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<strong>VCD</strong> Tagungsband<br />

€<br />

Bekämpfung von<br />

Schienenlärm<br />

Tagung in München<br />

04. April 2003<br />

Gewerkschaftshaus München<br />

Veranstalter


gefördert durch:<br />

<strong>VCD</strong>Tagungsband<br />

Bekämpfung von Schienenlärm<br />

Herausgeber<br />

<strong>VCD</strong> Verkehrsclub Deutschland e.V.<br />

Bundesverband Berliner Büro<br />

Eifelstraße 2, 53119 Bonn Novalisstraße 10, 10115 Berlin<br />

Fon 0228/98585–0 Fon 030/2804711-0<br />

Fax 0228/98585–10 Fax 030/2804711-7<br />

E-Mail mail@vcd.org E-Mail berlin-buero@vcd.org<br />

Internet www.vcd.org<br />

Nachdruck nur mit Genehmigung des Herausgebers<br />

© <strong>VCD</strong> e.V. 09/2003


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Inhaltsübersicht<br />

Tagungsprogramm ........................................................................... 4<br />

Begrüßung durch den <strong>VCD</strong>............................................................ 5<br />

Begrüßung durch den <strong>VCD</strong> LV Bayern ........................................ 7<br />

Begrüßung durch den Gesundheitsladen<br />

München e.V...................................................................................10<br />

Schutz vor Schienenlärm im Immissionsschutzrecht<br />

– Defizite und Optimierungsmöglichkeiten,<br />

exemplarisch dargestellt an derzeit<br />

laufenden Gerichtsverfahren...............................................11<br />

Künftige Anforderungen der Europäischen<br />

Union an den Schutz vor Schienenlärm....................................16<br />

Das Schweizer Konzept zur Bekämpfung von<br />

Schienenlärm...................................................................................31<br />

Das Konzept der Deutschen Bahn AG zur<br />

Lärmbekämpfung...........................................................................37<br />

Bilanz des Lärmsanierungsprogrammes an<br />

Schienenwegen des Bundes ........................................................46<br />

Erfahrungen mit dem Lärmsanierungsprogramm<br />

des Bundes, Vorschläge für eine Weiterentwicklung................................................................................56<br />

Besondere Fragen der Schallemission und der<br />

Lärmbeurteilung von Straßenbahnen .......................................62<br />

Teilnehmerverzeichnis..................................................................77<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 3


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Tagungsprogramm<br />

ab 10.00 Uhr Empfang<br />

10.30 Uhr Begrüßung, Einführung<br />

4<br />

Helmar Pless, <strong>VCD</strong><br />

Matthias Striebich, <strong>VCD</strong> LV Bayern<br />

Gunhild Preuß-Bayer, Gesundheitsladen München e.V.<br />

10.50 Uhr Schutz vor Schienenlärm im Immissionsschutzrecht – Defizite<br />

und Optimierungsmöglichkeiten, exemplarisch dargestellt an<br />

derzeit laufenden Gerichtsverfahren<br />

Herbert Kaltenegger, Rechtsanwaltskanzlei Labbé&Partner,<br />

München<br />

11.35 Uhr Künftige Anforderungen der Europäischen Union an den Schutz<br />

vor Schienenlärm<br />

Michael Jäcker-Cüppers, Umweltbundesamt, Berlin<br />

12.15 Uhr Das Schweizer Konzept zur Bekämpfung von Schienenlärm<br />

13.00 Uhr Mittagspause<br />

Fredy Fischer, Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft,<br />

Bern<br />

13.50 Uhr Das Konzept der Deutschen Bahn AG zur Lärmbekämpfung<br />

Klaus Jäger, Deutsche Bahn AG, DB Systemtechnik, München<br />

14.35 Uhr Bilanz des Lärmsanierungsprogrammes an Schienenwegen des<br />

Bundes<br />

Peter Winter, DB BauProjekt GmbH, Zentraler Projektleiter für<br />

das Lärmsanierungsprogramm an Schienenwegen des Bundes<br />

15.00 Uhr Erfahrungen mit dem Lärmsanierungsprogramm des Bundes,<br />

Vorschläge für eine Weiterentwicklung<br />

Ulrich Möhler, Ingenieurbüro Möhler+Partner, München<br />

15.25 Uhr Kaffeepause<br />

15.45 Uhr Diskussion zum Lärmsanierungsprogramm<br />

16.10 Uhr Besondere Fragen der Schallemission und der Lärmbeurteilung<br />

von Straßenbahnen<br />

Wolfgang Hendlmeier, Bayerisches Landesamt für Umweltschutz,<br />

Augsburg<br />

16.50 Uhr Fazit<br />

17.00 Uhr Ende der Veranstaltung<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Begrüßung durch den <strong>VCD</strong><br />

Helmar Pless (<strong>VCD</strong>)<br />

Im Namen des Verkehrsclub Deutschlands möchte ich Sie herzlich willkommen<br />

heißen zu unserem Workshop zum Thema „Bekämpfung von Schienenlärm“. Ich<br />

freue mich, dass sich so viele Menschen für das Thema interessieren und Zeit für<br />

den Workshop genommen haben.<br />

Mein Name ist Helmar Pless. Ich bin der Moderator der heutigen Veranstaltung.<br />

Ich leite das <strong>VCD</strong>-Projekt „Maßnahmen gegen Verkehrslärm“, das der <strong>VCD</strong> mit<br />

finanzieller und organisatorischer Unterstützung von Bundesumweltministerium<br />

und Umweltbundesamt durchführt.<br />

Deswegen möchte ich meinen ersten Dank an das Bundesumweltministerium und<br />

das Umweltbundesamt und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter richten, ohne<br />

deren Unterstützung diese Tagung nicht zustande gekommen wäre. Weiterhin gilt<br />

mein Dank dem Landesverband Bayern des <strong>VCD</strong> sowie dem Gesundheitsladen<br />

München, die als Mitveranstalter und Unterstützer der heutigen Veranstaltung<br />

auftreten.<br />

Ich freue mich nicht nur über die hohe Teilnehmerzahl, sondern auch darüber dass<br />

die Teilnehmer/innen aus den unterschiedlichsten Bereichen und gesellschaftlichen<br />

Gruppen kommen. Wie Sie der Teilnehmerliste entnehmen können, versammelt<br />

sich in diesem Raum ein breites Spektrum an Sachverstand zu dem Thema, aber<br />

auch ein sehr unterschiedlicher Zugang zum Thema. So sind heute Vertreter der<br />

Schienenverkehrsunternehmen, von Bundes- und Landesbehörden, Kommunalverwaltungen,<br />

Ingenieur- und Planungsbüros, Anwaltskanzleien und sowie Vertreter<br />

von Betroffenenverbänden, Bürgerinitiativen und Umwelt- und Verkehrsverbänden<br />

anwesend.<br />

Auch die ersten vier <strong>VCD</strong>-Verkehrslärm-Workshops zu anderen Verkehrslärmaspekten<br />

fanden ähnlich starken Zuspruch. Der Zuspruch zeigt die wachsende Aufmerksamkeit,<br />

die dem Thema “Lärmbekämpfung” zu Teil wird. Scheinbar setzt<br />

sich allmählich die Erkenntnis durch, dass Lärm die bedeutendste Umweltbeeinträchtigung<br />

im Wohnumfeld darstellt. Nach Angaben des Umweltbundesamtes<br />

stört der Lärm noch mehr als Luftverschmutzung, Gewässer- und Abfallbelastung.<br />

Ich möchte hier nur kurz auf die Folgetermine hinweisen.<br />

• 28. und 29. April in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Akademie Bad<br />

Boll: Was können Automobil-, Motorrad-, Bahn- und Flugzeugindustrie zu<br />

mehr Lärmschutz beitragen<br />

• 27. Juni in Dresden: Bekämpfung von Straßenverkehrslärm.<br />

Die Ergebnisse des heutigen wie auch der kommenden Workshops sollen im<br />

Herbst nächsten Jahres im Rahmen eines Kongresses und parlamentarischen Abends<br />

Parlament, Bundesregierung und der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt<br />

werden.<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 5


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Ich wünsche der heutigen Veranstaltung nun einen guten Verlauf und interessante<br />

Diskussionen.<br />

6<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Begrüßung durch den <strong>VCD</strong> LV Bayern<br />

Matthias Striebich, <strong>VCD</strong> LV Bayern<br />

Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie im Namen des Verkehrsclub Deutschland,<br />

Landesverband Bayern, sehr herzlich zu dem Workshop zur Verminderung<br />

des Schienenverkehrslärms hier in München.<br />

Lärm gehört zu den größten Umweltproblemen unserer Zeit. Der Verkehrslärm<br />

hat daran großen Anteil. Anders als bei vielen anderen Umweltproblemen sind<br />

hier die direkten Auswirkungen auf den Menschen unmittelbar spürbar. Allein in<br />

Deutschland fühlen sich 50 Millionen Menschen durch Verkehrslärm belästigt. Es<br />

ist nahezu unbestritten, daß Lärm Menschen krank macht. Zum Beispiel ist das<br />

Herzinfarktrisiko an lauten Straßen um 20 Prozent höher als an ruhigen Straßen.<br />

Lärm ist Stress. Fast jeder kennt die Auswirkungen des Lärms aus eigener Erfahrung.<br />

Man schrickt nachts auf, weil ein Motor bis zur Drehzahlgrenze hoch gejagt<br />

wird, und kann nicht wieder einschlafen. Selbst an „ruhigen“ Straßen kann man<br />

diese Erfahrung immer wieder machen. Und an großen Verkehrsadern ist an konzentriertes<br />

Arbeiten bei geöffnetem Fenster ohnehin kaum zu denken. Die Lärmproblematik<br />

hat für den Schienenverkehr aus zwei unterschiedlichen Sichtweisen<br />

erhebliche Bedeutung:<br />

1) Der Schienenverkehr ist im Hinblick auf Lärm weniger problematisch als andere<br />

Verkehrsmittel, wenn auch nicht unproblematisch. Daher ist neben vielen anderen<br />

Gründen auch die Lärmproblematik ein Grund für die Verlagerung des Verkehrs<br />

auf die Schiene.<br />

2) Der Schienenverkehr ist im Hinblick auf Lärm bei weitem nicht unproblematisch.<br />

Das steht einer Ausweitung des Schienenverkehrs teilweise entgegen oder<br />

behindert diese zumindest.<br />

Es ist daher aus doppelter Hinsicht sinnvoll, sich mit der Reduzierung des Schienenverkehrslärms<br />

zu beschäftigen: Zum einen, um den Lärm des Schienenverkehrs<br />

und seine Auswirkungen direkt zu reduzieren, und zum anderen, um eine Verlagerung<br />

des Verkehrs auf das relativ „lärmarme“ Verkehrsmittel Schiene zu fördern.<br />

Lassen Sie mich ein paar Worte zur Bedeutung des Schienenverkehrslärms sagen:<br />

Etwa 20 Prozent der deutschen Bevölkerung fühlt sich durch Schienenverkehrslärm<br />

belästigt, etwa ein Viertel davon schwer. Das zeigt sehr deutlich, daß Lärm<br />

für den Schienenverkehr – ob Eisenbahn, Straßenbahn oder U-Bahn – ein erhebliches<br />

Problem darstellt und eine Reduzierung unbedingt erforderlich ist. Allerdings<br />

ist gleichzeitig zu beachten, daß sich etwa 70 Prozent durch Straßenverkehrslärm<br />

und etwa 40 Prozent durch Fluglärm belästigt fühlen. Damit soll der Schienenverkehrslärm<br />

nicht verharmlost werden, aber es unterstreicht die beschriebene doppelte<br />

Wirksamkeit von Maßnahmen zur Reduzierung des Schienenverkehrslärms –<br />

direkte Reduzierung des Lärms und Förderung der Verlagerung auf die Schiene.<br />

Die Schienenverkehrswege sind wesentlich stärker gebündelt als Straßen und die<br />

Ausbreitung des Schalls ist nicht so flächenhaft wie beim Flugzeug. Der Kreis der<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 7


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Betroffenen ist somit systembedingt kleiner. Trotzdem macht dies Maßnahmen<br />

zur Reduzierung des Schienenverkehrslärms dringend erforderlich, weil sonst die<br />

Realisierung von Schienenverkehrswegen, auf die dann schließlich Verkehre gebündelt<br />

werden, auf immer größere Widerstände stößt.<br />

Schienenverkehrslärm lässt sich leichter in den Griff kriegen als Straßenlärm, weil<br />

die Bahnen unter einer deutlich stärkeren öffentliche Kontrolle stehen als zum Beispiel<br />

Privat-PKWs. Das setzt aber voraus, daß die Bahnen nicht aus Kostengründen<br />

immer mehr an der Instandhaltung sparen, was sich letztendlich – auch – in<br />

einer höheren Lärmemission niederschlägt.<br />

Unverständlich ist in diesem Zusammenhang, daß bei Schienenstrecken oft ein<br />

wesentlich höherer Standard als bei Straßen gefordert wird. So werden bei Schienenstrecken<br />

parallel zu Autobahnen oft aufwendige Maßnahmen zur Lärmreduzierung<br />

gefordert und realisiert, obwohl die bestehende Autobahn einen viel höheren<br />

Lärmpegel verursacht und dafür keine Maßnahmen zur Lärmreduzierung<br />

ergriffen wurden. Die Bahn muß zum Nachteil ihrer Fahrgäste hinter meterhohen<br />

Lärmschutzwänden oder gar im Tunnel verschwinden, während die Autobahn<br />

weiter die Umgebung mit Lärm (und Abgasen) belasten darf. Hier ist bei allem<br />

berechtigten Bemühen, Schienenverkehrslärm zu reduzieren, Augenmaß gefragt,<br />

die weitaus größeren Lärmverursacher nicht aus den Augen zu lassen.<br />

Wo kann man nun beim Schienenverkehr ansetzen?<br />

Wir werden heute sicher aus technischer Sicht einige interessante Möglichkeiten<br />

kennenlernen. Es gibt grundsätzlich Maßnahmen an den Fahrzeugen und an der<br />

Infrastruktur. Weiterhin kann man unterscheiden zwischen Maßnahmen, den<br />

Lärm durch eine verbesserte Instandhaltung zu reduzieren, und solchen, die den<br />

Lärm durch technische Verbesserungen und spezielle Lärmschutzkomponenten<br />

reduzieren.<br />

Maßnahmen an den Fahrzeugen wirken im allgemeinen nur dann gut, wenn nahezu<br />

alle Fahrzeuge lärmreduziert sind. Seit Jahren besteht beispielsweise die Forderung,<br />

die Eisenbahnfahrzeuge generell mit Scheibenbremsen auszurüsten. Allein<br />

das könnte an vielen Bahnstrecken eine erhebliche Reduzierung der Lärmemission<br />

bewirken. Das Problem ist, daß schon einige wenige Wagen, zum Beispiel ausländische<br />

Güterwagen, die nicht so ausgerüstet sind, genügen, um den positiven Effekt<br />

stark zu vermindern.<br />

Zu den Maßnahmen an der Infrastruktur gehören beispielsweise Lärmschutzwände.<br />

Diese werden oft als meterhohe Wände entlang der Bahnstrecken realisiert<br />

und sind daher städtebaulich in dicht besiedelten Gebieten problematisch. Sie stellen<br />

auch für die Fahrgäste einen erheblichen Verlust an Reisequalität dar. Meterhohe<br />

Lärmschutzwände sollten daher, wenn möglich, durch intelligentere Lösungen<br />

ersetzt werden – z.B. Instandhaltung, Maßnahmen am Fahrzeug oder niedere<br />

Lärmschutzwände, die näher am Gleis eingebaut werden können und daher die<br />

gleiche Wirkung erzielen (allerdings an jedem Gleis extra eingebaut werden müssen).<br />

Ein wesentliches Problem ist auch, daß Maßnahmen an der Infrastruktur zur Lärmreduzierung<br />

nur bei Neubaumaßnahmen vorgeschrieben ist, während an bestehenden<br />

Strecken der sogenannte „Bestandsschutz“ gilt und die Anwohner den<br />

8<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Lärm eben aushalten sollen. Oft wird dies auch noch als „Druckmittel“ bei Neubaumaßnahmen<br />

herangezogen nach dem Motto „Liebe Anwohner, wenn Ihr die<br />

Neubaustrecke akzeptiert, bekommt Ihr auch eine schöne Lärmschutzwand.“ Hier<br />

ist aus unserer Sicht dringender Änderungsbedarf gegeben. Auch Anwohner von<br />

Bestandsstrecken müssen einen Anspruch auf körperliche Unversehrtheit und Lebensqualität<br />

haben – was nicht heißen soll, daß auch hier wie bei den Neubaustrecken<br />

meterhohe Lärmschutzwände quer durch Stadt und Land gebaut werden<br />

sollen, denn es gibt, wie gesagt, auch intelligentere Lösungen, um den Lärm an<br />

Eisenbahnstrecken zu reduzieren.<br />

Auf einen weiteren Aspekt möchte ich noch kurz eingehen. Auch bei den Bahnen<br />

ist die Lärmemission abhängig von der gefahrenen Geschwindigkeit. Hier stellt<br />

sich meines Erachtens sehr wohl die Frage, ob wirklich durch jede Stadt mit der<br />

technisch machbaren Höchstgeschwindigkeit gefahren werden muß, auch wenn<br />

die Züge nur wenige Meter an den Hauswänden vorbeifahren oder die ganze<br />

Stadt mit gigantischen Lärmschutzwänden durchzogen wird. Oft würde eine geringe<br />

Reduzierung der Geschwindigkeit nur wenige Sekunden kosten, aber einige<br />

Dezibel bringen. Dieser Ansatz sollte zumindest nicht von vorneherein ausgeschlossen<br />

werden.<br />

Ich wünsche dem heutigen Workshop zur Reduzierung des Schienenverkehrslärms<br />

einen guten Verlauf, interessante und verwertbare Erkenntnisse und spannende<br />

Diskussionen.<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 9


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Begrüßung durch den Gesundheitsladen München<br />

e.V.<br />

Gunhild Preuß-Bayer, Gesundheitsladen München<br />

e.V.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, auch ich begrüße Sie ganz herzlich zu der heutigen<br />

Veranstaltung. Mein Name ist Gunhild Preuß-Bayer. Ich komme vom Gesundheitsladen<br />

München e.V. Der Gesundheitsladen setzt sich seit 1980 für<br />

• eine humane und patientenorientierte Medizin,<br />

• Demokratisierung des Gesundheitswesens,<br />

• Förderung der Selbsthilfe und<br />

• gesunde Lebensbedingungen für alle ein.<br />

Wir haben eine Beratungsstelle in München, inzwischen auch eine in Nürnberg,<br />

und sind in verschiedenen kommunalen, bayerischen und bundesweiten Arbeitsgruppen<br />

zur Gesundheitspolitik. Einer unserer Arbeitsbereiche ist Gesundheitsförderung.<br />

In diesen Arbeitsbereich fällt auch das Thema ”Lärm“.<br />

Der Tag gegen Lärm findet seit 1996 jedes Jahr im April, von den USA ausgehend,<br />

international statt. Für uns war dies seit 1999 Anlass, mit unterschiedlichen anderen<br />

Einrichtungen in München und Umland ein gemeinsames Programm zu machen,<br />

welches Hören und Schutz der Ruhe in den Mittelpunkt stellt. Deshalb hat<br />

uns auch besonders gefreut, dass Herr Pless den Workshop, zu dem Sie heute versammelt<br />

sind, gerade im April in München abhält.<br />

Wir sind gern der lokale Kooperationspartner für diese Veranstaltung geworden.<br />

Es ist zwar das erste Mal, dass wir mit dem Bundesverband des <strong>VCD</strong> zusammenarbeiten,<br />

mit dem Kreisverband München verbindet uns aber schon seit vielen<br />

Jahren die gemeinsame Trägerschaft des Projektes „Wohnen ohne Auto“ und<br />

auch gemeinsame Aktionen zum Straßenverkehrslärm.<br />

Ich habe Ihnen Programme für den »Tag gegen Lärm« mitgebracht - bedienen Sie<br />

sich. Wenn Sie aus dem Raum München sind, bitte ich Sie auch, diese Programme<br />

weiterzuverteilen.<br />

Ich wünsche Ihnen einen angenehmen und anregenden Tag und Herrn Pless und<br />

uns allen , dass diese Workshop-Reihe zu einer baldigen Verbesserung im Lärmschutz<br />

beiträgt<br />

10<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Schutz vor Schienenlärm im Immissionsschutzrecht<br />

– Defizite und Optimierungsmöglichkeiten,<br />

exemplarisch dargestellt an derzeit laufenden<br />

Gerichtsverfahren<br />

Herbert Kaltenegger, Rechtsanwaltskanzlei Labbé&Partner,<br />

München<br />

Der Konflikt zwischen Eisenbahnlärm und Wohnnutzung ist erheblich. Der Grund<br />

hierfür liegt zum einen in der Tatsache, dass Eisenbahnstrecken oftmals mitten<br />

durch dicht besiedelte Wohngebiete führen und auch mit hoher Geschwindigkeit<br />

befahren werden. Zum anderen liegt dies sicher auch an der oftmals veralteten<br />

und nicht ordnungsgemäß gewarteten Schienen- und Fahrzeugtechnik. Aufgrund<br />

dieser Umstände sind Menschen, die an Schienengleisen wohnen, erheblichen<br />

Lärmbelästigungen ausgesetzt, die ein gesundes Wohnen, insbesondere auch in<br />

der Nachtzeit, unmöglich machen.<br />

Die juristischen Probleme sind in diesem Zusammenhang vielfältig. Ein Themenbereich<br />

ist, welche Ansprüche auf „Lärmsanierung“ bestehen. Diese Diskussion betrifft<br />

die Ansprüche Lärmbetroffener auf Lärmschutz bei einer bestehenden Eisenbahnstrecke,<br />

die nicht wesentlich geändert wird. Diese Schutzansprüche, die bis<br />

dato nicht vollständig in einfachen Gesetzen normiert sind, orientieren sich an<br />

grundrechtlichen Schutzpflichten. Es bedarf keiner weiteren Erläuterung, dass es<br />

zwingend erforderlich wäre, diesen gesamten Themenkomplex einer detaillierten<br />

gesetzlichen Regelung zuzuführen. Es würde jedoch den Rahmen dieses Vortrags<br />

sprengen, dem Auditorium den Entwurf eines neuen Verkehrslärmschutzgesetzes<br />

vorzustellen.<br />

Aufgrund dessen möchte ich mich den Lärmschutzansprüchen zuwenden, die bestehen,<br />

wenn eine Eisenbahnstrecke neu gebaut wird oder eine bestehende Eisenbahnstrecke<br />

wesentlich geändert wird.<br />

Für diese Fallgestaltungen stehen folgende Schutzinstrumentale zur Verfügung:<br />

- §§ 41 bis 43 BImSchG iVm der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV)<br />

und der Verkehrswege-Schallschutzmaßnahmenverordnung 24. BImSchV)<br />

- das fachplanungsrechtliche Abwägungsgebot<br />

- die grundrechtlichen Schutzpflichten im Zusammenhang mit Art. 2 Abs. 2 und<br />

14 GG<br />

Die zentrale Schutzvorschrift bildet § 41 BImSchG. Nach dieser Vorschrift ist unter<br />

anderem bei dem Bau und der wesentlichen Änderung von Eisenbahnen sicherzustellen,<br />

dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche<br />

hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar<br />

sind.<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 11


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Lärmschutz setzt demnach den Bau oder die wesentliche Änderung von Eisenbahnen<br />

voraus. Während der Begriff des Baues keine weiteren Probleme macht, wirft<br />

die Auslegung der wesentlichen Änderung eine Reihe von Zweifelsfragen auf. Der<br />

Verordnungsgeber hat versucht in § 1 Abs. 2 der 16. BImSchV den Begriff dahingehend<br />

zu konkretisieren, dass immer dann, wenn der Schienenweg um einen<br />

oder mehrere durchgehende Gleise baulich erweitert wird, die Änderung wesentlich<br />

ist. Wesentlich soll nach dieser Vorschrift eine Änderung auch sein, wenn<br />

durch einen erheblichen baulichen Eingriff der Beurteilungspegel um mindestens 3<br />

dB (A) oder auf mindestens 70 dB (A) am Tag oder mindestens 60 dB (A) in der<br />

Nacht erhöht wird. Aktuell Gegenstand vom Gerichtsverfahren ist, wann ein baulicher<br />

Eingriff im Sinne des § 1 Abs. 2 der 16. BImSchV erheblich ist, wo der bauliche<br />

Eingriff räumlich endet und unter welchen Voraussetzungen eine Addition von<br />

einzelnen baulichen Eingriffen zu einem erheblichen baulichen Eingriff führt. Der<br />

BayVGH hat in diesem Zusammenhang die Rechtstellung der Lärmbetroffenen<br />

erst kürzlich verbessert. Er hat ausgeführt, dass bauliche Eingriffe, die für sich genommen<br />

nicht erheblich sind, jedoch in einem engen räumlichen und betrieblichen<br />

Zusammenhang mit diesem erheblichen baulichen Eingriff stehen, zu diesem erheblichen<br />

baulichen Eingriff, der Lärmschutzansprüche begründet, zählen. Der<br />

BayVGH hat gegen diese Entscheidung die Revision zugelassen. Es wird abzuwarten<br />

sein, wie das Bundesverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang entscheidet.<br />

Ist der Anwendungsbereich des § 41 BImSchG eröffnet, weil eine Eisenbahntrasse<br />

neu gebaut wird oder eine solche wesentlich geändert wird, wird die zweite Frage<br />

entscheidungserheblich, ob durch den Bau oder die wesentliche Änderung schädliche<br />

Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden. Der unbestimmte Rechtsbegriff<br />

„schädliche Umwelteinwirkung“ bildet das Kernproblem des Lärmschutzes. Die<br />

sachgerechte Auslegung dieses Begriffes setzt zum einen eine wissenschaftliche<br />

Analyse voraus, welche konkreten Lärmphänomene für die Bewertung der Schädlichkeit<br />

maßgeblich sind. Diese Frage hat der Verordnungsgeber in der 16.<br />

BImSchV im Rahmen seines gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums dahin entschieden,<br />

die Schädlichkeit anhand von Lärmmittelwerten zu beurteilen. Aufgrund<br />

dessen enthält die 16. BImSchV einen Berechnungsalgorithmus, der versucht, das<br />

Phänomen Lärm und seine Schädlichkeit anhand einer Mittelwertbildung möglichst<br />

realitätsnah abzubilden. Dieser Rechenwert wird dann an bestimmten<br />

Grenzwerten, die für die Tag- und Nachtzeit unterschiedlich ausgestaltet sind,<br />

gemessen. Damit definieren der Berechnungsalgorithmus und die Grenzwerte der<br />

