Zeitschrift "Eindruck", EMBA Berlin (PDF-Datei; ca. 4
Zeitschrift "Eindruck", EMBA Berlin (PDF-Datei; ca. 4
Zeitschrift "Eindruck", EMBA Berlin (PDF-Datei; ca. 4
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Seite 12 Eindruck<br />
gegen versucht einen Prominenten zu sehen,<br />
der muss noch ein wenig vor den<br />
großen Scheiben verweilen. Mittlerweile<br />
wird es immer schwieriger einen Platz vor<br />
den Ausstellungsstücken zu ergattern, da<br />
die Zahl der Gäste immer größer wird und<br />
sich immer mehr „Gesprächstrauben“ vor<br />
diesen aufhalten.<br />
Rufus Beck vor seinem Portrait.<br />
Foto: Maximilian Fritz<br />
Also machen wir uns auf zu unserer nächsten<br />
Vernissage. Sie findet in der Werkstattgalerie<br />
nahe dem Nollendorfplatz statt<br />
und trägt den Titel Iranian Bodies - iranische<br />
Körper. Die Ausstellung beschäftigt sich,<br />
wie es der Name bereits verrät, mit zeitgenössischer,<br />
iranischer Kunst. Diese beschäftigt<br />
sich - entgegen den meisten, heutzutage<br />
vorherrschenden westlichen Vorstellungen,<br />
häufig mit dem menschlichen Körper. Deshalb<br />
sind auf den Kohlezeichnungen, Acryl-,<br />
Print- und Ölbildern dieser Ausstellung nur<br />
leicht bekleidete oder nackte Menschen<br />
abgebildet.<br />
Als wir ankommen ist schon einiges los in<br />
der kleinen Galerie, die in mehrere Räume<br />
aufgeteilt ist. Wir gehen durch den vorderen<br />
geschäftigen Raum und entdecken im<br />
hinteren Teil der Galerie das Bild, das auf<br />
unserer Einladung zu sehen war. Mitten in<br />
diesem Raum ziehen eine weibliche und<br />
eine männliche Figur die Blicke der Besucher<br />
aus sich: sie bestehen aus einer Mischung<br />
aus Stahl, Holz, Pflaster, Fasern und<br />
Wachs.<br />
Unter den zahlreichen Gästen finden wir<br />
Mirko Freiwald, der Betreiber dieser Galerie.<br />
Er erklärt uns später auf unsere Frage,<br />
nach welchen Kriterien Künstler für die<br />
Ausstellungen ausgewählt werden, dass<br />
dies vollkommen unterschiedlich geschehe.<br />
Grundsätzlich gebe es ein Thema, nach dem<br />
die Kunstobjekte ausgesucht werden. Die<br />
Wahl erfolge dann zum Beispiel über Projektausschreibungen,<br />
eine persönliche Vorstellung<br />
des oder der Künstler, aber auch<br />
mittels eigener Suchen und auch auf Empfehlungen<br />
anderer hin. Ausstellungsgegenstände<br />
seien spezielle figurative Kunst, maleristische<br />
Fotografie, allgemeine Fotografie,<br />
seltener Skulpturen und Video. Grundsätzlich<br />
herrsche eine Offenheit gegenüber allen<br />
Weltbeiträgen - ausgewählt werde eben<br />
nach dem jeweiligen Thema.<br />
Als wir Freiwald fragen, wie Galerien überleben<br />
können erklärt er uns, dass dies<br />
hauptsächlich durch den Verkauf der ausgestellten<br />
Bilder möglich sei. Einen Anteil des<br />
Verkaufspreises erhält die ausstellende Galerie,<br />
die damit auch die Miete und Kosten<br />
wie Strom, Wasser und anderes ausgleicht.<br />
Daher sei es wichtig, sich zu einer renommierten<br />
Galerie zu entwickeln, um einen<br />
Gewinn erzielen zu können. Wirtschaftlich<br />
betrachtet benötige eine Galerie im Durchschnitt<br />
drei bis vier Jahre nach der Eröffnung,<br />
bis sie alle Investitionskosten „rein<br />
geholt“ hat.<br />
v. l. n. r.: Franziska Seilkopf, Holger Doetsch, Dieter „Didi“ Hallervorden, David Koch und Annalena Jung<br />
Foto: Maximilian Fritz<br />
Allerdings müsse man nicht unbedingt<br />
selbstständig sein, um eine Galerie zu betreiben.<br />
Da gebe es zum Beispiel auch institutionell<br />
geförderte Galerien oder Kunstvereine,<br />
die neben dem Verkauf der Werke<br />
auch durch Spenden finanziert werden.<br />
Oder man besitzt einen lukrativen Nebenerwerb,<br />
der es ermöglicht eine Galerie<br />
selbst zu finanzieren.<br />
Es herrscht hier in der Werkstattgalerie<br />
zwar nicht ganz so ein Tumult wie auf der<br />
Vernissage zuvor, aber auch hier verbergen<br />
zu späterer Stunde die Köpfe der Gäste so<br />
manchen Blick auf die Kunstwerke. Als wir<br />
alle Werke gesehen haben, beschließen wir,<br />
den Abend in einer gemütlichen Bar in der<br />
Nähe ausklingen zu lassen.<br />
Auf den ersten Blick haben wir heute drei<br />
ganz unterschiedliche Galerien gesehen.<br />
Die Unterschiede lagen in der Größe der<br />
Räumlichkeiten, den Besucherzahlen – die<br />
bei einer Eröffnung meist viel höher liegen,<br />
in der Wahl der Themen und den daher<br />
ausgestellten Kunstobjekten.<br />
Bei genauerer Betrachtung lassen sich jedoch<br />
die Ähnlichkeiten erkennen: Jede Galerie<br />
hegt eine besondere Liebe zur Kunst<br />
und auch zu den unterschiedlichen Arten<br />
der Künstler, diese darzustellen und auszudrücken.<br />
Für den einen Galerieinhaber ist<br />
es vielleicht wichtig, junge und unbekannte<br />
Künstler zu fördern, andere wiederum<br />
möchten nur ganz bestimmte Themen behandeln<br />
oder nur bestimmte Maltechniken<br />
zeigen. Allerdings haben sie alle ein gemeinsames<br />
Ziel: Sie wollen die Kunst der Öffentlichkeit<br />
zugänglich machen. Die<br />
Galeriebesucher sollen sich an den Kunstobjekten<br />
erfreuen, sich von ihnen inspirieren<br />
lassen. Die Ausstellungsstücke sollen<br />
aber auch neue Denkanstöße bringen, den<br />
Betrachter einen neuen Blick auf die Welt,<br />
mit all ihren positiven und negativen Veränderungen,<br />
werfen lassen oder auch einfach<br />
nur schockieren und wachrütteln.<br />
Wie Johann Wolfgang von Goethe einmal<br />
passend schrieb: Man weicht der Welt nicht<br />
sicherer aus als durch die Kunst, und man verknüpft<br />
sich nicht sicherer mit ihr als durch die<br />
Kunst.<br />
Franziska Seilkopf