uNseR maNN IN euRopa
uNseR maNN IN euRopa
uNseR maNN IN euRopa
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
! Das ist im moment nicht einzuhalten.<br />
Vielleicht müssen wir da noch das<br />
eine oder andere Jährchen dazugeben.<br />
Aber wenn schöne Sachen kommen – auf<br />
die ich mich freuen kann – dann werde<br />
ich die auch weiterhin machen. Vielleicht<br />
mit einem – wie soll ich sagen – jovialeren<br />
Rangehen an das Ganze. mit einer<br />
Freude und der Hoffnung, dass diese<br />
Auftritte ein bisschen mehr ” en bloc“<br />
kommen, damit ich nicht immer so viel<br />
hin- und herreisen muss. Im moment<br />
erlebe ich gerade wirklich das Gegenteil<br />
von dem, was ich jetzt sage – also heute<br />
Abend Berlin, morgen mittag Dresden,<br />
am Abend Salzburg. Das geht jetzt noch<br />
die nächsten monate so. Aber die kommenden<br />
Jahre sind schon mehr ” en bloc“<br />
geplant.<br />
? sie sollen mal gesagt haben,<br />
dass man von donald duck sehr viel<br />
für die darstellung auf der Bühne<br />
lernen könne.<br />
! Wer Disney’s Comics von Donald<br />
Duck zu lesen und zu interpretieren<br />
versteht, der kann für sich selbst auf der<br />
Bühne sehr viel lernen. Sehen Sie sich<br />
mal an, wie in den Zeichnungen Staunen<br />
gezeigt wird, wie Wut, wie Traurigkeit.<br />
mir geht es dabei so, dass ich diese gezeigten<br />
Emotionen beim Anschauen fast<br />
körperlich spüre. Bei Asterix & Obelix<br />
nicht. Da entstehen die Emotionen ja<br />
auch weniger durch die mimik und<br />
Gestik als vielmehr durch den Text. und<br />
durch die Action, die passiert. Auch mickey<br />
mouse ist mimisch unergiebig. Aber<br />
Donald Duck ist sehr ausdruckstark. Bei<br />
diesem Thema sollte man nicht vergessen:<br />
Wir Bühnenleute müssen natürlich<br />
ein bisschen mehr auftragen, damit es<br />
auch bis in die letzte Reihe trägt, was wir<br />
darstellen wollen.<br />
? kommen wir zu dem organ,<br />
mit dem sie arbeiten. wie muss man<br />
sich die unterschiede zwischen den<br />
Tonlagen stimmbandmäßig vorstellen?<br />
Bei streichinstrumenten<br />
ist eine lange seite tiefer und eine<br />
kurze höher. Ist das bei menschen<br />
genauso?<br />
! Genauso. Ein Tenor hat<br />
kürzere Stimmbänder und ein<br />
Bassist hat längere Stimmbänder.<br />
Wobei man als Bassist auch eine<br />
gewisse Entspanntheit der Stimmbänder<br />
braucht. mit Kraft kann<br />
man nämlich keinen tiefen Ton<br />
singen. Dazu müssen die Bänder<br />
locker sein.<br />
? können Tenöre mit<br />
kraft ihre hohen Töne pushen?<br />
! Ja, natürlich. Weil die<br />
Stimmbänder bei hohen Tönen ja<br />
auch schnell schwingen müssen.<br />
Das ist bei meinen hohen Tönen<br />
nicht anders.<br />
? was ist das Geheimnis<br />
Ihrer stimme? sie sind<br />
über sechzig und haben einen<br />
schalldruck, dass sich manch<br />
junger Bass davor in sicherheit<br />
bringen muss.<br />
! mein Geheimnis liegt<br />
darin, dass ich jede leichteste Veränderung<br />
an mir spüre, wo andere<br />
glauben, das muss jetzt einfach<br />
gehen. und ich weiß sofort: aufpassen,<br />
reduzieren, mund halten, die<br />
Stimme mehr nach vorne schieben<br />
und Resonanz in die Nebenhöhlen<br />
holen – weil man dann nicht so<br />
viel Druck braucht. Das ist aber<br />
natürlich nur übergangsweise einzusetzen,<br />
denn es ist schon etwas<br />
dünner im Ausdruck.<br />
? woher kommt dieses wissen –<br />
aus dem Biologiestudium?<br />
! Nein, es kommt aus dem Körpergefühl<br />
heraus – und natürlich aus der<br />
Erfahrung und dem Ausprobieren mit sich<br />
selbst. Eine ganz wichtige Sache. Wenn<br />
du nach den lehrjahren dann irgendwann<br />
einmal selbst ein gestandener Sänger bist,<br />
gibt es immer wieder Veränderungen, die<br />
der Körper dir beibringt – weil man mit<br />
