Die Pfarrer des Hessischen Diakonievereins - Hessischer ...
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<strong>Die</strong> wichtigste Aufgabe war die Leitung <strong>des</strong><br />
Heimathauses und kurz gesagt, die Mutter<br />
vom Ganzen. Herr <strong>Pfarrer</strong> Guyot war der<br />
geistliche und mit dem Verwaltungsrat zusammen<br />
der geschäftliche Leiter <strong>des</strong> <strong>Diakonievereins</strong>.<br />
Mein Anfang fiel in die Nazizeit.<br />
Seiner klaren politischen Überzeugung, der<br />
klugen Führung und Diplomatie in kritischen<br />
Lagen war es zu verdanken, dass wir als evangelische<br />
Schwesternschaft bestehen bleiben<br />
konnten ohne Konzessionen auf dem Gebiet<br />
<strong>des</strong> Glaubens und der ethischen Auffassung<br />
<strong>des</strong> Berufes.<br />
Eine kleine Fürsorgerinnenschule hatten<br />
wir im Heimathaus, die war auch unangefochten.<br />
Der rheinisch-westfälische Diakonieverein<br />
hat sich mit uns vereinigt, weil er allein<br />
nicht mehr bestehen konnte, so wurden<br />
wir etwas größer und das Arbeitsgebiet erstreckte<br />
sich bis zum Niederrhein. Originelle,<br />
vom Beruf geprägte Charaktere waren typisch<br />
unter den Gemein<strong>des</strong>chwestern aus dem<br />
Rheinland, fromm, im echten und wahren<br />
Sinn waren viele.<br />
Zu spüren bekamen wir in Darmstadt<br />
schon die Naziherrschaft. Herr <strong>Pfarrer</strong><br />
Guyot wurde einige Male zur Geheimstaatspolizei<br />
beordert. Da stand einem je<strong>des</strong> Mal<br />
das Herz still bei dieser Form der Inquisition,<br />
denn da konnte der Vorgeladene ja<br />
nicht auf Recht rechnen weil vollkommene<br />
Willkür herrschte. Als ich in einer großen<br />
Hetzversammlung gegen die Juden, zu der<br />
alle Frauenorganisationen zusammengeholt<br />
wurden, den Saal verlassen hatte, als gerade<br />
von „Stürmer“ geredet wurde, da wurde<br />
ich vor ein Gericht geladen und man wollte<br />
mich bekehren. Als diese Versuche zu keinem<br />
Ergebnis führten sagte ich:„Schließlich<br />
bin ich ja verpflichtet als Schwester allen<br />
Menschen zu helfen, da kann ich keinen<br />
Unterschied machen.“ Eine Frau Kohl gab<br />
Oberin Line Fresenius<br />
mir daraufhin Recht; damit hörte der Kampf<br />
auf und ich wurde entlassen.<br />
Seit der Zeit legte ich mir aber öfter die Frage<br />
vor, was ich als Oberin einer Schwesternschaft<br />
wagen könne oder nicht. - Zwei unserer<br />
angehenden Fürsorgerinnen unserer<br />
Wohlfahrtsschule kamen eines Tages ganz<br />
entsetzt zu uns – sie hatten dabei sein und helfen<br />
müssen, zu einem Transport von jüdischen<br />
Frauen Leibesvisitation durchzuführen.<br />
Es war schon ein Grauen zu erkennen, dass<br />
diese Armen von der Heimat forttransportiert<br />
wurden, dass es in den Tod ging, konnte man<br />
damals nicht ahnen<br />
Dann kam der Krieg. Als schon viele große<br />
Städte grausig zerstört worden waren, kam<br />
auch für Darmstadt eine radikale Zerstörung.<br />
Unser Heimathaus kam noch gnädig davon,<br />
die Brandbomben auf dem Dachboden blieben<br />
stecken ohne zu brennen, die anderen<br />
Beschädigungen waren nicht so gefährlich.<br />
Ein Bild aus der Nacht nach dem Angriff:<br />
Wir bekamen Säuglinge und etwas ältere<br />
Kindchen zur Betreuung in den Keller. Eins<br />
davon legte sich mitten in der Nacht auf den<br />
Bauch, stützte die Ärmchen auf, turnte hin<br />
und zurück, lachte uns alle an. Ein schönerer<br />
Lichtblick wäre nicht möglich gewesen.<br />
Was im Heimathaus bewohnbar war, wurde<br />
dann bewohnt von <strong>Pfarrer</strong>n, Ärzten und<br />
durchreisenden Schwestern, denn vor allem<br />
unsere rheinischen Schwestern hatten zum<br />
Teil schlimmste Zeiten durchgemacht.<br />
Als der Frieden ausbrach, waren wir vom<br />
Heimathaus gerade beim Plündern vom nahe<br />
gelegenen Proviantamt, aber als reine Unschuld,<br />
denn die Bevölkerung um uns ließ<br />
uns hören, man könne dort Lebensmittel holen,<br />
was wir uns nicht zweimal sagen ließen.<br />
Minna, ich, unsere Wirtschafterin und Gerhard<br />
(Sohn von <strong>Pfarrer</strong> Guyot) wir zogen mit<br />
einem Leiterwägelchen los.<br />
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