16. BImSchV das Schienenlärmschutzsystem. Die Juristen neigen in aller Regel dazu,<br />

im Rahmen ihrer Rechtsprüfung beim Vergleich der durch ein Lärmgutachten<br />

berechneter Beurteilungspegel mit den in der 16. BImSchV enthaltenen Grenzwerten<br />

stehen zu bleiben. Hierbei wird jedoch übersehen, dass die tatsächlichen Zweifelsfragen<br />

nicht beim Vergleich des Beurteilungspegels mit dem Grenzwert bestehen.<br />

Interessanter und spannender, aber auch komplexer sind dagegen die<br />

Rechtsregeln zur Berechnung des Beurteilungspegels.<br />

Die Berechnung des durch den Schienenverkehr entstehenden Beurteilungspegels<br />

beginnt mit der Lärmprognose. So ist zu entscheiden, welche Zugarten mit welcher<br />

Häufigkeit in einem bestimmten Prognosezeitraum auf der Schiene verkehren<br />

werden. All diese Umstände haben unmittelbare Auswirkung, sind für die in der<br />

12<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

16. BImSchV enthaltenen Berechnungs-algorithmus entscheidend und beeinflussen<br />

den Beurteilungspegel erheblich. Es versteht sich von selbst, dass an dieser<br />

Stelle aufgrund des Wesens einer prognostischen Festlegung von Betriebszuständen<br />

eine erhebliche Unsicherheit in der Beurteilung, ob schädliche Umwelteinwirkungen<br />

zu erwarten sind, entstehen. Auch die Gerichtsverfahren, bei denen beurteilt<br />

werden muss, ob die vom Betreiber in das Verfahren eingebrachte Betriebsprognose<br />

richtig oder falsch ist, geben keine große Hoffnung, dem Lärmschutzanspruch<br />

Dritter zu genügen. In Zeiten des wirtschaftlichen Umbruchs und des technologischen<br />

Fortschrittes wird niemand vorhersagen können, wie sich in einem<br />

Zeitraum von 20 bis 30 Jahren der Schienenverkehr entwickeln wird. Aufgrund<br />

dessen kapituliert die Rechtsprechung in aller Regel an dieser Stelle und gibt den<br />

Schienenbetreibern einen erheblichen Prognosespielraum. Dies führt jedoch im<br />

Ergebnis dazu, dass sich der auf dieser Prognoseentscheidung aufbauende Lärmschutz<br />

schon nach kurzer Zeit als überholt darstellen kann, was zu einem offensichtlichen<br />

Defizit in Bezug auf den Schutz von Lärmbetroffenen führt. Zur Lösung<br />

dieses Problems haben wir im Planfeststellungsverfahren vorgeschlagen, den Emissionspegel<br />

der Schiene durch Lärmschutzauflagen im Planfeststellungsbeschluss zu<br />

fixieren. Dieser Versuch ist jedoch in letzter Konsequenz mangels Rechtsgrundlage<br />

gescheitert. Aufgrund dessen sollte hierfür eine gesetzliche Grundlage geschaffen<br />

werden. Durch das Festlegen des Emissionspegels könnten eine Reihe von Streitigkeiten<br />

vermieden werden, da die „planfestgestellte Lärmschutzbasis“ dann<br />

durch Bescheid definiert wäre. Quälende Gerichtsverfahren über die Frage, ob<br />

eine Prognose falsch oder richtig ist, würden dadurch entbehrlich.<br />

Ausgehend von der Lärmprognose wird auf der Grundlage des Berechnungsalgorithmus<br />

der 16. BImSchV der Emissionspegel als Mittelungspegel berechnet. Vereinfacht<br />

ausgedrückt geht der Berechnungsalgorithmus von einem abstrakten<br />

Zug, der einen Emissionspegel von 51 dB (A) produziert, aus und addiert oder<br />

subtrahiert Zuschläge und Abschläge, beispielsweise für Fahrzeugart, Geschwindigkeit,<br />

Zuglänge, Scheibenbremsanteile und Gleisart.<br />

Man konstruiert insoweit im Wesentlichen ein lineares System, obwohl der Lärm<br />

logarithmischen Naturgesetzen unterliegt. Aus diesem Grundkonflikt dieser gesetzgeberischen<br />

Vereinfachung entstehen nun eine Vielzahl von Detailproblemen.<br />

Kern all dieser Fragen ist, ob mit diesem Berechnungsalgorithmus die Schädlichkeit<br />

des Lärms auf Menschen sachgerecht und realistisch abgebildet wird.<br />

Ein aktuell in Gerichtsverfahren hoch umstrittenes Thema ist, ob und in welcher<br />

Höhe für ein „besonders überwachtes Gleis“ ein Lärmabschlag sachgerecht und<br />

zulässig ist. Grundlage für das besonders überwachte Gleis ist die amtliche Anmerkung<br />

zur Tabelle C der Anlage 2 zu § 3 des BImSchG. Hiernach kann für Fahrbahnen,<br />

bei denen aufgrund besonderer Vorkehrungen eine weitergehende dauerhafte<br />

Lärmminderung nachgewiesen ist, ein der Lärmminderung entsprechender Korrekturwert<br />

zusätzlich berücksichtigt werden. Das Bundesverwaltungsgericht sieht<br />

derzeit den Nachweis in Höhe einer dauerhaften Lärmminderung in Höhe von 3<br />

dB (A) durch Gleispflegemaßnahmen grundsätzlich als erbracht an. Wir sind der<br />

Auffassung, dass diese Entscheidungen naturwissenschaftliche Gesetzmäßigkeiten<br />

nicht hinreichend beachten und meinen deshalb, dass derzeit anhängige Gerichtsverfahren<br />

dazu führen werden, dass ein Nachweis einer dauerhaften Lärmminde-<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 13


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

rung von 3 dB (A) derzeit nicht erbracht ist. Ich möchte die Problemstellung vereinfacht<br />

wie folgt skizzieren:<br />

Man geht davon aus, dass ein durchschnittlich gepflegtes Gleis einen Emissionspegel<br />

von 51 dB (A) entstehen lässt. Dieser Pegel kann durch einen Schleifvorgang<br />

auf 45 dB (A) gesenkt werden. Im Folgenden steigen dann nach dem Gedankenmodell<br />

des Eisenbahnbundesamtes und der Deutschen Bahn AG die Lärmwerte<br />

wieder bis auf 51 dB (A) an. Bei Erreichen dieses Emissionspegels wird dann wieder<br />

geschliffen, was wiederum dazu führt, dass der Lärmpegel auf 45 dB (A) absinkt.<br />

Damit ergibt sich eine Art „Sägezahnkurve“, welche nach Berechnung der<br />

Deutschen Bahn AG zu einer mittleren, nachhaltigen Pegelminderung von 3 dB<br />

(A) führt. Dieses Gedankenmodell ist jedoch aus meiner Sicht aus zwei Gründen<br />

unrichtig. Zum einen führt die akustische Mittelung einer maximalen Lärmminderung<br />

von 6 dB (A) nicht aufgrund der logarithmischen Gesetzmäßigkeiten zu 3 dB<br />

(A), sondern zu einem Wert von < 3 dB (A). Zum anderen ist unrichtig, dass nach<br />

dem Schleifvorgang der Lärm linear wieder bis auf einen Lärmwert von 51 dB (A),<br />

der als Eingriffswert für den (neuen) Schleifvorgang definiert ist, ansteigt. Wir haben<br />

dem Bundesverwaltungsgericht im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde<br />

diese Frage bereits vorgelegt. In diesem Verfahren hat der 9. Senat deutlich gemacht,<br />

dass dann, wenn diese Behauptungen akustisch zutreffen, der Nachweis<br />

von 3 dB (A) Pegelminderung nicht mehr geführt sei. Ob diese naturwissenschaftlichen<br />

Gesetzmäßigkeiten tatsächlich zuträfen, werde jedoch nicht<br />

vom Bundesverwaltungsgericht im Rahmen eines Nichtzulassungsverfahrens, sondern<br />

von den Tatsacheninstanzen geprüft.<br />

Augenfällig ist auch, dass das für die Kontrolle und für das Fixieren des Zeitpunkts<br />

des Schienenschleifens erforderliche Mess- und Kontrollverfahren für die Lärmschutzbetroffenen<br />

nicht zufriedenstellend ist. So können die vom Vorhabensträger<br />

durchzuführenden Messreihen von dem einzelnen Lärmbetroffenen nicht nachvollzogen<br />

werden. So müsste der einzelne Lärmbetroffene sich einen entsprechenden<br />

Messwagen kaufen und mit diesem Kontrollfahrten durchführen. Dies ist<br />

weder finanziell noch rechtlich möglich oder zulässig. Aus all dem folgt, dass die<br />

gerichtliche Durchsetzung von Schienenschleifvorgängen in aller Regel an Beweisfragen<br />

scheitern wird. Lärmschutzauflagen, die in letzter Konsequenz nicht überprüfbar<br />

und auch nicht einklagbar sind, stellen aus meiner Sicht keine geeigneten<br />

Lärmschutzinstrumente dar. Ich meine deshalb, dass es sinnvoller wäre, den Aufwand,<br />

der durch das Schienenschleifen entsteht, dazu zu nutzen, aktive Lärmschutzeinrichtungen<br />

zu errichten, die dauerhaft und nachhaltig Lärmschutz garantieren.<br />

Wie bereits oben ausgeführt, beurteilt die 16. BImSchV die Schädlichkeit von<br />

Umwelteinwirkungen allein aufgrund eines Mittelungspegels. Ich habe in den Gerichtsverfahren<br />

immer wieder dargestellt, dass nicht nur dieser Mittelungspegel,<br />

sondern auch der Wirkpegel des einzelnen Verkehrsereignisses am jeweiligen Immissionsort<br />

für die Schädlichkeit von Lärm Bedeutung hat. Der BayVGH hat noch<br />

kürzlich ausgeführt, dass sich die Lärmschutzansprüche Dritter ausschließlich anhand<br />

der Mittelungspegel beurteilen. Eine Ermittlung und Bewertung von Spitzenpegeln<br />

sei rechtlich nicht geboten. In einem von uns betriebenen Nichtzulassungsverfahren<br />

hat nun das Bundesverwaltungsgericht eindeutig klargestellt,<br />

dass zwar richtig sei, dass die Ansprüche von Lärmbetroffenen auf der Grundlage<br />

14<br />

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<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

des § 41 BImSchG sich ausschließlich an Mittelungspegel orientieren. Das Gericht<br />

hat jedoch auch dargestellt, dass im Rahmen des fachplanungsrechtlichen Abwägungsgebots<br />

auch der Wirkpegel einzelner Lärmereignisse Bedeutung hat. Dies<br />

bedeutet konkret, dass alle Lärmphänomene, die über den Berechnungsalgorithmus<br />

der 16. BImSchV nicht sachgerecht abgebildet sind, im Rahmen des planungsrechtlichen<br />

Abwägungsgebotes rechtliche Bedeutung gewinnen. Solche in<br />

der 16. BImSchV nicht genügend berücksichtigten Phänomene sind beispielsweise<br />

der Spitzenpegel von Zügen im Zusammenhang mit Weichen, atypische Lärmphänomene,<br />

wenn ein Zug einen Tunnel verlässt oder aerodynamische Lärmphänome<br />

im Zusammenhang mit Hochgeschwindigkeitszügen.<br />

Gerade im Zusammenhang mit dem in der 16. BImSchV normierten Schienenbonus,<br />

der dazu berechtigt vom berechneten Emissionspegel pauschal 5 dB (A) abzuziehen,<br />

liegt in dieser Aussage des Bundesverwaltungsgerichtes erheblicher<br />

Zündstoff, da bei Berücksichtigung des Spitzenpegelphänomens im Rahmen der<br />

fachplanungsrechtlichen Abwägung die 24. BImSchV nach meiner Auffassung<br />

nicht sicherstellt, dass am Ohr des Schläfers während der Nachtzeit keine gesundheitsschädlichen<br />

Wirkungen entstehen. Auch neuere Untersuchungen des<br />

Robert-Koch-Institutes zur Wirkung von Infrastrukturlärm auf den Menschen bestätigen<br />

die Brisanz dieses Themas.<br />

Wenn der Beurteilungspegel die Grenzwerte der 16. BImSchV überschreitet, ist<br />

grundsätzlich Lärmschutz in Form aktiver Lärmschutzmaßnahmen zu leisten. Dies<br />

gilt nach § 41 Abs. 2 BImSchG aber nur dann nicht, wenn die Kosten der Schutzmaßnahme<br />

außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen. In diesem<br />

Fall kann sich der Vorhabensträger begnügen, Entschädigung für passive Schallschutzmaßnahmen<br />

zu zahlen.<br />

Nach Auffassung des für Schienenverkehr zuständigen Senats des Bundesverwaltungsgerichts<br />

stellt § 41 Abs. 2 BImSchG einen Teil der fachplanungsrechtlichen<br />

Abwägung dar. Im Rahmen dieses Abwägungsvorgangs kann die Vorbelastung<br />

ebenso bedeutsam sein, wie das Verhältnis der Kosten zwischen aktivem und passivem<br />

Lärmschutz. Die Ermittlung der Kosten für aktiven und passiven Lärmschutz<br />

ist in der Praxis aufwendig und umstritten.<br />

Im Ergebnis sollte aufgrund dessen nach meiner Auffassung die Auslegung des §<br />

41 Abs. 2 BImSchG wieder auf seinen Wortlaut zurückgeführt werden. Danach<br />

kann von aktiven Lärmschutzmaßnahmen nicht aufgrund des fachplanungsrechtlichen<br />

Abwägungsgebots abgewichen werden, sondern nur dann, wenn die<br />

Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck steht. Damit<br />

wird eine Art wirtschaftliche Unmöglichkeit formuliert, die nur dann berechtigt<br />

auf aktiven Lärmschutz zu verzichten, wenn die Kosten hierfür in Relation zum<br />

Wert der Schutzobjekte wirtschaftlich unmöglich erscheinen.<br />

Wegen der derzeit gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts<br />

halten wir es zum Schutz der Lärmbetroffenen für geboten, dass der Gesetzgeber<br />

diese gesetzgeberische Zielsetzung nochmals herausarbeitet. Passiver Lärmschutz<br />

ist im Verhältnis zum aktiven Lärmschutz nicht gleichwertig, sondern degradiert<br />

Lärmbetroffene zu einer Art „Käfighaltung“, die den Lärmbetroffenen einen angemessenen<br />

Kontakt zur Umwelt abschneidet.<br />

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<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

16<br />

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Künftige Anforderungen der Europäischen Union<br />

an den Schutz vor Schienenlärm<br />

Michael Jäcker-Cüppers, Umweltbundesamt, Berlin<br />

Es ist bekannt, dass die Europäische Union immer mehr Einfluss auf unsere Lebensverhältnisse<br />

nimmt. Das gilt auch für den Lärmschutz. Eine effiziente Lärmschutzpolitik<br />

ist deshalb nur möglich bei einer Verzahnung der europäischen und<br />

nationalen Politik.<br />

Ich will in meinem<br />

Vortrag folgende<br />

Punkte behandeln<br />

(Abb.1):<br />

� Den Stand der Verkehrslärmbekämpfung<br />

in der<br />

EU und die traditionelle<br />

und die neue<br />

Lärmschutzpolitik<br />

der EU. Zentrale<br />

EU- Aktivität ist<br />

momentan die<br />

Festlegung von Geräuschemissionsgrenzwerten<br />

im<br />

Abb. 1<br />

Gliederung<br />

• Bekämpfung des Schienenverkehrslärms in der EU<br />

– Traditionelle und neue Lärmschutzpolitik der EU<br />

– Geräuschemissionsgrenzwerte im Rahmen von Direktiven der<br />

EU zur Interoperabilität des Schienenverkehrs<br />

– Der Aktionsplan von UIC/CER/UIP zur lärmmindernden<br />

Umrüstung von Güterwagen<br />

– END: Richtlinie zum Umgebungslärm<br />

• Die Arbeitsgruppe Schienenverkehrslärm (<strong>WG</strong> <strong>Railway</strong><br />

<strong>Noise</strong>)<br />

– Organisation, Aufgaben<br />

– Arbeitsergebnisse: Strategien der europäischen Lärmbekämpfung<br />

• Folgerungen<br />

Rahmen der Direktiven der EU zur Interoperabilität des Schienenverkehrs. Das<br />

klingt kompliziert und ich werde das im Folgenden erläutern.<br />

� Ich werde den Aktionsplan der Eisenbahnverbände (des internationalen<br />

Eisenbahnverbandes UIC, der Gemeinschaft Europäischer Bahnen (GER bzw.<br />

CER) und der Union der Privatwagenbetreiber UIP) zur lärmmindernden<br />

Umrüstung von Güterwagen vorstellen.<br />

� Ich werde danach kurz eingehen auf die Umgebungslärmrichtlinie (Environmental<br />

<strong>Noise</strong> Directive END) der EU.<br />

� Ferner möchte ich Ihnen die Organisation und Aufgaben der Arbeitsgruppe<br />

Schienenverkehrslärm (Working Group <strong>Railway</strong> <strong>Noise</strong>) der Europäischen<br />

Kommission vorstellen, insbesondere ihr jüngstes Arbeitsergebnis präsentieren,<br />

ein Strategiepapier zur europäischen Bekämpfung des Schienenverkehrslärms<br />

� und werde abschließend meine Folgerungen ziehen.<br />

Traditionelle Lärmschutzpolitik der EU (Abb. 2)<br />

Sie wissen, dass die europäischen Gemeinschaften zuständig sind für Produktvorschriften;<br />

dies betrifft auch die Geräuschemissionen von Fahrzeugen und Maschinen.<br />

Ziel dieser Politik ist die Herstellung des gemeinsamen Marktes. Wir haben<br />

z.B. seit 1970 Geräuschvorschriften für neue Straßenfahrzeuge und seit 1978<br />

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<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Regelungen für neue,<br />

im Freien betriebene<br />

Maschinen. Der ursprüngliche<br />

Ansatz, die<br />

Bildung eines gemeinsamen<br />

Marktes, ist<br />

dann aber mehr und<br />

mehr verknüpft worden<br />

mit den Zielen des<br />

Umweltschutzes. Wenn<br />

wir uns den Artikel 130<br />

R (Umweltpolitik) des<br />

Vertrags über die EU<br />

vom Jahr 1992 anschauen,<br />

dann stehen<br />

da relativ bemerkens-<br />

werte Sätze: Die Umweltpolitik der Gemeinschaft zielt unter Berücksichtigung der<br />

unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Regionen der Gemeinschaft auf<br />

ein hohes Schutzniveau ab. Sie beruht auf den Grundsätzen der Vorsorge und<br />

Vorbeugung, auf dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem<br />

Ursprung, an ihrer Quelle zu bekämpfen, sowie auf dem Verursacherprinzip.<br />

Der Verursacher hat also zunächst dafür zu sorgen, Lärmminderung zu machen.<br />

Die Erfordernisse des Umweltschutzes müssen bei der Festlegung und Durchführung<br />

anderer Gemeinschaftspolitiken einbezogen werden. Das ist ein sehr klares<br />

Bekenntnis zu einem anspruchsvollen Umweltschutz in der EU.<br />

Die neue Lärmschutzpolitik (Abb. 3)<br />

Man kann sagen,<br />

dass diese manifest<br />

geworden ist mit der<br />

Verabschiedung des<br />

Grünbuches der<br />

Kommission zur zukünftigenLärmschutzpolitik<br />

in Europa<br />

im Nov. 96. Ich<br />

zitiere die schienenverkehrslärmbezogenen<br />

Aussagen: „Prioritäres<br />

Ziel der gemeinschaftlichen<br />

Verkehrspolitik ist der<br />

Ausbau des Schie-<br />

nenverkehrs“. Hauptkritik am Schienenverkehr ist seine starke Lärmbelastung.<br />

D.h. wir brauchen eine Verstärkung der Lärmbekämpfung für die Akzeptanz des<br />

Ausbaus. Das Grünbuch schlägt folgende Instrumente vor:<br />

� Emissionsabhängige Trassenpreise,<br />

18<br />

Traditionelle Lärmschutzpolitik der EU<br />

EU/EG zuständig für Produktvorschriften, d.h. auch für<br />

Geräuschemissionen (Gemeinsamer Markt)<br />

– Seit 1970 Geräuschvorschriften für (neue) Straßenfahrzeuge<br />

– Seit 1978 Regelungen für (neue) im Freien betriebene Maschinen<br />

VERTRAG ÜBER DIE EUROPÄISCHE UNION<br />

Amtsblatt Nr. C 191 vom 29. Juli 1992<br />

Artikel 130 r<br />

(2) Die Umweltpolitik der Gemeinschaft zielt unter Berücksichtigung der<br />

unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Regionen der Gemeinschaft auf<br />

ein hohes Schutzniveau ab. Sie beruht auf den Grundsätzen der Vorsorge und<br />

Vorbeugung, auf dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an<br />

ihrem Ursprung zu bekämpfen, sowie auf dem Verursacherprinzip. Die<br />

Erfordernisse des Umweltschutzes müssen bei der Festlegung und Durchführung<br />

anderer Gemeinschaftspolitiken einbezogen werden.<br />

Abb. 3<br />

Neue Lärmschutzpolitik der EU<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003<br />

Abb. 2<br />

Nov. 1996:<br />

Grünbuch der Kommission zur zukünftigen<br />

Lärmschutzpolitik in Europa:<br />

� „prioritäres Ziel der gemeinschaftlichen Verkehrspolitik ist ...der<br />

Ausbau des Schienenverkehrs“<br />

� „Hauptkritik am Schienenverkehr die starke Lärmbelastung“<br />

� Verstärkung der Lärmbekämpfung für Akzeptanz des Ausbaus;<br />

Vorgeschlagene Instrumente:<br />

� Emissionsabhängige Trassenpreise<br />

� Einführung von Emissionsgrenzwerten<br />

� Vereinbarung zwischen Eisenbahnindustrie und Gemeinschaft über<br />

Zielwerte für die Lärmverringerung


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

� Einführung von Emissionsgrenzwerten und<br />

� Vereinbarung zwischen Eisenbahnindustrie und Gemeinschaft über Ziele für<br />

die Lärmverringerung.<br />

Das folgende Bild<br />

(Abb. 4) zeigt die Akteure<br />

dieser neuen europäischenLärmschutzpolitik.<br />

Sie wird<br />

geleitet von einer Steering<br />

Group der Kommission,<br />

in der die Mitgliedstaaten<br />

vertreten<br />

sind. Deutschland wird<br />

durch das Umweltministerium<br />

vertreten. Für<br />

den Schienenverkehrslärm<br />

hat die Kommission<br />

eine Beratergruppe<br />

eingerichtet, die Wor-<br />

Akteure der europäischen Lärmschutzpolitik im<br />

Abb. 4<br />

Schienenverkehr<br />

Mitgliedsstaaten<br />

Steering<br />

Group Europäische Kommission<br />

Berichten<br />

Beraten<br />

<strong>WG</strong> <strong>Railway</strong> <strong>Noise</strong> AEIF<br />

Mandat TSI<br />

UIC, CER, UIP, UITP UNIFE<br />

ERRAC<br />

<strong>WG</strong> AEN<br />

<strong>WG</strong> HSEA<br />

<strong>WG</strong> OM<br />

<strong>WG</strong> RTN<br />

CALM<br />

king Group <strong>Railway</strong> <strong>Noise</strong>. Diese hat der Steering Group zu berichten und die<br />

Kommission zu beraten. Es gibt weitere Arbeitsgruppen: die Arbeits-gruppe AEN<br />

(Assessment of Exposure to <strong>Noise</strong>) beschäftigt sich insbesondere mit Berechnungsvorschriften<br />

für die Lärmimmissionen. Die Arbeitsgruppe HSEA (Health and<br />

Socio-economic Aspects) beschäftigt sich u. a. mit Lärmwirkungsfragen, eine weitere<br />

Arbeitsgruppe OM (Outdoor Machinery) mit den im Freien betriebenen Maschinen.<br />

Für die Emissionen des Straßenverkehrslärms gibt es die Arbeitsgruppe<br />

RTN (Road Traffic <strong>Noise</strong>). Eine weitere Arbeitsgruppe („CALM“) befasst sich mit<br />

der Forschungspolitik. Sie sehen, dass für den Fluglärm noch keine Arbeitsgruppe<br />

eingerichtet wurde. Dann gibt es einen Verband, der sich AEIF nennt, dieser hat<br />

den Auftrag für die Kommission die Spezifikation für die Interoperabilität auszuarbeiten.<br />

Mitglieder der <strong>WG</strong> <strong>Railway</strong> <strong>Noise</strong> sind Gäste der Arbeitsgruppe Lärm der<br />

AEIF. Weitere Akteure sind die Eisenbahnverbände: der internationale Eisenbahnverband<br />

UIC, der europäische Eisenbahnverband CER, der Verband der Privatwagenbetreiber<br />

UIP, der Verband des lokalen Verkehrs UITP und der Herstellerverband<br />

UNIFE auf europäischer Ebene. Sie alle senden Mitglieder in die genannten<br />

Arbeitsgruppen und in die AEIF hinein. Und schließlich gibt es noch ein weiteres<br />

Gremium, das sich ERRAC nennt. Es ist bestückt aus den Mitgliedstaaten, der europäische<br />

Kommission und den Verbänden und entwickelt eine Forschungspolitik<br />

für die Schiene.<br />

Maßnahmen der europäischen Kommission zur Förderung des Schienenverkehrs<br />

(Abb. 5)<br />

Die Kommission hat mit Sorge festgestellt, dass die europäischen Bahnen Marktanteile<br />

verlieren. Bei dem Güterverkehr ist der Rückgang des Anteils an den Verkehrsleistungen<br />

besonders drastisch: von 1970 21% auf 1998 8,4%. Die Ursachen<br />

dafür sind u.a. die nationalen Barrieren. Wir haben keinen freien Netzzugang.<br />

Wir haben noch immer die nationalen Betriebs- und Fahrzeugtechniken. Die<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 19


