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90 EARLY BIRD<br />
STORY<br />
„Wir stehen<br />
in Europa gut da“<br />
Dennoch ist der DGV-Bundesjugendtrainer Stephan Morales der Ansicht,<br />
dass sich in Deutschland extrem viel ändern muss<br />
Zur Person:<br />
Stephan Morales ist 49 Jahre alt, verheiratet<br />
und hat eine Tochter. Der gebürtige<br />
Sachsenhäuser (Frankfurter), der erst mit<br />
knapp 30 Jahren die Ausbildung zum<br />
PGA Golf-Pro absolvierte, war mehrere<br />
Jahre Trainer des Hockey Bundesligisten<br />
Safo Frankfurt, arbeitete dann als Head<br />
Professional im GC Rheinhessen, war<br />
Landestrainer für Rheinland-Pfalz und<br />
das Saarland und betreut seit 2004 das<br />
Mädchen-Nationalteam des Deutschen<br />
Golf Verbandes (DGV).<br />
Mädchenkader des DGV 2012 unter<br />
der Leitung von Stephan Morales:<br />
■Isabell Gabsa (GC Ulm)<br />
■Karolin Lampert (GC St. Leon-Rot)<br />
■Franziska Friedrich (GC Abenberg)<br />
■Sophia Zeeb (Stuttgarter GC Solitude)<br />
■Larissa Skodda (GC Bergisch Land)<br />
■Antonia Scherer (GC Augsburg)<br />
■Quirine-Louise Eijkenboom (GC München)<br />
■Olivia Cowan ( GC Barbarossa )<br />
Eigentlich könnte Stephan Morales<br />
hoch zufrieden sein. Viele andere<br />
deutsche Trainer würden ihn um seine<br />
Erfolgsbilanz beneiden. Die Schützlinge<br />
des DGV-Mädchen-Bundestrainers erzielen<br />
nämlich konstant in allen wichtigen Turnieren<br />
gute bis sehr gute Platzierungen, wie zuletzt<br />
Karolin Lampert, die mit ihren knapp<br />
17 Jahren bei den Internationalen Spanischen<br />
Amateur Ladies Meisterschaften Anfang<br />
2012 siegte. Zufrieden ist Morales mit<br />
der Leistung seiner Mädchen in der Tat. In<br />
Sachen Nachwuchsförderung hingegen<br />
müsse sich in Deutschland extrem viel<br />
ändern, sagt der 49-Jährige im Gespräch<br />
mit der Early Bird-Redaktion.<br />
Derzeit sind acht Mädchen zwischen 15<br />
und 18 Jahren im Kader des DGV, das<br />
„schlechteste“ Handicap hat eine 15-Jährige<br />
mit +0,2. Wobei das Handicap in diesen<br />
Höhen wenig Aussagekraft in Morales’ Augen<br />
hat. „Die eine Golferin spielt achtmal<br />
auf ihrem Heimatplatz vom roten Abschlag,<br />
die andere auf fremden Plätzen, zum Beispiel<br />
in Schottland bei Starkregen und<br />
Wind – wie will man das vergleichen?“, fragt<br />
Morales, der seit 2004 das Amt des Bundestrainers<br />
beim DGV inne hat und es mit<br />
Leidenschaft und Engagement ausübt.<br />
Viel aussagekräftiger bei der Zusammenstellung<br />
seines Kaders sind für Morales und<br />
seine zwei Co-Trainer (Mario Hausch und<br />
Sebastian Rühl) Turnierergebnisse: „Wer auf<br />
einem Deutschlandturnier spielt, ist für uns<br />
interessant.“ Vieles laufe auch über die<br />
Landestrainer, wobei die meisten guten Golfer<br />
aus den großen Landesverbänden wie<br />
Bayern, Baden Württemberg und Nordrhein-<br />
<strong>West</strong>falen kommen. „Es ist sehr unwahrscheinlich,<br />
dass wir jemand Begabtes nicht<br />
sichten, vor allem, da der Bereich so überschaubar<br />
ist“, sagt Morales.<br />
Und genau hier setzt auch seine Kritik an. Er<br />
wünscht sich mehr Auswahl, nicht nur etwa<br />
30 Mädchen aus ganz Deutschland, die in<br />
Frage kommen. Dass es deutlich mehr Golftalente<br />
unter den jungen Menschen in diesem<br />
Land gibt, daran zweifelt er nicht. Doch<br />
der Zugang zum Golfsport sei hier immer<br />
noch zu kompliziert, kritisiert Morales. Kinder,<br />
deren Eltern nie ein Holz oder Eisen in<br />
die Hand nähmen, landeten in der Regel<br />
auch nicht auf einem Golfplatz. Zudem<br />
gäbe es zu wenige Golfplätze, die in Fahrradfahr-Nähe<br />
lägen.<br />
Hinzu kämen die schlechten Trainingsmöglichkeiten<br />
im Winterhalbjahr, gibt Morales<br />
zu Bedenken und führt als Beispiel an:<br />
„Wenn man eine 14-jährige Deutsche mit<br />
einer 14-jährigen Spanierin vergleicht und<br />
beide haben mit z. B. 7 Jahren angefangen,<br />
dann hat das spanische Mädchen sieben<br />
Jahre Golf gespielt, das Deutsche lediglich<br />
dreieinhalb Jahre, weil es in Deutschland im<br />
Winterhalbjahr kaum trainieren kann; das<br />
wäre in jeder anderen Sportart undenkbar!“<br />
Auch die Schulen müssten mehr kooperieren,<br />
mehr Zugeständnisse machen,<br />
sprich Schülern, die das Zeug zu einem<br />
Profisportler hätten, mehr Freiräume ermöglichen,<br />
fordert Morales. Gerade das<br />
achtstufige Gymnasium (G8) mit seinen<br />
vollgepackten Lehrplänen und dementsprechend<br />
langen Schultagen habe die<br />
Situation noch verschärft. „Wie sollen wir<br />
hier in einem Land beziehungsweise in<br />
einer Sportart, bei der wir aufs Tageslicht<br />
angewiesen sind, trainieren, wenn die<br />
Schule bis 17.00 Uhr geht?“, kritisiert