nicht beweiskräftig, weil die Unterschriften fehlten. Ohne hier noch näher auf Einzelheiteneingehen zu können, muß nach den klaren und überzeugenden Darlegungen R eu sch s238) festgestelltwerden: „Die Vermutung, die Aufzeichnung vom 26. Februar 1616 sei im Jahre 1632fabriziert oder gefälscht worden, ist also unbegründet und die Meinung, wesentlich auf dieses Aktenstückhin sei der Prozeß gegen Galilei eingeleitet und derselbe verurteilt worden, unrichtig“ 239).Im Anschluß an die bereits erwähnte Sitzung vom 3. März 1616 (s. o.) wurde dann am 5. Märzein „überall zu p u b lizie ren d e s“ Dekret der Indexkongregation veröffentlicht240), in dem dieschon im Sitzungsprotokoll vom 3. März aufgeführten Verbote ausgesprochen und darüberhinaus „alle anderen Bücher, welche in gleicher Weise dasselbe (die Erdbewegung nämlich)lehren“ verdammt und suspendiert werden, zusammen mit dem völlig verbotenen Buch desF o sca rin i. Es trat also der interessante Fall ein, daß einerseits alle Bücher grundsätzlich verbotenwurden, welche den Heliozentrismus lehrten, die „Umdrehungen“ des Kopernikus abernur suspendiert wurden bis zur Anbringung von Verbesserungen, über deren Ausmaß ein 1620erlassenes sogenanntes „Monitum“ , gedruckt im Index Alexanders VII. von 1664 und vorher1624241), genauen Aufschluß gab.Wenn die Indexkongregation allerdings den Vortrag der kopernikanischen Lehre „ex hypo-thesi“ gestattete, so wollte sie mit der Verwendung dieses Terminus ihr durchaus nicht etwaauch nur den geringsten Grad von Wahrscheinlichkeit zugestehen, was ja sonst in der wissenschaftlichenSprache mit diesem Begriff fast immer sich zu verbinden pflegt242).Besonderes Interesse hat naturgemäß schon bald die Frage ausgelöst, ob die Entscheidungendes Jahres 1616 zugleich als eine in Glaubenssachen aufzufassen sei. Der Jesuit G risa r, der dieFrage mit aller ihm zur Verfügung stehenden theologischen Gelehrsamkeit behandelt hat243),konnte überzeugend nach weisen, daß ein Spruch „ex cathedra“ nicht beabsichtigt war. SchonAusführungen der Zeitgenossen, so auch des bereits erwähnten Antikopernikaners R ic c io li,zeigen, daß der Entscheid überwiegend n ic h t für eine endgültige G la u b e n sd e fin itio n , sondernnur für einen widerruflichen, vom Papst lediglich „in forma comuni“ 244) approbierten Kongregationsbeschlußgenommen wurde245).Trotzdem müssen die Folgerungen, die sich aus den Maßnahmen von 1616 für die katholischenGläubigen ergaben, als ziemlich einschneidend beurteilt werden, zumal nur wenige Volksgenossenüber die subtile Akribie theologischer Gelehrsamkeitwie sie etwa Grisar uns vorführt, und2 3 8 ) R e u sch , X X X , Die Aufzeichnung vom 26. Febr. 1616 und die Verurteilung Galileis im J. 1633, 346 ff.239) R e u s c h , 354.24°) Alles Nähere bei R e u s c h , 111. Lateinisch bei Grisar 130.Zwei Jahre nach dem Monitum der Indexkongregation m it der Angabe der Stellen, die in den „Umdrehungen“zu verbessern wären, verordnete der Bistumsadministrator Michael D z ia li n s k i aus Heilsberg am 23. oder 30. September1622 u. a. die Bekanntmachung dieses Monitums im ganzen Bistum Ermland, vermutlich im Zusammenhangm it den Auswirkungen der Gründung der „Congregatio de Propaganda fide“ (Anfang 1622) an. (Zs. Erml.26. (1938), Das kirchliche Verbot des coppernicanischen Hauptwerkes im Ermlande, 653 ff.)M1) Wiedergegeben bei H ilg e r s , 540 ff.242) Ausführliche Dialektik G r is a r , 60 f.245) G r is a r , 1 4 4 ff., 152 ff.244) G r is a r , 170.246) R ic c io li, I , 1, 52 vertritt die theologisch gesicherte Auffassung, daß die heilige Kongregation der Kardinälekeine Glaubensdefinition treffe: „Sacra congregatio cardinalium, seorsim sumpta a summo pontifice, n o n f a c itp r o p o s it io n e s de f id e , etiamsi eas definiat esse de fide, aut oppositas esse haereticas. Quare cum nondumde hac re prodierit definitio summi pontificis, a u t c o n c ilii ab eo directi, vel approbati, n o n d u m (e st de)f id e s o le m m o v e r i e t te r r a m s ta r e , vi decreti praecise illius congregationis; sed ad summum, ut solumvi Sacrae Scripturae apud eos, quibus est evidens moraliter, Deum ita revelasse: Omnes tarnen catholici exvirtute tum prudentiae, tum obedientiae obligamur