150 Jahre TuS Metzingen - Festschrift
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tergerüste mit Seil u[nd] Maß, ein Riesenschritt mit<br />
vier Seilen, vier Springstöcke, sendete Taglöhner zur<br />
Aufwerfung eines Springgrabens, eines Ties, zweier<br />
Schlängelbahnen u[nd] salarirte auf eine liberale Weise<br />
den Turnlehrer W[ilhelm] Fischer aus Reutlingen, der<br />
den Unterricht im ersten Semester besorgte.“ Fischer<br />
erhielt dafür abweichend vom Beschluss des Stiftungsrats<br />
eine Zahlung von 40 Gulden aus der Stadtkasse.<br />
„Die Schüler zeigen einen Wetteifer im Turnen u[nd]<br />
haben zum Theil schon recht wackere Fortschritte<br />
gemacht. Aber noch fehlen uns manche Geräthschaften<br />
u[nd] vor allem ein Häuschen zum Aufbewahren<br />
der Seile, Stangen u[nd] dergl[eichen]. Diese müssen<br />
jedes Mal hin- u[nd] hergetragen werden.<br />
Hoffen wir, das Fehlende bald zu erlangen, um so<br />
mehr, da sich die angesehensten Bürger <strong>Metzingen</strong>s,<br />
um den Turnlehrer Fischer auch für den nächsten<br />
Sommer zu gewinnen, zu Beiträgen für die gute Sache<br />
unterzeichnet haben. Unberührt kann ich nicht lassen,<br />
daß das im Sept[ember] v[origen] J[ahres] in Reutlingen<br />
abgehaltene Turnfest nicht nur unsere Jugend für<br />
diese Sache begeistert, sondern namentlich ältere,<br />
bisher dem Turnen feindselige Personen aufs Günstigste<br />
für dasselbe gestimmt hat.“<br />
Die Schüler der beiden Klassen der Realschule erhielten<br />
nun jeweils zwei Stunden Turnen in der Woche,<br />
die in den Abendstunden unter der Aufsicht der Lehrer<br />
abgehalten wurden. Elementarlehrer Hiller vermerkte<br />
im Schulbericht vom Frühjahr 1846: „Die Turnübungen<br />
selbst üben auf unsere Schüler den wohlthätigsten<br />
Einfluß, da dadurch nicht blos ein körperlich kräftiges<br />
Aussehen, sondern auch ein reger, heiterer Sinn und<br />
frische, jugendliche Lebendigkeit erzielt wird.“ Allerdings<br />
blieb der Turnplatz an der Eninger Straße Episode.<br />
Im Zusammenhang mit der Revolution wurde er im<br />
März 1848 demoliert. „Die rohe Gewalt hat, wahrscheinlich<br />
auf Anstiften Anderer, unsern schönen<br />
Turnplatz zu Anfange des Monat März total ruinirt,<br />
sämmtliche Geräthschaften abgesägt, u[nd] so ihre<br />
Gesinnung gegen dieses herrliche Institut unverkennbar<br />
an den Tag gelegt.“ Anstelle des Turnens trat nun<br />
12<br />
Unterricht im Exerzieren. Da der Turnplatz nicht wieder<br />
hergestellt wurde, erfolgte 1852 die Einstellung<br />
des Turnunterrichts. Erst mehr als 10 <strong>Jahre</strong> später, im<br />
September 1863, wurde Turnen erneut als Schulfach<br />
an der Realschule eingeführt.<br />
Der erste Metzinger Turnverein entsteht<br />
Doch zurück zum Frühjahr 1846. Der im Jahr zuvor<br />
angelegte Turnplatz beförderte nicht nur das Schulturnen,<br />
sondern war auch ein Anziehungspunkt für junge<br />
Menschen, die Freude am Turnen hatten. So gründeten<br />
im Frühjahr 1846 „eine Anzahl junger Leute“ den<br />
ersten Metzinger Turnverein. Zum Vorstand wurde der<br />
Arzt Dr. Friedrich Wilhelm Achill Schmidt (1799-1863)<br />
gewählt. 1847 gestatteten die Gemeindekollegien,<br />
„daß ein Reck u[nd] ein Barren von der öffentl[ichen]<br />
Turnanstalt zu den Winteruebungen in das Lokal des<br />
Bräuchlerischen Bierkellers gebracht werden.“ Nach<br />
der Demolierung des Turnplatzes löste sich der Verein<br />
während der Revolution 1849 wieder auf.<br />
Als 1854 das Ministerium des Innern revolutionäre<br />
Umtriebe in den Turnvereinen untersuchte, da sich<br />
diese 1849 nach der Übersiedlung des Rumpfparlaments<br />
nach Stuttgart mit der Bildung eines Parlamentsheeres<br />
befasst hatten, berichtete Dr. Schmidt<br />
über den Metzinger Turnverein: „Allerdings war ich im<br />
Frühling 1846 von einer Anzahl junger Leute, die fleißig<br />
turnten, als Vorstand gewählt. Es wurden Statuten<br />
entworfen, die alles Politisiren verpönten und k[öniglichem]<br />
Oberamte vorgelegt, sich dessen Sanctionierung<br />
erfreuten. Nur auf Körperübungen und sittliche<br />
Hebung war das Streben gerichtet. Als die Bewegung<br />
der Zeit auch auf diese harmlose Gesellschaft einzuwirken<br />
begann, legte ich (Ende [18]48) meine Stelle<br />
als Vorstand nieder, ohne das Interesse am Turnen<br />
aufzugeben. Nach mir ward – soviel ich weiß – der<br />
jetzige H[err] Polizeicomissair Bliem in Ludwigsburg<br />
zum Vorstand erhoben, konnte aber nur sehr kurze<br />
Zeit functioniren, weil alles aus den Fugen der Ordnung<br />
ging. Der hiesige Turnverein erlosch. Einiges,<br />
von mir mit Mühe angeschafftes Geräth, welches herrenlos<br />
den hiesigen Vandalen preisgegeben war,