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Kommission sieht in<br />

der Entwicklung eines<br />

gemeinsamen Marktes<br />

für den<br />

Schienenverkehr ein<br />

Mittel, die Produktivität<br />

dieses Bereiches zu<br />

erhöhen und damit<br />

Rückgewinnung der<br />

Marktanteile möglich<br />

zu machen. Zur Entwicklung<br />

dieses gemeinsamen<br />

Marktes<br />

gibt es im wesentlichen<br />

2 Elemente: die Trennung<br />

von Betrieb und<br />

Infrastruktur auf der Grundlage mehrerer Richtlinien, die sich z.T. jetzt wieder in<br />

der Überarbeitung befinden. Entscheidend ist, dass diese Trennung von Betrieb<br />

und Infrastruktur auch heißt, Trennung der Verantwortlichkeit für den Lärmschutz.<br />

Die Infrastruktur muss Lärmschutz betreiben und die Operateure auch.<br />

Das 2. Instrument ist die Schaffung eines sog. interoperablen Schienenverkehrs,<br />

d.h. eines Schienenverkehrs, der in Europa mit gleicher Betriebs- und Fahrzeugtechnik<br />

verkehren kann.<br />

Umwelt- und verkehrspolitische Ziele für den Schienenverkehr (Abb.<br />

6)<br />

Diese Ziele haben<br />

auch Auswirkungen<br />

auf<br />

die Lärmemission.<br />

Ich habe das<br />

dargestellt für<br />

die Jahre 1970<br />

bis 2020 für den<br />

Personen- und<br />

Güterverkehr in<br />

der EU bzw.<br />

Deutschland<br />

(D). Beim Personenverkehrhaben<br />

wir tatsäch-<br />

lich bis 1997 einen Anstieg gehabt. Das Ziel der Kommission ist eine Stabilisierung<br />

dieses Anteils bis 2010, das bedeutet ein Wachstum des Schienenverkehrs. Die<br />

Bundesregierung selbst hat in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie kein Zielwert für den<br />

Personenverkehr formuliert. Die letzten beiden Säulen im Diagramm zeigen die<br />

Ziele der gemeinsamen Strategie der europäischen Eisenbahnverbände und der<br />

Industrie. Man sieht, dass mehr als eine Verdoppelung des Schienenpersonenverkehrs<br />

angestrebt wird. Beim Güterverkehr haben wir einen Abfall von 1970 bis<br />

20<br />

in<br />

%<br />

Abb. 6<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Maßnahmen der EU zur Förderung des<br />

Schienenverkehrs:<br />

• Europäischen Bahnen verlieren Marktanteile<br />

(Güter: Von 21,1 % 1970 auf 8,4 % 1998)<br />

• Eine Ursache: Nationale Barrieren<br />

– Kein freier Netzzugang<br />

– Nationale Betriebs- und Fahrzeugtechnik<br />

�Entwicklung eines gemeinsamen Marktes<br />

- Trennung von Betrieb und Infrastruktur<br />

(Richtlinie 91/440/E<strong>WG</strong> vom Juli 1991, geändert durch Richtlinie<br />

2001/12/EG vom 26.2.2001, 2. Eisenbahnpaket Januar 2002, vgl.<br />

VMinRat 28.03.03))<br />

≡Trennung der Verantwortlichkeit für den Lärmschutz<br />

- Schaffung eines interoperablen Schienenverkehrs<br />

Abb. 5<br />

Umwelt - und verkehrspolitische Ziele für<br />

den Schienenverkehr<br />

75<br />

Anteil des Schienengüterverkehrs an der Verkehrsleistung<br />

Personen<br />

Güter<br />

117<br />

100<br />

100<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003<br />

138 138<br />

EU 1970 EU 1997 Ziel EU-Kom<br />

2010<br />

200<br />

Ziel BReg D<br />

2015<br />

233<br />

325<br />

Ziel Joint<br />

Strategy 2020


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

1997. Die Kommission strebt dasselbe Wachstum an wie für den Personenverkehr.<br />

Die Bundesregierung möchte den Güterverkehr gemäß ihrer Nachhaltigkeitsstrategie<br />

verdoppeln. Die Eisenbahnverbände möchten den Güterverkehr bis zum Jahr<br />

2020 sogar verdreifachen. Das bedeutet im Mittel eine Erhöhung der Pegel um 5<br />

dB(A).<br />

Richtlinien zur Interoperabilität (Abb. 7)<br />

Entscheidend für die<br />

Lärmgesetzgebung sind<br />

die genannten Richtlinien<br />

zur Interoperabilität des<br />

Schienenverkehrs. Diese<br />

Direktiven sollen Vorgaben<br />

zur technischen und<br />

betrieblichen Harmonisierung<br />

des europäischen<br />

Schienenverkehrs machen.<br />

Wir haben 2 Richtlinien:<br />

� eine für den Hochgeschwindigkeitsverkehr<br />

von 1996<br />

� und eine für den konventionellen Verkehr vom Jahre 2001.<br />

Im Rahmen dieser<br />

Direktiven werden<br />

technische Spezifikationen<br />

für die Interoperabilität<br />

(TSI)<br />

abgeleitet, in denen<br />

auch Lärmgrenzwertefestgelegt<br />

werden. Was<br />

heißt interoperabel?<br />

Das sind Fahrzeuge,<br />

die auf dem so genanntentranseuropäischenSchienennetz<br />

verkehren.<br />

Dieses hat die<br />

Kommission in einer<br />

Richtlinien der EU zur Interoperabilität<br />

des Schienenverkehrs<br />

� Inhalt: Vorgaben zur technischen und betrieblichen<br />

Harmonisierung des europäischen Schienenverkehrs<br />

� Richtlinien zur Interoperabilität des<br />

Hochgeschwindigkeitsverkehrs (96/48/EG vom 23. Juli<br />

1996)<br />

� Richtlinie zur Interoperabilität des konventionellen<br />

Schienenverkehrs ( 2001/16/EG vom 19. März 2001) auf<br />

dem transeuropäischen Netz (TEN-T)<br />

� Erlass von Technischen Spezifikationen für die<br />

Interoperabilität (TSI HGV, TSI Konv)<br />

Abb. 7<br />

Abb. 8<br />

TEN-T Schiene<br />

in Deutschland<br />

Entscheidung der<br />

Kommission<br />

1629/96/EG<br />

v. 23.7.1996<br />

Entscheidung von 1996 festgelegt. Ich zeige ihnen dieses Netz für Deutschland<br />

(Abb. 8). Sie sehen hier die Schnellfahrstrecke Köln – Frankfurt noch gepunktet,<br />

die ist inzwischen schon realisiert. Das ist insgesamt ein relativ dichtes Netz und<br />

alle Fahrzeuge, die auf diesem Netz verkehren können, das ist z. B. auch ein Regionalexpress,<br />

müssen letztlich den Vorgaben des interoperablen Verkehrs genügen.<br />

Es ist nicht nur der internationale Verkehr, sondern aller Verkehr der in diesem<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 21


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Netzt fährt. Die Kommission beabsichtigt, im Grunde das gesamte Schienennetz<br />

für diese operablen Fahrzeuge freizugeben.<br />

Welche Vorgaben machen diese Direktiven für die Geräuschemissionen?<br />

(Abb. 9)<br />

In der TSI für den Hochgeschwindigkeitsverkehr<br />

steht im Anhang 2, dass<br />

Grenzwerte für Außengeräusche<br />

festgelegt<br />

werden müssen. Dabei<br />

ist zu beachten, dass dies<br />

nur für neue Fahrzeuge<br />

gilt. In der TSI für die<br />

konventionellen Fahrzeuge<br />

(Artikel 23 der<br />

Richtlinie) heißt es: „die<br />

erste prioritäre Gruppe<br />

von TSI betrifft folgende<br />

Aspekte: von (neuen)<br />

Fahrzeugen und Infrastruktur<br />

ausgehende Lärmemissionen“.<br />

Beachtlich ist,<br />

dass hier die Infrastruktur<br />

einbezogen worden ist.<br />

Weiterhin ist interessant,<br />

dass die Richtlinie von<br />

2001 für den konventionellen<br />

Verkehr Wartungsvorschriften<br />

macht (Abb.<br />

10). In Artikel 5 heißt es:<br />

„die Teilsysteme müssen<br />

mit den TSI übereinstimmen.<br />

Diese Übereinstim-<br />

22<br />

Richtlinien der EU zur Interoperabilität<br />

des Schienenverkehrs und<br />

Geräuschemissionen<br />

• TSI HGV:<br />

Anhang II der RiLi: Teilsystem (neue) Fahrzeuge:<br />

unter den Eckwerten für die Verwirklichung der<br />

Interoperabilität:<br />

„Grenzwerte für Außengeräusche“<br />

• TSI Konv<br />

Art 23 der RiLi: „Die erste (prioritäre) Gruppe von TSI<br />

betrifft folgende Aspekte:<br />

.....von (neuen) Fahrzeugen und Infrastruktur<br />

ausgehende Lärmemissionen“<br />

mung ist während der Verwendung jedes Teilsystems ständig aufrecht zu erhalten“.<br />

D.h. ein Fahrzeug mit Flachstellen müsste aus dem Verkehr genommen<br />

werden. Die Entwicklung der TSI (Abb. 11) ist ein relativ komplizierter Vorgang.<br />

Der Prozess wird von der Kommission gesteuert. Die Kommission gibt das Mandat<br />

an ein sog. gemeinsames Gremium von Betreibern und Herstellern, das ist die oben<br />

erwähnte AEIF. AEIF hat eine Expertengruppe Lärm eingerichtet, in der auch<br />

Mitglieder der Working Group <strong>Railway</strong> <strong>Noise</strong> als Gäste mitarbeiten; die Working<br />

Group <strong>Railway</strong> <strong>Noise</strong> berät überdies die Kommission bei der Bewertung der Vorschläge<br />

der AEIF an die Kommission. Dann gibt es ein weiteres wichtiges Gremium,<br />

das ist der Artikel 21-Ausschuß gemäß der Interoperabilitäts-Richtlinie. In ihm<br />

sind die Mitgliedstaaten vertreten, in der Regel die Verkehrsministerien. Also anders<br />

als in der Steering Group, in der die Umweltministerien vertreten sind. Vorsitz<br />

hat die Kommission. Die Kommission macht einen Vorschlag für die TSI an diesen<br />

Art. 21-Aussschuß. Da diese TSI keine Direktive sind, wird das europäische Parla-<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003<br />

Abb. 9<br />

Richtlinien der EU zur Interoperabilität<br />

des Schienenverkehrs;<br />

Wartungsvorschriften<br />

Richtlinie 2001/16/EG (Interoperabilität Konv)<br />

Artikel 5 (2):<br />

Die Teilsysteme müssen mit den TSI übereinstimmen;<br />

diese Übereinstimmung ist während der<br />

Verwendung jedes Teilsystems ständig aufrechtzuerhalten.<br />

Abb. 10


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

ment nur durch Information und Interventionsmöglichkeit beteiligt. Wenn sich<br />

Kommission und Art. 21-Ausschuß nicht einigen können, dann muss der Ministerrat<br />

– i.d.R. der Verkehrsministerrat, aber es kann auch der Umweltministerrat sein<br />

Abb. 11<br />

Expertengruppe<br />

Lärm<br />

– entscheiden.<br />

Ergebnisse<br />

„Gemeinsames Gremium“<br />

AEIF (UIC,UNIFE,UITP)<br />

<strong>WG</strong> <strong>Railway</strong><br />

<strong>Noise</strong><br />

Mandat<br />

Es gibt seit dem<br />

1.12.2002 Grenzwerte<br />

für den Hochgeschwindigkeitsverkehr.<br />

Sie gelten als unmittelbares<br />

Recht, sie müssen<br />

also nicht in deutsches<br />

Recht umgesetzt<br />

werden. Als Beispiel<br />

sind die Fahrgeräuschgrenzwerte<br />

bei max.<br />

Geschwindigkeit in<br />

Abb. 12 aufgeführt.<br />

Kenngröße für den<br />

Grenzwert ist der sog.<br />

Transit Exposure Level<br />

Entwicklung der TSI<br />

Art 21 Ausschuss 96/48/EC<br />

MS (MinVerk), Vorsitz: Com<br />

Commission<br />

Abb. 12<br />

Vorschlag AEIF<br />

Vorschlag Com<br />

Europäisches<br />

Parlament<br />

Neue Fahrzeugtypen<br />

(inkl. 1 dB(A) Zuschlag für<br />

Messunsicherheiten)<br />

Neue Fahrzeuge auf der<br />

Grundlage bestehender Entürfe<br />

(Übergangszeit von 24Monaten)<br />

Neue Bestellungen nach 2004<br />

Empfehlungen<br />

Zum Vergleich: ICE 1/2<br />

Bei<br />

Nichtübereinstimmung<br />

85 - 87<br />

Information und<br />

Intervention<br />

Rat<br />

(Verkehr)<br />

HGV-Grenzwerte in Kraft seit 1.12.2002<br />

(TSI HGV, EU-Amtsblatt L245 v. 12.09.02)<br />

Fahrgeräuschgrenzwerte bei maximaler Geschwindigkeit<br />

(Transit Exposure Level TEL in 25m Abstand von der Gleisachse<br />

nach prEN ISO 3095, Januar 2001)<br />

(TEL), ein mittlerer Vorbeifahrtpegel über die Zugvorbeifahrt bei 25 m Abstand<br />

von der Gleisachse. Gemessen wird der TEL nach dem Entwurf einer internationalen<br />

Vorschrift (ISO 3095) zur Messung der Immissionen des Schienenverkehrs in<br />

der Version vom Jahre 2001. Die Tabelle in Abb. 12 zeigt diese Grenzwerte. Die<br />

250<br />

88<br />

90<br />

86<br />

V in km/h<br />

300<br />

92<br />

93<br />

89<br />

90,5<br />

320<br />

93<br />

94<br />

90<br />

350<br />

92<br />

Standard<br />

ISO++<br />

ISO++<br />

ISO++<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 23


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Grenzwerte sind geschwindigkeitsabhängig für 250 km/h, 300 km/h, 320 und<br />

350 km/h. Und es gibt 3 Kategorien von Grenzwerten:<br />

� Für neue Fahrzeugtypen, mit einem ein Zuschlag für Messunsicherheiten von<br />

einem dB(A).<br />

� Für neue Fahrzeuge, die auf der Grundlage bestehender Entwürfe gefertigt<br />

werden, das gilt noch 24 Monate nach Inkrafttreten der TSI,<br />

� und für Neubestellungen nach 2004 macht die Kommission eine Empfehlung.<br />

Zum Vergleich sind die Emissionen des ICE 1/2 dargestellt. Man sieht, dass die<br />

Empfehlung der Kommission für 250 km/h in etwa den ICE-Werten entspricht, die<br />

Empfehlungen entsprechen somit dem fortschrittlichen Stand der Technik. Bei 300<br />

km/h und mehr liegen die Empfehlungen unter den Emissionen des ICE. Es sind<br />

somit relativ anspruchsvolle Werte. ISO++ bedeutet, dass über die ISO 3095 hinaus<br />

weitere Festlegungen getroffen wurden. Man hat nämlich das Prüfgleis so<br />

spezifiziert, dass es möglichst leise und glatt ist und somit der Einfluss der Schienenstrecke<br />

auf die Emissionen möglicht gering wird.<br />

24<br />

Abb. 13<br />

dB(A)<br />

88<br />

86<br />

84<br />

82<br />

80<br />

78<br />

76<br />

74<br />

72<br />

70<br />

Grenzwerte und Grenzwertvorschläge<br />

für Konstantfahrt von Güterwagen<br />

84<br />

80<br />

Österreich<br />

2002<br />

84<br />

APL= Achsenzahl/Länge<br />

LAeq in 7,5m bei 80 km/h<br />

83<br />

Schweiz AEIF APL<br />

0,22<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003<br />

87<br />

78<br />

UIC UBA APL =<br />

0,15<br />

Grenzwert; ISO 3095<br />

Vorschlag; ISO 3095<br />

Vorschlag; ATSI, TSI<br />

76<br />

LNT 2002


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

ein sog. durchschnittliches Gleis (der Einfluss des Gleise auf die Emissionen ist<br />

sehr hoch).<br />

� Der Vorschlag der AEIF-Gruppe ist 83 bis 85 dB(A), je nach Zahl der Achsen<br />

pro Fahrzeuglänge APL und auf einem sehr leisen Gleis gemessen, entsprechend<br />

der Qualität der Gleise bei den Grenzwerten für die Hochgeschwindigkeitszüge.<br />

Mit dem APL will man berücksichtigen, dass die mittleren Emissionen<br />

höher werden, wenn ein Waggon mehr Achsen pro Längeneinheit hat.<br />

� Die nächste Säule zeigt den Vorschlag der UIC, bezogen auf eine normale<br />

Prüfstrecke.<br />

� Der Vorschlag des Umweltbundesamtes ist 78 dB(A), bezogen auf eine perfekte<br />

Prüfstrecke.<br />

� Und schließlich ein Messergebnis des so genannten Low-<strong>Noise</strong>-Trains, 2002<br />

gemessen, mit 76 dB(A), das ist ein kunststoffklotzgebremster Container-<br />

Tragwagen, ebenfalls auf einer perfekten Strecke.<br />

Die Spanne ist sehr hoch, der Streit geht außerdem um die Definition der Prüfstrecke.<br />

Die Frage ist, ob es gelingt, anspruchsvolle Grenzwerte durchzusetzen.<br />

Was würde es heißen, wenn diese Grenzwerte festgelegt werden?<br />

Wir haben das Problem, dass die Schienenfahrzeuge eine lange Lebensdauer haben.<br />

Die Auswirkung der Einführung von Grenzwerten für Neufahrzeuge ist in<br />

Abb. 14 dargestellt. Es wird angenommen, dass Neufahrzeuge eine Reduktion von<br />

10 dB bringen. Und<br />

wir haben eine angenommeneLebensdauer<br />

von 40<br />

Jahren und einen<br />

linearen Ersatz dieser<br />

Fahrzeuge. In<br />

der Zeit bis zum Jahr<br />

2020 tut sich ganz<br />

wenig, im Jahr 2022<br />

kommen wir erst auf<br />

eine Reduktion von<br />

2,6 dB(A) als Auswirkung.<br />

Eine Strategie,<br />

die nur auf<br />

Neufahrzeuge setzt<br />

ist also im Grunde<br />

ineffizient. Erst in<br />

Auswirkungen von Grenzwerten für<br />

Neufahrzeuge<br />

Reduktion der mittleren Pegel durch Neufahrzeuge mit DL = 10<br />

dB(A) (angenommene Lebensdauer 40 Jahre)<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Reduktion des Leq<br />

0,51 1,1<br />

0<br />

2002 2012 2022 2032 2042<br />

den letzten 10 Jahren werden deutliche Minderungen erreicht. Das ist im wesentlichen<br />

der Grund für den Aktionsplan der Eisenbahnverkehrsbetreiber, die dieses<br />

Problem gesehen haben. Die Güterwagen haben einen hohen Anteil an den Belastungen,<br />

da es die lautesten Fahrzeuge sind. Sie fahren vor allem nachts und<br />

bestimmen die Nachtpegel. Wir brauchen also Lösungen für Fahrzeuge im Betrieb,<br />

die nicht durch die Direktiven der EU abgedeckt sind. Die Eisenbahnverbände haben<br />

schon 1998 einen Aktionsplan vorgeschlagen zur kostenneutralen Umrüstung<br />

1,8<br />

2,6<br />

3,6<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 25<br />

4,9<br />

6,7<br />

10<br />

Abb. 14


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

der klotzgebremsten<br />

Fahrzeuge mit Kunststoffklötzen<br />

(Abb. 15).<br />

Für Neuwagen sollen sog.<br />

K-Sohlen eingesetzt werden,<br />

das würde gegenüber<br />

den heutigen Bremssystemen<br />

eine gewisse<br />

Modifikation bedeuten.<br />

Deshalb sind sie für die<br />

Nachrüstung weniger<br />

geeignet. Die Eisenbahnverbände<br />

haben 1999 ein<br />

Angebot einer freiwilligen<br />

Vereinbarung zur Umsetzung<br />

des Aktionsplans an<br />

die Kommission gemacht. Dieser Plan wurde bislang noch nicht angenommen und<br />

umgesetzt, was daran liegt, dass die kostenneutralen Lösungen bislang nicht verfügbar<br />

sind. Wir brauchen also andere Instrumente, um die Umrüstung in Gang zu<br />

setzen und zu finanzieren. Die Europäische Kommission beteiligt sich deshalb finanziell<br />

an einer Studie der Eisenbahnverbände über Finanzierungsszenarien im<br />

europäischen Raum.<br />

Zur Umgebungslärmrichtlinie (Abb. 16, 17)<br />

Die Kommission hat<br />

mit der Umgebungslärmrichtlinie<br />

zum<br />

ersten Mal Vorschriften<br />

für Geräusch-<br />

Immissionen gemacht.<br />

Das ist die<br />

berühmte Richtlinie<br />

des europäischen<br />

Parlaments und Rates<br />

zur Bewertung und<br />

Bekämpfung von<br />

Umgebungslärm. Die<br />

Vorgaben betreffen<br />

insbesondere die<br />

Harmonisierung der<br />

26<br />

Abb. 16<br />

Der Aktionsplan von UIC/CER/UIP zur<br />

Lärmminderung von Güterwagen<br />

• Güterwagen: hoher Anteil an den Belastungen:<br />

(Nächtliche Transporte, hohe Emissionen durch GG-Klötze,<br />

Lebensdauer bis zu 40 Jahren )<br />

� Lösungen für Fahrzeuge im Betrieb erforderlich<br />

• Aktionsplan zur kostenneutralen Umrüstung der klotzgebremsten<br />

Fahrzeuge mit Kunststoffklötzen vom Juni 1998 (ΔL ca. 8 dB(A)):<br />

– Neuwagen: K-Sohlen + Modifikation Bremssystem<br />

– Altwagen: LL-Sohlen<br />

• Angebot einer freiwilligen Vereinbarung zur Umsetzung des<br />

Aktionsplanes von UIC/CER/UIP an die Kommission vom<br />

15.03.1999<br />

• Umsetzungsprobleme durch nicht verfügbare kostenneutrale<br />

Umrüstungen<br />

– Lfd. Studie über Finanzierungsszenarien<br />

Abb. 15<br />

EU-rechtliche Schutzregelungen<br />

Vorschriften für Geräuschimmissionen<br />

Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bewertung und<br />

die Bekämpfung von Umgebungslärm vom 25. Juni 2002<br />

(AB der Europäischen Gemeinschaften, L 189/12 vom 18.7.2002)<br />

zum ersten Mal immissionsrelevante europäische Regelungen (Harmonisierung der<br />

Indikatoren und Verfahren zur Bestimmung der Beeinträchtigungen). Diese betreffen<br />

auch den Schienenverkehr.<br />

Bis zum 18. Juli 2004 Umsetzung in nationales Recht<br />

Für „Haupteisenbahnstrecken„/“Agglomerationen“ sind strategische Lärmkarten<br />

und Aktionspläne zu erarbeiten.<br />

Stufe 1<br />

Bis 30. Juni 2007: strategische Lärmkarten für Haupteisenbahnstrecken<br />

mit >60 000 Zügen pro Jahr/Agglomerationen >250 000 Einwohner<br />

Bis 18. Juli 2008 Aktionspläne<br />

Stufe 2<br />

Bis 30. Juni 2012: und danach alle fünf Jahre strategische Lärmkarten für Haupteisenbahnstrecken<br />

mit >30 000 Zügen/Jahr /Agglomerationen >100 000<br />

Aktionspläne bis zum 18. Juli 2013<br />

Indikatoren und der Verfahren zur Bestimmung der Beeinträchtigungen. Und diese<br />

betreffen natürlich auch den Schienenverkehr. Die Richtlinie muss bis zum 18.Juli<br />

2004 in nationales Recht umgesetzt werden. Für Haupteisenbahnstrecken und<br />

Agglomerationen sind strategische Lärmkarten und Aktionspläne zu erarbeiten. In<br />

der Stufe 1 sind bis zum 30. Juni 2007 die strategischen Lärmkarten zu machen. In<br />

der Stufe 2 sind bis zum 30. Juni 2012 Lärmkarten für Eisenbahnstrecken mit mehr<br />

als 30.000 Zügen/Jahr oder Agglomerationen mit mehr als 100.000 Einwohner zu<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

machen. Aktionspläne<br />

zur Minderung<br />

der Belastungen<br />

sind jeweils 1 Jahr<br />

später zu erarbeiten.<br />

Die Kommission<br />

entwickelt momentan<br />

Leitlinien (Guidelines)<br />

für die Berechnungsverfahren,<br />

die<br />

sog. Interimmethoden.<br />

Diese werden<br />

bis zum Juli 2003<br />

vorgelegt werden.<br />

Man wird davon<br />

ausgehen können,<br />

dass die Interimmethoden gebraucht werden, um die strategischen Lärmkarten<br />

der Stufe 1 zu erstellen.<br />

Das laufende Forschungsprojekt „Harmonoise“ dient dazu, einheitliche europäische<br />

Berechnungsvorschriften vorzubereiten. Das Projekt wird 2004 abgeschlossen<br />

sein. Es könnte sein, dass für die 2. Stufe der strategischen Lärmkarten bereits diese<br />

harmonisierten europäischen Berechnungsvorschriften verwendet werden müssen.<br />

Arbeitsgruppe Schienenverkehrslärm (Abb. 18)<br />

Die Arbeitsgruppe<br />

hat den Auftrag,<br />

die technischen<br />

und ökonomischen<br />

Aspekte zur Reduzierung<br />

des Schienenverkehrslärms<br />

an der Quelle auszuarbeiten.<br />

Eine<br />

Gesamtstrategie<br />

soll erarbeitet werden.<br />

Optionen für<br />

die Einführung von<br />

Grenzwerten sollen<br />

festgelegt werden,<br />

dazu gehört<br />

Kom: Leitlinien zu<br />

Interim-Methoden<br />

Implementierung der Richtlinie zum Umgebungslärm<br />

(18.7.02)<br />

Umsetzung in<br />

nationales Recht<br />

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013<br />

1.7.<br />

Harmonoise<br />

Arbeitsauftrag für die <strong>WG</strong> <strong>Railway</strong> <strong>Noise</strong><br />

• Terms of Reference 12/1999<br />

• Ausarbeitung der „technischen und ökonomischen“<br />

Aspekte zur Reduzierung des Schienenverkehrslärms an<br />

der Quelle<br />

– Entwicklung von Vorschlägen für eine Strategie der EU<br />

– Bewertung von Optionen für die Einführung von Grenzwerten<br />

• Messverfahren (Bewertung prEN IS0 3095)<br />

• Ableitung von Grenzwerten im Zusammenhang mit den<br />

Direktiven für die Interoperabilität des europäischen<br />

Schienenverkehrs<br />

– Bewertung des Aktionsplanes von UIC, UIP und CER zur<br />

Umrüstung der Güterwagenbremsen auf leisere Versionen.<br />

– Kosten und Nutzen der Maßnahmen sind zu analysieren<br />

Abb. 18<br />

eine Bewertung von Mess-verfahren, die mit diesen Grenzwerten verknüpft sind.<br />

