichend<br />
sein.<br />
Die schwereren erblichen Nervenleiden wie Muskelatrophie<br />
o<strong>der</strong> Rückenmarksataxie sind mit <strong>der</strong> Ausfüllung eines Berufes kaum ver-<br />
einbar <strong>und</strong> unterliegen daher auch heute noch einer ziemlich scharfen Aus-<br />
merzung. Leiden, die erst im Alter zum Ausbruch kommen, wie die Para-<br />
lysis agitans o<strong>der</strong> die erbliche Chorea, beeinträchtigen dagegen die Fort-<br />
pflanzung nicht. Die Kin<strong>der</strong>zahl in den Choreafamilien soll den Durch-<br />
schnitt sogar übertreffen. Vielleicht hängt das damit zusammen, daß diese<br />
Familien durch ihr Leiden in den unteren Qesellschaftsschichten, welche<br />
eine überdurchschnittliche Fortpflanzung haben, festgehalten werden. Ent-<br />
sprechendes gilt wahrscheinlich auch von mancherlei leichteren Anomalien<br />
des Nervensystems. So sind Stotterer als Lehrer, Pfarrer, Offiziere, höhere<br />
Beamte o<strong>der</strong> Kaufleute nicht gut denkbar, während sie viele Berufe mit vorwiegend<br />
körperlicher Arbeit ganz gut ausfüllen können; <strong>und</strong> gerade diese<br />
Berufe sind beson<strong>der</strong>s kin<strong>der</strong>reich, wie wir noch sehen werden.<br />
Hinsichtlich <strong>der</strong> eigentlichen Geisteskrankheiten ist<br />
die natürliche Auslese auch heute noch recht wirksam, wenn<br />
auch nicht im gleichen Maße wie unter primitiven Kultur-<br />
zuständen, wo Geisteskranke ziemlich regelmäßig bald zugr<strong>und</strong>e-<br />
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