EARLYBIRD-GOLF West

100 EARLY BIRD
STORY
GOLFEN mit dem Wind
und Flugzeugen im Rücken
Auf der Nordseeinsel Wangerooge teilen sich Golfer und Piloten das
Fairway – zumindest bei ungünstigen Winden
Was für ein Wind! Er pfeift einem um
die Ohren, dass sich die Bäumchen
links und rechts des Fairways biegen und
das Polo-Shirt am Körper klebt. Das Wellenrauschen
der Nordsee, die hinter dem nahen
Deich liegt, kann man bei diesem Wind
nicht hören. Ein herankommendes Flugzeug
auch nicht. Zur Sicherheit werfe ich noch
mal einen Blick aufs Walkie-Talkie, ob es
auch wirklich eingeschaltet ist, und mache
mich auf den Weg zum ersten Abschlag, den
Tower im Rücken.
Während ich über das dichte Gras laufe, frage
ich mich, ob dieser Wind jetzt widrig ist.
Nein, nicht wegen des Abschlags, sondern
weil bei widrigen Winden Flugzeuge auf dem
Fairway landen, wie mir der Pro Kevin Conboy
eben so ganz nebenbei erklärte, während er
mir das Walkie-Talkie in die Hand drückte.
Genau genommen ist das Fairway nämlich
kein Fairway, sondern eine Landebahn. Die
Golfer haben quasi Mitnutzungsrecht.
Ein ungewöhnlicher Ort für einen Golfplatz,
in der Tat, aber wenn man wie hier auf
Wangerooge schlicht und ergreifend nicht
viel Platz für einen Platz hat, ist es eine
legitime Lösung, dachten sich die Insel-
Golfer, die bereits 2007 den Golf-Club
Wangerooge (GCW) ins Leben riefen. Anfangs
gab es auf der östlichsten der Ostfriesischen
Inseln, die regelmäßig mit Baltrum
um den Status des kleinsten Eilands unter
den ostfriesischen Inseln wetteifert, überhaupt
keine Möglichkeit zu golfen. 2008
wurde eine provisorische Driving-Range
angelegt, es folgten Indoor-Spielmöglichkeiten
in der Mehrzweckhalle und im kleinen
Kursaal.
Wer auf einer knapp 8 Quadratkilometer
großen Insel golfen möchte, muss kreativ
sein. Erschwerend kommt hinzu, dass sehr
viel Fläche auf der Insel zur Erholungszone
des Nationalparks Niedersächsisches
Wattenmeer gehören und als besonders
schützenswert gelten. Das ist auch einer der
Gründe, weshalb das Golfprojekt auf der
Insel nie unumstritten war.
Doch wo ein Wille, Geduld und Kompromissbereitschaft
sind, da findet sich auch
irgendwann ein Weg, sprich ein Ort für einen
6-Loch Kurzplatz. 2009 war es soweit:
Nach Verhandlungen mit der Luftaufsichtsbehörde
konnten Insulaner und Urlauber
auf der Graslandebahn, die für außergewöhnliche
Windverhältnisse als Notlandebahn
dient, die ersten Bälle schlagen. Genau
hier stehe ich jetzt und hoffe, dass das
Walkie-Talkie, das man zur Sicherheit mit
auf die Runde nehmen muss, auch wirklich
funktioniert und die Fachleute im Tower
mich im Blick haben.
Ganz abgesehen von diesem kleinen Nervenkitzel
hat es einen ganz besonderen
Reiz, zwischen hohen Heckenrosenbüschen