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82 quadrat 06 / 2011 � kultur 2<br />
Interesse daran. Traurig sei sie daher darüber,<br />
dass man heute mehr nach ästhetischen denn<br />
nach authentischen Gesichtspunkten entwerfe<br />
und so dann immer öfter eine barocke Rüsche an<br />
einem Renaissance ärmel lande.<br />
Woraus dieses Faible, diese Begeisterung für die<br />
Bekleidung vergangener Epochen erwachsen ist?<br />
Frau Kahle hebt bescheiden lächelnd die Schultern.<br />
Schon als Kind zeichnete sie Figurinen aus illus-<br />
trierten Kostümbüchern ab, bekam mit sechs ihren<br />
ersten kindgerechten Webrahmen geschenkt (der<br />
sich übrigens – ganz Sammlerin – auch heute noch<br />
in ihrem Besitz befi ndet), mit neun dann eine kleine<br />
Nähmaschine, auf der sie mit Hingabe Kleider für<br />
SIE WAR DIEJENIGE, DIE EINST DEN PROTOTYPEN DER RENAISSANCE-GEWÄNDER<br />
FÜR UNSERE STADTFÜHRERINNEN UND -FÜHRER ENTWARF.<br />
ihre Puppen herstellte, und im frühen Teenageralter<br />
von zwölf Jahren war es die erste Bluse, der<br />
sie noch an Mutters rustikaler Tretmaschine ihre<br />
Form gab. Vielleicht war diese frühe Prägung aus-<br />
schlaggebend, die sie dazu brachte, in den 60er<br />
Jahren ein Lehramtstudium in den Fächern Textiles<br />
Gestalten und Sport zu beginnen. Eine Dozentin<br />
fragte damals, wer Lust hätte, im Historischen Mu-<br />
seum in Hannover bei der Restaurierung alter Kos-<br />
tüme mitzuhelfen. „Da hatte ich natürlich sofort den<br />
Finger oben“, erinnert sich die engagierte Wahllüne-<br />
burgerin. „Seither arbeitete ich in jeden Semester-<br />
ferien dort in der Abteilung „Bekleidung und Mode“<br />
und eignete mir ein immenses Wissen an.“ Das<br />
Interesse war nicht nur geweckt, sie begann für<br />
dieses Thema regelrecht zu brennen. Auch später,<br />
während ihrer gesamten Zeit im Schulbetrieb, besuchte<br />
sie mit ihren Schülern oft das Museum.<br />
FOTOS: ENNO FRIEDRICH