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86 quadrat 06 / 2011 � aus aller welt<br />

Kostbar, aber ungeliebt<br />

Platin-Nugget, Fundort: Konder Mine Region Chabarowsk, Russland.<br />

Größe ca. 35 × 23 × 14 mm, Gewicht ca. 112g.<br />

Was haben <strong>Uhr</strong>en der Luxusklasse, Brillen-<br />

gläser und Brotröster gemeinsam? Bei<br />

der Herstellung dieser Produkte wird<br />

das teuerste, seltenste, schwerste und reinste aller<br />

Metalle verwendet: Platin. Auch dort, wo Metalle<br />

auf keinen Fall korrodieren dürfen – in Elektrotechnik<br />

und Elektronik, bei Telefonanlagen und<br />

Computern; wo höchste Körperverträglichkeit gefordert<br />

ist – in der Knochenchirurgie und Zahnmedizin<br />

(Goldzähne erhalten ihre Solidität erst<br />

durch Platin); dort, wo … eine Liste der Produkte,<br />

bei deren Herstellung auch Platin zum Einsatz<br />

kommt, könnte eine ganze QUADRAT-Ausgabe<br />

füllen.<br />

STATT EL DORADO „EL PLATINO“<br />

Platin ist für die Industrie in etwa so bedeutend<br />

wie die Französische Revolution für die Geschichte<br />

Europas. Seine Erfolgsstory beginnt in Südamerika.<br />

Die Konquistadoren suchen El Dorado<br />

und fi nden „El Platino“. Auf der Suche nach den<br />

DAS PLATIN-PARADOX<br />

sagenhaften Schätzen aus Gold, Edelsteinen und<br />

Silber stört die Spanier das vermeintlich minderwertige<br />

Metall. Sie nennen es Platina, schäbiges<br />

Silber. Die ersten Goldgräber, die das glanzlose<br />

Metall in die Hand nehmen, werfen es wütend und<br />

enttäuscht in den Fluss von Platina del Pinto zurück.<br />

1751 untersucht H. T. Scheffer, ein schwedischer<br />

Chemiker, „das unreife Gold“ – und erkennt in<br />

Platin erstmals ein eigenständiges Edelmetall.<br />

Dem deutschen Forscher F. C. Achard gelingt es<br />

erst 30 Jahre später, Platin zu gießen. Fast postwendend<br />

reüssiert Platin am französischen Hof.<br />

Marc Etienne Janety, der Goldschmiedemeister<br />

Ludwig XVI., verhilft dem Edelmetall zur ersten<br />

Glanzzeit: als modisches Tafelgeschirr.<br />

KOSTBARER TAUSENDSASSA<br />

Mit dem Sturm auf die Bastille endet abrupt Teil<br />

eins der Platin-Karriere. Die Revolutionäre statu-<br />

Platin-Kristalle, gewonnen durch chemische Transportreaktionen<br />

in der Gasphase.<br />

ieren ein historisches Exempel und schmelzen die<br />

Schmuckstücke ein: Marc Etienne Janety, inzwischen<br />

zum Revolutionär konvertiert, schmiedet<br />

aus platinen Salzstreuern, Kannen, Tellern und<br />

Tassen, aus Indizien vergänglichen Glanzes 1795<br />

den Urmeter und das Urkilogramm. Unzerstörbar<br />

wie die Menschenrechte sollen die neuen Maßstäbe<br />

chemischen und physikalischen Einfl üssen<br />

trotzen. Urmeter und Urkilogramm können übrigens<br />

heute noch unversehrt im Palais de Breteuil zu<br />

Selvres in Paris bewundert werden.<br />

Mit der Gewerbefreiheit und der Einführung des<br />

neuen metrischen Systems beginnt auch die unaufhaltsame<br />

Ausweitung der technischen Welt.<br />

Die Chemiker lernen Platin als Katalysator schätzen,<br />

der durch seine bloße Anwesenheit Reaktionen<br />

in Gang zu setzen vermag. Mit der Glühlampe, der<br />

industriellen Großfertigung von Säuren, mit Ammoniak<br />

und Öl und schließlich mit dem Automobil<br />

steigt der Bedarf am einstmals als schäbig eingeschätzten<br />

Pseudo-Silber. Platin avanciert zum teu-<br />

FOTOS: WIKIMEDIA.ORG / ALCHEMIST-HP; PERIODICTABLERU (CC BY 2.0/3.0)

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