13.07.2015 Aufrufe

3-2-1-Mut! Das Abenteuer Empowerment. - Verband binationaler ...

3-2-1-Mut! Das Abenteuer Empowerment. - Verband binationaler ...

3-2-1-Mut! Das Abenteuer Empowerment. - Verband binationaler ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

E s g i b t z w e i E x t r e m p o l e d e r B e w ä lt i g u n g s s t r at e g i e nDie Identifikation als Opfer, die Diskriminierungserfahrungen zulässt und die Diskriminierung alszentralen Baustein des eigenen Lebens begreift ( H e r r i g e r , 2 0 0 6 S . 5 6 )Und das Gegenteil dessen:Ein selbstbestimmtes Leben, funktionierende Selbststeuerung und „die Dinge im Griff haben“, sprichdas Bild des „erfolgreichen Migranten“ ( H e r r i g e r , 2 0 0 6 , S . 6 1 ).Strategie 1 bedeutet in letzter Konsequenz, das der/die Betroffene die Verantwortung für das eigene Lebenabgibt und jeden Misserfolg in eine Serie von Missverständnissen, als Diskriminierungen einordnet.Grundhaltung ist: „Man will mich hier nicht und deswegen kann ich es zu nichts bringen, egal was ich tue.Da mich sowieso niemand leiden kann, kann ich mich unsozial verhalten, ich verteidige mich ja nur.“ Damitwird Misserfolg zur selbsterfüllenden Prophezeiung.Strategie 2 ist geprägt durch die Haltung: „Ich habe es doch auch geschafft, weil ich hart gearbeitet habe.“und geht oft mit einer Überidentifikation mit „deutschen Werten“ einher. Diese Haltung kann Diskriminierungnicht zulassen, weil sie den eigenen Erfolg als ausschlaggebend für die Reaktionen der Mehrheitsgesellschaftansieht und nicht das eigene Aussehen oder die Herkunft. In Extremfällen wird Diskriminierungals normal dargestellt: „Wenn in meinem Land so viele Ausländer wären, das würde mir auch nicht gefallen.Und so wie die meisten sich hier verhalten, kann man es verstehen, dass die Deutschen irgendwann sauerwerden“. Selbst wenn Menschen, die diesem zweiten Glaubenssatz anhängen, objektiv gesehen, stark diskriminiertwerden, werden sie dies nicht wahrnehmen. Sie werden jede Kritik an ihrer Person ablehnen –egal, ob sie sich gegen eine Eigenschaft richtet, die ihnen individuell zu eigen ist oder die kulturell zugeschriebenwird.Beide Strategien oder Haltungen sind ideologisch und gehen an der Realität vorbei, sie arbeiten mit Zuschreibungenund einem statischen Kulturbegriff. Ziel kann es hier nur sein, den Willen zur Gestaltbarkeitdes eigenen Lebens zu entwickeln, aber auch die Grenzen zu sehen und sich einzugestehen, dass es Diskriminierunggibt und, dass sie jeden treffen kann. Diese Gratwanderung ist sehr schwierig und erfordert einenhohen Grad an Selbstreflexion.„Ignorieren ist eine Lösungsstrategie, wenn sie allein sind. Oder sie rufen Bekannte. Vor allem die Mädchenignorieren Diskriminierung oder sie rufen andere Mädchen oder Jungen (vielleicht haben sie einen älterenBruder) zu Hilfe.“„Manchmal ist diese Idee da ‚Ich bin Ausländer, ich darf das!‘ Da wird aus einem Gefühl der Ungerechtigkeiteine ungerechte Handlung.