Zeitschrift "Eindruck", EMBA Berlin (PDF-Datei; ca. 4
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Seite 20<br />
Schwule im Profifußball<br />
„Randgruppe“ im<br />
Mainstream<br />
E<br />
s ist eine der meist diskutierten<br />
Fragen im deutschen<br />
Fußball: Hat man als Homosexueller<br />
eine Chance, im<br />
Profifußball zu existieren und<br />
kann man es wagen sich zu outen?<br />
Der Deutsche Fußball Bund<br />
(DFB) und allen voran dessen<br />
Präsident Dr. Theo Zwanziger<br />
setzen sich für Toleranz gegenüber<br />
Homosexuellen ein. Jedoch<br />
gibt es auch Bedenken und verschiedene<br />
Meinungen auf Seiten<br />
der Trainer und Verantwortlichen.<br />
Zwanziger beschäftigt sich immer wieder<br />
mit dem Thema der sexuellen Orientierung<br />
im Fußball. Er stellte in seiner Rede vor<br />
dem Völklinger Kreis klar, dass die Würde<br />
eines jeden Menschen unantastbar sei. Es<br />
sei die Aufgabe der Zivilgesellschaft, zu der<br />
Fußball zweifellos gehöre, das deutlich zu<br />
machen. Fußball sei in Deutschland und der<br />
ganzen Welt sehr populär. Zwanziger führte<br />
weiter aus, dass neben dem sportlichen<br />
Vergnügen auch gesellschaftliche Beiträge<br />
geleistet werden müssten. Er nannte Beispiele,<br />
wie die Weltmeisterschaften 1954<br />
und 2006, die große gesellschaftliche Fortschritte<br />
in Deutschland gebracht hätten.<br />
Der Sieg der Weltmeisterschaft 1954 hätte<br />
ein neues Wir-Gefühl gebracht und ein<br />
neues Vertrauen in der schweren Nachkriegszeit<br />
herbeigeführt. Die Weltmeisterschaft<br />
2006 hätte in Deutschland ein neues<br />
Klima geschaffen und ein positives Bild im<br />
Ausland erzeugt. Wenn man als Fußballer<br />
solch eine Weltmeisterschaft im eigenen<br />
Land feiert, komme die Überlegung: Was<br />
kann für die Gesellschaft auch im Blick auf<br />
Toleranz und Akzeptanz getan werden?<br />
In den 1990er Jahren wäre man zur Einsicht<br />
gekommen: „Wenn man stark ist,<br />
muss man auch an die Schwächeren denken.“,<br />
so Zwanziger. Erste Projekte zur sozialen<br />
Verantwortung seien entstanden.<br />
1998 sei die Satzung des DFB erweitert<br />
worden. Der Verband trete entschieden jeder<br />
Art von Diskriminierung entgegen.<br />
Dies hätte nichts damit zu tun, dass man<br />
Politik machen wolle, aber der Sport müsse<br />
sich weiterentwickeln. Es ginge nicht darum,<br />
eine heile Welt auszurufen, sondern<br />
die Einstellung des DFB preiszugeben. Fußball<br />
sei sehr medienpräsent, es gebe also<br />
eine Chance einen Veränderungsprozess<br />
mitzugestalten. Jeder solle Fußball spielen<br />
können, Jungen und Mädchen egal welcher<br />
Religion, Hautfarbe oder sexueller Orientierung.<br />
Man könne durch Projekte, Kommunikation<br />
und klare Orientierung manche<br />
Tabus relativieren und mit der Zeit sogar<br />
verschwinden lassen, so Zwanziger. In den<br />
letzten Jahren habe man den Trainern und<br />
jedem der Verantwortlichen klar gemacht,<br />
dass sexuelle Orientierung nie ein Merkmal<br />
oder Kennzeichen für Ausgrenzung sein<br />
dürfe. Ein entsprechender Prozess würde<br />
auch allmählich voran schreiten, jedoch sei<br />
man noch nicht am Ende. Im Amateurbereich<br />
sei Homosexualität kein großes Thema<br />
mehr, im Profibereich aber sei die Situation<br />
äußerst schwierig.<br />
Zudem meldete Zwanziger Bedenken an,<br />
die er an zwei Überlegungen fest mache.<br />
Die erste stimme ihn sehr nachdenklich,<br />
Foto: David Koch<br />
Stolz vor Gleichberechtigung?<br />
Eindruck<br />
wenn sie richtig sei, denn nach mehreren<br />
Gesprächen halte er es für möglich, dass es<br />
im Profifußball mit Sicherheit nicht viele<br />
schwule Spieler geben würde, da diese gar<br />
nicht soweit kommen würden. Denn neben<br />
außergewöhnlichem Talent brauche man in<br />
der Regel einen freien Kopf. Er könne sich<br />
vorstellen, dass, wenn man ein junger, hoch<br />
talentierter, aber schwuler Fußballspieler<br />
sei, die Jahre des Versteckspiels viel Kraft<br />
kosten würden. Diese Kraft könnte fehlen<br />
um die erste Geige im Profisport zu spielen.<br />
Dadurch wiederum würde Talent verloren<br />
gehen, das man gut gebrauchen könne.<br />
Zweitens: Wenn es wirklich homosexuelle<br />
Profis gibt, so führte Zwanziger weiter aus,<br />
befinden die sich auch in einem Team aus<br />
den unterschiedlichsten Kulturen. Bei manchen<br />
dieser Kulturen sehe man Homosexualität<br />
allerdings eher kritisch. Außerdem<br />
könne der Trainer noch so tolerant sein<br />
und bei einem Coming-Out helfen, am<br />
Ende zähle nur der Erfolg der Mannschaft.<br />
Wer möchte schon seine Karriere aufs<br />
Spiel setzen oder verantwortlich sein, wenn<br />
das Team nach dem Outing nicht mehr<br />
funktioniere? Das alles sei mit einzukalkulieren.<br />
Doch der Verband stehe zu dem, was er<br />
formuliert habe. Man orientiere sich in die<br />
richtige Richtung, brauche aber Zeit, um<br />
alle Beteiligten nicht zu überfordern. Ein<br />
DFB-Präsident könne kein Coming-Out<br />
herbeiführen, sondern nur das Signal senden,<br />
dass Homosexuelle nicht aussortiert<br />
würden. Es sei auch eine Aufgabe für spätere<br />
Generationen, weil aufzeigt werden<br />
müsse, dass das menschliche Miteinander<br />
nicht von der sexuellen Orientierung abhängig<br />
sei.<br />
Bekannte Trainer wie Felix Magath oder<br />
Jürgen Klopp sagen zu der Frage, ob denn<br />
die Bundesliga reif für Outings sei, folgendes:<br />
Magath: „In unserer Gesellschaft hat man<br />
es schwer, wenn man anders ist. Wir neigen<br />
dazu, Dinge aufzubauschen. Es gehört sehr<br />
viel Mut dazu, sich zu etwas zu bekennen.“