Die Pfarrer des Hessischen Diakonievereins - Hessischer ...
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unter den verschiedenen Ständen. Auch wir<br />
sind der Meinung, dass die Religion einen<br />
solchen fordert. Aber die Schwierigkeiten, die<br />
erfahrungsgemäß sich ergeben, würdigen wir<br />
mehr und das Problem erscheint uns belastender.<br />
Wir verkennen keinen Augenblick,<br />
dass die größte Berufsnot in der Frauenwelt<br />
gegenwärtig unter den Angehörigen der höheren<br />
Stände, unter den Töchtern der Beamten,<br />
<strong>Pfarrer</strong>, Lehrer usw. ohne Privatvermögen<br />
herrscht, wir halten es auch für unbedingt<br />
nötig, gerade den gebildeten Frauen die Beteiligung<br />
an der Diakonie zu ermöglichen.<br />
Wir sind auch durchaus der Meinung, dass<br />
die Töchter der gebildeten Familien in mancher<br />
Hinsicht besonders günstige Voraussetzungen<br />
mitbringen für den Diakonieberuf.<br />
Wir erstreben es auch mit allem Eifer, darin<br />
anderen Ländern nachzueifern wie Holland,<br />
England, Amerika, wo es durchaus zum guten<br />
Ton in den besten Familien <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> gehört,<br />
beruflich oder außerberuflich sich der Kranken-<br />
und Gemeindepflege zu widmen. Aber<br />
wir vergessen über dem allem nicht, dass unser<br />
<strong>Hessischer</strong> Diakonieverein der ganzen<br />
Hess. Lan<strong>des</strong>kirche zum <strong>Die</strong>nst bereit sein<br />
soll und will und eben die lan<strong>des</strong>kirchliche<br />
Art und Abzweckung hindert uns daran, wie<br />
dies andere Organisationen tun: die Mädchen<br />
ohne höhere Allgemeinbildung einfach von<br />
uns auszuschließen. Es liegt vielmehr in dem<br />
Wesen unserer Aufgabe mitbegründet, es liegt<br />
in unseren, echt evangelischen Grundsätzen<br />
begründet, auch den Mädchen mit einfacher<br />
Volksschulbildung einen Weg zu zeigen und<br />
zu ermöglichen, auf dem auch sie zu dem<br />
herrlichen Amt einer Diakonieschwester gelangen<br />
können. Wir wollen ja doch an der<br />
Aufwärtsentwicklung unseres ganzen Volkes<br />
mitarbeiten. Höhere Bildung ist nach unserer<br />
Meinung kein Vorrecht, auf dem einzelne<br />
Stände ausruhen dürften, sondern sie ist ge-<br />
Erster Jahresbericht <strong>des</strong> HDV<br />
rade der Weg zum Emporkommen. So ist es<br />
in der Männerwelt. Keinem Mann, komme er<br />
auch aus noch so einfachem Stand, ist die<br />
Möglichkeit abgeschnitten, sich emporzuarbeiten.<br />
Aber, was man von ihm verlangt und<br />
unweigerlich verlangen muss, ist: dass er sich<br />
die nötige Vorbildung auf irgend eine Weise<br />
aneignet. Ohne Studium, ohne Examen, ohne<br />
Kenntnisse, welche den Gesichtskreis erweitern<br />
und den Ueberblick über die Verhältnisse<br />
ermöglichen, gibt es kein Emporkommen.<br />
<strong>Die</strong>sen selben Grundsatz wenden wir<br />
auf unsere Schwesternausbildung an. Wer die<br />
entsprechende Vorbildung für das Krankenpflegeseminar<br />
noch nicht hat oder von Hause<br />
mitbringt, der muss sie sich eben aneignen.<br />
Sofern er dadurch die Möglichkeit erhält, in<br />
eine Stellung zu kommen, die ihm lebenslänglich<br />
wirtschaftliche Selbständigkeit verschafft,<br />
ist es nicht mehr wie billig, dass er<br />
sich die verlangte Vorbildung auf eigene Kosten<br />
erwirbt, und nur in besonderen Ausnahmefällen<br />
wird es angezeigt sein, dem Betreffenden<br />
diese Möglichkeit unentgeltlich zu<br />
verschaffen.<br />
Wir haben nun speziell als geeignetste Vorschule<br />
für Kranken- und Gemeindepflegeseminar<br />
ein Kindergärtnerinnenseminar II. Klasse<br />
gewählt. <strong>Die</strong>ses Seminar schließt in seinem<br />
Lehrplan und ganzen Unterrichtsbetrieb direkt<br />
an die Volksschule an. Es führt aber seine<br />
Schülerinnen gerade in den Fächern stufenmäßig<br />
weiter, welche für den Beruf der<br />
Krankenpflegerin und der Gemeindepflegerin<br />
von entscheidender Wichtigkeit sind. Es führt<br />
auch in einer Art weiter, welche vortrefflich<br />
geeignet ist, die vorhandenen natürlichen Anlagen<br />
der Schülerinnen zu entwickeln. Es<br />
steht ja auf der Grundlage der Erziehungsgrundsätze<br />
Friedrich Fröbels und bezweckt<br />
nicht nur die Vermittlung vieler Kenntnisse<br />
sondern die Weckung eignen Könnens. An<br />
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