eschritten, indem er das Vatikan-Manuskript im Oktober 1926 einer Untersuchung mit ultraviolettenStrahlen unterwarf, um Spuren von Chemikalien, die bei der von W o h lw ill behauptetenBeseitigung der ursprünglichen Schrift hätten benutzt sein müssen, nachzuweisen, da Radierungschon von Wohlwill selbst ausgeschlossen worden war221). Es ergab sich kein A n h a ltspun k t für chemische Prozesse. G eblers Mitteilungen222), nach denen die beiden jetzt aufeinanderfolgendenBlätter 378— 379 (ältere Numerierung 987— 988) nicht ursprünglich miteinanderverbunden waren, ließen sich bei dem Zustand der Handschrift nach einer Neubindungbereits im Oktober 1891 anläßlich der persönlichen Einsichtnahme W o h lw ills in die Aktendurch Augenschein nicht mehr bestätigen223). Wohlwill nahm an, daß sie unbedingt schon 1616vorhanden gewesen und keinesfalls später eingefügt worden seien.Dank der Abbildung der Schriftzüge der Aufzeichnungen vom 25. und 26. Februar auf Blatt 378 vound des Restes vom 2 6 .Februar auf Blatt 379 bei L äm m el sind wir endlich in der Lage, dieSchriftzüge einigermaßen zu vergleichen. Lämmel „erscheint es sehr wahrscheinlich, daß dieHandschrift auf Seite 379 eine andere ist als die auf Seite 378“ 224). Eine solche Entscheidungaber gilt in der Handschriftenkunde nicht! Entweder eine Handschrift ist eine andere oder diegleiche.W o h lw ill stellte fest: „Ich glaube, daß es unmöglich ist, mehr als eine allgemeine durch Nachahmungzu erzielende Übereinstimmung zu behaupten225)“ . Er hat bis ins einzelne gehendeVergleiche angestellt226), so daß für uns hier eine Aufzählung spezieller Merkmale entfallen kann.Der verdiente Galileiforscher zog folgende Schlüsse: Die Hand des Protokollteiles vom 26. Februar1616 auf Blatt 379, dazu vor allem auch die drei letzten Zeilen auf Blatt 378 vo, ahmtedie Schrift der anderen Zeilen von 378 vo geschickt nach227), nachdem durch chemisches Verfahrendie bisher dort stehende Schrift getilgt war228). L äm m el hat durch ultraviolette Bestrahlung,wie schon erwähnt, den Verdacht der Schrifttilgung mittels chemischer Mittel abweisenkönnen229). Er folgerte jedoch: „Die Eintragung mit dem Datum 26. Februar 1616 aber ist einfalscher Text, der an die Stelle eines heute unbekannten ursprünglichen Textes in verbrecherischerAbsicht auf die u rsp rü n glich leeren S eiten 378 vo und 379 r geschrieben wurde“ . Ergeht über G eb ier, der in seiner 1877 — nach seiner Romreise— erschienenen Schrift ausgeführt hatte,das Dokument vom 26. Februar 1616 sei zwar keine Fälschung, aber im juristischen Sinne wertlos,weil ohne Unterschrift, weit hinaus, indem er es als „Betrug“ bezeichnet230). Die L äm m elsch eArgumentation hält nun kritischer Durchprüfung nicht stand: bei der Abbildung der Fortsetzungdes Protokolls vom 26. Februar schreibt er: „Man sieht, daß es sich um eine andere Handschrifthandelt».“ Daraus muß der Leser schließen, Lämmel sei der Meinung, die ganze Seite 378 vostamme von einer Hand, worin im übrigen die Äußerung bei der Erläuterung bestärkt: die neueHandschrift „m itte n im T e x t“ sei verdächtig. Auf Seite 162 seiner Arbeit aber lehnt er dasganze Protokoll vom 26. Februar als „auf die ursprünglich leeren Seiten von 378 verso und 379 rectogeschrieben“ als Fälschung ab, ja durch die Betonung, die Eintragung vom 25. Februar sei die„Abschrift“ eines ursprünglich vorhanden gewesenen gleichlautenden Protokolls, muß man folgern,auch diese Abschrift sei erst im Zusammenhang mit der Fälschung vom 26. Februar aufdie bis dahin „leere Seite“ von 378 vo geschrieben worden. Warum wäre dann aber Handwechselnötig? Nicht umsonst hat sich W o h lw ill so große Mühe gegeben, die neue nachahmende Handaal) W o h lw ill, I I. 315.m ) Bei W o h l w ill, I I , 308.aa3) W o h lw ill, I I, 309.aa4) L ä m m e l, 162.aa6) W o h lw ill, II, 311.aa«) W o h lw ill, II, 312 ff.aa’ ) W o h lw ill, II, 314.aas) W o h lw ill, II, 315.aa9) L ä m m e l, 161.a8°) L ä m m e l, 161.126