Die Ableitung von Grenzwerten steht im Zusammenhang mit den Direktiven für<br />

die Interoperabilität (siehe oben). Der Aktions-plan der Eisenbahnverbände für die<br />

Umrüstung ist zu bewerten. Kosten und Nutzen der Maßnahmen sind zu analysieren.<br />

18.7.<br />

Strategische<br />

Lärmkarten Stufe 1<br />

Aktionspläne<br />

Stufe 1<br />

30.6.<br />

Strategische<br />

Lärmkarten Stufe 2<br />

18.7.<br />

Aktionspläne<br />

Stufe 2<br />

30.6.<br />

18.7.<br />

Abb. 17<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 27


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Die Arbeitsgruppe hat<br />

22 Mitglieder (Abb.<br />

19), davon 9 auf Vorschlag<br />

der Mitgliedsstaaten<br />

und 9 auf Vorschlag<br />

der Verbände,<br />

darunter einen Vertreter<br />

der NGO. Da von<br />

den Mitgliedsstaaten<br />

auch einige Mitglieder<br />

aus dem Schienenbereich<br />

kommen, haben<br />

die Eisenbahnverbände<br />

eine Mehrheit unter<br />

den Nicht-Kommissionsmitgliedern.<br />

Die<br />

Kommissionsmitglieder kommen aus der Generaldirektion Enterprise, also aus dem<br />

Bereich, der für den gemeinsamen Markt zuständig ist, aus der Generaldirektion<br />

Transport und Energy, sozusagen der Verkehrsteil der Kommission, die auch<br />

gleichzeitig die Federführung für die Gruppe hat, Generaldirektion Environment<br />

(Umwelt) und Generaldirektion<br />

Research<br />

(Forschungsbereich<br />

der Kommission). Die<br />

Beitrittsländer sind<br />

durch einen Beobachter<br />

aus Ungarn repräsentiert.<br />

Ein wichtiges Arbeitsergebnis<br />

ist das Positionspapier<br />

zu den europäischen<br />

Strategien<br />

und Prioritäten für die<br />

Schienenverkehrslärmbekämpfung<br />

(Abb. 20). Das hat die<br />

Arbeitsgruppe jetzt im Februar 2003 verabschiedet. Es werden 29 Instrumente<br />

bzw. Strategieelemente zur Lärmbekämpfung beschrieben und Empfehlungen für<br />

die verschiedene Akteure ausgesprochen: was soll die EU tun, was die Mitgliedstaaten,<br />

was soll die Eisenbahn tun, der Betrieb, die Infrastruktur und die Hersteller?<br />

Und es wird einen Workshop geben im Oktober dieses Jahres, auf dem wird<br />

dieses Positionspapier ausführlich diskutiert werden. Die 15 prioritären Instrumente<br />

sind auf den Abbildungen 21 und 22 dargestellt. Da man sich nicht einheitlich<br />

auf eine Rangfolge der Instrumente einigen konnte, wurde diese Rangfolge durch<br />

Punktevergabe der <strong>WG</strong>-Mitglieder festgelegt. Die Instrumente mit den höchsten<br />

Prioritäten sind (Abb. 21):<br />

� Grenzwerte für interoperable Fahrzeuge,<br />

28<br />

<strong>WG</strong> <strong>Railway</strong> <strong>Noise</strong> - Mitglieder<br />

• 22 Mitglieder auf Vorschlag der Mitgliedsstaaten (9)<br />

• und auf Vorschlag der Verbände (9):<br />

– UIC (Internationaler Eisenbahnverband)<br />

– CER/GEB (Gemeinschaft Europäischer Bahnen)<br />

– UITP (Internationaler Verband für öffentliches Verkehrswesen)<br />

– UIP (Internationale Privatgüterwagen-Union)<br />

– UNIFE (Europäische Schienenverkehrsindustrie)<br />

– NGO (Transport & Environment)<br />

• und von der Kommission (ENTR, TREN, ENV, Research)<br />

• sowie ein Vertreter aus Ungarn für die Beitrittsländer<br />

Position Paper on the European strategies<br />

and priorities for railway noise abatement<br />

• Verabschiedet 28.02.2003<br />

• Beschreibung und Bewertung von 29<br />

Instrumenten bzw. Strategieelementen zur<br />

Lärmbekämpfung<br />

• Empfehlungen für die Akteure: EU,<br />

Mitgliedsstaaten, Eisenbahn (Betrieb, Infrastruktur),<br />

Hersteller<br />

• Workshop im Oktober 2003 (28. oder 29. oder<br />

30.)<br />

Abb. 20<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003<br />

Abb. 19


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

� beim Schleifen der Schienen zur Wartung der Infrastruktur müssen Lärmaspekte<br />

stärker berücksichtigt werden,<br />

� Mitgliedstaaten sollen verstärkt Forschung und Entwicklung fördern,<br />

� nationale Grenzwerte für neue Häuser an bestehenden Strecken sind einzuführen,<br />

� öffentliche Lärmbekämpfungsprogramme sollen finanziert,<br />

� Anreize für den Gebrauch leiser Fahrzeuge entwickelt,<br />

Abb. 21<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

2<br />

122<br />

Limits new<br />

interoperable<br />

vehicles<br />

109<br />

� Grenzwerte für die nicht interoperablen Fahrzeuge eingeführt,<br />

� und der bestehende Fahrzeugpark umgerüstet werden (für den Schienengüterverkehr<br />

allein hätte dieses Instrument die zweithöchste Priorität).<br />

Ich zeige Ihnen in Abb. 22 die Voten für die 2. Gruppe der prioritären Instrumente:<br />

� verbesserte Messverfahren für die Bestimmung der Emissionen,<br />

� Lastenhefte für die Geräuschemissionen bei Bestellungen durch die Betreiber,<br />

� Lärmminderung durch Maßnahmen an Oberbau und Schiene,<br />

� freiwillige Vereinbarungen zur Lärmminderung zwischen Betreibern und EU<br />

bzw. Mitgliedsstaaten<br />

� akustisches Schleifen,<br />

� Programme, um die Schienenrauhigkeit zu reduzieren,<br />

� Information für die Akteure.<br />

Prioritäre Instrumente 1<br />

105<br />

102<br />

Total (14) 1<br />

0 0 0 0<br />

Maintenance<br />

grinding<br />

programmes<br />

Member State and<br />

EU funding for<br />

research and<br />

development<br />

maximal points yes (168)<br />

)<br />

National noise<br />

reception limits for<br />

new houses along<br />

existing lines<br />

Public funding for<br />

noise abatement<br />

programmes<br />

96 96 95 95<br />

5<br />

Incentives for the<br />

use of low noise<br />

vehicles<br />

maximal points no (56)<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 29<br />

8<br />

limits new noninteroperable<br />

vehicles<br />

9<br />

Retrofitting existing<br />

railway rolling<br />

stock<br />

no<br />

yes


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

30<br />

Abb. 22<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

94<br />

8 9 8<br />

Improved<br />

measurement<br />

standard<br />

Folgerungen (Abb. 23 und 24)<br />

� Für neue interoperable Neufahrzeuge bekommen wir Geräuschgrenzwerte<br />

über die TSI. Hier läuft die Einflussnahme für anspruchsvolle Grenzwerte über<br />

das Verkehrsministerium.<br />

� Für nicht-interoperable Fahrzeuge brauchen wir von nationaler Seite eine Initiative<br />

für eine EU-Vorschrift.<br />

� Vorschriften für die Emissionen der Fahrwege: die AEIF ist der Meinung, dass<br />

man dies nicht bräuchte. Die Umweltseite ist aber der Meinung, dass wir dann<br />

nationale Vorschriften haben müssten, wie z. B. das Besonders überwachte<br />

Gleis (BüG) oder das<br />

normal überwachte<br />

Gleis als Regelvorschrift,<br />

die dem<br />

Anwohner garantiert,<br />

dass der Fahrweg<br />

in einem bestimmten<br />

Zustand<br />

gehalten wird.<br />

� Dauerhafte Einhaltung<br />

der Grenzwerte:<br />

auch in dieser<br />

Frage hält sich die<br />

AEIF relativ bedeckt.<br />

Hier brauchen wir<br />

Prioritäre Instrumente 2<br />

90<br />

noise emission<br />

specifications<br />

Instrument for track<br />

upgrading or new<br />

design<br />

4<br />

Total (14) 2<br />

maximal points yes (168)<br />

84 83<br />

Voluntary<br />

agreements<br />

21<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003<br />

80<br />

acoustic grinding is<br />

recommended<br />

4<br />

Programmes to<br />

Manage Rail<br />

Roughness<br />

75 73<br />

maximal points no (56)<br />

Folgerungen 1<br />

1<br />

Information to<br />

stakeholders<br />

• Interoperable Neufahrzeuge:<br />

Geräuschgrenzwerte über TSI<br />

Einflussnahme für anspruchsvolle<br />

Grenzwerte<br />

• Nicht interoperable Neufahrzeuge<br />

Initiative für EU-Vorschrift<br />

• Emissionen des Fahrwegs<br />

Nationale Vorschriften ?<br />

#BEZUG!<br />

#BEZUG!<br />

• Dauerhafte Einhaltung der Grenzwerte<br />

Einflussnahme für TSI-Lösung Abb. 23


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

über das Verkehrsministerium in Art. 21-Aus-schuß Einflussnahme auf eine anspruchsvolle<br />

TSI-Lösung, damit nicht nur bei Flachstellen re-agiert wird, sondern<br />

weitergehende<br />

effiziente Wartungsvorschriftenentwi-<br />

Abb. 24<br />

Folgerungen 2<br />

ckelt werden.<br />

� Fahrzeuge des Bestandes<br />

sind das<br />

Hauptproblem. Wir<br />

brauchen Umrüstprogramme,entweder<br />

auf europäischer<br />

Ebene oder auf nationaler<br />

Ebene. Wir<br />

haben in Deutschland<br />

das Lärmsanierungsprogramm,<br />

dort ist bislang eine<br />

Finanzierung der<br />

Umrüstung nicht möglich gewesen. Wir könnten dies z.B. tun über emissionsabhängige<br />

Trassenpreise, mit denen wir Anreize schaffen für die Umrüstung<br />

der Güterwagen; das würde auch für die Fahrzeuge gelten, die von außerhalb<br />

der europäischen Union kommen.<br />

� Bestehende Strecken: wir meinen , dass wir Geräuschgrenzwerte brauchen,<br />

also ein Verkehrslärmschutzgesetz. Das muss unterlegt werden durch Lärmsanierungsprogramme<br />

und durch die Aktionspläne im Rahmen der Umgebungslärmrichtlinie.<br />

Eine Schlussbemerkung.<br />

• Fahrzeuge des Bestands<br />

Umrüstprogramme<br />

– EU/National (Deutschland: Lärmsanierungsprogramm)<br />

– Emissionsabhängige Trassenpreise<br />

• Bestehende Strecken<br />

Grenzwerte/Lärmsanierungsprogramme/<br />

Aktionspläne<br />

Schlussbemerkung:<br />

Gleichwertiges Konzept für alle anderen<br />

Lärmquellen, insbesondere Straßen- und<br />

Flugverkehr<br />

Wir sind der Meinung, wir brauchen dieses Konzept, das für die Schiene im Moment<br />

relativ detailliert ausgearbeitet ist, in gleichwertiger Form für alle Lärmquellen,<br />

insbesondere für die konkurrierenden Verkehrsträger, also für die Straße und<br />

den Flugverkehr. Wir wollen ein hohes Niveau an Schutz für alle Quellen, d.h.<br />

Straße und Flugverkehr müssten ihrerseits umfassende Strategien entwickeln.<br />

Damit bin ich mit meinen Ausführungen am Ende. Danke sehr!<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 31


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Das Schweizer Konzept zur Bekämpfung von<br />

Schienenlärm<br />

Fredy Fischer, Bundesamt für Umwelt, Wald und<br />

Landschaft, Bern<br />

Guten Tag!<br />

Ich habe mein Referat wie folgt gegliedert:<br />

• Einleitung;<br />

• Ausgangslage;<br />

• Maßnahmen und<br />

• Ausblick.<br />

Gestatten sie mir noch einige Wort zu unserem Amt. Das Amt nennt sich Bundesamt<br />

für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL). Es ist das Äquivalent zum Umweltbundesamt<br />

in Deutschland. Wir sind die Fachstelle des Bundes in allen Umweltfragen.<br />

Die Abteilung Lärmbekämpfung hat 3 Organisationseinheiten (Sektionen).<br />

Die erste Sektion beschäftigt sich schwergewichtig mit der Luftfahrt, die 2.<br />

Sektion mit den Bahnen und die 3. Sektion mit dem Straßenverkehr. Wir sind gesamthaft<br />

20 Leute, die sich auf Bundesebene mit der Lärmthematik befassen.<br />

Ich darf Sie an dieser Stelle herzlich einladen, sich bei uns im Internet auf der Homepage<br />

umzusehen: Die Internetadresse lautet www.umwelt-schweiz.ch. Hier<br />

finden Sie alles Wissenswerte zu den Umweltthemen in der Schweiz.<br />

Kommen wir zu der Bekämpfung von Schienenlärm. Ich möchte kurz die rechtliche<br />

Grundlage schildern. Wir haben seit 1985 ein Umweltschutzgesetz. In diesem<br />

ist festgeschrieben, dass Anlagen (Straßenanlagen, Schienenanlagen, Industrieanlagen,<br />

Flugplätze, etc.) keine schädlichen oder lästigen Lärmimmissionen verursachen<br />

dürfen. Diese Vorschrift gilt – und das ist wahrscheinlich der große Unter-<br />

schied zur EU und zu<br />

Deutschland – für neue<br />

und bestehende Anlagen.<br />

Weiter ist geregelt, dass<br />

die Kosten für die Vermeidung<br />

dieser schädlichen<br />

Immissionen der<br />

Verursacher trägt. Weiter<br />

gilt aber auch das Prinzip<br />

der Verhältnismäßigkeit,<br />

d.h. Sanierungsmaßnahmen,Verminderungsmaßnahmen<br />

dürfen nur<br />

soweit angeordnet wer-<br />

32<br />

Rechtliche Grundlage<br />

Umweltschutzgesetz (USG) 1.1.1985<br />

g Vorsorgeprinzip<br />

g Keine schädlichen<br />

oder lästigen<br />

Lärmimmissionen<br />

g Neue / Bestehende<br />

Anlagen<br />

Lärmschutz-Verordnung (LSV) 1.4.1987<br />

g Belastungsgrenzwerte (PW, IGW, AW)<br />

g Lärmbelastungskataster<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003<br />

Konkretisierung


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

den als sie auch verhältnismäßig<br />

sind.<br />

Gestützt auf dieses<br />

Umweltschutzgesetz<br />

(USG) gibt es die<br />

Lärmschutzverordnung<br />

(LSV). In der<br />

LSV wird das USG<br />

konkretisiert. Hier<br />

sind dann z.B. die<br />

Lärmbelastungsgrenzwertefestgelegt.<br />

Da ist insbeson-<br />

Lärmbelastungskataster (I)<br />

Inhalt Zweck<br />

g Lärm-Empfindlichkeitsstufen<br />

(ES)<br />

g Lärmbelastung<br />

g Ermittlungsverfahren<br />

g Ermittlungsdaten<br />

g Gebietsnutzung<br />

g Anlageneigentümer<br />

g Feststellung der<br />

Sanierungspflicht<br />

g Abschätzung der<br />

Sanierungskosten<br />

g Dringlichkeit der<br />

Sanierung<br />

g Instrument für<br />

Raumplanung<br />

dere der Immissionsgrenzwert (IGW) interessant. Dieser Wert repräsentiert die<br />

Schädlichkeits- oder Lästigkeitsgrenze, d.h. wenn der IGW überschritten wird ist<br />

die Anlage sanierungspflichtig. Daneben schreibt die LSV vor, dass Lärmbelastungskataster<br />

erarbeitet werden müssen. Die Frist um diese zu erstellen lief vor<br />

über 10 Jahren ab. In der EU-Terminologie wären das wohl die Lärmkarten. Warum<br />

diese Lärmkarten? Aus dem selben Grund wie sie jetzt in der EU angeordnet<br />

werden. Man will den Ist-Zustand darstellen, um einerseits die Sanierungspflicht<br />

generell festzustellen, andererseits aber auch, um die Sanierungskosten abschätzen<br />

zu können und um die Dringlichkeit der Sanierung festzulegen. Wo sind viele<br />

Betroffene, wo ist eine hohe Lärmbelastung usw. Daneben sind die Lärmbelastungskataster<br />

aber auch ein Instrument für die Raumplanung. Sie werden herangezogen,<br />

wenn es darum geht, Bauzonen auszuscheiden oder Neubauten zu bewilligen.<br />

Wie solche Lärmbelastungskataster bei uns aussehen zeige ich ihnen hier:<br />

Das sind in aller Regel Karten. Es wird geschossweise ausgewiesen wie hoch die<br />

Lärmbelastung aktuell ist und mit einer Farbcodierung kann man erkennen ob und<br />

wie stark der Grenzwert überschritten ist.<br />

Die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) sind dieser Pflicht nachgekommen. Sie<br />

haben für ihr ganzes Streckennetz einen Lärmbelastungskataster erstellt. Für den<br />

Nord-Süd-Korridor wurde zudem eine virtuelle Maßnahmenplanung gemacht d.h.<br />

es wurde geschaut, welches Ausmaß an Lärmschutzwänden erstellt werden müssten,<br />

um sämtliche Überschreitungen der IGW zu beseitigen. Das Resultat war,<br />

dass für umgerechnet knapp 5 Milliarden Euro Lärmschutzwände errichtet werden<br />

müssten. Weiter wurde geschätzt, dass rund 700 Streckenkilometer betroffen sind<br />

und etwa 265.000 Personen übermäßigem Lärm ausgesetzt sind. Sie können sich<br />

vorstellen, dass diese knapp 5 Mill. Euro weder auf der politischen Ebene, noch bei<br />

den Bahnen Freude ausgelöst haben. Der Bundesrat hat daraufhin eine Arbeitsgruppe<br />

ins Leben gerufen, die sog. IDAE (Interdepartementale Arbeitsgruppe Eisenbahnlärm).<br />

Diese bestand aus Vertretern des Verkehrsdepartements, des Umweltdepartements,<br />

des Finanzdepartements und der Bahnen. Die Arbeitsgruppe<br />

hatte den Auftrag den Vollzug der Lärmschutzvorschriften zu analysieren und allenfalls<br />

Modernisierungsvorschläge zu machen. Als Resultat dieser Arbeit entstand<br />

das Konzept für die Lärmsanierung der Eisenbahnen. Dieses besteht aus 3<br />

Schwergewichten: Lärmsanierung am Rollmaterial; Bau von Lärmschutzwänden;<br />

Einbau von Schallschutz am Gebäude.<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 33


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Aufgrund von überschlagsmäßigenBerechnungen<br />

hat man die Kosten<br />

für die Umsetzung dieses<br />

Konzepts auf 1,3 Mill. Euro<br />

geschätzt. Schwerpunktmäßig<br />

wird dieses Geld in die<br />

Lärmsanierung des Rollmaterials<br />

und in den Bau von<br />

Lärmschutzwänden investiert.<br />

Woher kommt das<br />

Geld? 20% aus der Mehrwertsteuer,<br />

15% werden auf<br />

dem Kapitalmarkt aufgenommen,<br />

10% über Mineralölsteuer<br />

und 55% über die<br />

Schwerverkehrsabgabe.<br />

Als Ziel dieses ganzen Konzeptes hat man einen Schutz von 66% vereinbart. Das<br />

bedeutet, dass 66% derjenigen Leute, die heute mit übermäßigem Bahnlärm belastet<br />

werden nach der Realisierung dieses Konzepts keine Überschreitungen der<br />

Immissionsgrenzwerte ertragen müssen. Weiter -ganz wichtig - wurden diese Kosten<br />

dem Bund angelastet. Als Frist für die Umsetzung wurde 2015 vereinbart.<br />

Das Lärmsanierungskonzept wurde rechtlich auf eine neue Grundlage gestellt.<br />

Diese Gesetzgebung ist seit 2000 in Kraft, seit 2001 eine entsprechende Verordnung,<br />

die das Bundesgesetz weiter konkretisiert. Die ganze Gesetzgebung kann im<br />

Internet angesehen und heruntergeladen werden (www.bk.admin.ch/).<br />

Schauen wir uns die einzelnen<br />

Maßnahmen an. Wir<br />

fangen mit der Lärmsanierung<br />

des Rollmateriales an.<br />

Als technisch machbare<br />

Lösung ist der Ersatz der<br />

Graugusssohlen durch die<br />

K-Sohlen geplant. Gleich-<br />

34<br />

Konzept Lärmsanierung<br />

Massnahmen<br />

g Lärmsanierung Rollmaterial<br />

g Lärmschutzwände<br />

g Schallschutz am Gebäude<br />

600<br />

400<br />

200<br />

Nicht angetrieben / Klotzbremsen:<br />

g Ersatz von GG- Sohlen durch K-Sohlen<br />

g Ersatz vorhandene Räder durch<br />

eigenspannungsarme Monoblockräder<br />

zeitig werden die vorhandenen Räder durch eigenspannungsarme Monoblockräder<br />

ersetzt. Was versprechen wir uns von dieser Maßnahme? Für die Lokomotiven<br />

und Triebfahrzeugen im Moment nichts, da ist keine Maßnahme geplant. Für die<br />

Reisezugwagen wurde ein Sanierungswert (Emissionsgrenzwert) von 84 dBA (TEL<br />

in 7,5m Abstand bei einer Geschwindigkeit von v= 80 km/h) festgelegt, Für die<br />

Eisenbahngüterwagen werden wir im August/September diesen Jahres eine Messkampagne<br />

machen und aufgrund dieser Messungen werden wir bis Ende 2003 die<br />

Sanierungswerte festlegen. Zu den Kosten: Man hat für die Sanierung der Lokomotiven<br />

und Triebfahrzeuge mit Kosten von 270.000 Euro pro Fahrzeug gerechnet.<br />

Aus Kosten-Nutzen-Überlegungen ist das im Moment zurückgestellt oder<br />

ganz gestrichen. Für Fahrzeuge mit Drehgestellen (Reisezug und Güterwagen)<br />

gehen wir im Moment von 30.000 Euro pro Fahrzeug aus. Für 2-axiger Güterwagen<br />

rechnen wir mit ungefähr 14.000 Euro pro Wagen. Wie teilen sich diese<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003<br />

0<br />

Rollmaterial LS-Wände Rückzahlungen Schallschutz Vollzug<br />

g Schutzziel 66%<br />

Kosten<br />

€ 1‘270 Mio.<br />

g Kostenübernahme durch Bund<br />

g Frist bis 2015


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Kosten auf? Ich<br />

habe ihnen hier ein<br />

Beispiel für den<br />

Reisezugwagen<br />

mit Drehgestell<br />

aufgelistet. Ich<br />

habe hier unterschieden<br />

in Materialkosten<br />

und Personalkosten.<br />

Und<br />

da sehen sie, dass<br />

der Radwechsel<br />

und die Bremsänderung<br />

auf knapp<br />

10.000 Euro ge-<br />

schätzt wird. Für den Einbau eines digitalen Gleitschutzes kommen dann noch mal<br />

etwa 20.000 Euro dazu. Die Summe beläuft sich somit auf gesamthaft 30.000<br />

Euro je Fahrzeug.<br />

Welche Fahrzeuge werden nun saniert? Die Fahrzeuge müssen verschiedenen Kriterien<br />

standhalten. Das wichtigste Kriterium ist, dass sie mit Grauguss-<br />

Bremssohlen ausgerüstet sind. Dann müssen sie:<br />

• Im Eigentum von Schweizer Unternehmen sein. oder bei Schweizer Bahnunternehmungen<br />

eingestellt sein;<br />

• Eine ‚normale‘ Laufleistung aufweisen<br />

• Nach der Sanierung noch mindestens 10 Jahre in Betrieb sein und<br />

• am 1.12.2000 bereits bestellt worden sein.<br />

Wenn sie einmal in der Schweiz sind und alte Reisezugwagen sehen können sie<br />

etwa hier oben an der Stirnseite des Fahrzeugs ein kleines rotes Dreieck erkennen.<br />

Das bedeutet dann, dass dieses Fahrzeug im Rahmen dieses Lärmsanierungskon-<br />

zeptes umgerüstet wurde<br />

auf K-Sohlen.<br />

Für die Güterwagen beginnt<br />

die Umrüstung 2004.<br />

Gesamthaft werden gut<br />

20.000 Fahrzeuge ausgerüstet.<br />

Dies bedeutet<br />

Stückzahlen von 3.000 bis<br />

4.000 Fahrzeuge pro Jahr.<br />

Zu den Lärmschutzwänden.<br />

Zum einen – ganz<br />

wichtig – die Lärmschutzwände<br />

werden nicht auf<br />

den Ist-Zustand dimensioniert,<br />

sondern auf eine E-<br />

Arbeit Material Personal<br />

Fahrzeugausreihung 300<br />

Achswechsel 420<br />

Radwechsel 5'300 2'240<br />

Bremsänderung 100<br />

300<br />

Verbundstoff-Bremssohlen 600<br />

Anschrift 200<br />

140<br />

Zwischentotal 1 6'200 3'400<br />

Einbau Gleitschutz 9'000<br />

Zwischentotal 2 15'200<br />

Gesamt €<br />

29'600<br />

Bauliche Lärmschutzmassnahmen<br />

� Dimensionierungsgrundlage:<br />

Emissionsplan 2015<br />

� Festlegung der Verhältnismassigkeit<br />

der Kosten<br />

� Höhe i.d.R. max. 2m über SOK<br />

11'000<br />

14'400<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 35


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

missionsprognose für das Jahr 2015. Weiter wurde ein festes Kosten-Nutzen-<br />

Verhältnis festgelegt, die diese Wände erfüllen müssen, damit sie realisiert werden.<br />

Weiter wurde eine Regelhöhe über Schienenoberkante von maximal 2m<br />

festgelegt. Von dieser Höhe kann in begründeten Fällen abgewichen werden. Wir<br />

erarbeiten im Moment eine Richtlinie, die Kriterien enthält, wann über 2m hohe<br />