“( A u s I n t e r v i e w s m i t M u l t i p l i k a t o r / i n n e n )Geschützte Räume für Menschenmit Migrationshintergrund?Eine zentrale Frage, mit der wir uns in der Konzeption immer wieder beschäftigt haben, war, wer „Gleichgesinnte“sein können und ob die Zusammenarbeit von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in dieserPhase, dem Modul 2, sinnvoll ist. Deshalb soll an dieser Stelle genauer auf das Konzept des „geschütztenRaums“ 6 eingegangen werden.Jede/r hat seinen persönlichenZugang zu Rassismuserfahrungen6) Ein „geschützter Raum“ meintnach HAKRA ein Training, an demausschließlich Menschen mit Migrationshintergrundbeteiligt sind.<strong>Das</strong> gilt für die Teilnehmer/innen,wie für die Trainer/innen. UnsereTrainings im „geschützten Raum“wurden jedoch von einer/einemTrainerin/Trainer ohne Migrationshintergrundmitgestaltet. Dadurchwird die interkulturelle Realitätwidergespiegelt. Zum Anderenkönnen auch unter Migrant/innennicht alle Machtverhältnisse und„Dominanzen“ ausgeblendet oderneutralisier t werden. Ein „machtneutraler“ Raum ist in diesem Sinnenicht herstellbar. Der geschützteRaum beinhaltet viel mehr dieMöglichkeit, dass alle Personen derGruppe sich frei und sicher fühlenkönnen, ihre Erfahrungen, Ängsteund Hoffnungen zu teilen und darinvon allen Gruppenteilnehmer/innenernst genommen und respektier t zuwerden.Jugendliche antwortetenauf unsere Frage„Wie geht ihr mit Diskriminierungum?“:„Ich ignoriere das einfach.“„Ich war traurig.“„Ich hab mich gewehrt undzugeschlagen.“„Da kann man nichts machen.“Auch die von uns befragten Multiplikator/innen beobachten sehr unterschiedliche Bewältigungsstrategien.Haben Sie Handlungsstrategien beobachtet, wie Jugendliche mit eigenen Rassismuserfahrungen bzw. konkreterAblehnung und Isolation umgehen? Wie sie z.B. auf diskriminierende Sprüche, Gewalt reagieren?„Viele von ihnen ziehen sich nach so einer gemachten Erfahrung zurück. Sie schließen sich der Gruppe/Gangan, mit der sie sich identifizieren können. Wie manche sagen: ‚Wir machen aus uns nur das, was die Gesellschaftin uns sehen will!‘ Manche ziehen sich zurück, ohne sich irgendeiner Gruppierung anzuschließen. Siebleiben von einem sozialen Umfeld außerhalb der Familie isoliert. Und andere wiederum werden gewalttätigund kommen dann zu uns, um ihre Stunden abzuarbeiten.“„Sie reagieren oft mit Gewalt, weil sie sich nicht mit der Sprache ausdrücken können. Oder sie sagen so etwaswie z.B. ‚Ich bin ein Araber und muss mich so verhalten...‘“Wie auch andere <strong>Empowerment</strong>-Ansätze (z.B. von HAKRA „<strong>Empowerment</strong>training: Strategien gegen Rassismusund Diskriminierung aus der Minderheitenperspektive“ oder von phönix e.V.) halten wir es für sinnvoll,in einem geschützten Raum mit Menschen mit Migrationshintergrund zu arbeiten, wenn es um Rassismuserfahrungengeht. „Menschen, die Rassismus erlebt haben und von Privilegien und Machtressourcenausgeschlossen sind, haben oft Ängste und treffen in der Mehrheitsgesellschaft mit ihren Empfindungenauf Unverständnis und Ablehnung. Schutzräume helfen, sich mit der Situation auseinanderzusetzen, ohneden omnipräsenten Machtstrukturen ausgesetzt zu sein.“ ( C a n , 2 0 0 7 ). Auch wenn die Teilnehmenden unsererTrainings in ihrer ethnischen und kulturellen Herkunft und Selbstbeschreibung sehr heterogen sindund unter den Migrant/innen selbst verschiedene Machtgefälle und Vorurteile bestehen, spricht vieles dafür,die Teilnehmenden bei der Thematisierung ihrer Rassismuserfahrungen nicht in die Situation kommen7 0 7 1

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!