Zeitschrift "Eindruck", EMBA Berlin (PDF-Datei; ca. 4
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Seite 30 Eindruck<br />
Drogen. „Alkohol vernebelt die Sinne. Es<br />
mögen zwar manchmal tolle Sachen dabei<br />
zustande kommen – auch bei Verwendung<br />
anderer Drogen. Die Dinge werden vielleicht<br />
blumiger, aber sie werden dann eben<br />
auch verfälschter.“<br />
Viele Schriftsteller lassen sich von ihren<br />
Vorbildern inspirieren. So auch Holger Doetsch.<br />
Sein Vorbild heißt Hervé Guibert:<br />
„Ich beginne sogar mein Buch Ein lebendiger<br />
Tag mit seinem Lebensmotto: „Tout dire!“<br />
– alles sagen. Doetsch wurde bereits mit<br />
diesem und mit Charles Bukowski verglichen.<br />
Dieser verwendet sehr derbe Worte<br />
und beschreibt sehr hart die Dinge so, wie<br />
sie sind. „Also wenn man mit Leuten verglichen<br />
wird, ist es auf der einen Seite eine<br />
Pest, auf der anderen Seite bin ich so einer,<br />
der sich darüber freut,“ merkt er an.<br />
Eine weitere Sache bei der Entstehung<br />
eines Buches ist die Verlagswahl. Wir<br />
wollten wissen, ob man sich während des<br />
Schreibvorgangs bereits einen Verlag sucht<br />
oder erst, wenn man sein Buch bereits vollendet<br />
hat. Doetschs Antwort darauf: „Das<br />
ist unterschiedlich. Ich zum Beispiel habe<br />
nebenbei noch Vorlesungen und muss auch<br />
Geld verdienen – während das Buch entsteht<br />
verdient man ja nichts. Deswegen bin<br />
ich jemand, der die Verlagssuche und die<br />
Vertragsverhandlungen neben dem Entstehungsprozesses<br />
macht. Der Verlag gibt dann<br />
auch eine Deadline, d.h. einen Zeitpunkt, an<br />
dem das Buch spätestens fertig sein muss,<br />
vor. Bei der Berechnung dieser Deadline<br />
gilt die alte Regel: 20 Tage für das erste Lektorat<br />
und 20 weitere Tage für das zweite<br />
Lektorat und den Druck.“<br />
Wer sich also, so Doetschs Ratschlag, in<br />
seiner Inspiration nicht durch Einschrän-<br />
Foto: Maximilian Fritz<br />
Ein Autor bei der Arbeit.<br />
kungen beschneiden lassen will oder sich<br />
nicht in der Lage fühlt administrative Angelegenheiten<br />
nebenher zu erledigen, der<br />
sollte sich erst nach Vollendigung seines<br />
Buches einen Verlag suchen.<br />
Daraus entwickelte sich unsere nächste<br />
Frage: Wie ein Schriftsteller das Vertrauen<br />
eines Verlages erlangt, obwohl sein Buch<br />
noch in der Entstehung ist. „Man gibt dem<br />
Verlag Leseproben und erzählt natürlich,<br />
was der Inhalt des Buches sein soll. Der<br />
Verlag entscheidet dann, ob er mit dem<br />
vom Autor gewählten Thema gut werben<br />
kann – die Verleger denken natürlich auch<br />
betriebswirtschaftlich. Und im Zeitalter des<br />
Internets wird die Person gegoogelt um<br />
zum Beispiel feststellen zu können, ob bereits<br />
Schriftstücke vorhanden sind und ob<br />
derjenige wirklich etwas zu erzählen hat.“<br />
So gehen zumindest die seriösen Verlage<br />
vor. Es gibt aber auch Verlage, bei denen jeder,<br />
der ein Buch veröffentlichen möchte,<br />
für einen bestimmten Geldbetrag sein<br />
Werk drucken lassen kann. Dabei wird<br />
aber selten auf die Qualität des Geschriebenen<br />
