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Zeitschrift "Eindruck", EMBA Berlin (PDF-Datei; ca. 4

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Seite 22<br />

Redaktionsbesuch bei der TAZ<br />

Eine etwas<br />

andere Zeitung<br />

E<br />

s ist Montag, 9:25 Uhr. Im tazpresso<br />

ist gerade nicht viel los.<br />

Es ist das hauseigene Café der taz,<br />

das von der Rudi-Dutschke-Straße<br />

aus einsehbar ist. Von dort aus<br />

kann die belebte Straße mit Menschen<br />

auf dem Weg zu ihrer Arbeit<br />

und Touristen, die vom nahen<br />

Checkpoint Charlie herüberkommen,<br />

beobachtet werden. Das tazpresso<br />

ist Sinnbild für enge Bindung<br />

zwischen Zeitung und<br />

Lesern, Schreibenden und zu Beschreibendem.<br />

Warum noch nicht soviel los ist, lässt sich<br />

vielleicht damit erklären, dass in wenigen<br />

Momenten die Redaktionssitzung der taz<br />

stattfindet. Ein Stockwerk über dem tazpresso<br />

befindet sich die Zeitung selbst. Es<br />

herrscht viel Bewegung. Die meisten machen<br />

sich in den Raum auf. Es dauert nicht<br />

lange, dann ist jeder Stuhl besetzt. Es ist erkennbar,<br />

dass hier kein Meeting von Bankern<br />

oder Managern vonstatten geht. Hier<br />

gibt es keinen Dresscode, die bunte Palette<br />

der Textilindustrie ist hier vertreten. Nachdem<br />

es einigermaßen still geworden ist, beginnt<br />

die Redaktionssitzung mit der Blattkritik<br />

der Zeitung vom Wochenende. Der<br />

Mitarbeiter, der für die heutige Blattkritik<br />

zuständig ist, geht die Zeitung von vorne<br />

nach hinten durch. Dabei scheint wichtig zu<br />

sein, dass die Artikel verständlich sind. Der<br />

Mitarbeiter macht keinen Hehl daraus,<br />

wenn er einen Artikel nicht verstanden hat<br />

und wenn ihm etwas nicht gefällt, doch er<br />

lobt auch das Positive, das Gelungene. Es<br />

wird die gesamte Zeitung bewertet und<br />

nicht nur der Teil, für den der Mitarbeiter<br />

selbst zuständig ist. Das verhindert einen<br />

„Tunnelblick“ und sorgt für eine objektivere<br />

Bewertung. Bei der Blattkritik wird<br />

nicht nur auf Inhalte geachtet, sondern<br />

auch auf Aufmacher, Überschriften, Bild,<br />

Unterzeilen und die Zuordnung von Fotos.<br />

Der Blattkritik folgt eine Diskussionsrunde,<br />

die anderen Redaktionsmitglieder kommentieren<br />

Teile der Zeitung vom Vortag<br />

aus ihrer Sicht. So entsteht eine Mischung<br />

aus Komplimenten, Kritik und Verbesse-<br />

rungsvorschlägen. Jeder darf seine Meinung<br />

sagen, keiner hält sich zurück. Der Chef<br />

vom Dienst erteilt jeweils das Wort, damit<br />

nicht alles durcheinander läuft. Es kristallisieren<br />

sich zwei größere Diskussionen heraus:<br />

Zum einen, ob die taz denn zu regional<br />

agiert. Was denken die Leser aus<br />

anderen Regionen über die Zeitung? Kommen<br />

die Inhalte auch außerhalb <strong>Berlin</strong>s an?<br />

Es wird gesagt, dass genauer darauf zu achten<br />

ist, um auch außerhalb der Region interessierte<br />

Leser zu erreichen und diese<br />

nicht mit zu vielen regionalen Artikeln zu<br />

konfrontieren. Die größte Diskussion jedoch<br />

gibt es zum Thema Onlineauftritt. Es<br />

wird kritisiert, dass nicht alle Artikel aus<br />

dem Printbereich online zu Verfügung stehen.<br />

Auch wird kritisiert, dass einige Beiträge<br />

zu wenig angeklickt werden. Es geht hin<br />

und her, es werden viele verschiedene<br />

Argumente gesammelt. Eine Redakteurin<br />

führt aus, die taz solle sich doch ein Beispiel<br />

an der New York Times nehmen, die nach einer<br />

Studie herausgefunden hat, dass man<br />

nicht nur nach den Klicks gehen kann, da<br />

interessierte Leser Artikel per mail weiter<br />

senden würden, um auch andere darauf<br />

aufmerksam zu machen. Außerdem wolle,<br />

so die Journalistin weiter, die taz doch gerade<br />

auch Minderheiten ansprechen. Wäh-<br />

Foto: Maximilian Fritz<br />

In der TAZ ist selbst das Chaos im Archiv Programm.<br />

Eindruck<br />

rend der Diskussion steht einer wütend auf<br />

und verlässt den Raum, um sich vor der Tür<br />

etwas lauter aufzuregen. Aus zeitlichen<br />

Gründen wird festgelegt, dass man eine extra<br />

Sitzung zum Onlineauftritt veranstalten<br />

will und man sich mit diesem Thema weiter<br />

beschäftigen muss.<br />

Am Ende werden die voraussichtlichen<br />

Themen der morgigen Zeitung von den<br />

verschiedenen Abteilungen vorgestellt. Es<br />

wird diskutiert was unbedingt rein muss,<br />

dazu in welcher Form oder ob man doch<br />

lieber etwas anderes nimmt. Dabei spielen<br />

schon konkrete Seitenzahlen eine Rolle<br />

und was kommentiert werden soll. Nachdem<br />

die Zeitung des kommenden Tages<br />

eine Inhaltsstruktur bekommen hat, wird<br />

die Sitzung beendet.<br />

Manche Sitzungsteilnehmer sieht man danach<br />

in dem jetzt immer voller werdenden,<br />

tazpresso. Es wird erst mal etwas getrunken<br />

oder gegessen und wohl noch ein wenig<br />

weiter diskutiert, bevor sie sich auf den<br />

Weg zum Arbeitsplatz machen, um ihren<br />

Teil der neuen taz mitzugestalten.<br />

David Koch

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