Lärmschutzwände gebaut werden können und evtl. auch müssen.<br />

Zum Emissionsplan. Der<br />

Emissionsplan ist die Grundlage<br />

für die Dimensionierung<br />

der baulichen Maßnahmen.<br />

Die Idee ist, dass<br />

diese Emissionen von der<br />

Gesamtheit der Netzbenutzerinnen<br />

nicht überschritten<br />

werden darf. Die Verantwortung<br />

für die Einhaltung<br />

liegt bei den Infrastrukturbetreiberinnen.<br />

Im Emissionsplan<br />

sind die absehbaren<br />

Infrastruktur- und Verkehrsprojekte<br />

eingeflossen.<br />

Ich habe sie ihnen hier auf-<br />

36<br />

Emissionsplan 2015<br />

� Infrastruktur:<br />

� Bahn 2000 1. Etappe;<br />

� NEAT.<br />

� Personen- und alpenquerender Güterverkehr:<br />

� Zugszahlen gemäss dem Angebotskonzept FöV,<br />

Schlussbericht vom 18. Februar 1997; ausgearbeitet<br />

durch SBB und BLS.<br />

� Regionaler Personenverkehr:<br />

� bestehendes Angebot;<br />

� die Konzepte Genf-Lausanne, S-Bahn Mittelland (Region<br />

Bern), S-Bahn Basel, S-Bahn St.Gallen und 2.<br />

Ergänzung S-Bahn Zürich.<br />

� Güterverkehr Schweiz (Binnen-, Ziel- und Quellverkehr):<br />

� Zustand 1996/97;<br />

� Zunahme um 20% bis 2015 im West-Ost-<br />

Verkehr.<br />

� Fahrzeuge gelten als lärmsaniert<br />

gelistet. Wichtig ist zu wissen, dass die Fahrzeuge als lärmsaniert eingerechnet<br />

wurden.<br />

Lärmschutzwände müssen einem bestimmten Kosten-Nutzen Index (KNI) genügen.<br />

Wenn dieser Index, der nach einem vorgegebenen Verfahren ermittelt wird,<br />

kleiner als 80 ist, wird die Maßnahme als finanziell verhältnismäßig beurteilt. Der<br />

KNI dient primär dazu, die vorhandenen Gelder über das ganze Streckennetz nach<br />

den gleichen Kriterien zu verteilen.<br />

Kurz ein paar Worte zu den Schallschutzfenstern. Die Schallschutzfenster werden<br />

dort eingebaut, wo auch mit der Lärmsanierung des Rollmaterials und mit dem<br />

Bau der Lärmschutzwände die Immissionsgrenzwerte nicht eingehalten werden<br />

können. Die Kosten werden ab einer Überschreitung der Alarmwerte zu 100%<br />

vom Bund getragen. Schlafräume werden zusätzlich mit Schalldämmlüftern ausgerüstet.<br />

Es werden nur lärmempfindliche Räume gegen Schall geschützt.<br />

Gestatten Sie mir noch einen kurzen Ausblick: Wir sind im Moment daran Grenzwerte<br />

für neues Rollmaterial festzulegen. Sie sehen hier einen Vorschlag, der diskutiert<br />

wird. Der Vorschlag beinhaltet das Fahrgeräusch in 7,5 m Abstand, in 1,2<br />

m Höhe ab Schienenoberkante, bei einer Fahrgeschwindigkeit von 80 km, ermittelt<br />

nach der ISO 3095.<br />

Als weiteres unterstützen wir die Entwicklung eines neuen Drehgestells für Güterwagen.<br />

Das Drehgestell hat die Projektbezeichnung LEILA (Leises und Lärmarmes<br />

Güterwagendrehgestell). Die Innovation bei diesem Drehgestell ist die, dass es<br />

eine Innenlagerung hat. Diese Lagerung verändert die Statik des Drehgestells so,<br />

dass es leichter gebaut werden kann. Dies wiederum erhöht die Produktivität im<br />

Güterverkehr, indem mehr Lasten transportiert werden können. Das zweite und<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

für uns wichtigere an<br />

diesem Drehgestell ist<br />

die Lärmreduktion.<br />

Die wird im wesentlichen<br />

erreicht durch<br />

Radscheibenbremsen.<br />

Dann soll das Drehgestell<br />

mit Telematik<br />

ausgerüstet sein. Das<br />

erhöht die Zuverlässigkeit,<br />

die Verfügbarkeit<br />

und die Sicherheit.<br />

Wir hoffen, dass<br />

wir Ende Jahr Testfahrten<br />

mit einem<br />

Prototyp machen könkönnen.<br />

Dieses Jahr werden wir einen Feldversuch mit einer entdröhnten Schiene und einer<br />

weichen Schienenzwischenlagerung machen. Wir wollen mit diesem Feldversuch<br />

das Lärmminderungs-potenzial auf einem optimierten Oberbau untersuchen. Die<br />

Messungen werden dieses Jahr stattfinden und ich hoffe, dass ich dann Anfang<br />

2004 irgendwo über die Ergebnisse berichten kann.<br />

Ich danke für ihre Aufmerksamkeit!<br />

Emissionsgrenzwerte neues Rollmaterial<br />

Vorschlag in Vernehmlassung:<br />

Fahrzeugtyp TEL (dBA)<br />

Lokomotiven 82<br />

Triebwagen 80<br />

Reisezugwagen 78<br />

Güterwagen 84<br />

ENTWURF<br />

Fahrgeräusch / 7.5m / 1.2m / 80 km/h<br />

prEN ISO 3095<br />

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<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Das Konzept der Deutschen Bahn AG zur<br />

Lärmbekämpfung<br />

Klaus Jäger, Deutsche Bahn AG, DBSystemtechnik,<br />

München<br />

Guten Tag meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen Konzepte zur Lärmbekämpfung<br />

der Deutschen Bahn AG vorstellen.<br />

Der Schienenlärm wird oft als sogenannter schwarzer Fleck auf dem grünen Kleid<br />

der Deutschen Bahn dargestellt. Ich möchte heute versuchen, diese Aussage ein<br />

wenig zu relativieren und diesen schwarzen Fleck etwas mehr ins Grüne verschieben.<br />

Ich zeige Ihnen Bespiele zu unserem Innovationsprogramm, Beispiele aus der<br />

Lärmminderungstechnik und neue Verfahren zur Minimierung des Schienenverkehrslärms.<br />

Fangen wir mit<br />

dem Innovationsprogramm<br />

an. Die Deutsche<br />

Bahn AG,<br />

speziell die DB<br />

Systemtechnik<br />

hat ein Innovationsprogramm<br />

aufgelegt zur<br />

Minimierung des<br />

Schienenverkehrslärms<br />

in<br />

einer Höhe von<br />

38<br />

Innovationsprogramm der DB-Systemtechnik<br />

Schallverminderung an Fahrzeug<br />

und Rad/Schiene-System<br />

( ca. 3 Mio. Euro pro Jahr )<br />

3 Mio. Euro pro Jahr. Dort untersuchen wir u.a. Schallminderungsmaßnahmen am<br />

Fahrzeug, am Rad-Schienen-System, wir betrachten Erschütterungen mit Ihren<br />

Auswirkungen und den dazugehörigen Sekundärschall und überlegen uns Maßnahmen,<br />

wie man hier Verminderungen erreichen kann. Wir untersuchen auch die<br />

unterschiedliche Lärmwirkung von Schiene und Straße, wobei zu beachten ist,<br />

dass diese beiden Verkehrsträger identischen Schall-emissionsgrenzwerten nach<br />

der 16. BImSchV unterliegen. Auch Minderungen bei der Schallausbreitung und<br />

die Weiterentwicklung des BüG möchte ich heute mit Ihnen diskutieren. Fortschreibung<br />

der Schall 03 – ein ganz aktuelles Projekt - werde ich abschließend<br />

streifen.<br />

Beginnen wir mit dem Verfahren zur Lärmminderung mittels K-Sohlen. Das ist das<br />

einzig effektive, finanzierbare und umsetzbare Verfahren zur Lärmreduktion an<br />

Güterwagen. Mein Leitsatz lautet: Die beste Lärmminderungsmaßnahme ist das<br />

glatte Rad auf der glatten Schiene. Das glatte Rad erreichen wir beim Güterverkehr<br />

nur, wenn wir wegkommen von der Grauguss-Bremssohle. Die Lösung hierzu<br />

ist die sogenannte K-Sohle (Kompositbremssohle), die die Radlaufflächen nicht<br />

mehr aufraut, wie bisher die Graugusssohle. Sie sehen hier Beispiele von Radlauf-<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003<br />

Erschütterungen und<br />

Sekundärschall<br />

Untersuchungen zur Lärmwirkung Minderung der Schallausbreitung<br />

Mitarbeit an der Fortschreibung<br />

von Schall 03 und Akustik 04<br />

DB Innovationen zur "Leisen Bahn"<br />

Weiterentwicklung des<br />

"Besonders überwachten Gleises"


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

flächen, gebremst mit<br />

Graugusssohle, K-<br />

Sohle und Scheibenbremse.<br />

Die akustischen<br />

Ergebnisse aus<br />

vielen Emissionsmessungen<br />

haben gezeigt,<br />

dass man die K-<br />

Sohle heute akustisch<br />

gleichsetzen kann mit<br />

Neue Lärmminderungsmaßnahmen<br />

– K-Sohlen -<br />

Glattes Rad auf glatter Schiene ist der wesentlichste<br />

Aspekt bei der Reduzierung des Schienenverkehrslärms.<br />

Neben der glatten Schiene mit dem Verfahren „BüG“<br />

reduziert das nichtverriffelte Rad mit Kompositbremssohlen<br />

das Rollgeräusch um 7 bis 10 dB(A).<br />

der Scheibenbremse, d.h. wir haben einen akustischen Minderungseffekt bei der<br />

Schallemission in der Größenordnung von 7 bis 10 dB(A) erreicht. Das ist ein enormer<br />

Wert. 7 bis 10 dB(A) erreicht man mit sonst keiner Einzelmaßnahme.<br />

Deswegen setzen wir ganz massiv auf diese K-Sohle. Die UIC hat die Sohle vor<br />

wenigen Jahren befristet freigegeben und wir erwarten im Herbst diesen Jahres<br />

die endgültige inter-nationale Freigabe. Wir sind bei der DB AG bereits in Vorleistung<br />

getreten und haben über 3100 Güterwagen mit solchen K-Sohlen beschafft.<br />

Ich muss zugeben, das noch zu lösende Problem liegt bei den Altwagen, nicht bei<br />

der Neubeschaffung von Güterwagen. Die Umrüstung unserer Altwagen (ca.<br />

90.000 Fahrzeuge) macht uns Sorge, weil die Finanzierung noch nicht endgültig<br />

geklärt ist. Hier muss noch Arbeit geleistet werden, es reicht nicht nur die Neuwagen<br />

mit K-Sohlen auszurüsten, sonst dauert es zu lange, bis wir den Effekt der<br />

Lärmminderung erreicht haben.<br />

Neue Lärmminderungsmaßnahmen – Wirkung der K-Sohlen<br />

Quelle: Prüfbericht 101.1-PR-029.2-02,<br />

DB Systemtechnik, TZF 101.1<br />

Ich zeige Ihnen Ergebnisse aus K-Sohlenuntersuchungen, wo Sie sehr deutlich erkennen<br />

können, dass hier tatsächlich Minimierungswerte von bis zu 10 dB zu erwarten<br />

sind. Es handelt sich hierbei um Versuche im Raum Berlin, wo wir vor Bun-<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 39


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

destagsabgeordneten einen Güterzug zusammengestellt hatten. Er bestand aus<br />

50% Grauguss-Sohlen und aus 50% K-Sohlen. Sie sehen hier den akustischen<br />

Unterschied von mehr als 10 dB. Der Höreindruck war stark bei den ministeriellen<br />

Vertretern und wir hoffen, dass hier ein Weg gefunden wird, auch eine Finanzierung,<br />

vielleicht im Rahmen der Lärmsanierung, zu ermöglichen, um die Altwagen<br />

umzurüsten.<br />

Das Bahn-Umweltzentrum hat mir aus dem Lärmbelastungskataster zu diesem<br />

Thema eine Folie zur Verfügung gestellt, wo die Emissionspegel der wichtigsten<br />

DB-Strecken dargestellt sind. Sie sehen hier den Nachtpegel der wichtigsten Strecken<br />

mit einem relativ hohen Güterzuganteil mit Graugußsohle und sie sehen den<br />

Nachtpegel für diese Strecken bei gleichem Wagenaufkommen mit einem angenommenen<br />

Anteil an Scheibenbremsen bzw. K-Sohlen in Höhe von 85%. Der Effekt<br />

ist deutlich erkennbar. Damit könnte zumindest das kompensiert werden, was<br />

Herr Jäcker-Cüppers an zu erwartender Lärmsteigerungen in den nächsten Jahren<br />

prognostiziert hat.<br />

Was hilft uns die K-Sohle,<br />

wenn wir damit auf verriffelten<br />

Schienen fahren? Ich<br />

sagte, das glatte Rad<br />

braucht auf jeden Fall die<br />

glatte Schiene. Für die<br />

Realisierung der glatten<br />

Schiene gibt es das sogenannte<br />

besonders überwachte<br />

Gleis (BüG). Es ist<br />

mindestens so effektiv wie<br />

die K-Sohle. Wenn Sie<br />

40<br />

Besonders überwachtes Gleis<br />

(BüG) derzeit<br />

Beim Verfahren BüG wird durch<br />

besondere Vorkehrungen<br />

(Schienenschleifen) das Rollgeräusch der<br />

Schienenfahrzeuge erheblich verringert.<br />

Der Gesetzgeber hat einem<br />

Pegelabschlag von -3 Dezibel zugestimmt.<br />

heute stark verriffelte Schienen mit nicht oder wenig verriffelten Schienen vergleichen,<br />

können sie Unterschiede von 15 dB (A) und mehr messen. Wir dürfen nicht<br />

nur die 3 dB (A) sehen, die uns hier gesetzlich zugestanden werden. Wir müssen<br />

sehen, dass wir mit dem BüG einen dauernden Zustand eines lärmarmen Verkehrsweges<br />

haben. D.h., dieses Gleis wird dauernd überwacht, wir haben dauernd<br />

Pegel um 48 dB (A). Was nützen uns teure Schallschutzwände, wenn hinter diesen<br />

Schallschutzwänden das Gleis unkontrolliert verriffelt, z.T. in einer Größenordnung<br />

die der Wirkung einer Schallschutzwand gleichkommt? Deshalb plädiere ich intensiv<br />

für das BüG. Da das BüG besonders überwacht wird, hat der Anlieger die Garantie,<br />

dass die Pegel auch tatsächlich eingehalten werden. Ich gebe ihnen recht,<br />

was heute morgen diskutiert wurde, dass diese sog. Sägezahnkurven in der Diskussion<br />

sind und wir überlegen uns daher Verfahren, wie man dieses BüG weiter<br />

Besonders überwachtes Gleis (BüG) derzeit / SMW<br />

Mit dem Einsatz des BüG kann der Schienenverkehrslärm an seiner Entstehungsquelle<br />

reduziert werden. Eine dauerhafte Lärmminderung durch regelmäßige Kontrollen und<br />

Nachschleifen wird damit sichergestellt.<br />

Die Überprüfung des Fahrflächenzustandes der Schienen wird mit einem eigens dafür<br />

entwickelten „Schallmesswagen (SMW)“ auf der Basis von akustischen Messungen<br />

durchgeführt.<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

optimieren kann. Lassen sie mich vorher noch ein Wort zur Überwachung sagen.<br />

Die Überwachung ist vom Eisenbahnbundesamt vorgeschrieben, hier gibt es<br />

strenge Auflagen. Wir haben hierfür einen speziellen Schallmesswagen entwickelt,<br />

der halbjährlich sämtliche BüG-Abschnitte befahren muss und nachweisen muss,<br />

ob die Eingriffsschwelle erreicht oder überschritten wurde. Der Schallmesswagen<br />

ist akkreditiert, das Mess-verfahren ist mehrfach geprüft. Bei Überschreitung wird<br />

der Auftraggeber, die DB Netz AG, gebeten hier eine neue Schleifung durchzuführen.<br />

Das genügt uns aber noch nicht. Wenn sie heute schleifen und wir fahren erst in<br />

einem halben Jahr mit unserem Schallmesswagen über diese Abschnitte, dann<br />

könnte sein, dass die Schleif-Güte nicht erreicht wurde. Wir brauchen ein Verfahren,<br />

um das Vertrauen in das BüG zu stärken. Deshalb haben wir ein sog. Riffelmessgerät<br />

entwickelt, das direkt nach dem Schleifvorgang die Schleifgüte messen<br />

wird. Dieses Riffelmessgerät ist eine gänzliche Neuentwicklung. Ein relativ kleines<br />

Gerät, was in Zukunft den Schleiffirmen zur Verfügung gestellt werden soll, damit<br />

sie sich selbst überprüfen können und damit wir ein Verfahren haben, was nicht<br />

erst nach einem halben Jahr greift, sondern direkt nach dem Schleifvorgang eine<br />

Überprüfung der akustische Qualität der Schienenfahrflächen ermöglicht.<br />

Riffelmessgerät RMF - BüG<br />

Das Riffelmessgerät RMF - BüG ist so kalibriert, dass im Zusammenhang mit<br />

dem Schienenschleifen aus akustischen Gründen eine Qualitätsvorgabe<br />

gestellt und ein Qualitätsnachweis erbracht werden kann. Anhand mehrerer<br />

Versuchsreihen wurde eine Korrelation zwischen den Messergebnissen des<br />

Riffelmessgerätes, des Schallmesswagens und von Außenmessungen<br />

erreicht.<br />

Jetzt komme ich noch einmal zur besagten Sägezahnkurve. Diese Kurven haben<br />

nicht unbedingt einen linearen Anstieg, das sind vereinfachte Darstellungen. Sie<br />

haben hier die 51 dB(A)- Eingriffsschwelle, sie haben hier den 48 dB (A)-Wert und<br />

hier den 45 dB(A)-Wert. Sie haben nach dem Schleifen meistens durch das Einfahren<br />

der geschliffenen Schiene nochmals eine Verbesserung und dann steigt der<br />

Pegel innerhalb von ca. 2 Jahren wieder auf den Ausgangswert an. Wir überlegen<br />

derzeit sehr intensiv, ob man nicht durch ein relativ häufiges aber weniger intensives<br />

Schleifen, das nicht nur im Mittel alle 2 Jahre stattfindet, das Ansteigen auf<br />

Pegelwerte um 51 dB vermieden werden kann. Wir kennen heute Schleifmaschinen,<br />

die mit 80 km/h und ohne Sperrpausen im normalen Zugverkehr verkehren<br />

können. Wir reden dann von einem Pflegen der Schienenfahrflächen mit einem<br />

geringen Materialabtrag und wir pendeln nur noch mit ca.1 dB um die Schwelle<br />

von 48 dB(A), statt 51 dB(A). Das ist ein Ziel, was uns sehr am Herzen liegt, weil<br />

wir damit eine noch bessere Garantie für das BüG geben können und man kann<br />

sich sogar vorstellen, dass man hier die Eingriffsschwelle eventuell noch weiter<br />

senken könnte, in dem man dieses Verfahren noch ausweitet. Wir haben gute<br />

Hoffnung, dass man zumindest einen Prototyp dieses Schleifverfahrens in 1 bis 2<br />

Jahren auf die Schiene bringen kann und dann wegkommt von diesen relativ linearen,<br />

sehr langfristigen Anstiegszeiten. Das sind unsere Vorstellungen zu einem<br />

zukünftigen optimierten BüG. Ich möchte noch mal wiederholen: Wir müssen bei<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 41


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

den Güterwagen relativ viel tun, wir müssen das glatte Rad durchsetzen, das können<br />

wir nur mit der K-Sohle und wir müssen gleichzeitig die Schienen entsprechend<br />

schleifen, dann haben wir Pegelgewinne in einer Größenordnung weit über<br />

10 dB. Wenn wir dort angekommen sind, haben wir die „Leise Bahn“, wie wir sie<br />

uns im Moment vorstellen und dann haben wir diesen schwarzen Fleck zumindest<br />

etwas ins Grüne verschoben.<br />

So viel zur Schallminderung an der Quelle.<br />

Das beste ist, wie gesagt, den Schall an der Quelle erst gar nicht entstehen zu lassen.<br />

Ich bin kein Freund von überhöhten Schallschutzwänden, die sollte man möglichst<br />

vermeiden. Den Schall aussperren mit dicken Fenstern ist auch nicht immer<br />

die beste Lösung. Wir kommen aber nicht in allen Fällen daran vorbei, Schallschutzwände<br />

zu errichten. Für diese Fälle haben wir uns Techniken überlegt, wo<br />

man den Beugungseffekt an der Schallschutzwandkante verbessern kann. Das<br />

linke Bild sieht etwas futuristisch aus. Das sind erste, als Prototyp konstruierte<br />

Beugungskanten, die wir in einem Pilotversuch auf eine bestehende Schallschutzwand<br />

montieren. Es handelt sich hierbei um eine Entwicklung der TU Berlin, mit<br />

der wir einen Verbesserungseffekt von 3 dB bei der Wandwirkung erreichen wollen.<br />

Die Versuche sind noch nicht abgeschlossen, wir sind aber guten Mutes hier<br />

diesen Effekt zu erreichen. Damit wird man die Wandwirkung weiter verbessern<br />

und man muss nicht diese enorm hohen Wandhöhen realisieren, die weder für<br />

42<br />

Besonders überwachtes Gleis (BüG) geplant<br />

Durch die Entwicklung einer geeigneten Schleifstrategie ist vorgesehen,<br />

bereits vor der Eingriffsschwelle von 51 dB(A) in die Fahrflächenqualität der<br />

Schiene einzugreifen, um damit die vorhandenen Potenziale des Verfahrens<br />

BüG noch effektiver zu nutzen.<br />

BüG / heute<br />

dB(A)<br />

51<br />

48<br />

45<br />

BüG (heute)<br />

2 Jahre<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003<br />

45<br />

51<br />

48<br />

46<br />

BüG / Planung<br />

(Ziele / Ideen)<br />

dB(A)<br />

V1 Eingriffsschwelle<br />

V1 Grundwert<br />

V 2 Eingriffsschwelle<br />

V2 Grundwert<br />

V1 (Variante 1, neues Schleifverfahren, Grundwert konstant, Eingriffsschwelle gesenkt)<br />

V2 (Variante 2, neues Schleifverfahren, gesteigerte Schleifintervalle, Grundwert gesenkt,<br />

Eingriffsschwelle gesenkt)<br />

Neue Lärmminderungsmaßnahmen<br />

Neue Beugungskante an Schallschutzwänden zur Reduzierung des<br />

Schienenverkehrslärms<br />

Derzeit wird die Beugungskante im Rahmen eines Pilotversuches bzgl. ihrer<br />

akustischen Wirkung untersucht. Mit einer Verbesserung von bis zu 3 dB(A)<br />

wird gerechnet.<br />

Zeit


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

den Reisenden noch für diejenigen, die hinter der Wand wohnen müssen, angenehm<br />

sind.<br />

Ich wollte ihnen einen Gesamtüberblick über die Möglichkeiten der Leisen Bahn<br />

aufzeigen, dazu gehört natürlich auch das Thema Lärmsanierung. Wenn Fahrzeuge,<br />

durch bebaute Gebiete fahren, hatte man vor Jahren noch keine Möglichkeit<br />

Lärmschutz zu finanzieren. Heute haben wir nun die Möglichkeit der Lärmsanierung.<br />

Der Bund stellt der DB AG hierfür 51 Mio. Euro pro Jahr zur Verfügung.<br />

Mittlerweile sind rund 1000 Lärmsanierungsabschnitte im Lärmsanierungsprogramm<br />

festgelegt. Ein ganz wichtiges Thema also in Bezug auf die „Leise Bahn“,<br />

was zeigt, dass wir nicht nur an den Neu- und Ausbaustrecken etwas tun, sondern<br />

auch hochbelastete Strecken, ohne dass gebaut wird, in das Lärmprogramm mit<br />

aufnehmen. Selbstverständlich sind dort die Grenzwerte nicht die der 16. Verordnung.<br />

Die Werte der Lärmsanierung liegen höher, nämlich bei 60 dB(A) nachts<br />

bzw. 70 dB(A) tags.<br />

Sanierungsziel:<br />

Bei dem gesamten Thema<br />

„Lärmarme Bahn“ dürfen<br />

wir natürlich die Thematik<br />

Lärmwirkung und Schienenbonus,<br />

die oft kontrovers<br />

diskutiert wird, nicht<br />

vergessen. Sie alle kennen<br />

die Lärmwirkungsbetrachtungen<br />

aus den früheren<br />

Jahren. Begonnen hatte<br />

man mit entsprechenden<br />

Untersuchungen Ende der<br />

70er Jahre. Um 1980 erarbeitete<br />

man den Entwurf<br />

eines Verkehrslärmschutzgesetzes<br />

und dort ist zum<br />

ersten Mal der Schienenbonus<br />

in die Gesetzgebung<br />

Lärmsanierung an Schienenwegen<br />

Ziel:Verringerung einer vorhandenen Lärmbelastung an bestehenden Schienenwegen,<br />

die durch eine allgemeine Verkehrsentwicklung eingetreten ist.<br />

Sie wird nicht durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz geregelt und ist eine<br />

freiwillige Leistung des Bundes nach haushaltrechtlichen Regelungen im Rahmen<br />

vorhandener Haushaltsmittel von derzeit etwa 51 Mio EUR pro Jahr.<br />

Mittlerweile sind etwa 900 Lärmsanierungsabschnitte im Lärmsanierungsprogramm<br />

der Bundesregierung aufgenommen worden, die in den nächsten Jahren<br />

hinsichtlich ihrer Lärmbelastung untersucht und saniert werden.<br />

70 dB(A) / 60 dB(A) tags/nachts in Wohngebieten<br />

Lärmwirkung - Schienenbonus<br />

Mehrere wissenschaftliche Studien<br />

• Stuttgarter Studie - 1978<br />

• IF - Studie - 1983<br />

• Fensterstudie - 1986<br />

• Bonuslaborstudie – 1995<br />

• Vergleichende Untersuchung SVL/StVL-1999<br />

beschäftigten sich mit dem<br />

Lästigkeitsunterschied von Straßen-/<br />

und Schienenverkehrslärm.<br />

Neueste Untersuchungen aus 2002 an<br />

hochbelasteten Strecken bestätigen<br />

erneut das Ergebnis:<br />

- 5 dB<br />

Schienenverkehrslärm ist weniger<br />

lästig als Straßenverkehrslärm!<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 43