ad tenendum, quod illa congregatio decrevit, et saltem adnon ducendum absolute oppositum: sed de hac subtilitate theologica egi ex professo in tractatu de fide, ubi deregulis fidei. Hinc tarnen subintelligis, quomodo conciliari possint M a r in u s M e r s e n n iu s , negans opinionemCopemici damnatam esse, u t haeresim, cum l u s t o L i p s i o , M e lc h io r e I n c h o f e r , e t G e o r g io P o la c c o ,dicentibus eius oppositum esse de fide; quod tarnen negat G a s s e n d u s in epistola praedicta, et ad finem, libri 3.Institutionis Astronomicae“ .Eine generelle Übereinstimmung über diesen Punkt bestand also bei den Theologen offenbar nicht.128
wo oft mit der Goldwage gewogen wird, verfügen. Außerdem betont dieser Jesuit gegenüber dersonst von katholischen Forschern vertretenen Auffassung selbst, daß dem Dekret n ich t b lo ßd iszip lin ä rer, sondern zugleich d ok trin ärer Charakter eignete246). Es dürfte jedenfalls keinerDialektik gelingen, die Wirkungen des Verbots der kopernikanischen Lehre als unbedingt nach-teilig für die Wissenschaft, speziell in katholischen Ländern, völlig zu bagatellisieren oder wegzudisputieren247).W o h lw ill schreibt mit Recht: „Sieht man aber in der Geschichte der Erkenntnis zugleich einenwesentlichen Teil der Lebensgeschichte der Menschheit im großen ganzen wie in ihren mannigfaltigenGliederungen, so wird man sich schwer der Betrachtung entziehen können, daß geradejene äußeren Verhältnisse, die dem Wesen der wissenschaftlichen Tätigkeit fremd sind, dennochtausendfältig hemmend und fördernd ihren Gang bestimmen, und in diesem Sinne ist das Machtwortder Kirche wider die copernicanische Lehre ein zweifellos bedeutungsvolles gewesen248).“Daß sich das Verbot von 1616 nicht in voller Schärfe auswirkte, war weniger ein Verdienst derKirche, als der Umstände in politischer und sonstiger Hinsicht. Willenloser Gehorsam gegenüberdem Dekret herrschte bei katholischen Aristotelikern und Kopernikanern gleichermaßen, besondersin Italien249). Wenngleich, wie wir gezeigt hatten, auch in protestantischen Ländern dietheologischen Autoritäten dem neuen Weltbild genau die gleiche Ablehnung zollten, bedingtedoch die politische Situation in diesen allmählich ein gleichgültiges „Laisser-faire“ .K ep le r hatte ohne Kenntnis von den römischen Vorgängen250) 1618 den ersten Teil seiner „EpitomeAstronomiae Copernicanae“ veröffentlicht, die in Rom am 10. Mai 1619251) verboten wurde.Durch diese Erfahrung belehrt, traf selbst dieser protestantische Forscher mehrere Vorsichtsmaßregeln,um ernstlichere Gefahren bei dem Erscheinen seiner „Harmonie der W elt“ 1619 zuvermeiden252).Im Jahre 1625 war der 1622 in Form eines Briefes an V. C esarini bekannt gewordene „Saggia-tore Galileis, der gegen die Anschauungen des Jesuiten G rassi in der Kometenfrage253) Stellungnimmt, in dem eine versteckte Verteidigung der kopernikanischen Lehre ohne Mühe gefundenwerden kann, von den Feinden Galileis vergeblich beim römischen Inquisitionstribunal denunziertworden. Schon um 1622 aber begann Galilei die Ausarbeitung seines großen Werkes „Überdie Weltsysteme“ , das er 1632 als „Dialog über die beiden Weltgebäude“ 254) — mit Genehmigungder römischen Zensurbehörde unter dem Assistenten des Präfekten der IndexkongregationMagister Sacri Palatii Pater R ic c a rd i255) und der Florentiner Inquisition256) — in Florenzherausbringen konnte.Wie der Titel sagt, werden „die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme, das ptolemäisclie unddas kopernikanische, besprochen und die für das eine und für das andere sprechenden philosophischenund naturwissenschaftlichen Gründe entwickelt“ 257). Es wird zwar keine Entscheidunggetroffen, aber doch so argumentiert, daß das kopernikanische System als das bei weitem begründetereerscheinen muß, trotzdem die Vorrede betont, die kopernikanische Ansicht werde alsb lo ß e m a th e m a tisch e H y p o th e se vorgeführt.246) G r isa r , 147/48.247) M ü lle r, Cop., 139 ff versucht so etwas.248) W o h lw ill, I I, 1.249) Nachweis bei W o h lw ill, II, 6 u. 8.25°) W o h lw ill, II, 4.261) Z in n e r , Bibi. 43.252) Näheres bei W o h l w ill, II, 5.* / d C Al4S1
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