Grundriss der menschlichen Erblichkeitslehre und ... - dullophob
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Auslese durch Tuberkulose. 23<br />
welche die allgemeine Wi<strong>der</strong>standskraft des Körpers beeinträchtigen,<br />
erhöhen auch die Anfälligkeit gegen die Tuberkulose <strong>und</strong><br />
unterliegen daher auch einer nicht zu unterschätzenden Auslese<br />
durch diese allgemein verbreitete Krankheit.<br />
Weinberg, <strong>der</strong> die Fruchtbarkeit <strong>der</strong> Tuberkulösen sorgfältig sta-<br />
tistisch untersucht hat, hat gef<strong>und</strong>en, daß die von 1873 bis 1902 in Stuttgart<br />
an Tuberkulose gestorbenen Eheleute im Durchschnitt 3,16 Kin<strong>der</strong> hatten,<br />
während die Nichttuberkulösen mehr als 4 Kin<strong>der</strong> hatten. Außerdem fand<br />
sich bei den Kin<strong>der</strong>n Tuberkulöser eine außerordentlich hohe Sterblichkeit.<br />
Von diesen überlebten nur 1,7 bis 1,8 pro Ehe das 20. Lebensjahr gegenüber<br />
2,3 bis 2,6 bei Kin<strong>der</strong>n Nichttuberkulöser. Die geringere Geburtenzahl<br />
war hauptsächlich durch die kürzere Dauer <strong>der</strong> Ehen Tuberkulöser<br />
infolge früheren Todes bedingt. Außerdem fand sich, daß die Tuberkulose-<br />
sterblichkeit <strong>der</strong> Ledigen viel höher als die <strong>der</strong> Verheirateten war; die<br />
Tuberkulose <strong>und</strong> wahrscheinlich auch die sie begünstigenden Schwächezu-<br />
stände hin<strong>der</strong>n die damit Behafteten also offenbar oft auch an <strong>der</strong> Ehe-<br />
schließung, so daß auch auf diesem Wege eine nicht zu unterschätzende<br />
Auslese stattfindet. Auch L<strong>und</strong>borg hat bei seinen Forschungen eine<br />
unterdurchschnittliche Fruchtbarkeit in den tuberkulösen Familien gef<strong>und</strong>en.<br />
Die Auslese durch Tuberkulose ist im letzten Jahr-<br />
hun<strong>der</strong>t wohl eher schärfer als in früheren gewesen. In Zeiten<br />
als die <strong>menschlichen</strong> Siedelungen noch sehr zerstreut waren,<br />
dürfte auch die Tuberkulose kaum sehr verbreitet gewesen sein.<br />
Solange die Menschen den größten Teil des Tages im Freien<br />
waren, konnte die Tuberkulose wohl nur schwer Boden fassen ;<br />
denn gerade die Sonne ist ein sehr wirksames Vorbeugungs- <strong>und</strong><br />
Heilmittel gegen die Tuberkulose. Diese hat ihre ungeheure<br />
Ausbreitung daher erst mit <strong>der</strong> Anhäufung <strong>der</strong> Menschen in<br />
Städten <strong>und</strong> engen Wohnungen gewonnen. Ganz beson<strong>der</strong>s ist<br />
sie in den Wohnungen <strong>der</strong> Armen <strong>und</strong> Ungebildeten zu Hause.<br />
Darum wirkt sie auch ausmerzend auf alle jene körperlichen <strong>und</strong><br />
seelischen Anlagen, welche wirtschaftliche Schwäche <strong>und</strong> Un-<br />
wissenheit begünstigen. Eine eingehende Erörterung <strong>der</strong> Auslese<br />
in bezug auf diese Anlagen setzt aber die Kenntnis <strong>der</strong> sozialen<br />
Auslese voraus, von <strong>der</strong> noch zu handeln sein wird.<br />
Wenn in einer Bevölkerung jahrhun<strong>der</strong>telang immer die für<br />
Tuberkulose beson<strong>der</strong>s Anfälligen ausgetilgt werden, so ist zu<br />
erwarten, daß die Anfälligkeit <strong>der</strong> Bevölkenmg gegen Tuber-<br />
kulose allmählich abnimmt. Auf diese Weise dürfte es zu er-<br />
klären sein, daß die Europäer, bei denen die Tuberkulose seit