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26 politik<br />
25 Jahre Tschernobyl<br />
Bundesweite Aktionen am Jahrestag<br />
Am 25. April (Ostermontag) sind bundesweit<br />
anlässlich des 25. Jahrestages der Ereignisse von<br />
Tschernobyl diverse Großdemos an AKW-Standorten<br />
geplant.<br />
Programmablauf für Krümmel:<br />
Elbuferstraße 82, 21502 Geesthacht<br />
Initiatoren: BUND Geesthacht, Elterninitiative<br />
Geesthacht, BI Leukämie, AKW-Nee Bergedorf,<br />
Lüneburger Aktionsbündnis gegen Atom (LagA),<br />
X-tausendmal quer Regionalgruppe Hamburg<br />
14 Uhr: Mahnzug entlang der Elbuferstraße zum<br />
Menzer-Werft-Platz, Werftstraße 1 (Für den Mahnzug<br />
schwarze Armbinden oder dunkle Kleidung<br />
mitbringen).<br />
...danach: Ausklang bis 17 Uhr am Menzer-<br />
Werft-Platz: Musik, Mitmachaktionen, Markt der<br />
Möglichkeiten (fürs Navi: Werftstraße eingeben!)<br />
Neue Fakten zu den Folgen<br />
In einem Interview mit der Zeitung »Jungle<br />
World« vom 7. April hat der russische Strahlenbiologe<br />
und Umweltschützer Alexej Jablokov auf<br />
eine Reihe bisher weniger bis gar nicht bekannte<br />
Fakten zu den Spätfolgen der Reaktorkatastrophe<br />
in Tschernobyl hingewiesen. Ausschnitte:<br />
»(…) Die Atomlobby und offizielle Stellen beharren<br />
darauf, dass die hohe Erkrankungsrate in den<br />
verstrahlten Gebieten auf Radiophobie, also Angst<br />
vor Strahlung, zurückzuführen sei. Doch zeigen<br />
Soziologen in ihren Untersuchungen, dass deren<br />
Verbreitung eindeutig rückläufig ist, die Erkrankungshäufigkeit<br />
aber zunimmt! Und von welcher<br />
Strahlenangst kann im Übrigen bei Fröschen,<br />
Feldmäusen, Vögeln und Fischen in den verseuchten<br />
Gebieten die Rede sein, deren Gesundheit<br />
die gleichen Schädigungen wie die der Menschen<br />
aufweist? Frösche sind nicht radiophob, aber sie erkranken<br />
trotzdem. Selbstverständlich wirkt sich das<br />
Gefühl, als unschuldiges Opfer vom Staat im Stich<br />
gelassen und zu einer Existenz unter gefährlichen<br />
Bedingungen verdammt worden zu sein, negativ<br />
auf die Gesundheit aus. Aber der Hauptgrund<br />
für Erkrankungen bleibt dennoch der unsichtbare<br />
Strahleneinfluss.«<br />
Frage: Die internationale Atomenergiebehörde<br />
(IAEA) spricht von 56 Menschen, die in Tschernobyl<br />
einem unmittelbaren Strahlentod erlagen.<br />
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) führt<br />
insgesamt 9 000 Opfer der Katastrophe an. Die<br />
Ärzte gegen den Atomkrieg (IPPNW) gehen von<br />
weitaus mehr Opfern aus. Wie kommt es zu diesen<br />
unterschiedlichen Einschätzungen?<br />
»Die Zählweise des unter der Ägide von WHO<br />
und IAEA stehenden »Tschernobyl-Forums«, das<br />
von 9 000 Todesfällen durch Krebserkrankungen innerhalb<br />
von 80 Jahren ausgeht, basiert erstens auf<br />
der Anwendung eines inkorrekten Erkrankungskoeffizienten.<br />
Zweitens finden dabei nur Krebserkrankungen<br />
Berücksichtigung. Drittens beziehen sich<br />
diese Angaben nur auf Weißrussland, die Ukraine<br />
und den europäischen Teil Russlands, auf die lediglich<br />
43 Prozent der Radionuklide aus Tschernobyl<br />
niedergegangen sind.«<br />
Frage: Worauf beziehen Sie sich selbst bei Ihren<br />
eigenen Rechenanalysen, und wie hoch liegen die<br />
von Ihnen ermittelten Opferzahlen?<br />
»Bei meinen Berechnungen vergleiche ich<br />
die Sterblichkeitsrate in Regionen, die ähnliche<br />
ökonomische, geographische, soziale und weitere<br />
Merkmale aufweisen und sich lediglich durch<br />
unterschiedliche Niveaus der Strahlenbelastung<br />
unterscheiden. Legt man dabei<br />
alle Krankheiten zugrunde, die auf<br />
die Katastrophe von Tschernobyl<br />
