Die Pfarrer des Hessischen Diakonievereins - Hessischer ...
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<strong>Pfarrer</strong> D. Johannes Guyot<br />
handelte Thema sei eine rein innerkirchliche<br />
Angelegenheit, die für Außenstehnde nicht vorhanden<br />
sei. (Trotzdem war das Oberkonsistorium<br />
damit selbst an die Öffentlichkeit gegangen!)<br />
Auch habe man dabei politische Erwägungen<br />
„völlig ausgeschaltet“. 44 Deutlicher als sein<br />
juristischer Kollege stellte der Prälat fest, im Fall<br />
Korell nehme das Oberkonsistorium „eine unstatthafte<br />
Begünstigung der Sozialdemokratie<br />
durch den Geistlichen“ (also Korell) an. 45 Freilich<br />
konnte diese Behauptung nicht belegt werden.<br />
– Ähnlich unsachlich wie die Reden der<br />
Vertreter der Kirchenbehörde waren die meisten<br />
Beiträge der Synodalen.<br />
D. Guyot konnte dazu nicht schweigen,<br />
weil er es als evangelischer <strong>Pfarrer</strong> entschieden<br />
ablehnte, sich dem Urteil anderer unterwerfen<br />
zu sollen. „Auch über die Sozialdemokratie<br />
will ich denken dürfen, wie ich nach<br />
unbefangener Prüfung denken muss.“ 46 (Um<br />
Missverständnisse zu vermeiden: Weder<br />
Guyot noch Korell neigten zur Sozialdemokratie.<br />
Aber sie waren offen auch für all die<br />
Menschen in den Gemeinden, die sich dorthin<br />
politisch orientierten.) Wenn man von der<br />
– damaligen – Kirchenfeindschaft dieser Partei<br />
spreche, dann dürfe man nicht vergessen,<br />
dass daran „auch die Kirche durch ihren Bund<br />
mit der konservativen Politik ein gutes Teil<br />
Schuld“ habe, bemerkte D. Guyot. 47<br />
<strong>Die</strong>se Tagung im November 1906 gehört<br />
nicht zu den Sternstunden in der Geschichte<br />
der Lan<strong>des</strong>synode. - Abschließend wurde<br />
über zwei Resolutionen abgestimmt. Neun<br />
Synodale, darunter der Gießener Theologie-<br />
44 Guyot, S. 51.<br />
45 Guyot, S. 72.<br />
46 Guyot, S. 37.<br />
47 Guyot, S. 41.<br />
48 Guyot, S. 105f.<br />
49 Guyot, S. 19f.<br />
50 Guyot, S. 84.<br />
84<br />
Professor D. Dr. Paul Drews, wollten erklären<br />
lassen, die dem <strong>Pfarrer</strong> Korell zur Last gelegte<br />
Unterlassung einer Erklärung habe „keinen<br />
Anlass zur Disziplinierung“ geboten, was die<br />
Mehrheit mit 45 gegen neun Stimmen abgelehnt<br />
hat. Beschlossen wurde dafür mit 46 gegen<br />
acht Stimmen eine etwas gewundene Vertrauenserklärung<br />
für das Oberkonsistorium in<br />
der Disziplinarsache Korell. Darüber hinaus<br />
wurde ausdrücklich gebilligt, „dass das Grossh.<br />
Oberkonsistorium durch seine Stellungnahme<br />
kund gab, dass irgendwelche politische Förderung<br />
oder Begünstigung der heutigen Sozialdemokratie<br />
mit den Amtspflichten eines<br />
evangelischen Geistlichen unvereinbar ist.“ 48<br />
Zu dieser Entscheidung hat vieles beigetragen.<br />
<strong>Pfarrer</strong> Korell war, wie D. Guyot feststellt,<br />
bei der Mehrheit der Synodalen unbeliebt. 49 Zu<br />
sachlichen Auseinandersetzungen waren nur<br />
wenige Synodale fähig und bereit, da sie Gefahr<br />
für ihre hergebrachte politische Grundeinstellung<br />
befürchteten, wie ihre Reden in der Lan<strong>des</strong>synode<br />
zeigten (was hier nicht ausführlich<br />
dargelegt werden kann). Sie standen vor der<br />
Wahl zwischen den liberalen Auffassungen jüngerer<br />
Theologen und dem für sie wichtigen<br />
Wohlwollen <strong>des</strong> Oberkonsistoriums. Prälat D.<br />
Walz hatte am Ende seines Vortrags mit dem<br />
Rücktritt gedroht, indem er erklärte: „Sollten Sie<br />
... diese grundsätzlichen Anschauungen nicht<br />
teilen, so wüsste ich, was ich zu tun hätte. Es<br />
wäre das für mich der schwerste Tag meines Lebens;<br />
ich könnte dann in der bisherigen Weise<br />
nicht mehr der Kirche dienen, die ich von ganzer<br />
Seele liebe.“ 50