30 ganz anders beieinander ist als mit<br />
40 oder 50. Deshalb bist du ständig am<br />
Spüren und Probieren, um auf dem leis-<br />
tungsniveau, das du einmal erreicht hast,<br />
zu bleiben. Oder es zu steigern.<br />
Die wirklich guten und großen<br />
Sänger, die auf der Bühne alles umsetzen<br />
können, die sich auch nicht scheuen, über<br />
die Grenzen hinauszugehen und manchmal<br />
in ein Schreien kommen müssen,<br />
ohne sich dabei weh zu tun, das sind diejenigen,<br />
die ein gutes Körpergefühl haben.<br />
Die genau wissen, was sie tun.<br />
Ich habe zum Beispiel unlängst<br />
an fünf Tagen viermal den Gurnemanz<br />
gesungen: Gründonnerstag in münchen,<br />
Karfreitag in Dresden, Ostersonntag in<br />
münchen, Ostermontag in Dresden...<br />
? da würde donald jetzt ausrufen:<br />
” schluck!“<br />
! Ja, und auch genau so schauen!<br />
Im Ernst, in den fünf Stunden des<br />
” Parsifal“ ist man im zweiten Akt ja nicht<br />
auf der Bühne. Das ist der Zeitraum, wo<br />
man sich wieder regenerieren muss. Da<br />
habe ich zwei Stunden Zeit. Dann esse ich<br />
richtig – zum Beispiel ein Schnitzel und<br />
trinke dazu auch schon mal eine Flasche<br />
Bier. Danach klinke ich mich aus, geh ein<br />
bisschen im Haus spazieren und dann<br />
fange ich wieder an, mich einzusingen. Es<br />
ist nicht leicht die Spannung über fünf<br />
Stunden zu halten – aber so gelingt es<br />
ganz gut.<br />
Natürlich kann ich in so einer<br />
Situation nicht nach der ersten Vorstellung<br />
mit den Kollegen stundenlang beim<br />
Italiener sitzen. Nein, da singt man die<br />
Vorstellung, geht nach Hause, trinkt sein<br />
Bier – oder auch zwei – macht sich einen<br />
Halsumschlag mit Öl und dann legt man<br />
sich nieder.<br />
Am nächsten Tag spricht man nix<br />
bis mittag – auch kein Telefon. Telefonieren<br />
ist übrigens ganz schädlich für<br />
jeden Sänger, weil man dabei nicht die<br />
Resonanzposition einnimmt, sondern in<br />
” normaler Haltung“ telefoniert – also mit<br />
eingeknicktem Hals. Da wird der Hals<br />
meist extrem trocken.<br />
und morgens gibt es grundsätzlich<br />
bei mir nie ein Wort vor der ersten Tasse<br />
Kaffee. Bei mir herrscht morgens Stille.<br />
meine Frau weiß, dass das wegen der<br />
Stimme ist – nicht wegen der Stimmung!<br />
? habe ich eben richtig gehört:<br />
sie trinken gerne Bier?<br />
! Na, Bier ist eine lauge. Außerdem<br />
hat Bier alle mineralstoffe, es schmeckt gut<br />
und es tut einem Sänger gut. Wein dagegen<br />
ist eine Säure. Sie zerstört die Schleimschicht<br />
am Stimmband. und die Tannine<br />
im Bordeaux machen das Ganze noch viel<br />
aggressiver. Deswegen ist Bier ein Sängergetränk!<br />
? haben sie einen lieblingswitz<br />
zum Thema oper?<br />
! moishe trifft den Blau.<br />
Sagt der moishe: No, ich hab gehört, du<br />
”<br />
warst gestern in der Oper?“<br />
Sagt der Blau: Jo!“<br />
”<br />
Fragt der moishe. und, was haste gese-<br />
”<br />
hen?“<br />
Sagt der Blau: Ich hab gesehen, wie der<br />
”<br />
Silbernagel ist gesessen mit a Schickse in<br />
der loge!“<br />
” Neein“, sagt der moishe, was haste<br />
”<br />
gehört?“<br />
” Hab ich gehört, der Shloime is gegangen<br />
in Konkurs!“<br />
” Nein, in was biste gewesen?“<br />
” No, ich bin in am Frack gewesen!“<br />
” Naaa, was hat man gegeben?“<br />
” Hab ich gegeben finf Euro!“<br />
” Nein! Was für musik haste gehört?“<br />
” Ah so! Tristan und Isolde!“<br />
” und wie war’s?“<br />
” Na ja... man lacht!“<br />
•<br />
der Mega Bass Kurt rydl<br />
von oliver Spiecker, Mathias Bothor<br />
Christian Brandstätter verlag, wien<br />
N5 Nachmann rechtsanwälte sind Sponsoren der<br />
Bayerischen Staatsoper und verehren Kurt rydl als<br />
einen großen wagner-Interpreten.