zurückzuführen sind, so kommt<br />
man zu der Annahme, dass allein<br />
innerhalb der ersten 20 Jahre nach<br />
dem GAU weltweit etwa eine<br />
Million Menschen an dessen Folgen<br />
gestorben sind.« (Anmerkung der<br />
Redaktion: Dies im Unterschied zu<br />
den Zahlen, die Herr Fischer in seinem<br />
Leserbrief auf Seite 24 nennt.)<br />
Frage: Sind die auf diese Weise<br />
ermittelten Zahlen zuverlässig?<br />
»Ein derartiger Vergleich bietet<br />
sicherlich keine besonders genauen<br />
Angaben. Er schließt die aus<br />
verstrahlten Gebieten evakuierte<br />
Bevölkerung aus und vernachlässigt<br />
den Umstand, dass praktisch die gesamte<br />
Nordhalbkugel der Erde mit<br />
bestimmten Mengen an Radionukliden<br />
verseucht<br />
wurde. Au-<br />
ßerdem wird<br />
ausgeblendet,<br />
dass die<br />
unterschiedlichen<br />
Regionen<br />
womöglich mit<br />
einer verschiedenartigenZusammensetzung<br />
des radioaktiven<br />
Fallouts<br />
konfrontiert<br />
waren. Die<br />
Berechnungen<br />
werden nur<br />
anhand der<br />
Strahlenbelastung<br />
durch<br />
Cäsium 137<br />
angestellt.<br />
Aber dieser<br />
Vergleich<br />
enthält immer<br />
noch weniger<br />
spekulative<br />
Annahmen und<br />
unüberprüfbareMerkmale<br />
als eine<br />
Schätzung, die<br />
sich an der nur<br />
ungenau zu<br />
ermittelnden<br />
Strahlendosis<br />
Es kommt zu einem<br />
Umbruch der Gefühle ...<br />
Anstelle der üblichen Trostworte<br />
sagt ein Arzt nun zu der Frau<br />
eines sterbenden Mannes:<br />
»Nicht nahe herangehen! Nicht<br />
küssen! Nicht streicheln! Das<br />
ist nicht mehr der geliebte<br />
Mensch, er ist ein verseuchtes<br />
Objekt.« Dagegen verblasst<br />
selbst Shakespeare. Und der<br />
große Dante. Das ist die Frage:<br />
Zu ihm gehen oder nicht?<br />
Küssen oder nicht küssen? Eine<br />
meiner Interviewpartnerinnen<br />
(sie war schwanger) ging zu<br />
ihrem Mann und küsste ihn,<br />
ließ ihn bis zu seinem Tod nicht<br />
im Stich. Dafür bezahlte sie mit<br />
ihrer Gesundheit und mit dem<br />
Leben ihres Kindes. Aber wie<br />
sollte sie wählen zwischen Liebe<br />
und Tod?<br />
Zitiert aus: »Tschernobyl. Eine Chronik der<br />
Zukunft« von Swetlana Alexijewitsch. Über<br />
mehrere Jahre hat Swetlana Alexijewitsch mit<br />
Menschen gesprochen, für die die Katastrophe<br />
von Tschernobyl zum zentralen Ereignis ihres<br />
Lebens wurde. Was hier entstanden ist, sind<br />
eindringliche psychologische Porträts von<br />
Menschen, die sich ihre Zukunft in einer Welt<br />
der Toten aufbauen mussten.<br />
orientiert und dann den offiziell<br />
anerkannten und bewusst herabgesetzten<br />
Erkrankungskoeffizienten<br />
für die angenommene Strahlendosis<br />
heranzieht.«<br />
Frage: Wie sieht die Situation in<br />
den verstrahlten Gebieten heute<br />
aus? Ist die lokale Bevölkerung nach<br />
wie vor Gefahren ausgesetzt?<br />
»Alle Prognosen gingen davon<br />
aus, dass die Ökosysteme sich<br />
innerhalb weniger Jahre von den<br />
Radionukliden selbst reinigen würden<br />
– wegen der Halbwertszeit der<br />
Radionuklide und weil man dachte,<br />
die langlebigen Radionuklide wür-<br />
den in tiefere Bodenschichten einsickern.<br />
Doch hat sich gezeigt, dass<br />
die Radionuklide beim Absinken<br />
in den Boden in tiefere Wurzelschichten<br />
eindringen und durch das<br />
Pflanzenwachstum erneut an die<br />
Bodenoberfläche getragen werden.<br />
Bis heute bleibt die Konzentration<br />
von Radionukliden im Fleisch von<br />
Elchen in Schweden etwa auf dem<br />
gleichen Niveau wie vor 20 Jahren.<br />
(…) « (Das vollständige Interview ist<br />
nachlesbar auf: http://bit.ly/eRRllP)<br />
Lesung mit Merle Hilbk im<br />
