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Zeitschrift "Eindruck", EMBA Berlin (PDF-Datei; ca. 4

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Eindruck Seite 09<br />

Ein spezieller Geheimdienst der DDR<br />

Akten, Akten, Akten<br />

I<br />

n <strong>Berlin</strong>-Lichtenberg, mit der<br />

Straßenbahn nur 15 Minuten<br />

vom Alexanderplatz entfernt, befindet<br />

sich die ehemalige Zentrale<br />

des Ministeriums für Staatssicherheit<br />

(MfS) der DDR. In dem riesigen<br />

Gebäudekomplex werden<br />

Hunderttausende Akten gelagert.<br />

Hier war außerdem das Büro des<br />

letzten Stasi-Ministers der DDR,<br />

Erich Mielke.<br />

Die Geschichte der Stasi beginnt am 8. Februar<br />

1950. Die SED, Staatspartei der DDR,<br />

gründete das MfS als Inlands- und Auslandsgeheimdienst<br />

sowie als Ermittlungsbehörde<br />

für „politische Straftaten“. Erster Minister<br />

für Staatssicherheit der DDR war<br />

Wilhelm Zaisser, der entlassen wurde, weil<br />

er die SED nicht ausreichend über Arbeiteraufstände<br />

(in den Tagen um den 17. Juni<br />

1953 kam es in der Deutschen Demokratischen<br />

Republik zu einer Welle von Streiks,<br />

Demonstrationen und Protesten – die<br />

Red.) informiert haben soll. Daraufhin wurde<br />

Ernst Wollweber Nachfolger von<br />

Zaisser. Wollweber wiederum wurde nach<br />

dem Vorwurf, einen Putsch zu planen, im<br />

Jahre 1957 von Mielke ersetzt. Mielke hatte<br />

das Amt des Ministers für Staatssicherheit<br />

bis zum 7. November 1989 inne.<br />

Mielke war ein ausgemachter Parteisoldat,<br />

der Erich Honecker, Generalsekretär der<br />

SED, jedoch nicht vollkommen untergeben<br />

war. In einem unscheinbaren Koffer führte<br />

er Beweise mit sich, aus denen hervorgeht,<br />

dass Honecker, „der große Antifaschist“, in<br />

der Nazizeit seine Mitstreiter verraten hatte.<br />

Einer der Verratenen, Bruno Baum, wurde<br />

deswegen zu 13 Jahre Zuchthaus verurteilt.<br />

Beim MfS wurde in verschiedenen Abteilungen<br />

mit den unterschiedlichsten Methoden<br />

gearbeitet. Dabei kam der Stasi zugute,<br />

dass sie handeln konnte wie sie wollte. Das<br />

diktatorische System der SED ließ das zu.<br />

Zu erkennen ist das an der Tatsache, dass<br />

die Verfassung der DDR erst an dritter<br />

Stelle kam – nach dem Programm der SED<br />

und den Beschlüssen des SED-Zentralkomitees<br />

und des Politbüros.<br />

Zur „Beweisfindung“ wurden die Menschen<br />

der DDR systematisch abgehört und<br />

bespitzelt. Filmmaterial wurde aufgezeichnet<br />

und die Post kontrolliert. Jugendliche<br />

wurden etwa bei den Konzerten der Beatles<br />

oder den Rolling Stones aufgezeichnet,<br />

um „nonkonformes“ Verhalten auszumachen.<br />

Verschiedene Werkzeuge kamen bei<br />

Wohnungsdurchsuchungen zum Einsatz.<br />

Türen wurden mit Schlüsselrohlingen oder<br />

Schlüsselkopien geöffnet und die Wohnung<br />

mit Kameras gefilmt. Bei Verhören und<br />

Wohnungsdurchsuchungen hatte die Stasi<br />

Geruchsproben mit Tüchern genommen,<br />

und diese in Einweggläsern konserviert. Sogenannte<br />

„Geruchsidentifizierungshunde“<br />

konnten die Gerüche der Betroffenen so<br />

noch nach zehn Jahren identifizieren. Fast<br />

immer wurden konspirative (geheime)<br />

Wohnungsdurchsuchungen und Verhaftungen<br />

durchgeführt, um kein Aufsehen zu<br />

erregen.<br />

Bei der Bespitzelung halfen Tausende IM,<br />

Inoffizielle Mitarbeiter der Stasi. In der gesamten<br />

DDR gab es Dienststellen des MfS<br />

und ein großes Netz an geheimen Treff-<br />

Foto: Maximilian Fritz<br />

punkten mit IM. Diese Inoffiziellen Mitarbeiter<br />

wurden oftmals auch im Ausland<br />

eingesetzt. Dadurch konnte die DDR-Stasi<br />

auch auf die politischen und gesellschaftlichen<br />

Prozesse in der Bundesrepublik<br />

Deutschland stark einwirken. Generaloberst<br />

Markus Wolf, ein Stellvertreter Mielkes,<br />

sagte einmal: „Wir sind mit Fraktionsstärke<br />

im Bundestag vertreten!“ Das lässt<br />

durchblicken, wie viel Druck die Stasi auf<br />

die westdeutsche Politik ausüben konnte.<br />

Dies gipfelte 1974 in dem Rücktritt Willy<br />

Brandts, dem damaligen Bundeskanzler.<br />

Brandt trat zurück, da sich sein persönlicher<br />

Berater, Günter Guillaume, als Stasispion<br />

entpuppte. Er wäre somit erpressbar<br />

gewesen. Erpressung war ebenfalls eine<br />

beliebte Arbeitsmethode des MfS.<br />

Die Zahlen der offiziellen und inoffiziellen<br />

Mitarbeiter des MfS zeigen den hohen Stellenwert<br />

des politischen Geheimdienstes.<br />

Im Jahre 1955 waren es noch 10.000 hauptamtliche<br />

Mitarbeiter. Im Jahr 1989 waren es<br />

dann 91.500 Mitarbeiter. Allein in <strong>Berlin</strong><br />

waren 39.000 Hauptamtliche tätig. 1989<br />

betrug die Zahl der inoffiziellen Mitarbeiter<br />

191.000, davon waren zehn Prozent Jugendliche.<br />

Dazu der Vergleich mit der Bundesrepublik<br />

Deutschland, die, mit einer<br />

In der Stasi-Unterlagenbehörde in <strong>Berlin</strong> sind tausende Akten gelagert. Aneinandergereiht ergibt das 50 Kilometer.

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