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Bulletin des médecins suisses 44/2013 - Schweizerische Ärztezeitung

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ArtHORIZONSAnna Iduna Zehnder: Ausstellung im AargauerKunsthaus Aarau, 7.9.–17.11.<strong>2013</strong>Porträts, Blumen und PassionFelix SchürchKorrespondenz:Dr. med. Felix SchürchAlbulastrasse 52CH-8048 Zürichfelix.schurch[at]hin.chwww.hausarztfelixschürch.chBeim Eingang zur Ausstellung im Aargauer Kunsthausblickt sie uns entgegen: Anna Iduna Zehnder.Ihr Blick ist aufmerksam, ruhig und konzentriert. Alsvierzigjährige Frau malte die Künstlerin dieses Selbstporträt.Das Bild hat die Grösse von zwei A4-Blätternund besteht aus unzähligen farbigen Pixeln. Zehnderhatte sich die Technik <strong>des</strong> Pointillismus in der Malschulevon Arthur Segal in Ascona angeeignet. DasSelbstporträt aus dem Jahr 1917 und ein paar weitereBilder zeigen eine ausserordentliche Frau bei ihrenersten Gehversuchen als Malerin.Später wird Anna Iduna Zehnder die Farbe flächigerauftragen und kräftige Landschaften, expressivePorträts und pralle Blumenstillleben malen. Es kommenabstrakte Kompositionen hinzu, bei denenhöchstens noch andeutungsweise Gegenstände undFiguren erkennbar sind. Rein kunstgeschichtlich istdiese Malerin kaum einzuordnen. Mit Impressionismusund Expressionismus, Orphismus und Symbolismuslassen sich vielleicht einzelne Bilder etikettieren– für das in Aarau präsentierte Gesamtwerk passtkeine Kategorie für sich allein. Was soll’s! Wir lassenuns überwältigen von der reichen Farbpalette undden überraschenden Kontrasten. Die Bilder wirkenso frisch, als kämen sie direkt aus dem Atelier und alswären ihre Oberflächen noch feucht. Das AargauerKunsthaus hat der Werkschau im Untergeschoss vielAnna Iduna Zehnder, Passionsgeschichte, 1. Station, Jesus wird zum Tode verurteilt, 1923.Anna Iduna Zehnder, Selbstporträt, 1917.Platz eingeräumt, die relativ kleinen Bilder dürfenihre Wirkung an den grossen Wänden entfalten.Die Künstlerin Anna Iduna Zehnder (1877–1955)war eine ausserordentliche Frau. Sie setzte sich mitder avantgardistischen Kunst ihrer Zeit auseinander,mit Matisse, Jawlensky, Klee. Sie vertiefte sich in dieAnthroposophie und stand in persönlichem Kontaktmit Rudolf Steiner. Sie kannte die Utopisten undVisio näre vom Monte Verità in Ascona. 1904 begannsie das Medizinstudium in Basel, und 1914 bekam sieals eine von wenigen Frauen das staatliche Arztpatent.Die Medizin war die «erste» Berufung der Künstlerin –und zugleich war sie ihr Brotberuf. Zunächst machtesie Praxisvertretungen, dann übernahm sie die Dorfpraxisin ihrem Wohnort Ascona. Anna Iduna Zehnderwar immer wieder mit Krankheit und Leiden konfrontiert– nicht nur im Beruf, auch persönlich: AlsAnna fünf Jahre alt war, starben ihre Eltern. Das Studiummusste sie wegen Tuberkulose mehrmals unterbrechen.Ihre langjährige Lebenspartnerin EmmyTurnherr litt an einer schweren Augenkrankheit. Mitknapp fünfzig Jahren kämpfte die Ärztin und Künstlerin,erschöpft und überarbeitet, gegen einen Zustand,den man heute wohl als Burn-out bezeichnen würde.Einer der Ausstellungsräume versammelt einenZyklus mit Bildern aus dem Jahre 1923, in denen diePassionsgeschichte thematisiert wird. Die biblischenEpisoden bleiben weitgehend verborgen in diesenteppichartigen Farbkompositionen. Mit etwas Phantasiekann der Betrachter einzelne Figuren und Szenenin die Bilder hineinprojizieren. Einfacher ist es,die Bilder als Musik aufzufassen. Als Kammermusikmit hellen und dunklen Klängen, harten und weichenRhythmen. Den Anfang <strong>des</strong> Zyklus macht dasBild «Jesus wird zum Tode verurteilt» – eine aufwühlendeSzene. Es ist ein Bild mit blutroten Flecken undgrünen Einschüben, mit Lichtstrahlen und dunklenBrauntönen. Das «To<strong>des</strong>urteil» einer schwerwiegendenDiagnose löst Krisen aus. Das wusste die ÄrztinAnna Iduna Zehnder. Die Künstlerin Anna IdunaZehnder versuchte es malend zu fassen und zu ordnen:das Chaos von Leben und Tod.Editores Medicorum Helveticorum<strong>Bulletin</strong> <strong>des</strong> <strong>médecins</strong> <strong>suisses</strong> | <strong>Schweizerische</strong> <strong>Ärztezeitung</strong> | Bollettino dei medici svizzeri | <strong>2013</strong>;94: <strong>44</strong>1693

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