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

eingeflossen. Der Schienenbonus korrigiert die unterschiedliche Wirkung des Straßenverkehrslärms<br />

im Vergleich zum Schienenverkehrslärm, wobei bekanntlich beide<br />

Verkehrsträger mit gleichgroßen Immissionsgrenzwerten in der 16. Verordnung<br />

verankert sind. Um die unterschiedliche Wirkung des Lärms aus diesen beiden<br />

Quellen zu berücksichtigen, wurde der Schienenbonus in die Gesetzgebung aufgenommen.<br />

Er beträgt 5 dB (A) zugunsten der Schiene. Es gibt eine Vielzahl wissenschaftlicher<br />

Untersuchungen hierzu, die alle den Schienenbonus bestätigen.<br />

Die letzten Jahre sind jedoch Kritiken laut geworden, dass der Schienenbonus bereits<br />

über 20 Jahre alt sei und es sei an der Zeit, hier aktuelle Untersuchungen<br />

durchzuführen. Wir haben uns deshalb Mitte der 90er Jahre entschlossen, neue<br />

größere Lärmwirkungsuntersuchung anzugehen, die den Schienenbonus erneut<br />

hinterfragen sollen. Diese vergleichenden Untersuchungen hatten zum Ergebnis,<br />

dass der Schienenbonus, der schon sehr früh mit der sogenannten IF-Studie nachgewiesen<br />

wurde, auch heute noch seine volle Berechtigung hat. Wir haben sehr<br />

umfangreiche Studien durchgeführt, sie liefen über etwa vier Jahre, mit vielen<br />

Tausenden von Probanden im Feld. Zusätzlich haben wir bei der TU München<br />

Laborstudien durchführen lassen. Alle Ergebnisse haben gezeigt, dass wir zum<br />

Schienenbonus heute keine Korrekturen durchführen müssen. Diese Untersuchungen<br />

waren einigen Betroffenen aber noch nicht ausreichend, da sie feststellten,<br />

dass wir die Untersuchungen an Strecken durchgeführt hatten, die nicht alle sehr<br />

hochbelastet waren. Dies ist zumindest teilweise richtig. Wir hatten damals nur<br />

Strecken mit max. 250 Zügen in 24 Std. zur Verfügung. Aus diesem Grund haben<br />

wir ganz aktuell in diesem Jahr und im letzten Jahr untersucht, ob an extrem<br />

Gestörtheitsurteil<br />

hochbelasteten Schienenverkehrswegen sich andere Ergebnisse zur Lärmwirkung<br />

ergeben könnten. Diese Untersuchungen wurden an sehr hochbelasteten Straßen<br />

und hoch-belasteten Strecken durchgeführt. Die Belastungen betrugen bis zu 624<br />

Züge in 24 Stunden, mit vergleichbar hohen Verkehrszahlen an der Straße. Der<br />

Güterzuganteil betrug auf diesen Strecken bis zu 67%, in Einzelfällen sogar bis zu<br />

92%. In den Feldstudienergebnissen ergab sich bei diesen hohen Belastungen ein<br />

Gestörtheitsfaktor von 6 dB(A) und ein erfragter Schlafstörungsfaktor von 13<br />

dB(A) zugunsten der Schiene. Parallel liefen bei der TU München Laboruntersu-<br />

44<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Lärmwirkungsuntersuchungen 2003<br />

Untersuchungen zum Verhalten des Schienenbonus bei Erhöhung der<br />

Vorbeifahrhäufigkeit<br />

von 250 Züge / 24h auf bis zu 624 Züge / 24 h<br />

Vereinfachte Darstellung aus Laborstudie<br />

Straße (29T Kfz in 24h) Straße (65T Kfz in 24h)<br />

Schiene (240 Züge in 24h) Schiene (624 Züge in 24h)<br />

Vorbeifahrhäufigkeit<br />

gering hoch<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003<br />

Feldstudie:<br />

� 360 Züge / 24h<br />

bis zu 528 Z / 24h<br />

mit Güterzuganteil bis zu 67% (92%).<br />

Pegelbereiche aussen:<br />

50 – 78 dB(A) tags<br />

48 bis 73 dB(A) nachts.<br />

Bonuswerte:<br />

Gesamtgestörtheit tags: 6 dB(A)<br />

Erfragte Schlafstörungen: 13 dB(A)<br />

bei insgesamt 3417 Probanden


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

chungen, wo man einige der Probanden, die man im Feld untersucht hatte, im<br />

Labor testen konnte. Die akustischen Darbietungen entsprachen bei geringer Vorbeifahrhäufigkeit<br />

240 Zugvorbeifahrten in 24 Stunden und bei hoher Vorbeifahrhäufigkeit<br />

624 Zugvorbeifahrten in 24 Stunden. Alle Zugvorbeifahrten hatten bei<br />

den Darbietungen im Labor einen hohen Güterzuganteil. Das sehr vereinfacht<br />

dargestellte Ergebnis aus dieser Laborstudie sehen sie in nachstehender Darstellung.<br />

Alle Gestörtheitsangaben (Straße und Schiene) sind auf der Abbildung bei<br />

zunehmender Vorbeifahrhäufigkeit leicht angestiegen, interessant und wichtig<br />

hierbei ist jedoch der Unterschied der Gestörtheitsgrade zwischen Straße und<br />

Schiene. Dieser Lästigkeitsunterschied ist sogar bei der hohen Belastung noch größer<br />

geworden. Es klingt im ersten Moment überraschend, dass bei Verringerung<br />

der Zugpausen hier eine weiterhin so deutliche Unterscheidung der Lärmwirkung<br />

Straße/Schiene zugunsten der Schiene erhalten bleibt. Aber sie müssen sich vorstellen,<br />

dass der Straßenverkehrslärm, der hier vergleichend zu Grunde lag auch<br />

mit relativ hohen Pegeln aufgrund seiner ebenfalls sehr hohen Häufigkeit anstand.<br />

Es lagen dem Straßenverkehrspegel 65.000 Kraftfahrzeugvorbeifahrten in 24<br />

Stunden zugrunde. Das entsprach einem vergleichbaren Mittelungsschallpegel bei<br />

der Schiene von 624 Zugvorbeifahrten. Mit diesem Ergebnis meinen wir, die Mitte<br />

1995 begonnenen langwierigen Untersuchungen zum Schienenbonus erst einmal<br />

abschließen zu können, weil die Aussagen sehr eindeutig sind und wir hier keinerlei<br />

Korrekturen bzgl. der Lärmwirkung beim Schienenverkehr anführen müssen,<br />

auch nicht bei der Planung von hochbelasteten DB-Strecken.<br />

Ich sagte ihnen, dass wir bei den derzeit existierenden Schallberechnungsverfahren<br />

uns überlegen müssen, wie wir hier mehr Rechtssicherheit erreichen können. Wir<br />

hatten bei der Schallberechnung, z. B. der Neubaustrecke Köln-Rhein/Main, erhebliche<br />

Probleme nachzuweisen, dass dieses Berechnungs-verfahren selbst bei<br />

sehr hohen Geschwindigkeiten noch greift. Sie wissen, wir fahren auf dieser Strecke<br />

mit Geschwindigkeiten bis zu 300km/h. Diese Geschwindigkeiten im Zusammenhang<br />

mit den aeroakustischen hochliegende Schallquellen (Stromabnehmer),<br />

deckt das Verfahren nach der bisherigen Schall 03 nicht ab. Wir haben daher zusammen<br />

mit dem Verkehrsministerium in Bonn überlegt, die Richtlinien Schall 03<br />

und Akustik 04 fortzuschreiben. Wir werden ein neues Grundkonzept erarbeiten,<br />

wir werden vermutlich Abstand nehmen vom sogenannten Grundwert mit seinen<br />

51 dB(A) Schallemissionspegel und werden voraus-sichtlich fahrzeug-bezogen<br />

rechnen. Auch das BüG beabsichtigen wir fahrzeugbezogen darstellen. Ebenso<br />

sollen die derzeitigen Pauschalzuschläge für Brücken und für das Kurvenquietschen<br />

gezielt herausgearbeitet werden. Sie wissen, dass Eisenbahnbrücken heute<br />

z.T. überhaupt keinen Pegelzuschlag verdienen und sehr laute Brücken einen Zuschlag<br />

von 15 dB benötigen. In der Schall 03 gibt es bisher aber nur einen Mittelwert<br />

von 3 dB als Brückenzuschlag. Das sind einige der Gründe, warum hier an die<br />

Fortschreibung der Schall 03 herangegangen wird. Eines muss ich aber dazu noch<br />

sagen, die Neubearbeitung der Schall 03 bewirkt keine leisere Bahn. Wir wollen<br />

lediglich die Physik wieder auf Vordermann bringen und wir wollen mehr Rechtssicherheit<br />

gewinnen. Mit allen von mir heute angesprochenen Themen habe ich<br />

unsere intensiven Bestrebungen aufgezeigt, wie wir bei der DB noch leiser werden<br />

können. Mit einer neuen Schall 03 werden wir aber erst einmal nicht leiser. Wir<br />

können jedoch gezielter und physikalisch genauer prognostizieren, was in Zukunft<br />

an unseren Strecken bei der Neu- und Ausbauplanung akustisch geschieht. Auch<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 45


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

dies sehe ich als einen Beitrag zur Leisen Bahn, weil wir mit einer neuen Schall 03<br />

in der Lage sein werden, notwendige Schallschutzmaßnahmen für die betroffenen<br />

Bahnanlieger noch exakter zu planen und zu realisieren.<br />

Ich darf mich bei Ihnen bedanken!<br />

46<br />

Fortschreibung der Berechnungsgrundlagen für den Schienenverkehrslärm<br />

- Schall 03 und Akustik 04 -<br />

Auf der Basis von neuen<br />

Erkenntnissen und Messergebnissen<br />

sollen die Richtlinien zur Berechnung<br />

der Schallemissionen und - immissionen<br />

von Schienenwegen und flächenhaften<br />

Bahnanlagen neu bearbeitet und an den<br />

derzeitigen Stand der Technik<br />

angepasst werden.<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003<br />

Herstellen der Rechtssicherheit<br />

als wichtiges Ziel<br />

Überarbeitungspunkte:<br />

� Neues Grundkonzept<br />

� Einfluss von Fahrzeug- und Fahrbahnart<br />

� Einfluss von Brücken<br />

� Bebauungsdämpfung<br />

� Hochliegende Schallquellen<br />

� Kurvenquietschen<br />

� Neuartige Schallquellen


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Bilanz des Lärmsanierungsprogrammes an<br />

Schienenwegen des Bundes<br />

Peter Winter, DB BauProjekt GmbH, Zentraler Projektleiter<br />

für das Lärmsanierungsprogramm an<br />

Schienenwegen des Bundes<br />

Mein Name ist Peter Winter. Ich gehöre zur Bahn, DB Bauprojekt GmbH, seit 1.1.<br />

diesen Jahres DB ProjektBau, das ist eine Tochter der Holding, die bundesweit<br />

plant und baut. Wir haben heute im Laufe des Tages einiges über rechtliche und<br />

technische Aspekte gehört, Grundlagen gehört, auch etwas über administrative<br />

Vorhaben. Es wird aber auch etwas getan – m.E. sehr viel von Bahn und Bund.<br />

Was passiert, das möchte ich ihnen gerne vortragen.<br />

Das Lärmsanierungsprogramm an Schienenwegen des Bundes ist vielen, an der<br />

fachlichen Thematik Interessierten bekannt. Ich möchte zum Einstieg aber noch<br />

mal die Hintergründe dieses Projektes erläutern. Im BImSchG von 1974 wurde der<br />

Schutz vor Verkehrslärm zum ersten Mal umfangreich geregelt. Anwohner hatten<br />

damit beim Bau neuer und bei der Veränderung bestehender Schienenwege unter<br />

bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Schallschutz. Für die Forderung<br />

nach Schallschutz an vorhandenen Strecken gibt es hingegen bislang keine rechtli-<br />

che Grundlage, auf die lärmbetroffene Anlieger<br />

Ihre Forderungen stützen können.<br />

Allerdings finanziert der Bund seit 1976 als<br />

freiwillige Leistung Lärmsanierungsmaßnahmen<br />

an Fernstraßen. Für eine entsprechende<br />

Lärmsanierung an Schienen, gab es<br />

mehrere parlamentarische Anläufe, die letztlich<br />

jedoch immer wieder an der Frage der<br />

Finanzierung gescheitert sind. Ab dem Jahre<br />

1999 stellt die Bundesregierung jährlich Mittel<br />

in Höhe von 51 Mio. Euro für Lärmsanierung<br />

an Schienenwegen des Bundes zur<br />

Verfügung. Damit wurde erstmals die finanzielle<br />

Möglichkeit geschaffen, Lärmschutzmaßnahmen<br />

auch entlang vorhandener<br />

Schienenwege umzusetzen, die nicht neugebaut<br />

bzw. nicht wesentlich geändert werden.<br />

Mit den Mitteln des Lärmsanierungs-<br />

Finanzierung<br />

BMVBW<br />

51,3 Mio. Euro (Bundesmittel/Jahr)<br />

Bauherr<br />

DB Netz AG<br />

Dialog<br />

Umsetzung<br />

DBProjektBau GmbH<br />

programms werden nun bundesweit Schallschutzmaßnahmen an besonders betroffenen<br />

Ortslagen ergriffen. Die Finanzierung erfolgt durch den Bund. Der Zuwendungsnehmer<br />

ist das Eisenbahninfrastrukturunternehmen DB Netz AG. Diese<br />

wiederum hat die DB ProjektBau mit der Planung und Umsetzung von Lärmsanierungsmaßnahmen<br />

im Rahmen des vorhandenen Budgets beauftragt. Die Projektstruktur<br />

ist bundesweit ausgerichtet mit der Zentrale in Köln und 4 Außenstellen:<br />

Köln Projektleitung, Standort Hannover, Berlin, Karlsruhe und München. Weil die<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 47


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

jährlich zur Verfügungstehenden<br />

Mittel begrenzt<br />

sind, es<br />

aber bundesweit<br />

eine Vielzahl<br />

von Ortslagen<br />

gibt, welche<br />

nach den<br />

Kriterien der<br />

Förderrichtlinie<br />

saniert werden<br />

könnten, wurde<br />

eine Dringlichkeitsliste<br />

der am<br />

stärksten be-<br />

troffenen Ortslagen erstellt. Die Auswahl der Ortslagen orientiert sich dabei sowohl<br />

am Lärmpegel, wie auch an der Anzahl der Betroffenen. Die erste Dringlichkeitsliste<br />

wurde am 13.12.99, die erste Fortschreibung am 7.9.02, die zweite Fortschreibung<br />

am 16.8.02 vom BMV veröffentlicht. Hierin sind zwischenzeitlich über<br />

900 Abschnitte genannt. Z.Zt. werden bundesweit in 234 Ortschaften Lärmsanierungsmaßnahmen<br />

durchgeführt, bzw. sind in Planung. Die Sanierung der Abschnitte<br />

der 2. Fortschreibung mit über 900 Abschnitten, wird bereits viele Jahre in<br />

Anspruch nehmen. Hier noch mal eine Karte, die in ähnlicher Form von Herrn Jäger<br />

auch schon mal vorgeführt wurde. Insgesamt haben bundesweit über 3000<br />

Ortsdurchfahrten-Abschnitte Anspruch auf Lärmsanierung gemäß der Förderrichtlinie.<br />

Die Darstellung zeigt eine Übersicht aller relevanten Strecken mit den Immissionspegeln.<br />

Man sieht hier deutlich einen sehr hohen Anteil von Strecken über 70<br />

dB (A), sowie einen ebenso großen Anteil über 65 dB (A). Die Streckenabschnitte<br />

mit über 60<br />

dB(A) können<br />

wegen des<br />

sehr geringen<br />

Sanierungsbedarfs<br />

als<br />

sehr gering<br />

betrachtet<br />

werden, sie<br />

werden jedoch<br />

im<br />

Rahmen des<br />

Programms<br />

untersucht<br />

und gegebenenfallssaniert<br />

werden.<br />

Sollte jedoch<br />

– wie von der<br />

48<br />

Standorte<br />

Zentrale: Köln Köln<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003<br />

Münster<br />

Projektleitung<br />

Projektleitung<br />

Köln Köln<br />

Hamburg<br />

Bremen Bremen<br />

Außenstellen: 4 Standort<br />

Emissionsdarstellung des<br />

Schienenverkehrslärms für das<br />

Streckennetz der DB AG<br />

Dieser Darstellung liegt der<br />

Ist-Fahrplan zugrunde.<br />

Nacht Zeitraum (22.00 - 06.00)<br />

Emission wird auch durch die Art der<br />

Züge und nicht nur durch die<br />

Anzahl der Züge bestimmt.<br />

Rheinschiene<br />

Standort<br />

Standort<br />

Karlsruhe<br />

Karlsruhe<br />

Freiburg<br />

Basel<br />

Standort<br />

Hannover<br />

Hannover<br />

Bad Hersfeld<br />

Standort<br />

Standort<br />

München<br />

München<br />

Magdeburg<br />

Nürnberg<br />

Leipzig<br />

Regensburg<br />

Rosenheim<br />

Standort<br />

Standort<br />

Berlin Berlin<br />

Dresden


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Bahn angestrebt – eine Umrüstung der Güterwagen auf die K-Sohle gefördert<br />

werden, würde sich eine Sanierung insbesondere im Zusammenhang mit dem<br />

BÜG, im Bereich der 60 bis 65 dB(A) durch die Reduktion der Immissionen erübrigen.<br />

Auch in den Bereichen mit den jetzt höheren Emissionen könnten dann Maß-<br />

nahmen reduziert werden. In Verbindung mit einer zusätzlichen, möglichen Auf-<br />

stocken des Budgets – dies<br />

ist zumindest im Gespräch<br />

– könnte eine Sanierung<br />

aller bundesweiten Abschnitte<br />

in einem sehr viel<br />

kürzeren Zeitraum erfolgen.<br />

Für eine korrekte Abwicklung<br />

des Lärmsanierungsprogramms<br />

braucht man<br />

natürlich eine rechtliche<br />

Basis. Die erforderlichen<br />

Kriterien für die Förderfähigkeit<br />

und die Art der<br />

Maßnahmen sind in der<br />

Richtlinie für Förderungen<br />

von Lärmsanierungsmaßnahmen an Schienenwegen des Bundes geregelt. Diese<br />

Richtlinie ist im Moment noch im Entwurfsstadium, sie wird aber im Laufe des Jahres<br />

verabschiedet werden. Dann gilt hilfsweise die Anwendung – es muss ja auch<br />

ein Rechen-verfahren zugrunde gelegt werden- die Anwendung § 41-43 des<br />

BImSchG, die 16. BImSchV sowie die Verkehrswegeschallschutzmaßnahmenverordnung<br />

für die passiven Maßnahmen die 24. BImSchV. Sinngemäße Anwendung<br />

der Richtlinien für den Verkehrsschutz an Bundesfernstraßen in der Baulast des<br />

Bundes.<br />

Die Aufnahme von Ortslagen<br />

in der Fortschreibung der<br />

Dringlichkeitslisten erfolgt<br />

ohne Zutun von Gebietskörperschaften<br />

oder Anwohnern<br />

nach den Kriterien der Richtlinien<br />

für die Förderung von<br />

Lärmsanierungsmaßnahmen<br />

Schiene. Ein wesentliches Kriterium<br />

hierbei ist, wenn die in<br />

der nachfolgenden Tabelle<br />

aufgeführten maßgeblichen<br />

Emissionsgrenzen überschrit-<br />

Rechtliche Grundlagen<br />

Richtlinie für die Förderung von Lärmsanierungsmaßnahmen an<br />

Schienenwegen des Bundes<br />

Hilfsweise Anwendung von:<br />

• §§ 41-43 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BlmSchG)<br />

• Verkehrslärmschutzverordnung (16. BlmSchV)<br />

• Verkehrswege-Schallschutz-Maßnahmenverordnung<br />

(24. BlmSchV)<br />

Sinngemäße Anwendung der:<br />

• Richtlinien für den Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen<br />

in der Baulast des Bundes - VLärmSchR 97“ (VkBl 12/97 S.434)<br />

Immissionsgrenzwerte für die<br />

Lärmsanierung<br />

ten werden. Es gibt eine Unterteilung in Gebietskategorien und Tag-, Nachtwerte.<br />

Tagwerte: Für Krankenhäuser, Schulen, Kur- und Altenheime, reine und allgemeine<br />

Wohn- und Kleinsiedungsgebiete 70 dB(A); Kern-, Dorf- und Mischgebiet 72<br />

dB(A) und Gewerbegebiete 75 dB(A). Nachtwerte für Krankenhäuser, Schulen,<br />

Kur- und Altenheime, reine und allgemeine Wohn- und Kleinsiedungsgebiete 60<br />

dB(A); Kern-, Dorf- und Mischgebiet 62 dB(A) und Gewerbegebiete 65 dB(A).<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 49


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Analog zu den Regelungen<br />

für Bundesfernstraßen legt<br />

eine weitere Vorgabe fest,<br />

dass nur die Gebäude geschützt<br />

werden können, die<br />

vor Inkrafttreten des Bundesimmissionsschutzgesetzes<br />

zum 1.4.74, bei den NBL vor<br />

1.10.90 erstellt wurden, bzw.<br />

dass der Bebauungsplan vor<br />

diesem Termin verabschiedet<br />

wurde. Ab diesem Termin<br />

müssen Kommunen und Bau-<br />

lastträger für ausreichenden Immissionsschutz Sorge tragen. Die Förderrichtlinie<br />

sieht die Förderung sowohl aktiver wie<br />

passiver Lärmsanierungsmaßnahmen vor.<br />

Zu den aktiven Maßnahmen gehören<br />

natürlich die Lärmschutzwälle und –<br />

wände, das BÜG, Schienenschmieren und<br />

Lärmminderung an Brückenbauwerken.<br />

Aktive Maßnahmen sind i.d.R. die bessere<br />

Alternative zu den passiven Maßnahmen,<br />

da sie den Außenbereich schützen<br />

und auch bei geöffneten Fenstern Schallschutz<br />

gewähren. Zusammen mit den<br />

schalltechnischen Berechnungen wird<br />

auch untersucht, welche Schallschutzmaßnahmen<br />

in welchen Abschnitten am<br />

effektivsten sind und eingesetzt werden<br />

können. Wenn festgestellt wird, dass eine<br />

aktive Schallschutzmaßnahme wie der<br />

Bau einer Schallschutzwand aus städtebaulichen<br />

oder räumlichen Gründen nicht<br />

in Betracht kommt oder dass diese Wand<br />

aufgrund ihrer Lage zu den zu schützenden<br />

Gebäuden nur eine geringe Wirkung<br />

hätte, können unmittelbar anschließend<br />

neben dem BÜG die passiven Maßnahmen<br />

umgesetzt werden. Hierher gehören<br />

der Einbau von Lärmschutzfenstern,<br />

Wandlüfter mit Schalldämmung und Verbesserung<br />

an Rollläden, Wänden und<br />

Dächern. Anfang der 90er Jahre wurde<br />

50<br />

Immissionsgrenzwerte für die<br />

Lärmsanierung<br />

auf der Basis der Dorsch-Studie bundesweit der Umfang von erforderlichen Maßnahmen<br />

für eine Lärmsanierung an Schienenwegen des Bundes ermittelt. Hierbei<br />

wurde innerhalb einer 60 dB Freifeld-Isophone ein Bereich festgelegt, auf dem ein<br />

Anspruch auf Lärmsanierung theoretisch gegeben war. Nachdem die ersten schalltechnischen<br />

Gutachten der einzelnen Ortsdurchfahrten vorlagen und mit den<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003<br />

aktive Maßnahmen<br />

Lärmschutzwände und -wälle<br />

Besonders überwachtes Gleis<br />

(BüG)<br />

Schienenschmieren<br />

Lärmminderung an<br />

Brückenbauwerken<br />

passive Maßnahmen<br />

Einbau von Lärmschutzfenstern<br />

Wandlüfter mit Schalldämpfung<br />

Verbesserung an Rolläden,<br />

Wänden, Dächern


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Lärmsanierungsmaßnahmen begonnen wurde, stellte sich jedoch heraus, dass die<br />

Anzahl Objekte mit Anspruch auf Lärmsanierung entsprechend der Förderrichtlinie<br />

wesentlich geringer war als seinerzeit prognostiziert. Darüber hinaus sind nicht alle<br />

Eigentümer bereit aufgrund der 25%igen Eigenbeteiligung an dem Lärmsanierungsprogramm<br />

teilzunehmen. Nachfolgend eine Tabelle, was innerhalb der<br />

60dB-Freifeld-Isophone dann tatsächlich an Anspruchslage übrigbleibt. Die erste<br />

Zeile stellt die Anzahl der Wohneinheiten innerhalb der 60 dB-Freifeld-Isophone<br />

dar. Dann wird ein schalltechnisches Gutachten erstellt, alle Objekte werden erfasst<br />

und man stellt fest, dass nur noch 40% der Objekte übrigbleiben, bei denen<br />

eine Grenzwertüberschreitung vorhanden ist. Durch die 74er bzw. 90er Regelung<br />

der Förderrichtlinie reduziert sich die Anzahl der Wohnungseinheiten noch mal um<br />

10%. Wegen bereits vorhandenen, ausreichend dimensionierten Lärmschutz an<br />

den Gebäuden gibt es noch mal eine Reduktion um weitere 10%. Außerdem haben<br />

die Anwohner wegen des selbst zu tragenden 25 %igen Kostenanteils oft<br />

kein Interesse an einer Umsetzung passiver Maßnahmen. So haben wir Abschnitte,<br />

in denen nur passive Maßnahmen vorgesehen, sind einen Umsetzungsgrad<br />

Anzahl der Wohneinheiten (WE) entspr. Dorsch-Studie (Anzahl der WE<br />

innerhalb der 60 dB(A) Freifeldisophone!)<br />

Reduzierung der Anzahl der betroffenen WE auf Grundlage der maßgeblichen<br />

Immissionsgrenzwerte entspr. Förderrichtlinie des BMVBW nach<br />

dreidimensionalem Geländemodell und Berücksichtigung von Abschirmungen.<br />

100 %<br />

- 60 %<br />

Anzahl der tatsächlich zu untersuchenden WE 40 %<br />

Anwendung der 74er bzw. 90er Regelung der Förderrichtlinie (Neubauten nach<br />

1974 - alte Bundesländer und nach 1990 - neue Bundesländer werden nicht<br />

berücksichtigt!)<br />

Bereits vorhandener, ausreichend dimensionierter passiver Lärmschutz<br />

(Einbau von Wärmeisolierglasfenster entspr. Wärmeschutzverordnung von<br />

1995!)<br />

Kein Interesse der Wohnungseigentümer aus persönlichen und finanziellen<br />

Gründen. (Eigenbeteiligung in Höhe von 25 %!)<br />

Tatsächlich Anzahl der WE, bei denen Lärmsanierungsmaßnahmen<br />

realisiert werden!<br />

Bei der o.a. Darstellung wurde der Bau von Schallschutzwänden nicht berücksichtigt.<br />

