GROSSER HIRSCHGRABEN - Institut für Stadtgeschichte
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Hans-Otto Schembs �� Helmut Nordmeyer<br />
<strong>GROSSER</strong> <strong>HIRSCHGRABEN</strong><br />
Geschichte und Geschichten einer Straße<br />
Von der Hirschweide zur Wohnstraße<br />
Begonnen hat alles mit einem einzigen Hirsch zu Beginn des 15. Jahrhunderts.<br />
Im Jahre 1400 schenkte der Jude Gottschalk von Kreuznach<br />
dem Frankfurter Rat eine Hirschkuh. Diese blieb nicht lange allein.<br />
Schon 1403 ist von mehreren Hirschen und Hirschkühen die Rede. Die<br />
Tiere wurden in einem vom Katharinenkloster zum Karmeliterkloster<br />
verlaufenden Graben, einem Überrest der staufischen Befestigungsanlagen,<br />
gehalten.<br />
Hirschfleisch war eine Delikatesse, die nur bei besonderen Anlässen<br />
serviert wurde. Einer dieser Anlässe war das seit 1438 einmal jährlich<br />
stattfindende Hirschessen, zu dem sich die Ratsherren an einem schönen<br />
Sommertag mit den städtischen Beamten zusammensetzten. Bezahlt<br />
wurde das Ganze zunächst aus einer Bußgeldkasse des Rats.<br />
Später mußten zunehmend auch Steuergelder herangezogen werden,<br />
da sich das Mahl immer üppiger gestaltete. Zum Fest erschienen auch<br />
die zahlreichen Prostituierten der Stadt. Sie überreichten Blumensträuße<br />
und durften da<strong>für</strong> am Essen teilnehmen. 1529 änderte man diese Sitte.<br />
Die Damen des Dienstleistungsgewerbes wurden von der Festtafel verbannt;<br />
Essen und Getränke wurden ihnen nun nach Hause gebracht.<br />
Zehn Jahre später wurde das Hirschessen ganz abgeschafft.<br />
Um das Jahr 1580 beschloß der Rat der Stadt Frankfurt, den ehemaligen<br />
Hirschgraben in Bauland umzuwandeln. Die Überreste der staufischen<br />
Stadtmauer wurden abgerissen, der Graben zugeschüttet, das entstandene<br />
Terrain parzelliert, verkauft und schließlich bebaut. 1594 waren fast<br />
alle Plätze im Hirschgraben aufgeteilt.<br />
Der große Wandel des Hirschgrabens vom Wildgehege zur dichtbesiedelten<br />
Straße zeigt sich deutlich, wenn man den Faberschen Belagerungsplan<br />
von 1552/55 mit dem Merianplan von 1628 vergleicht. Auf<br />
dem einen äsen im Graben noch Hirsche und Rehe; auf dem anderen<br />
reiht sich schon ein Haus an das andere.<br />
Die Häuser auf der östlichen Seite des Hirschgrabens wurden anstelle<br />
der alten Stadtmauer errichtet und lagen innerhalb des alten Siedlungskerns.<br />
Folglich zählten sie zur Altstadt. Die Häuser auf der gegenüberliegenden<br />
westlichen Seite dagegen erhoben sich über dem zugeschütteten<br />
Graben und lagen damit außerhalb des alten Siedlungskerns. Sie<br />
zählten zur Neustadt.<br />
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