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Grundriss der menschlichen Erblichkeitslehre und ... - dullophob

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Auslese durch Säuglingssterblichkeit. 29<br />

Anschluß an die Entdeckung Amerikas erfolgte. Die Syphilis pflegte da-<br />

mals schon bald nach <strong>der</strong> Ansteckung zu ausgedehnten Zerstörungen <strong>der</strong><br />

Haut sowie auch innerer Organe <strong>und</strong> nicht selten rasch zum Tode zu<br />

führen. In <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Zeit dagegen nimmt die Syphilis in den ersten<br />

Jahren gewöhnlich einen schleichenden Verlauf; an<strong>der</strong>erseits treten jetzt<br />

bei verhältnismäßig vielen Kranken lange Jahre nach <strong>der</strong> Ansteckung<br />

schwere Spätfolgen auf, die in früheren Jahrhun<strong>der</strong>ten unbekannt waren.<br />

So entwickelt sich nach 10 bis 15 Jahren bei ca. 6—10''/o <strong>der</strong> Syphilitiker die<br />

unter dem Namen Paralyse bekannte Zerstörung des Gehirns, bei ca. 2<br />

bis 30/0 die als Tabes bezeichnete Zerstörung des Rückenmarkes <strong>und</strong> nach<br />

15 bis 25 Jahren bei ca. 20o/o eine schwere, oft tötliche Erkrankung <strong>der</strong> vom<br />

Herzen ausgehenden Hauptschlaga<strong>der</strong> des Körpers. Man hat diesen Wandel<br />

des Krankheitsbildes wohl durch Vererbung einer erworbenen Immunität<br />

erklären wollen, wofür aber greifbare Anhaltspunkte völlig fehlen <strong>und</strong><br />

was auch aus allgemein biologischen Gründen abzulehnen ist, da eine „Vererbung<br />

erworbener Eigenschaften" überhaupt nicht stattfindet, wie im<br />

ersten Bande gezeigt wurde. Es bleibt daher nur die Erklärung durch Aus-<br />

lesevorgänge übrig. Diejenigen Stämme des Syphiliserregers, welche bei<br />

Europäern in kurzer Zeit zum Tode führten, verfielen eben mitsamt ihren<br />

Trägern <strong>der</strong> Ausmerzung. So wurden nicht nur Rassen des Syphiliserregers,<br />

die schwere Früherscheinungen machten, allmählich seltener, son<strong>der</strong>n ebenso<br />

auch menschliche Anlagen, die eine beson<strong>der</strong>e Empfindlichkeit gegen Syphi-<br />

lis bedingten. Dazu kam dann die Auslesewirkung <strong>der</strong> Behandlung. Jene<br />

Syphilisfälle, die sich in starken frühzeitigen Hauterscheinungen äußerten,<br />

wurden natürlich ganz beson<strong>der</strong>s intensiv mit Quecksilber behandelt, <strong>und</strong><br />

jene Rassen <strong>der</strong> Erreger, welche sich so zu äußern pflegten, wurden da-<br />

her oft abgetötet o<strong>der</strong> doch stark in <strong>der</strong> Ausbreitung beschränkt. Die<br />

schleichenden Formen <strong>der</strong> Syphilis, welche zunächst nur geringe Erscheinungen<br />

machen, konnten sich infolgedessen viel unbehelligter ausbreiten,<br />

<strong>und</strong> wenn sie nach vielen Jahren zur Zerstörung des Gehirns o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Hauptschlaga<strong>der</strong> ihres Trägers führten, so hatten sie vorher doch jahrelang<br />

Zeit zur Ausbreitung gehabt. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, daß <strong>der</strong><br />

Charakter <strong>der</strong> Syphilis sich auch noch weiterhin in dieser Richtung än<strong>der</strong>n<br />

wird.<br />

f) Die Auslesebedeutung <strong>der</strong> Säuglings- <strong>und</strong> Kin<strong>der</strong>sterblichkeit.<br />

Bei Naturvölkern geht in <strong>der</strong> Regel mehr als die Hälfte<br />

aller Geborenen im Säuglingsalter wie<strong>der</strong> zugr<strong>und</strong>e. Auch bei<br />

uns ist die Sterblichkeit im ersten Lebensjahr ja größer als die in<br />

irgendeinem an<strong>der</strong>en Jahr, <strong>und</strong> entsprechend ist auch die dadurch<br />

bedingte Auslese größer. In den ersten 3— 4 Lebenstagen, wo<br />

das Neugeborene noch keine Nahrung zu sich nimmt, erfolgen

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