Hamburger Literaturhaus<br />
Die Berliner Autorin Merle Hilbk<br />
(siehe auch Kasten auf Seite 24)<br />
hat 2009 für mehrere Monate<br />
die Todeszone um Tschernobyl<br />
besucht und darüber eine Reportage<br />
in Buchform<br />
veröffentlicht:<br />
»Tschernobyl Baby«<br />
(Eichborn Verlag,<br />
2011). Sie tritt zu<br />
einer Lesung am<br />
18. April, 19 Uhr,<br />
im Hamburger<br />
Literaturhaus,<br />
Schwanenwik 38,<br />
auf. Anmeldung<br />
über � 22702014<br />
(Eintritt frei)<br />
Meldung vom<br />
6.4.2011<br />
Kühlwasser-<br />
Panne<br />
im AKW<br />
Brunsbüttel<br />
Im Kernkraftwerk<br />
Brunsbüttel<br />
ist bei einer wiederkehrendenPrüfung<br />
eine Leckage<br />
an einem Umluftkühler<br />
festgestellt<br />
worden. Damit<br />
war die Motorluftkühlung<br />
einer<br />
Kühlwasserpumpe<br />
im Unabhängigen<br />
Notstandssystem<br />
nicht mehr<br />
funktionsfähig. Die<br />
zweite Kühlwasserpumpe stand<br />
uneingeschränkt zur Verfügung. Die<br />
Betreibergesellschaft (Vattenfall) hat<br />
der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde<br />
dieses Meldepflichtige Ereignis<br />
der Kategorie »N« fristgerecht<br />
gemeldet. Die Aufsichtsbehörde<br />
hat zur weiteren Klärung und<br />
Bewertung des Meldepflichtigen<br />
Ereignisses externe Sachverständige<br />
hinzugezogen. Das Kernkraftwerk<br />
Brunsbüttel ist seit Mitte 2007 abgeschaltet.<br />
(Quelle: Ministerium für<br />
Justiz, Gleichstellung und Integration<br />
des Landes Schleswig-Holstein, 6.<br />
April 2011)<br />
18. April 2011<br />
1979 Hamburg<br />
1986 Tschernobyl<br />
2011 Fukushima<br />
????<br />
25. April<br />
Großproteste an<br />
12 Standorten<br />
25 Jahre Tschernobyl<br />
Anmerkung der Redaktion:<br />
Abgeschaltet heißt lediglich, dass<br />
ein AKW keinen Strom mehr liefert.<br />
Die Brennstäbe müssen weiterhin<br />
gekühlt werden.<br />
Dokumentation<br />
»Risiko Atomkraft«<br />
So heißt eine 45-minütige Dokumentation,<br />
die am 17. März auf<br />
Phoenix ausgestrahlt wurde. Sie ist<br />
bei youtube in vier Teilen abrufbar:<br />
http://bit.ly/fkWEUf; http://bit.ly/<br />
ezuKSx; http://bit.ly/hyU3fj; http://<br />
bit.ly/fiymk7<br />
Bürgerinitiative wendet<br />
sich mit offenem Brief an<br />
Ethikkommission<br />
Die Bürgerinitiative »Gesundheit<br />
und Umweltschutz Unterelbe/<br />
Brunsbüttel« weist in einem offenen<br />
Brief an die von Kanzlerin Angela<br />
Merkel ins Leben gerufene »Ethikkommission«<br />
darauf hin, dass den<br />
Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts<br />
in seiner Entscheidung<br />
zum Schnellen Brüter in Kalkar<br />
nicht länger gefolgt werden könne,<br />
denn Kernschmelzunfälle gehören<br />
keineswegs zu den »Ungewissheiten<br />
jenseits der Schwelle praktischer<br />
Vernunft«. <strong>Der</strong>artige Unfälle stellen<br />
reale Gefahren dar und führen zu<br />
Schäden, die nicht zu akzeptieren<br />
sind, wie die Ereignisse in Japan zeigen,<br />
erklärte BI-Sprecher Dr. Karsten<br />
Hinrichsen.<br />
Kritik übt Hinrichsen zudem an<br />
der unzureichenden demokratischen<br />
Legitimation von Gremien, in denen<br />
beispielsweise über das Kerntechnische<br />
Regelwerk abgestimmt wird.<br />
Es kann nicht sein, dass wesentliche<br />
Risikoentscheidungen am Parlament<br />
vorbei getroffen werden, so der<br />
BI-Sprecher.<br />
Download offener Brief: http://<br />
bit.ly/fW86d4<br />
Mehr Informationen über die<br />
Bürgerinitiative Gesundheit und<br />
Klimaschutz Unterelbe/Brunsbüttel<br />
http://www.bi-unterelbe.net<br />
Kontakt BI: Karsten Hinrichsen,<br />
Tel.: (04829) 7080, E-Mail: karstenhinrichsen@web.de<br />
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