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62 quadrat 06 / 2011 � reingehört<br />
REINGEHÖRT<br />
JUNI<br />
JOY DENALANE<br />
MAUREEN<br />
NESOLA<br />
Nach den Erfolg ihres Debutalbums<br />
„Mamani“ und dem englischsprachigen<br />
Nachfolger „Born & Raised“ erscheint<br />
mit „Maureen“ nun Denalanes drittes<br />
Album. „Maureen“, benannt nach Joys<br />
zweitem Vornamen, ist ein sehr persönliches<br />
Werk: Ungeschminkt, reflektiert<br />
und nahbar erforscht sie jene „zwei<br />
Seelen in ihrer Brust“ und verschafft<br />
ihnen mit dieser fantastischen Songsammlung<br />
zwischen Soul, Funk und Hip<br />
Hop-Beats Aus- und Nachdruck.<br />
FRANCESCO TRISTANO<br />
BACHCAGE<br />
DEUTSCHE GRAMMOPHON<br />
Das inzwischen 30-jährige Wunderkind<br />
Francesco Tristano, Luxemburger Lockenkopf,<br />
Pianist und Querdenker in Sachen<br />
Klassik, hat mit „Bachcage“ ein erstaunliches<br />
kleines Werk geschaffen, auf dem<br />
sich die Kreise wahrlich schließen. Mit<br />
seinem elektronisch nachbearbeiteten<br />
Fluss aus Bachwerken, Stücken von John<br />
Cage und Eigenkompositionen begibt er<br />
sich, wie bereits auf früheren Veröffentlichungen,<br />
mit Spaß und voller Absicht<br />
zwischen alle Klassik-, Pop- und Elektronikstühle<br />
und ermöglicht so auch denen,<br />
die glauben, bereits alles zu kennen,<br />
die eine oder andere neue Hörerfahrung.<br />
PAUL SIMON<br />
SO BEAUTIFUL OR SO WHAT<br />
UNIVERSAL<br />
Paul Simon wird wohl für immer, wenn<br />
nicht an seinem Schaffen mit Art Garfunkel,<br />
so doch an seinem Jahrhundertalbum<br />
„Graceland“ gemessen werden.<br />
So sollte man es also als Kompliment<br />
verstehen, wenn es heißt, dass sein<br />
neues Album auch in jener Zeit Mitte der<br />
Achtziger, in der er mehr und mehr<br />
World-Music-Komponenten einfließen<br />
ließ, hätte entstanden sein können. Die<br />
hier zu hörende Musik scheint um der<br />
puren Freude willen aufgenommen worden<br />
zu sein, keine Comeback-Inszenierung,<br />
an der zu viele Soundköche ihre<br />
Finger im Spiel hatten, sondern einfach<br />
nur eine neue Paul-Simon-Platte, die<br />
klingt, wie Paul-Simon-Platten eben<br />
klingen. Was will man mehr, wenn man<br />
Simon haben will?<br />
R.E.M.<br />
COLLAPSE INTO NOW<br />
WARNER<br />
Anfang der 90er in einem gut gefüllten<br />
Szene-Plattenladen, Hamburger Stadtteil<br />
St. Georg: Eine Handvoll abgerissener<br />
Typen betritt das Geschäft, stöbert<br />
herum, der kleinste von ihnen, Glatze,<br />
großäugig und etwas schüchtern, kauft<br />
gut ein Dutzend: obskuren Synthie-Pop<br />
wie Alphaville, aktuelle Geheimtipps,<br />
etwas Klassik. Sie verabschieden sich<br />
mit Handschlag, dann verlässt die Bande<br />
den Laden, dabei sieht der Kleine auf<br />
mich, lächelt und hält den Daumen hoch.<br />
Zurück bleiben Kunden und Verkäufer,<br />
die Münder offen. Ich, in Gedanken ganz<br />
bei der Platte, in die ich gerade hineinhöre,<br />
frage, was denn los sei. Der Verkäufer<br />
kuckt mich ungläubig an, dann<br />
auf die Platte, die ich in Händen halte<br />
und sagt: „Alter, das waren R.E.M! Von<br />
denen hörst du gerade in die neue<br />
Scheibe!“ Inzwischen sind R.E.M. in<br />
Würde ergraute Herren, ihre Musik aber<br />
bleibt als eines der schützenswerteren<br />
Artefakte westlicher Kultur bestehen,<br />
Rockmusik mit Herz und Hirn, gemacht<br />
von Menschen, die so ganz anders sind<br />
als das, was man uns immer so als<br />
„Rockmusiker“ verkaufen wollte.<br />
PANDA BEAR<br />
TOMBOY<br />
PAW TRACKS<br />
Der in Lissabon lebende Noah Lennox,<br />
Mitglied der Ausnahme-Pop-Künstlergruppe<br />
Animal Collective, hat mit seiner<br />
zweiten Soloveröffentlichung das Wunder<br />
geschafft, an sein schönes Debüt<br />
„Person Pitch“ anzuknüpfen. Wo er beim<br />
Erstling noch Afro-Beat und Maori-<br />
Sounds in sein ungewöhnliches Klangverständnis<br />
von Pop einwob, hat er sich<br />
hier vermehrt an von der Rhythmusgitarre<br />
getragenem Songwriting orientiert.<br />
Dabei versäumt der herausragende<br />
Sänger es nicht, die an Beach Boys,<br />
Everly Brothers und Sixties-Psychedelica<br />
erinnernden Harmonien in hochmoderne<br />
Klangkathedralen zu führen:<br />
Ein fulminanter Sound, der sich am<br />
ehesten noch mit den orchestralen Arrangements<br />
Phil Spectors vergleichen<br />
ließe, oft aber in zeitgenössischen Entwicklungen<br />
wie Dubstep und anderer<br />
Electronica mündet. Dass dabei wieder<br />
wundervolle, berührende Musik für<br />
Menschen jeden Alters entstanden ist,<br />
bestätigen die Kritiker-Stimmen, die<br />
schon lang behaupten, Lennox sei einer<br />
der bedeutendsten Pop-Komponisten<br />
seiner Zeit. (ap)