geachtet.<br />
Hat man einen Verlag gefunden, werden die<br />
Vertragsverhandlungen geführt. Dabei wird<br />
festgelegt, welchen prozentualen Anteil der<br />
Autor beim Verkauf des Buches erhält. Doetsch<br />
erklärt: „Man bekommt zwischen<br />
zehn und höchstens vierzig Prozent. Dafür<br />
übernimmt der Verlag die Kosten für das<br />
Papier, den Druck oder auch die Präsentation<br />
eines Buches etwa auf einer Messe.“<br />
Von den Preisen im Geschäft erhält der<br />
Schriftsteller also nur einen Bruchteil. Daraus<br />
folgert er: „Reich wird man mit Büchern<br />
nicht, außer man heißt vielleicht Dan<br />
Brown oder so. Allerdings wird man innerlich<br />
reich. Und es ist wirklich ein geiles Gefühl,<br />
wenn man sagen kann, das hier ist<br />
mein neues Buch!“<br />
Bei den Verhandlungen mit dem Verlag geht<br />
es auch um Dinge wie das Cover sowie die<br />
Beschaffenheit des Buchs. Da gibt es einmal<br />
das sogenannte Hardcover, ein fester und<br />
robuster Umschlag, und zum anderen das<br />
Broschur, eine günstigere Alternative, aber<br />
auch wesentlich dünner und leichter zerstörbar.<br />
Meistens veröffentlichen die Verlage<br />
ihre Bücher erst im Hardcover und<br />
geben es dann als Taschenbuch heraus, um<br />
eine breitere Masse zu erreichen: „Mit Broschur<br />
verdient man weniger als mit Hardcover.<br />
Das sind harte Verhandlungen, die man<br />
mit dem Verlag führt. Und es gibt zum Beispiel<br />
Verlage, deren Philosophie ist es, keine<br />
Billigproduktionen herzustellen, sondern<br />
nur kunstvolle Dinge. Daher wird dort<br />
auch jede Neuauflage eines Buches wieder<br />
als Hardcover produziert. Dies ist der Fall<br />
bei meinem ersten Buch Elysander – deswegen<br />
arbeiten wir mit Studentenrabatten.“<br />
Als Holger Doetsch uns alle unsere Fragen<br />
beantwortet hat, zeigt er uns noch sein<br />
zweites Arbeitszimmer. Hier befinden sich<br />
sämtliche politische Bücher, die wieder zusammen<br />
mit Zeitungsausschnitten archiviert<br />
worden sind.<br />
Wir sehen uns gerade die Fotos an den<br />
Wänden an, während er dem Klingeln an<br />
seiner Haustür nachgeht. Kurze Zeit später<br />
kommt er mit einem Päckchen in den Händen<br />
zurück und sagt: „Wenn ihr Glück habt<br />
werdet ihr gleich die ersten sein, die mein<br />
neues Buch zu sehen bekommen.“ So richtig<br />
daran zu glauben scheint er dabei selber<br />
nicht. Er macht das Paket auf und tatsächlich:<br />
Es ist das erste gedruckte Exemplar<br />
seines neuen Buches Ein lebendiger Tag, das<br />
er in seinen Händen hält. Mit einem strahlenden<br />
Gesicht bewundert er zunächst den<br />
Einband von vorne und hinten bevor er die<br />
Plastikfolie entfernt. Zum ersten Mal hält er<br />
nun sein druckfrisches „Baby“ in den Händen.<br />
Mit vor Freude leicht zittrigen Fingern<br />
blättert er zum ersten Mal durch die Seiten<br />
und riecht sogar daran. All die Arbeit und<br />
der Stress bis zur Fertigstellung sind in diesem<br />
Moment vergessen.<br />
Wir wollen ihn die ersten Minuten mit seinem<br />
neuen Buch alleine genießen lassen<br />
und verabschieden uns schnell.<br />
Franziska Seilkopf