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NIKOLAUS KOPERNIKUS D I E B U R G

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von den C alvin ern die meisten — G egn er der E rd b ew egungsleh re seien, mit dem Hinweis,daß da, wo die Schrift gesprochen hat, der Verstand zu schweigen habe76). Auch im 18. Jahr-hundert sind noch eine ganze Reihe von antikopernikanischen Äußerungen von protestantischerSeite zu verzeichnen. So muß z. B. noch 1774 ein „Prediger und Liebhaber der astronomischenWissenschaft“ die kopernikanische Meinung vom Weltbau als der Heiligen Schrift n ich t entgegenin Schutz77) nehmen, bleibt aber wohlweislich anon ym . Nicht rein theologische, sonderntiefere und mehr den Krieckschen Erwägungen entsprechende Gründe dürften Johann GeorgH am an n , den Magus aus Norden, zu folgender Äußerung in einem Schreiben vom 13. 1. 1773an H erder veranlaßt haben: „Ich bin immer der Meinung gewesen, daß das ganze kanonischeSvstem von Thorn auf o p tisch en Illu sio n e n beruhe und denke noch eine Revolution zuerleben“ 78).Daß für diese sehr konservative und langdauernde Ablehnung des kopernikanischen Systemsin protestantischen Kreisen ein Hang zu a stro lo g isch e n Phantasien in nicht geringem Maßemitgewirkt haben dürfte, scheint mir sicher79). Zwar waren sich die Sterndeuter manchmalüber die astronomischen Grundlagen ihrer Konstruktionen selbst uneinig, aber im allgemeinen,vor allem, was die eine gewaltige Rolle spielenden Kometen betrifft, war hier der LehrmeisterP tolem äu s. Nach ihm verpesteten diese Erscheinungen die Luft, entzünden das Geblüt derMenschen und haben Pestilenz und Totschlag im Gefolge80).Aber nicht nur die Theologen im 16. Jahrhundert, vor allem die protestantischen, verhieltensich ablehnend, auch die A stron o m e n stellten, wenn man von Georg Joachim Rheticus absieht,in den auf das Jahr der Veröffentlichung der „De revolutionibus“ folgenden Jahrzehnten keineA n h ä n g e r81). Zwar machten sich einige hier uud da die eine oder andere Ansicht des Kopernikuszu eigen und benutzten sie e k lek tisch bei ihren Arbeiten82), aber erst der Fortschritt in denpraktischen Beobachtungen als neue Grundlage der Ortsbestimmungen der Planeten und derFixsterne, vor allem durch den Dänen T y ch o B rahe (1546— 1601), der sich indessen der GrundtheseKopernikus’ gegenüber durchaus ablehnend verhielt und ein eigenes recht kompliziertesWeltgebäude sozusagen als „Vermittlungssystem“ erdachte83), brachte nolens volens auch der78) Bei Beckmann 3. 399 A 10. Calovius spricht übrigens auch davon, daß in sein e r Zeit (17. Jh.!) auch die Mehrzahlder päpstlichen Theologen Gegner des Kopernikus seien. Wir kommen darauf unten zurück.77) eckm ann, 3. 653 A 48.78)79)BDereckprotestantischm an n ebd.gewordene Humanist Andreas D u d ith schrieb 1584 an Praetorras:_.„IchT1wundere,iruch,• i.daßj ndoch in unserem Deutschland so viele sind, besonders unter denen, die von der Universität Wittenberg kommen,bei welchen diese Prophezeiungen (der Astrologen) große Auctorität gemessen. (B eckm ann 3. 660 A 81).Obwohl Luther sich im allgemeinen gegen die Astrologie ausspneht (vgl. A 49), ist er doch der geistigen Haltungseiner Zeit auch in diesem Punkt im natürlichen Maß verpflichtet. So war z. B. der Aderlaß eine feste Einrichtungder Gesundheitspflege, dessen günstiger Erfolg nach der damaligen Meinung von den Gestirnen des Himmelsabhängen sollte. Hierzu sagt Luther in seinem Sermon von der Betrachtung des Leidens Christi: „so du muuttun Ader lassen, was dir widert, denke wie Christus gebunden und gefangen hin- und hergefuhrt wird (bchottensoiS c h o tte n lo h e r Karl, Flugblatt und Zeitung, in: Bibliothek für Kunst- und Antiquitätensammler, Bd. 21Berlin 1922 S. 193, dessen Kapitel über astrologische Flugschriften des 16. Jh. hier im allgemeinen zu vergleichen.Z. B. Melanchthon las über die Sterndeutung des Ptolemäus 1543 und 1545, Reinhold über das erste Buchder Sternkunde des Ptolemäus 1549, Kaspar Peucer, der Verfasser des Wittenberger Katechismus, über die SterndeutungJohann Schoners 1549 (Zinner, Bibliographie 34). Der eben genannte Schöner, dem Rheticus seine Vorredezur „Naratio prima“, die einen ersten Bericht über Kopernikus’ Lehren gab, gewidmet hatte, vertrat über dieUneinigkeit unter den Astrologen in seiner „Practica“ für 1538 die Meinung, das sei nicht auffällig, da ja auchunter den Gelehrten der Heiligen Schrift, der Rechtswissenschaft usw. Streit beobachtet werden könne(Schottenloher 195).81) Z inner, Sternkunde 462, Bibliographie 33 ff.Ernst G oldbeck, Der Mensch und sein Weltbild, 1925 (zit. G oldbeck) erwähnt S. 17 einen Holzschnitt mitdem Bildnis Kopernikus’ von 1587, unter dem sich folgende Worte finden: „Die Sonn’ mir steht, lauft umb dmErd’ Gott geb was immer daraus werd. Solchs kann beweisen meine Kunst, die nicht bei alln drumb hat vil gunst.Unter den entsprechenden Reproduktionen bei Batowski konnte ich allerdings diese Unterschrift nirgends feststeilen.8!) Nähere Angaben Z in n er, Sternk. 463. .83) Dargestellt bei Z inner, Sternk. 463 ff. Um den Widerspruch gegen die Bibel und den Sinnenschein zu beseitigen,ließ er die Erde in der Weltmitte ruhen, umkreist vom Monde, der Sonne und dem Sternhimmel. Die Sonnewiederum wird von den 5 Planeten umkreist (Zinner, Bibi. 38).103

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