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Bulletin des médecins suisses 44/2013 - Schweizerische Ärztezeitung

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edaction.bms@emh.chCOURRIERBriefe CommunicationsCourrier an au die BMS SÄZBegrenzter Platz für biologischen AnsatzZum Beitrag von Daniel Bielinski«Arzt-Patienten-Beziehung – Defizitein der Weiterbildung» [1]Lieber DanielDeine Kritik an der heutigen Vernachlässigung<strong>des</strong> Beziehungsaspektes in der Psychiatrie/Psychotherapiekönnte nicht berechtigter sein.Die Bemerkungen zur Selektion von Medizinstudentenunter dem Numerus clausus undzur postgradualen Weiterbildung zum Facharzttreffen aus meiner Sicht voll zu. Ich kann Dirzu Deiner Analyse jedenfalls von Herzen gratulieren.Ich möchte in<strong>des</strong>sen gerne noch einen Schrittweitergehen: Die Konzentration auf den biologischenAnsatz in der Psychiatrie mit seinerFokussierung auf «Brain» – der heutige Stellenwertder bildgebenden Verfahren und der Psychopharmakotherapiespricht für sich – hatnicht nur einen eklatanten Bedeutungsverlustder Arzt­Patienten­Beziehung zur Folge, sieschliesst auf verheerende Weise die Ärztin undden Arzt aus dem diagnostischen und therapeutischenProzess aus. «Therapie» wird so zur«objektiven», reduktionistischen Wissenschaftund hat mit dem Therapeuten als Person garnichts mehr zu tun. Die «Patientenvisite vordem Röntgenbild» ist schon mehr Realität, alses uns lieb ist. Dabei war es eine der bedeutsamstenEntdeckungen <strong>des</strong> letzten Jahrhunderts,dass der Arzt als Mensch einen absolutunverzichtbaren Teil <strong>des</strong> therapeutischen Prozessesdarstellt und dass er als Person direktbetroffen ist. Und «Person» kann nun einmalnicht durch Manuale und Programme ersetztwerden. So verstanden hat Psychiatrie nichtnur mit den Patienten etwas zu tun, sondernmin<strong>des</strong>tens so viel mit den Menschen, diedieses Fach betreiben, weil sie immer Teil <strong>des</strong>Geschehens sind. Zur Illustration ein Beispielaus einem ähnlichen Fachgebiet: Beim Spracherwerbbraucht ein Kleinkind als Gegenüber realePersonen. Von einem Computer lernt keinKind eine Sprache, und sei die Maschine nochso genial. Dazu gehört auch das eindrücklicheZitat eines ehemaligen bernischen Gefängnisdirektors:«Zum Bewachen von Menschenbraucht es Menschen.» Eine Maschine schaffedas nicht. Gilt da nicht ebenso der Schluss, wonaches zum Behandeln von Menschen ebenMenschen braucht? Dazu aber müssen die jungenPsychiaterinnen und Psychiater wieder lernen,was beispielsweise mit «Übertragung, Gegenübertragungund pro jektiver Identifizierung»gemeint ist. Das gilt nicht nur fürAnalytiker, sondern auch für Verhaltenstherapeuten,Systemiker, Erlebnistherapeuten, Esoterikerund Träger noch anderer Hüte.So lange man freilich in der Psychiatrie nichtden Mut findet oder gewillt ist, dem biologischenAnsatz seinen begrenzten Platz zuzuweisen,wird sich kaum viel ändern. Es sind freilichnicht zuletzt die psychiatrischen Universitätsklinikenmit ihren heutigen Exponenten,die den biologischen und reduktionistischenAnsatz vorantreiben und die Jungen lehren,sich nicht als Teil <strong>des</strong> Prozesses zu verstehen.Und weil das Machtgefälle in der Psychiatriewie auch andernorts immens ist, bleibt intensivzu vermuten, dass eine entsprechende Flurbereinigungmit erheblichen Auseinandersetzungenverbunden sein wird, falls sie überhauptvorgenommen werden sollte. Es wirdkaum genügen, sich bloss auf die «Arzt­Patienten­Beziehung»zurückzubesinnen, da es janicht um eine kosmetische Kurskorrekturunseres Fachgebietes geht, sondern um einegrundsätzliche Neuausrichtung. Es bestehennatürlich erhebliche Interessenkonflikte, diedafür sorgen, dass das aktuell gültige biologischeParadigma mit seinem Selbstverständnisweiterhin unser Fachgebiet