- 10 %<br />

- 10 %<br />

- 10 %<br />

10 %<br />

von 10 % aller Wohnungen im Bereich der 60 db(A)-Freifeldisophone. Bei dieser<br />

Darstellung sind aktive Maßnahmen nicht berücksichtigt. Die Ergebnisse der o.g.<br />

Darstellung hängen natürlich von Faktoren ab wie Art der Bebauung und Lage<br />

sowie ganz entscheidend von der Lage des Gleiskörpers. In Bezug auf die Akzeptanz<br />

des Lärmsanierungsprogramms kommt daher dem Bau von Schallschutzwänden<br />

eine besondere Bedeutung zu. Über die im Abschnitt aktive Schallschutzmaßnahmen<br />

bereits genannten Vorteile hinaus schützt eine Lärmschutzwand natürlich<br />

auch die Anwohner, die aufgrund der Regelung der Förderrichtlinien keinen Anspruch<br />

auf Lärmsanierung hätten und bei der Umsetzung nur von passiven Maßnahmen<br />

in diesem Abschnitt nicht berücksichtigt würden. Überwiegend wird daher<br />

der Bau einer Wand von Seiten der Kommune und der Anwohner gefordert.<br />

Die Umsetzung des Lärmsanierungsprogramms ist zeitaufwendig. Bis ein Abschnitt<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 51


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

der Prioritätenliste saniert ist, vergehen i.d.R. 2 Jahre. Bevor mit den eigentlichen<br />

Planungen für passive und aktive Maßnahmen begonnen wird, muss eine Schalltechnische<br />

Untersuchung für den jeweiligen Abschnitt durchgeführt werden. Die<br />

Leistung wird von Ingenieur- bzw. Gutachterbüros erbracht. Die Dauer von der<br />

Ausschreibung der Planungsleistung bis zur Vorlange des Gutachtens beträgt<br />

i.d.R. 5 Monate. Anschließend werden die aktiven bzw. passiven Schallschutzmaßnahmen<br />

geplant. Bei den aktiven Maßnahmen müssen wir natürlich ein Planfeststellungs-verfahren<br />

machen. Da gibt es zum einen das Planfeststellungsverfahren<br />

nach § 18 Abs. 1 Allgemeines Eisenbahnbundesgesetz mit öffentlicher Auslegung.<br />

I.d.R. machen wir mittlerweile aber ein Plangenehmigungsverfahren ohne<br />

öffentliche Auslegung nach § 18 Abs. 2 Allgemeines Eisenbahnbundesgesetz.<br />

Hier mal ein Exkurs, um aufzuzeigen, wie zeitaufwendig die Maßnahmen sind.<br />

Hier eine Mindestzeit für die Umsetzung passiver Maßnahmen. Wir müssen von<br />

der Abarbeitung eines gesamten Abschnitts ausgehen. Gesamtdauer minimal 14<br />

Monate. Das schall-technische Gutachten liegt vor, es wird ein Freigabeantrag<br />

gestellt, Ausschreibungsvorgang Planungsleistung, Eigentümerermittlung, Versendung<br />

der Infos und Anträge, Wohnungsbegehungen und Gutachtenerstellung,<br />

Erstellung Leistungsbeschreibung, Preisanfrage, Angebotsauswertung, Abschluss<br />

der Vereinbarung, Vergabe der Baumaßnahme. Bis zur Bauabnahme vergehen<br />

hier i.d.R. 14 Monate.<br />

Mindestzeitablauf für die Umsetzung Passiver Schallschutzmaßnahmen<br />

Vorgänge<br />

Freigabeantrag<br />

Ausschreibung/Vergabe Planungsleistung<br />

Eigentümerermittlung<br />

Versendung der Info und Anträge<br />

Wohnungsbegehung<br />

Gutachtenerstellung<br />

Erstellung Leistungsbeschreibung<br />

Preisanfrage<br />

Angebotsauswertung<br />

Abschluss der Vereinbarung<br />

Vergabe der Baumaßnahme<br />

Durchführung Baumaßnahme<br />

Bauabnahme<br />

Zahlung des 75 % Bundeszuschusses<br />

Auch den aktiven Maßnahmen vergehen i.d.R. 14 Monate. Auch hier gibt es Ausschreibung<br />

und Vergabe der Planungsleistungen, Entwurfsplanung, Plangenehmigungsverfahren,<br />

Finanzierungsantrag, Ausschreibung und Vergabe, Ausführungsplanung,<br />

Baudurchführung, Bauabnahme und Übergabe. Gegebenenfalls ist ein<br />

Planfeststellungsverfahren nach § 18 Abs. 1 AEG mit öffentlicher Anhörung erforderlich.<br />

In diesem Fall dauert die Realisierung einer Schallschutzwand ca. 8 Monate<br />

länger. Aufgrund der unzureichenden Rahmenbedingungen vor 1999, stand in<br />

der Anfangsphase kein Planungsvorlauf zur Verfügung, da die erste Prioritätenliste<br />

52<br />

Jahr<br />

Monat<br />

Gesamtdauer: minimal 14 Monate<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003<br />

2003<br />

2004<br />

Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

erst Ende 1999 freigegeben<br />

wurde. Die DB AG<br />

musste dann in der Anlaufphase<br />

die zur Verfügung<br />

stehenden eigenen<br />

Planungskapazitäten zunächst<br />

auf die Vorbereitung<br />

dieser Maßnahmen<br />

konzentrieren, d.h. im eigenen<br />

Hause die Organisationsstrukturen<br />

für ein<br />

bundesweites Projekt<br />

schaffen. Im Laufe des Jahres 2000 wurde dann auch die Förderrichtlinie ausformuliert,<br />

die für eine rechtliche, saubere Abwicklung des Lärmsanierungsprogramms<br />

sowie für die Prüfung und die Genehmigung der zuwendungsrechtlichen<br />

Belange unerlässlich ist. Zwischenzeitlich sind die Planungen und Realisierungen<br />

von Lärmsanierungsmaßnahmen bundes-weit in erheblichem Maße fortgeschritten.<br />

Nach-folgend eine Übersicht der relevanten passiven und aktiven Maßnahmen.<br />

Hier eine Darstellung der Gesamtmaßnahmen. Die Entwicklung 2000 bis<br />

heute. Man sieht, im Jahre 2001 haben wir für ca. 15 Mio. Euro Lärmsanierungsmaßnahmen<br />

umgesetzt, der Planungsanteil ist hier schon sehr hoch. Wobei überwiegend<br />

diese Zahlen aus dem Jahre 2001 stammen. Im Jahre 2000 ist bis auf<br />

Planungen nicht sehr viel möglich gewesen. Im Jahre 2002 steigt das Verhältnis<br />

von Bauleistungen gegenüber Planungsleistungen. Die Planungen zahlen sich<br />

langsam aus. Im Jahre 2003 haben wir eine Prognose von Planungsleistungen von<br />

10 Mio. Euro und Bauleistungen 45 Mio. Euro. Wir gehen aber davon aus, dass<br />

wir da noch mehr umsetzen können und werden.<br />

Hier nochmals<br />

eine Darstellung<br />

der Entwicklung<br />

anhand der Auf-<br />

Gesamtsumme 28 Mio €<br />

teilungPlankosten- Baukosten,<br />

Plankosten passiv<br />

Baukosten passiv<br />

aktiv und passiv.<br />

35 %<br />

Im Jahre<br />

2000/2001,<br />

wurden überwiegend<br />

passive<br />

17 %<br />

Maßnahmen<br />

durchgeführt<br />

Plankosten aktiv<br />

Baukosten aktiv<br />

(39% aus 28<br />

Mio Euro), Baukosten<br />

aktiv<br />

17%, die Plankosten<br />

aktiv liegen bei 9%, die Plankosten passiv bei 35 %. Im Jahre 2002 sieht es<br />

schon besser aus, da kommen wir so richtig in Fahrt mit Baukosten aktiv 39% und<br />

Baukosten passiv 31%, Plankosten passiv 22% und Plankosten aktiv 8%. Im Jahre<br />

9 %<br />

Art<br />

Summe<br />

Bauleistung 2003 45.248.000 €<br />

Planleistung 2003 10.500.000 €<br />

Bauleistung 2002 36.491.140 €<br />

Planleistung 2002 15.333.000 €<br />

Bauleistung 2000/2001 15.553.200 €<br />

Planleistung 2000/2001 12.552.270 €<br />

39 %<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 53


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

2003 und in den<br />

folgen Jahren wird<br />

es zu einer vollständigenInanspruchnahme<br />

der<br />

Bundesmittel<br />

kommen. Hier die<br />

Baukosten bereits<br />

bei 66% auf der<br />

Basis von 55 Mio.<br />

Euro. Baukosten<br />

passiv 15%, Plankosten<br />

passiv 7%<br />

und Plankosten<br />

aktiv 12%.<br />

Der Realisierungsstand der mittlerweile in Angriff genommenen passiven Maßnahmen.<br />

Wir haben hier bereits 50.000 Wohnungseinheiten. Davon haben<br />

23.000 Wonungsbegehungenstattgefunden.<br />

22.000<br />

Gesamtsumme 55,8 Mio €<br />

Einzelgutachten<br />

und 15.000 Leis- Plankosten aktiv<br />

Plankosten passiv<br />

Baukosten passiv<br />

tungsverzeichnisse<br />

erstellt sowie<br />

12 %<br />

8.613 Maßnahmensen.abgeschlos-<br />

Bei den aktiven<br />

Maßnahmen ha-<br />

Baukosten aktiv<br />

ben wir Wände in<br />

einer Größenordnung<br />

von 80 Mio.<br />

Euro in Vorbereitung,<br />

Plangenehmigungsverfahren abgeschlossen für ca. 20 Mio, Euro, mögliche<br />

Vergabe Bau für 95 Mio. Euro. Vergaben erfolgen natürlich nur dann, wenn wir<br />

sicher sind, die Maßnahmen umsetzen zu können. Dazu gehört natürlich die Genehmigung<br />

eines Finanzierungsantrages, dazu gehört aber auch die genaue Baubetriebsplanung.<br />

Die Wände werden i.d.R. im betriebsrelevanten Bereich gebaut,<br />

d.h. wir können überwiegend die Wände nur in Sperrpausen vom Gleis aus bauen.<br />

Wir haben es hier mit den am stärksten befahrenen Strecken bundesweit zu tun,<br />

daher ist es für uns ein sehr großes Problem, das wir z.T. die Wände in Sperrpausen<br />

oder in natürlichen Zugpausen nur am Wochenende bauen können. Dies führt<br />

natürlich auch zu langen Bauzeiten. Wir haben einen sehr hohen Planungsvorlauf,<br />

wir müssen uns aber immer an dieser Baubetriebsplanung orientieren.<br />

54<br />

Gesamtsumme 51,8 Mio €<br />

8 %<br />

Plankosten passiv<br />

22 %<br />

Plankosten aktiv 39 %<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003<br />

7 %<br />

66 %<br />

Baukosten aktiv<br />

15 %<br />

Baukosten passiv<br />

31 %


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Realisierungsstand der aktiven Maßnahmen<br />

Baukosten<br />

100.000.000,00 €<br />

90.000.000,00 €<br />

80.000.000,00 €<br />

70.000.000,00 €<br />

60.000.000,00 €<br />

50.000.000,00 €<br />

40.000.000,00 €<br />

30.000.000,00 €<br />

20.000.000,00 €<br />

10.000.000,00 €<br />

0,00 €<br />

Im Bau /<br />

abgeschlossen<br />

Mögliche<br />

Vergabe Bau<br />

2003<br />

Plangenehmigungsverfahren<br />

/abgeschlossen<br />

Hier noch mal die Zahlen im Einzelnen: Im Bau befindlich und abgeschlossen 26<br />

Maßnahmen mit 37 Mio. Euro, mögliche Vergabe Bauleistung bei 62 Maßnahmen<br />

ungefähr 97 Mio. Euro, Plangenehmigungsverfahren 10 mit 24 Mio. Euro, Plangenehmigungsanträge<br />

in Vorbereitung 52 ungefähr 72 Mio. Euro, weitere Planungsaufträge<br />

aus schalltechnischen Gutachten z.Zt. mit 10 Mio. Euro.<br />

Zusammenfassung aller aktiven Maßnahmen<br />

Plangenehmigung<br />

in Vorbereitung +<br />

Vergabe Planung<br />

Anzahl Gesamtbaukosten<br />

In Bau befindlich / abgeschlossen 26 37.682.000 €<br />

Mögliche Vergabe Bauleistung 2003<br />

(in Abhängigkeit von Plangenehmigungsverlauf<br />

und Baubetriebsplanung) 62 97.416.000 €<br />

im Plangenehmigungsverfahren 10 24.457.000 €<br />

Plangenehmigungsanträge in Vorbereitung 52 72.959.000 €<br />

Weitere Planungsaufträge aus Schalltechnischen<br />

Gutachten zu beauftragen 7 10.000.000 €<br />

Ausblick und weitere Vorgehensweisen: z.Zt. sind 235 Lärmsanierungsabschnitte<br />

Ortsdurchfahrten parallel in der Bearbeitung. In 2003 werden ca. 80 Abschnitte<br />

abgeschlossen. Für die 2. Fortschreibung der im August 2002 freigegeben Prioritä-<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 55


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

tenliste mit über 900 Ortsdurchfahrten wurden zwischenzeitliche Voruntersuchungen<br />

durchgeführt mit dem Ziel genauere Angaben über die Betroffenheit und<br />

erforderlichen Investitionen zu erhalten. Es ist erforderlich ein langfristig tragfähiges<br />

Konzept zu entwickeln, dass innerhalb des Budgets eine gerechte und unter<br />

wirtschaftlichen Gesichtspunkten vernünftige Abarbeitung sicherstellt. Die einzelnen<br />

Abschnitte werden zu sinnvollen Strecken- oder Ortsbereichen zusammengefasst<br />

und länderbezogen einer Priorisierung unterzogen, die sich sowohl an der<br />

Anzahl der Betroffenheiten, sowie an der Höhe der Emissionen orientiert. Ziel ist<br />

analog dem Bundesverkehrswegeplan eine 5 Jahresplanung zu erstellen, mit einem<br />

festen Fahrplan für die Ortschaften, für die Lärmsanierungsmaßnahmen<br />

dringend geboten sind. Darüber hinaus wird es noch in diesem Jahr ein Gesamtkonzept<br />

geben, unter Berücksichtigung aller Abschnitte Ortsdurchfahren für die<br />

nach den Kriterien der Förderrichtlinie eine Lärmsanierung erforderlich ist. Um die<br />

Lärmsanierung in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen abwickeln zu können,<br />

wäre mittelfristig eine Anhebung des Budgets sicherlich sinnvoll. Die Aussichten<br />

hierfür sind vorhanden, die hierfür erforderlichen Strukturen zur Umsetzung bestehen<br />

und können weiter ausgebaut und optimiert werden.<br />

Vielen Dank!<br />

56<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Erfahrungen mit dem Lärmsanierungsprogramm<br />

des Bundes, Vorschläge für eine Weiterentwicklung<br />

Ulrich Möhler, Ingenieurbüro Möhler+Partner, München<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

Zunächst möchte ich Ihnen in meinem Referat die Ausgangssituation bei der<br />

Lärmsanierung in der Praxis schildern, möchte ihnen dann anhand von Fallbeispielen<br />

unsere „Schwierigkeiten“ schildern, die wir mit der derzeit anzuwendenden<br />

Förderrichtlinie haben und dann daraus Verbesserungsvorschläge ableiten, die<br />

vielleicht die Chance haben, dass sie mit in eine überarbeitete Richtlinie eingehen.<br />

Ich möchte am Anfang einschränken, dass meine folgenden Ausführungen keinen<br />

Anspruch auf Vollständigkeit haben. sondern sich aus unserer Erfahrung in unserem<br />

Büro ergeben haben.<br />

Lärmsanierungsgrenzwerte<br />

Krankenhäuser, Schulen, Kur- und Altenheime,<br />

reine und allgemeine Wohn-<br />

sowie Kleinsiedlungsgebiete<br />

70 dB (A) tags und 60 dB(A) nachts<br />

Kern- , Dorf- und Mischgebiete 72 dB (A) tags und 62 dB(A) nachts<br />

Gewerbegebiete 75 dB (A) tags und 65 dB(A) nachts<br />

Grundsätze allgemeiner Art sind, dass die Lärmsanierungsgebiete in der Liste des<br />

Bundes aufgeführt werden müssen, dass die Berechnung nach 16. BImSchV<br />

durchzuführen ist und zwar nur für den Schienenverkehrslärm und dass die Maßnahmen<br />

auf die Lärmsanierungsgrenzwerte zu dimensionieren sind.<br />

Grundsätze zum aktiven Schallschutz.<br />

Die Schallschutzwandhöhen sollen höchstens 2m betragen. Die Lärmminderung<br />

von Brücken kann auch im Zusammenhang mit der Instandhaltung durchgeführt<br />

werden, d.h. sie muss nicht unbedingt zu dem Zeitpunkt, wo eine andere aktive<br />

Maßnahme durchgeführt wird, auch gleichzeitig stattfinden; und natürlich soll<br />

auch der Einsatz des BÜG berücksichtigt werden.<br />

Grundsätze passiver Schallschutz.<br />

Durch die passive Maßnahme soll eine Verbesserung von mindestens 5 dB erreicht<br />

werden. Ferner werden die Kosten nur zu 75% erstattet. Keine Lärmsanierung bei<br />

Gebäuden, die vor 1974 oder 1990 gebaut wurden.<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 57


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Fallbeispiel 1:<br />

Bild 1:<br />

Wir haben hier eine Situation, wie sie im Umfeld von Ballungsgebieten öfters vorkommt.<br />

Auf der östlichen Seite verläuft eine Fernbahn mit einer Schallemission<br />

von nachts 75 dB(A), auf der anderen Seite die S-Bahn mit nachts 54 dB(A). Es<br />

liegt eine dichte Bebauung vor. In derartigen Fällen gehen wir an die Obergrenze<br />

der Schallschutzmöglichkeiten und schlagen 2m hohen aktiven Schallschutz und<br />

zusätzlich passiven Schallschutz vor.<br />

Die Schallsituation ändert sich dadurch folgendermaßen: In der derzeitigen Situation<br />

liegen die Grenzisophonen auf beiden Seiten ungefähr gleich weit entfernt.<br />

Wenn wir jetzt beidseitig 2m hohe Schallschutzwände vorsehen, erreichen wir auf<br />

der einen Seite mit der „lauten“ Fernbahn einen besseren Effekt und auf der anderen<br />

Seite einen schlechteren Effekt. D.h. die Grenze der Anspruchsberechtigung<br />

für passiven Schallschutz ist ungleich verteilt. Die Pegelminderung auf der einen<br />

Seite liegt bei ca. 10 dB(A), auf der anderen Seite bei ca. 6 dB(A). Diese Ungleichheit<br />

kann dadurch vermieden werden, dass man auf der Seite der S-Bahn die<br />

Schallschutzwand auf 3 m erhöht, auf der anderen Seite lässt man es bei 2 m. Die<br />

Grenze der Anspruchsberechtigung verändert sich und es ergibt sich dann ein ungefähr<br />

gleicher Abstand der Grenzisophonen.<br />

58<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Fallbeipiel 2:<br />

Bild 2:<br />

Hier ist eher die Topographie Anlass dazu, dass die Schallschutzwandhöhen differenziert<br />

betrachtet werden müssen. Wir haben auf der einen Seite eine Hanglage,<br />

auf der westlichen Seite der Bahn liegen die Gebäude oberhalb, auf der östlichen<br />

Seite unterhalb der Bahn. Wenn man jetzt beidseitig eine 2 m hohe Schallschutzwand<br />

errichten würde, ergeben sich bei den Gebäuden unterhalb der Bahn relativ<br />

hohe Pegelminderungen von ca. 10 dB(A) dagegen bei den Gebäude oberhalb der<br />

Bahn höchstens 2 dB(A).<br />

Bild 3:<br />

In diesem Fall müsste man entweder die Möglichkeit haben, den aktiven Schallschutz<br />

oberhalb der Bahn so zu erhöhen, dass beidseits die gleiche Abschirmwirkung<br />

erzielt wird, oder man lehnt von vornherein dort den Schallschutz ab, weil er<br />

zu teuer und zu aufwendig ist. In dem konkreten Fall haben wir nachgerechnet,<br />

dass eine Schallschutzwand von 5-6 m erforderlich wäre. um in etwa den gleichen<br />

Effekt zu erzielen, wie dies talseits durch eine 2 m hohe Schallschutzwand erreicht<br />

wird.<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 59


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Fallbeispiel 3:<br />

60<br />

Bild 4:<br />

Wir haben hier den klassischen Fall der Summenpegelwirkung: Eine Bahn verläuft<br />

parallel zu einer Bundesstraße. Die rote Linie stellt die 70 dB(A)- Isophone für die<br />

Bahn dar, die blaue die 70 dB(A)- Isophone für die Bundesstraße und die orange<br />

Linie die 70 dB(A) - Isophone für den Summenpegel aus Straße und Schiene. Nach<br />

einer schalltechnischen Voruntersuchung wurde eine Schallschutzwand zwischen<br />

Bahnlinie und Bundesstraße vorgesehen; der Beurteilungspegel aus der Bahnlinie<br />

reduziert sich um 7-8 dB(A), aus Straßenverkehr ergibt sich keine Pegelreduzierung.<br />

Im Summenpegel aus Straßen- und Schienenlärm ergibt sich nur eine ganz<br />

geringe Auswirkung. Diese Maßnahme ist aus akustischer Sicht insgesamt wenig<br />

bzw. nicht wirksam.<br />

Wir würden eine Lösung vorziehen, bei der auf der anderen Seite der Straße eine<br />

vielleicht etwas höhere Schallschutzwand vorgesehen wird.<br />

In diesem Fall wird für beide Schallquellen eine gute Schallschutzwirkung erzielt.<br />

Bild 5:<br />

Natürlich ist momentan das Problem, dass diese Situation bezüglich der finanziellen<br />

Aufteilung der Maßnahmen zwischen den beiden Baulastträgern Straße und<br />

Schiene nicht geregelt ist.<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Fallbeispiel 4:<br />

Bild 6:<br />

Dieses Bild zeigt eine Bahnlinie mit einer Ortschaft bestehend aus 2 Ortsteilen.<br />

Der eine Ortsteil weist dichte Bebauung, der andere lockere Bebauung auf. Zunächst<br />

wurde aktiver Schallschutz (grüne Linien) nur im Bereich der dichten Bebauung<br />

vorgesehen; bei der lockeren Bebauung wurde unterstellt, dass nach einer<br />

Kosten-Nutzen-Betrachtung eine Schallschutzwand unrentabel ist, obwohl eine<br />

gute akustische Wirkung erzielt wurde. Im Planfeststellungsverfahren wurde bzw.<br />

wird diskutiert, ab welchem Verhältnis sich der Einsatz von aktiven Schallschutzmaßnahmen<br />

lohnt:<br />

Tabelle 1:<br />

Es wäre ein Wunsch von uns als Ingenieur-Büro, dass man in die neue Richtlinie<br />

Hinweise zur kostenmäßigen Verhältnismäßigkeit aufnimmt.<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 61


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

62<br />

Vorschläge Weiterentwicklung: Abwägung aktiver/passiver<br />

Schallschutz<br />

• Aktiver Schallschutz vorrangig, wenn LS-Grenzwerte nachts<br />

um 5 dB(A) überschritten sind<br />

• Pegelminderung durch aktive Maßnahme mindestens 5 dB(A)<br />

• Berücksichtigung Summenpegel aus Strasse und Schiene<br />

• Verhältnis passiver Schallschutz zu aktiver + passiver<br />

Schallschutz < 1:5 ?<br />

• Abwägung Höhe der Schallschutzmaßnahmen zwischen 2 und<br />

3 m<br />

M ö h l e r + P a r t n e r <strong>VCD</strong> Workshop Schienenverkehrslärm München, 04.04.2 03<br />

Vorschläge Weiterentwicklung: Akzeptanz der LS-Maßnahmen<br />

• Einrichtung runder Tisch mit DBProjektBau, Gemeinde,<br />

Bürgervertreter und Ing.-Büro zu Umfang Schallschutz und<br />

Gestaltung<br />

• Mehrmalige Unterrichtung der Bürger über den Stand durch<br />

Bürgerversammlung, Broschüren, Bürgertelefon,<br />

Veröffentlichungen in Tagespresse<br />

M ö h l e r + P a r t n e r <strong>VCD</strong> Workshop Schienenverkehrslärm München, 04.04.2 03<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Besondere Fragen der Schallemission und der<br />

Lärmbeurteilung von Straßenbahnen<br />

Wolfgang Hendlmeier, Bayerisches Landesamt für<br />

Umweltschutz, Augsburg<br />

1. Die Bedeutung der Lärmeinwirkungen im Wohnumfeld<br />

Die folgenden Ausführungen sollen bewusst in den größeren Zusammenhang des<br />

Verkehrslärmschutzes gestellt werden. Der Lärm ist die bedeutendste Umweltbeeinträchtigung<br />

im Wohnumfeld. Er kann als ein Maßstab für verminderte Lebensqualität<br />

dienen. Nach Angaben des Umweltbundesamtes stört er noch mehr als<br />

Luftverschmutzung, Gewässer- und Abfallbelastung [17]. In den alten Bundesländern<br />

fühlen sich durch Straßenverkehrslärm rund 73% der Einwohner und<br />

durch Schienenverkehrslärm rund 23% der Einwohner belästigt [19]. Trotzdem<br />

gibt es wegen der hohen auf die öffentliche Hand zukommenden Kosten immer<br />

noch einen nur unbefriedigenden Schutz vor Verkehrslärm.<br />

Ergebnisse von Befragungen spiegeln allerdings nur subjektive Eindrücke wieder;<br />

denn das Ohr ist immer aufnahmebereit. Einen Gewöhnungseffekt gibt es daher<br />

nicht, nur eine scheinbare Gewöhnung an bekannte Geräusche, wenn sie nicht<br />

allzu laut sind. Auch die Geräusche, an die man sich scheinbar gewöhnt hat, mindern<br />

die nächtliche Erholung wegen der Verkürzung des Tiefschlafzustandes. Lärm<br />

beschleunigt auf biochemischem Weg die Alterung des Herzens durch Freisetzung<br />

der Stresshormone Adrenalin und Cortisol. Ich möchte hier nicht auf einzelne Ergebnisse<br />

der Lärmwirkungsforschung eingehen, nur so viel: Unbestritten ist, dass<br />

Beurteilungspegel, also Mittelungspegel, von etwa über 65 dB(A) bei Dauereinwirkung<br />

das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen [18]. Eine weitere<br />

gesicherte Erkenntnis ist, dass bei Straßenverkehrslärmbelastungen mit Mittelungspegeln<br />

von mehr als 65/55 dB(A) außen tags/nachts nach dem jetzigen<br />

Kenntnisstand eine Zunahme des Risikos für Herzinfarkt um ca. 20% zu befürchten<br />

ist [25].<br />

2. Neuere Messergebnisse der Schallemissionen von Straßenbahnen.<br />

Die Eingangsgrößen für die Berechnungen der Schallemissionen von Schienenbahnen<br />

finden sich in den durch die Verkehrslärmschutzverordnung – 16. BImSchV<br />

eingeführten Regelwerken (Anlage 2 zur 16. BImschV [3] oder „Schall 03“ [9]).<br />