schon in den letzten 3 Zeilen von 378 vo nachzuweisen. Warum diese Blätter ausgerechnet leergeblieben sein sollen bis zum Jahre 1632, erklärt Lämmel nicht. Er ist also gerade hier an entscheidenderStelle unverzeihlich oberflächlich etwa gegenüber der subtilen Beweisführung R euschsund G risars, die beide die Echtheit der Aufzeichnungen vom 2 6 .Februar feststellen und aufdie hier verwiesen sei231).Für W o h lw ills Meinung, es handle sich um eine nachahmende Hand, spricht zunächst tatsächlichstark der immerhin fürs erste erheblich abweichende Eindruck der Schrift auf Blatt379, nicht aber schon der letzten Zeilen auf 378 vo.Bei immer und immer wiederholter Durchprüfung und Vergleichung einzelner Buchstaben undBuchstabenkomplexe gewann ich folgende Überzeugung: Der abweichende Eindruck der Schriftauf Blatt 379 wird durch den ungleich weiteren Zeilenabstand und eine dadurch gegebene größereZ ü g ig k eit der Hand hervorgerufen232), stark unterstützt von der merkwürdig unklaren Orientierungder Buchstabenunterlängen (vor allem der ersten Zeile) und einer mehr steilen Neigungim ganzen gegenüber dem eindeutig schrägen Charakter auf Blatt 378 vo. Gerade die Zügigkeit,die auch W o h lw ill aufgefallen ist, spricht schlagend gegen die Annahme einer Nachahmung.Daß Verdacht auf Schriftfälschung überhaupt aufkommen konnte, mag auch darin begründetsein, daß die Tinte auf Blatt 378 vo erhebliche Korrosionserscheinungen bewirkt hat, auf Blatt 379aber nicht. Natürlich konnte ich die Farbe der Tinte auf den beiden Blättern aus der mir hiereinzig zur Verfügung stehenden Reproduktion nicht vergleichen. Trotz allem muß — die Gründefür die steilere Haltung usw. auf Blatt 379 können wir nicht erkennen — an derselben Schreiberhandauf 378 vo/379 fe stg e h a lte n werden.Es ist ja auch, wie schon R eu sch , G risa r, B e rti und andere betonten, gar kein Grund zueiner Verfälschung der Aufzeichnung ersichtlich zu machen. „Die im Jahre 1633 erfolgte VerurteilungGalileis, die durch Jahrhunderte hindurch eine so erschütternde Wirkung ausgeübt hat“,beruht eben durchaus nicht „völlig auf den Sätzen jenes Protokolls vom 26. Februar 1616“,wie L äm m el behauptet233). R eu sch betont das Fehlen der in der Aufzeichnung des Notarsvom 25. Februar 1616 enthaltenen Wendung „de ca (über die kopernikanische Meinung) trac-tare“, was eben gerade gegen eine nachträgliche Fälschung der Aufzeichnung vom 26. Februarspreche. Das ist richtig beobachtet. Ein Fälscher hätte bestimmt diese Formulierung mit eingesetzt.Ganz abgesehen von der schwierigen Deutung des „tractare“234), wurde am 26. FebruarGalilei der Befehl erteilt, in keiner Weise, weder schriftlich noch mündlich, „die kopernikanischeMeinung zu lehren oder zu verteidigen“, ohne daß von einer Gehorsamsverweigerung gegenüberder Ermahnung B e lla r m in s, die laut Beschluß vom 25. Februar erst den Anlaß zu einem solchenVerbot hätte bieten sollen, erwähnt wird. Selbst diese Schwierigkeit hat R eu sch , wie alleanderen Anwürfe gegen das Stück vom 26. Februar beseitigen können235).Die Notiz vom 26. Februar ist als eine „Registratur“, „eine vom Notar der Inquisition gemachteund den amtlichen Akten einverleibte Aufzeichnung zu bewerten“ 236). Eine solche scheint inRom der Unterschrift des Notars nicht bedurft zu haben237). Demnach ist auch der Vorwurfder juristischen Wertlosigkeit hinsichtlich der Aufzeichnung vom 26. Februar nicht zu halten,zumal Galilei selbst bei Bezugnahme auf die Notiz im Prozeß 1633 keine Einrede erhebt, sie sei231) R e u s c h , 127 ff, G r isa r , 41 ff.232) W o h lw ill, I I, 314: „A u f Folio 988 in den langgezogenen Buchstaben und Abkürzungszügen fast ausnahmslosder zweite Teil der Kurve erheblich — bis zum vierfachen des ersten — verstärkt.“a33) L ä m m e l, 161.234) D azu R e u s c h 146/47.236) R e u s c h , 136. 5 „successive ac incontinenti“ als oft gebrauchte Formel. — Im übrigen lasse „die Aufzeichnungaber, sofern sie berichtet, daß es nicht bei der Ermahnung Bellarmins geblieben, sondern auch der Kom missar seinPraeceptum erteilt habe, voraussetzen, daß Galilei sich jener Ermahnung nicht gefügt habe“ .m ) R e u s c h , 133. 6 8 8“ 7) R e u s c h , 134.127
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Unbeschadet solcher Einwendungen ab
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