GROSSER HIRSCHGRABEN - Institut für Stadtgeschichte

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Gleichwohl blieb das Verhältnis Johann Kaspars, der ein Bewunderer Friedrichs II. von Preußen war, zu Thoranc gespannt. Als die Franzosen nach der Schlacht bei Bergen als Sieger zurückkehrten, begrüßte er den Grafen mit Beschimpfungen. Daß er in diesem Moment einer Verhaftung entging, hatte er nur der Fürsprache seiner Frau und des Dolmetschers zu danken. Ende Mai 1761 verließ Thoranc Frankfurt. Die französischen Truppen zogen erst im Februar 1763 ab. Um einer neuerlichen Einquartierung zu entgehen, nahm Johann Kaspar den Kanzleidirektor Moritz mit seiner Familie als Mieter in sein Haus auf. Durch den Umbau von 1755/56 hatte das Goethehaus ein völlig neues Aussehen erhalten. Im Inneren wurde die alten Wendeltreppe durch ein prächtiges Treppenhaus mit schmiedeeisernem Geländer ersetzt. Die Kellereingänge wurden geändert, die Abortanlage in einen Anbau verlegt, die Küche in den hinteren Teil des Hauses, wo einst die Goldschmiedewerkstatt des ersten Hausbesitzers gewesen war. Neu gestaltet wurde auch der Eingang mit seinem Gitter am Oberlicht, geziert von den Initialen J.C.G., mit dem oberen steinernen Türbalken und dem von Johann Kaspar neue geschaffenen Wappen Halbiertes Schild unter drei Leiern. Im Erdgeschoß lag links das Blaue Zimmer, das Empfangs- und Speisezimmer, im ersten Stock das Staatszimmer, in dem Besucher einquartiert wurden, und nach hinten das Musikzimmer. Im zweiten Stock lagen die Zimmer des Hausherrn, seiner Frau und der Tochter Cornelia sowie der vielgeliebte Gartenzimmervorplatz mit Pflanzen und dem Fenster mit Ausblick auf die Stadtmauer und die Ebene vor Höchst. Im Mansardenstock, nach der Straße hin, lag Johann Wolfgangs Zimmer. 30 Jahre lang wohnte dort auch noch der seit Ende seines Studiums geistig umnachtete Dr. Johann David Balthasar Clauer, für den Johann Kaspar für ein tägliches Kostgeld von einem Taler die Vormundschaft übernommen hatte. Und im Speicher des Hauses befanden sich die Kammern der Mägde und Diener sowie ein Lagerraum für das Korn. Das Haus der Goethes war ein offenes, ein geselliges Haus. Johann Kaspar pflegte den Kontakt zu seinen zahlreichen gelehrten Freunden, Katharina Elisabeth veranstaltete regelmäßig pietistische Zusammenkünfte. Dabei wurde nicht nur diskutiert, gebetet, gesungen und musiziert, sondern – wie die Haushaltsbücher Johann Kaspars zeigen – häufig auch gut gegessen und gut getrunken. Später gingen die Freunde und Bewunderer Johann Wolfgangs ein und aus. Diese Besuche hielten auch nach dessen Wegzug nach Weimar an. Zu den Gästen der Zeit nach 1775 gehörten die Dichter Lenz und Wieland, der Komponist Kranz, der Schauspieler und Theaterdirektor Grossmann, Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar und andere mehr. Nachdem Johann Kaspar durch Krankheit und später auch durch Schlaganfälle zunehmend apathischer und schließlich zum Pflegefall 24
wurde, fiel Katharina Elisabeth die führende Rolle im Haus zu. Das gesellige Leben ging auch nach dem Tod Johann Kaspars 1782 weiter. Der wachsende Ruhm Goethes ließ die Kette der Besucher, die die Mutter des Weimarer Dichterfürsten kennenlernen wollten, nicht abreißen. 1795 jedoch verkaufte Katharina Elisabeth das Haus im Hirschgraben einschließlich der Bibliothek und der übrigen Sammlungen ihres Mannes und zog in eine Wohnung am Roßmarkt um, von der aus sie das Treiben auf der Zeil und an der Hauptwache verfolgen konnte. Auch hier empfing sie weiterhin Gäste und genoß ihren Ruhm. Die letzten Lebensjahre wurden ihr zudem durch die Freundschaft mit Bettine Brentano verschönt. Katharina Elisabeth Goethe starb 1808 nach kurzer Krankheit. Großer Hirschgraben 11-23 mit Goethehaus. Mylius, ca. 1868/69. 25
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