dominiert. Es seidenn, es finden sich ein paar beherzte Ritterinnenund Ritter, welche sich dem Kampf stellenwollen. Du als Vizepräsident der SGPP undKlinikchef bist auf jeden Fall schon einmal gutpositioniert.Dr. med. Ueli Corrodi, ehemals ChefarztPsychiatrie fmi-Spital Interlaken1 Bielinski D. Arzt­Patienten­Beziehung – Defizitein der Weiterbildung zum Psychiater? Schweiz<strong>Ärztezeitung</strong>. <strong>2013</strong>;93(39):1485–6.Relation médecin-patient déficiente,diagnostics biaisés et dossier médicalinformatiséA propos <strong>des</strong> articles de D. Bielinski [1]et de G. Schilling/H. Bhend [2]Si même les psychiatres n’apprennent plus àentrer en relation avec leurs patients [1], qu’enest­il <strong>des</strong> <strong>médecins</strong> somaticiens qui n’entendentguère parler de relation qu’au cours deleur formation prégraduée, sinon selon le leitmotivde centration sur le patient. Or, si onn’oublie pas tout à fait l’agenda caché, ce quel’on entend ici par centration est surtout laprise en compte de la complexité de ce patienten termes formels <strong>des</strong> pathologies dont il asouffert ou souffre actuellement. Cela n’a rien àvoir avec la «simple» relation intersubjectiveentre deux personnes qui cherchent à ré unirleurs ressources, notamment selon le processusinformel de l’empathie.Toute prise en charge reste donc avant toutorientée sur la ou les pathologies, le diagnostic,dont l’apogée est atteinte par l’application <strong>des</strong>DRG lors d’hospitalisations. Ici pour que l’hôpital,le service retire la meilleure contribution<strong>des</strong> assurances et <strong>des</strong> finances publiques, ils’agit de coder un diagnostic le mieux coté,c’est­à­dire le plus indemnisé. Il s’en suit bienévidemment une aggravation perverse <strong>des</strong>antécédents comme de la pathologie actuelledu patient, par exemple en posant le diagnosticde pneumonie alors qu’il s’agit de traiter unebroncho­pneumonie, voire une bronchite!Les effets secondaires d’une telle corruption<strong>des</strong> diagnostics sur la santé individuelle sontmultiples: majoration de l’angoisse du patient(et <strong>des</strong> soignants qui surtraitent pour se couvrir),faux diagnostics répertoriés notammentdans le dossier informatique. Lors d’une nouvelleprise en charge, on consultera ce dossieren priorité de peur de manquer quelque chose,quitte à repartir sur d’anciens préjugés peutêtreresponsables de la réadmission du patientet pouvant facilement empêcher le médecin del’écouter quand il parle de ce qui sort du cadredéjà établi. C’est ainsi que le système de santérisque de perpétuer les problèmes, les troublesque le patient en tant que sujet de sa maladiene parvient pas à communiquer dès lors qu’onle prend avant tout pour un objet de soins…si possible rentables pour ce même système.Que penser de l’urgent besoin du dossier informatique[2] et <strong>des</strong> diagnostics répertoriésd’abord en fonction de ce qu’ils rapportentfinancièrement? Les avantages indéniables nepeuvent pas se passer de considérations trèscritiques en rendant attentifs les <strong>médecins</strong>de commencer par écouter activement leurspatients, c’est­à­dire d’user en priorité d’unerelation intersubjective nettement sous­évaluéedans toute la formation médicale. Il nes’agit pas d’abord de tenir compte de l’indigestecomplexité du malade, mais bien de sa simplevie de prochain avec qui nous pouvons mieuxapprendre à développer notre empathie, notreEditores Medicorum Helveticorum<strong>Bulletin</strong> <strong>des</strong> <strong>médecins</strong> <strong>suisses</strong> | <strong>Schweizerische</strong> <strong>Ärztezeitung</strong> | Bollettino dei medici svizzeri | <strong>2013</strong>;94: <strong>44</strong>1658

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