Die tatsächlichen Größen ändern sich im Laufe der Jahre. Auch werden im Laufe<br />

der Zeit neue Oberbauformen, deren Schallemission nicht hinreichend bekannt ist,<br />

zum Stand der Technik. So ist zu erwarten, dass bei der klassischen Straßenbahn<br />

der Schwellenoberbau im Schotterbett, dessen Unterhaltung wegen des Einsatzverbotes<br />

von Herbiziden stark erschwert worden ist, durch den Rasengleisoberbau<br />

ersetzt wird. Dieser ist im Prinzip eine feste Fahrbahn mit Mutterbodenauflage<br />

und Raseneinsaat.<br />

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<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Das Bayer. Landesamt für Umweltschutz (BayLfU) hat seit 1984 immer wieder an<br />

verschiedenen Straßenbahnstrecken Schallpegelmessungen durchgeführt oder<br />

durchführen lassen, u.a. durch das Ingenieurbüro Möhler + Partner. Dieses Büro<br />

hat in engem Zusammenwirken mit dem Auftraggeber und mit dem Umweltbundesamt<br />

die Untersuchungen vorgenommen und den Abschlußbericht [27]<br />

bis Ende 1997 erstellt. Eine Kurzfassung erschien unter dem gleichen Titel in der<br />

„Zeitschrift für Lärmbekämpfung“ [28]. Eine Gesamtschau der vom Umweltbundesamt<br />

durchgeführten oder ausgewerteten Schallemissionsmessungen an<br />

Straßenbahnstrecken hat Heinz-Joachim Giesler gegeben [22].<br />

Die Messergebnisse bzw. die zu ermittelnden Zu- oder Abschläge für die verschiedenen<br />

Einflussgrößen waren mit den in der „Schall 03“ genannten Werten zu<br />

vergleichen (Tabelle 1). Die Zu- und Abschläge beziehen sich auf den „Grundwert“<br />

nach „Schall 03“, der 51 dB(A) beträgt und für folgende Verhältnisse gilt:<br />

• 1 Zug/Stunde mit 100 m Länge<br />

• 100 km/h Geschwindigkeit,<br />

• Zug vollständig scheibengebremst,<br />

• Holzschwellengleis im Schotterbett,<br />

• 25 m Messabstand neben dem Gleis in 3,5 m Höhe über Grund,<br />

• durchschnittlich guter Schienenzustand.<br />

Die wesentlichen Ergebnisse von Untersuchungen des Bayer. Landesamtes für<br />

Umweltschutz [27], des Umweltbundesamtes [22] und der Studiengesellschaft für<br />

unterirdische Verkehrsanlagen e.V. STUVA [26] sind in Tabelle 1 dargestellt.<br />

• Straßenbahnzüge auf Holzschwellengleisen sind ebenso laut wie Züge auf Betonschwellengleisen<br />

im Schotterbett. Der ermittelte Fahrbahnzuschlag beträgt<br />

2 dB.<br />

• Der Fahrbahnzuschlag für Gleise (i.d.R. Rillenschienengleise) in fester Fahrbahn<br />

(ohne gepflegtes Rad-Schiene-System) liegt um 2 dB höher als nach „Schall<br />

03“. Er beträgt 7 dB, nicht 5 dB.<br />

• Das Rasengleis ist tatsächlich um 2 – 6 dB lauter als nach „Schall 03“ berechnet.<br />

Es ist bei hochliegendem Rasen nur um 2 dB leiser als das Betonschwellengleis,<br />

bei tiefliegendem Rasen um 2 dB lauter als das Betonschwellengleis,<br />

jeweils im Schotterbett.<br />

• Bei einem gepflegten Rad-Schiene-System kann bei allen Fahrbahnarten ein<br />

Abschlag von 3 dB angesetzt werden. Dazu müssen die Schienen regelmäßig<br />

geschliffen und aufgetretene Rad-Flachstellen kurzfristig abgedreht werden,<br />

d.h. der Verkehrsbetrieb muss einen Schleifwagen und eine Radsatzprofilierungsmaschine<br />

besitzen.<br />

• Der Zuschlag von 3 dB für ältere Straßenbahnfahrzeuge konnte bestätigt werden.<br />

Für neuere Niederflurfahrzeuge kann er auf 1 dB vermindert werden. Beispiele<br />

für Straßenbahn-Vorbeifahrten auf geraden und gekrümmten Gleisabschnitten<br />

zeigt Bild 1.<br />

64<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

• Der Kurvenzuschlag nach „Schall 03“ in Höhe von 8 dB wurde für Radien von<br />

etwa 25 m bestätigt. Die Emissionen streuen sehr stark. Sie sind besonders<br />

hoch bei trockenem, kaltem Wetter, bei neuen Radreifen auf neuen Gleisen<br />

oder bei verriffelter Innenschiene. Maßnahmen gegen erhöhte Kurvengeräusche<br />

(u.a. Schmiereinrichtungen, stationär am Gleis oder an den Spurkränzen<br />

des Fahrzeuges, und eigens auf das Spektrum des Kurvenquietschens abgestimmte<br />

Radabsorber) verringern die Emissionen im Mittel nur um 1,5 dB(A).<br />

• Neuere Stadtbahn- und U-Bahn-Fahrzeuge sind deutlich leiser als mit den<br />

Fahrzeugparametern der „Schall 03“ berechnet: der Stuttgarter DT 8 um<br />

3 dB(A), die Münchner U-Bahn-Fahrzeuge der 2. Generation um 3 dB(A), der<br />

Hamburger DT 4 um 10 dB(A).<br />

Bedauerlicherweise<br />

sind aber neuere<br />

Fahrzeuge nicht<br />

immer leiser als die<br />

älteren. Gefördert<br />

wird diese<br />

Erscheinung einmal<br />

durch die fehlende<br />

Rechtsverordnung<br />

nach § 38 Abs. 2<br />

BImSchG zur<br />

Begrenzung der<br />

Schallemissionen<br />

von Schienenfahrzeugen.<br />

Dazu<br />

beigetragen hat<br />

aber auch die<br />

Straßenbahn-<br />

Niederflurtechnik<br />

mit durchgehendem<br />

Niederflur-<br />

Fußboden. Deshalb<br />

mussten Schall<br />

emittierende<br />

Aggregate<br />

ungeschützt auf<br />

dem Wagendach<br />

angeordnet werden<br />

und nicht mehr –<br />

wie bei älteren<br />

Fahrzeugen –<br />

abgeschirmt unter<br />

dem<br />

Wagenfußboden.<br />

auf die Fahrzeuglänge von 100 m normierter Emissionspegel in dB(A)<br />

70<br />

65<br />

60<br />

55<br />

50<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

Straßenbahn-Schallpegelmessungen<br />

Normierter Emissionspegel als Funktion der Vorbeifahrgeschwindigkeit<br />

Meßquerschnitt: München Tivolistraße<br />

Oberbauart: feste Fahrbahn<br />

Messung Kurve, quietschend<br />

Messung Kurve, nicht-quietschend<br />

Messung gerade Strecke<br />

Berechnung nach Schall 03 (feste Fahrbahn)<br />

Berechnung nach Schall 03 + D Ra (Pegeldiff.<br />

durch Gleisbögen mit engen Radien: 8 dB(A))<br />

20<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90<br />

Vorbeifahrgeschwindigkeit in km/h<br />

Bild 1: Straßenbahn-Schallemissionen – Vergleich gerade Strecke – Kurve [27]<br />

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<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

66<br />

Tabelle 1:<br />

In 4 756 Messungen ermittelte Pegeldifferenzen der akustischen Eingangsgrößen<br />

von schalltechnischen Berechnungen,<br />

verglichen mit den Werten der Richtlinie „Schall 03“<br />

Zuschlagart Nach [22],<br />

ergänzt nach [27]<br />

nach „Schall 03“ ***)<br />

Fahrzeugart DFz<br />

• U-Bahn München<br />

• Straßenbahn-Nicht-<br />

Niederflurfahrzeug, Stadtbahn<br />

• Straßenbahn-Niederflurfahrzeug<br />

Fahrbahnart DFb<br />

• Rasenbahnkörper,<br />

tiefliegender Rasen<br />

• Rasenbahnkörper<br />

hochliegender Rasen<br />

• Schotterbett, Holzschwellen<br />

• Schotterbett, Betonschwellen<br />

• Feste Fahrbahn,<br />

nicht absorbierend<br />

Einfluß der Pflege des Rad-<br />

Schiene-Systems<br />

DFb, Fußnote<br />

• gepflegtes Rad-Schiene-System -3 **)<br />

Einfluß der Kurven DRa<br />

• Kurvenradius


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Wichtige Ergebnisse<br />

• für Gleise in der Geraden und in der Kurve,<br />

• für verschieden gute Gleiszustände<br />

sind in den Bildern 1 und 2 enthalten.<br />

Die Messergebnisse zeigen insgesamt, dass die Parameter der „Schall 03“ für<br />

Straßen- und U-Bahnen, die gemäß 16. BImSchV bei schalltechnischen Berechnungen<br />

rechtsverbindlich anzusetzen sind, zu einem nicht unerheblichen Teil überholt<br />

sind.<br />

3. Schall- und Erschütterungsschutz im Planfeststellungsverfahren<br />

Zu den Straßenbahnen gehören nach den Regelungen des Personenbeförderungsgesetzes<br />

die klassischen Straßenbahnen, das sind Schienenbahnen, die mit straßengängigenSchienenfahrzeugen<br />

betrieben<br />

werden, und die sog. U-<br />

Straßenbahn-Schallpegelmessungen<br />

Bahnen, die nach<br />

Strecken- und Fahrzeug-<br />

Normierter Emissionspegel als Funktion der Vorbeifahrgeschwindigkeit<br />

standard eher einer S-<br />

Bahn ähneln. Für den<br />

Oberbauart: Feste Fahrbahn<br />

Neubau und größere<br />

70<br />

Umbauten von<br />

Straßenbahnstrecken sind<br />

65<br />

nach § 28 PersonenbeförderungsgesetzPlanfeststellungsverfahren<br />

60<br />

durchzuführen, die in der<br />

Regel mit einen Planfest-<br />

55<br />

stellungsbeschluß enden,<br />

der mit gewissen Auflagen<br />

50<br />

versehen ist. Bei der<br />

45<br />

Planfeststellung sind u.U.<br />

die Umweltverträglichkeit<br />

40<br />

und in jedem Fall die<br />

Schallschutzansprüche zu<br />

35<br />

log. Regressionen, durchschnittliche Rad-Schiene-Systeme<br />

prüfen. Die erforderlichen<br />

Prüfungen für den Schall-<br />

30<br />

log. Regressionen, gepflegte Rad-Schiene-Syteme<br />

Berechnung nach Schall 03 (feste Fahrbahn)<br />

und Erschütterungsschutz<br />

25<br />

sind im folgenden<br />

dargelegt.<br />

auf die Fahrzeuglänge von 100 m normierter Emissionspegel in dB(A)<br />

20<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90<br />

Vorbeifahrgeschwindigkeit in km/h<br />

Bild 2: Abhängigkeit des Straßenbahn-Schallemissionspegels von der<br />

Geschwindigkeit bei fester Fahrbahn [27]<br />

3.1 Die Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

Die Straßenbahn gilt wegen ihres elektrischen Antriebes als umwelt-freundliches<br />

Verkehrsmittel. Da sie im Vergleich zum Omnibus eine höhere Beförderungskapa-<br />

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<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

zität besitzt, attraktiver ist und ihre Baukosten im Vergleich zu unterirdisch geführten<br />

Bahnen deutlich niedriger liegen, werden seit etwa 1980 wieder Straßenbahnstrecken<br />

geplant, gebaut und modernisiert. Wegen der Umweltfreundlichkeit der<br />

Straßenbahn im Vergleich mit anderen Verkehrsmitteln sei auf [24] verwiesen. Bild<br />

3 zeigt die spezifischen Schallemissionen von Personen-Landverkehrsmitteln [29].<br />

Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist nach § 3 b des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

– UVPG [1] in Verb. mit der Anl. 1 für den Bau und die<br />

Änderung von Straßenbahnen seit dem 28. Juli 2001 nicht mehr zwingend vorgeschrieben<br />

– es sei denn, die Verpflichtung zur sog. allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles<br />

ergibt etwas anderes. Auch wenn formal eine Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

nicht erforderlich sein sollte, ist sie doch dringend zu empfehlen, um den<br />

lärmbetroffenen Streckenanliegern aufzuzeigen, wie sich die Lärmbelastung infolge<br />

des Baues der Straßenbahn oder oberirdischen U-Bahn verändern wird. Hier ist<br />

zu betonen, dass eine offene Vorgehensweise mit Aufzeigen aller Vorzüge – aber<br />

auch Schwierigkeiten. – eines Projektes dazu beiträgt, Ohnmachtbewusstsein und<br />

Staatsverdrossenheit betroffener Bürger abzubauen oder wenigstens gering zu<br />

halten. Die Feststellung, z.B. im Erläuterungsbericht von Raumordnungs- oder<br />

Planfeststellungsunterlagen, dass Lärmschutz nach Maßgabe der Verkehrslärmschutzverordnung<br />

– 16. BImSchV [3] gewährt wird, genügt im Rahmen der Umweltverträglichkeitsuntersuchung<br />

nicht.<br />

68<br />

Fernverkehr (100 km/h) Stadtverkehr (50 km/h)<br />

dB(A)<br />

ICE ¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦ 58 48 ¦¦¦¦¦¦¦¦¦ Straßenbahn, Rasengleis<br />

Interregio ¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦ 61 55 ¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦ Straßenbahn, feste Fahrbahn<br />

Stadtexpreß ¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦ 64 48 ¦¦¦¦¦¦¦¦¦ S-Bahn<br />

Pkw ¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦ 61 55 ¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦ Pkw<br />

Reisebus ¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦ 57 52 ¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦ Stadtbus<br />

Die angegeben Werte sind nach „RLS-90“ und „Schall 03“ für Vollbesetzung berechnet.<br />

Angenommen sind je Pkw 4 Insassen, bei öffentl. Nahverkehrsmitteln außer den Sitzplätzen<br />

auch Stehplätze mit 4 Personen/m 2 .<br />

Beim Ansatz der durchschnittlichen Besetzung erhöhen sich die o.g. Werte um 5 – 6 dB(A):<br />

Bild 3 Spezifische Schallemissionen von Personenverkehrsmitteln in dB(A), bezogen auf eine Transportkapazität von<br />

1 000 Personen pro Stunde<br />

Eine Betrachtung der Gesamtbeurteilungspegel (auch: Summenpegelbetrachtung)<br />

ist im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Geschieht dies<br />

nicht, kann die Auswirkung des Vorhabens auf den Menschen, d.h. die Betrof-<br />

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<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

fenheit, nicht ausreichend dargestellt werden. Die Allg. Verwaltungsvorschrift –<br />

UVPVwV [6] enthält zu den Stichworten „Ruhe, Lärmbetroffenheit, Lärmschutz“<br />

leider keine Hinweise. Gesichtspunkte der Lärmwirkung erfordern jedoch<br />

• die Gegenüberstellung der Gesamtbeurteilungspegel (Summenpegel) aus Geräuschen<br />

von Landverkehrswegen vor und nach Fertigstellung des geplanten<br />

bzw. verfahrensgegenständlichen Verkehrsweges,<br />

• bei Trassenvergleichen auch einen Vergleich der größenordnungsmäßigen Anzahl<br />

derjenigen Einwohner, die durch bestimmte Beurteilungspegel betroffenen<br />

werden.<br />

3.2 Prüfung auf Lärmvorsorgeansprüche (nach 16. BImSchV)<br />

Die schalltechnische Beurteilung des Neubaus oder Ausbaus von Schienenwegen<br />

ist in §§ 41 und 42 BImSchG und in der 16. BImSchV geregelt. Sie unterscheidet<br />

zwischen dem „Neubau“ und der „wesentlichen Änderung“. Einen Überblick über<br />

die nicht gerade übersichtliche Rechtslage zur Ermittlung von Schallschutzansprüchen<br />

gegenüber Immissionen aus Landverkehrslärm bietet Bild 4. Im Gegensatz<br />

zur Umweltverträglichkeitsprüfung wird i.d.R. bei der Ermittlung des Rechtsanspruches<br />

auf Lärmschutz nach BImSchG die eigentlich erforderliche Gesamtpegelbetrachtung<br />

nur ausnahmsweise durchgeführt, nämlich dann, wenn Verkehrswege<br />

(z.B. Straße und Straßenbahn) gleichzeitig gebaut oder umgebaut werden. Ist dies<br />

nicht der Fall, werden nur Verkehrswege berücksichtigt, die neu gebaut oder<br />

durch „erheblichen baulichen Eingriff“ verändert werden. Dabei muss beim erheblichen<br />

baulichen Eingriff die Substanz des Verkehrsweges berührt werden. Als „erheblicher<br />

baulicher Eingriff“ gilt die Verschwenkung von Fahrstreifen oder Gleisen<br />

oder ihre Höhenänderung. Auf jeden Fall ist der Einbau von Straßenbahngleisen<br />

bautechnisch ein erheblicher Eingriff in den Straßenkörper. Dass Juristen dies teilweise<br />

anders als die Bau- und Lärmschutzfachleute und die sog. gebildeten Durchschnittsbürger<br />

sehen, lässt sich offenbar nicht ändern.<br />

Baumaßnahmen zur Straßen- und Bahnstreckenunterhaltung, außerdem der Einbau<br />

von Verkehrsinseln und der Einbau von Weichen, z.B. zur Verbindung von<br />

zwei Gleisen, und ähnliche Baumaßnahmen gelten rechtlich entsprechend der Begründung<br />

zur 16. BImSchV [4, B. Abs. 3] nicht als erheblicher baulicher Eingriff.<br />

Bei den soeben genannten Baumaßnahmen entfällt eine schalltechnische Berechnung<br />

und Beurteilung.<br />

Die in § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV festgelegten Lärm-Immissionsgrenzwerte sind<br />

streng genommen keine Grenzwerte, sondern Auslösewerte für den Anspruch auf<br />

Lärmschutzmaßnahmen. Lärmschutzansprüche ohne einschränkende Randbedingungen<br />

können nur beim Neubau von Verkehrswegen sowie beim Anbau durchgehender<br />

Fahrstreifen bzw. Gleise entstehen.<br />

In Stadtstraßen ist der öffentliche Nahverkehr ein Bestandteil des Straßenverkehrs.<br />

Wenn Straßenbahn-Rillenschienengleise eingedeckt im Straßenplanum liegen, also<br />

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<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

70<br />

Lärmsanierung<br />

Schallschutzanspruch gesetzlich<br />

nicht geregelt<br />

Bestehender Verkehrsweg<br />

ohne erheblichen baulichen<br />

Eingriff<br />

kein öffentlich-rechtlicher<br />

Schutzanspruch<br />

Lärmsanierungsprogramme,<br />

ggf. Zivilklage auf Entschädigung<br />

erfolgversprechend, falls<br />

nicht in den Lärm hineingebaut<br />

und Beurteilungspegel über<br />

70 – 75 dB(A) tags,<br />

60 – 65 dB(A) nachts<br />

(Grundlage: Art. 2 und 14<br />

Grundgesetz)<br />

BImSchG = Bundes-Immissionsschutzgesetz<br />

BImSchV = Verordnung zum Bundes-<br />

Immissionsschutzgesetz<br />

*) Erhöhung um mindestens 2,1 dB(A),<br />

falls Beurteilungspegel nach dem Umbau unter<br />

69,1/59,1 dB(A) tags/nachts,<br />

sonst um mindestens 0,1 dB(A)<br />

Pegelerhöhung *)<br />

nein ja<br />

Wesentliche Änderung<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003<br />

Lärmvorsorge<br />

(§ 41 – 43 BImSchG)<br />

Bestehender Verkehrsweg<br />

mit erheblichem<br />

baulichen Eingriff<br />

Schallschutzanspruch<br />

bei Überschreitung der<br />

Immissionsgrenzwerte (IGW)<br />

(§ 2 Abs. 1 16. BImSchV)<br />

vorrangig durch Schallschutz<br />

am Verkehrsweg (§ 41 Abs. 1<br />

BImSchG)<br />

Anspruch auf Schallschutz am<br />

Gebäude bei verbleibender<br />

Überschreitung der IGW (§<br />

42 BimSchG in Verb. mit 24.<br />

BImSchV)<br />

Bild 4: Rechtsanspruch auf Schutz vor Verkehrslärm<br />

Anbau durchgehender<br />

Fahrstreifen oder Gleise<br />

(§1 Abs.2 Nr.1 16.BImSchV)<br />

Neubau eines Verkehrsweges<br />

nicht auf einem besonderen Bahnkörper als Rasengleise oder im Schotterbett, ist<br />

es aus Lärmschutzgründen im wesentlichen gleichgültig, ob der öffentliche Linienverkehr<br />

mit Straßenbahntriebwagen oder mit Omnibussen durchgeführt wird. Aus<br />

lärmschutzfachlichen Gründen ist die Auffassung zu vertreten, dass bei einem<br />

planfeststellungspflichtigen Neubau von Straßenbahnstrecken ohne eigene Trasse<br />

oder beim Umbau von Straßenbahngleisen im Straßenraum mit Gleisverschwenkung<br />

ein erheblicher baulicher Eingriff vorliegt. Auf Teilstrecken kann eine wesentliche<br />

(akustische) Änderung nach 16. BImSchV entstehen. In diesem Zusammenhang<br />

sind die Teil-Beurteilungspegel aus schienengebundenem und nicht-schienengebundenem<br />

Verkehr zu ermitteln, zum Gesamt-Beurteilungspegel für den


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Zustand vor und nach der baulichen Änderung zu addieren und im Falle einer Pegelerhöhung<br />

anhand der Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV zu beurteilen, ob<br />

Schallschutzansprüche entstehen [21].<br />

Hier noch einige Hinweise für die schalltechnische Berechnung:<br />

Um reproduzierbare Ergebnisse zu erhalten, werden die Schallimmissionen von<br />

Straßen- und Schienenverkehr nicht gemessen, sondern nach bestimmten Regelwerken<br />

berechnet. Im übrigen ließen sich ohne vorherige Berechnung Schallschutzmaßnahmen<br />

an geplanten Verkehrswegen nicht bemessen. Bei der Prüfung<br />

auf „wesentliche Änderung“ im Falle eines erheblichen baulichen Eingriffes sind<br />

für die Bauzustände vor dem Umbau und nach dem Umbau jeweils die Prognoseverkehrsmengen<br />

anzusetzen und die daraus jeweils entstehenden Beurteilungspegel<br />

miteinander zu vergleichen. Der Prognosezeitraum beträgt im allgemeinen 10<br />

– 20 Jahre [4]. Der Straßenbahn-Emissionspegel für den Nachtzeitraum wird aus<br />

der Anzahl der Züge für den gesamten Nacht-Zeitraum (22 – 6 Uhr) errechnet,<br />

nicht aus der Anzahl der Züge für die nächtliche Spitzenstunde.<br />

3.3 Prüfung auf Lärmsanierungsansprüche (nach ständiger Rechtsprechung)<br />

Unter „Lärmsanierung“ versteht man Schallschutzmaßnahmen durch den Baulastträger<br />

oder das Verkehrsunternehmen an bestehenden lauten Verkehrswegen. Sie<br />

ist in Deutschland nicht rechtsverbindlich geregelt. Jedoch gibt es in Deutschland,<br />

soweit im Bundeshaushalt dafür Mittel zur Verfügung stehen, seit 1976 ein Lärmsanierungsprogramm<br />

für Bundesfernstraßen und erst seit 1999 auch für Eisenbahnstrecken<br />

des Bundes, d.h. der Deutschen Bahn AG. Einzelheiten der Lärmsanierung<br />

sind für die Straße geregelt in [10], für die Bahn in [11].Von Ausnahmen<br />

abgesehen können an stark belasteten Verkehrswegen keine Schallschutzansprüche<br />

entstehen. Nach neuerer Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte und<br />

des Bundesverwaltungsgerichtes ist es allerdings unzulässig, Grundrechte zu beeinträchtigen.<br />

Zu hohe Lärmeinwirkungen können als „schädliche Umwelteinwirkungen“<br />

das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 GG) oder die Nutzung<br />

des Eigentums (sog. eigentumsrechtlicher Eingriff nach Art. 14 GG) und somit<br />

Grundrechte beeinträchtigen. Wenn sich infolge eines Verkehrswegeneubau- oder<br />

-umbauvorhabens Gesamtbeurteilungspegel in gesundheitlich bedenklicher oder<br />

eigentumsrechtlich kritischer Höhe weiter erhöhen, wären nach Auffassung des<br />

Bundesverwaltungsgerichtes [15] „unterschiedliche Lösungen“ denkbar, „um einen<br />

verfassungskonformen Zustand zu gewährleisten. Dazu könnte die Pflicht<br />

zählen, das neue Vorhaben zu unterlassen oder die Vorbelastung durch eine<br />

gleichzeitig eingeleitete Lärmsanierung zu verringern.“ M.E. sind von der o.g.<br />

Lärmsanierungspflicht auch die sog. Ausbaustrecken betroffen, bei denen zwar<br />

nur punktuell Baumaßnahmen zur Steigerung der Leistungsfähigkeit verwirklicht<br />

werden, wodurch sich aber die Schallemission auf der gesamten Streckenlänge<br />

erhöht.<br />

Deshalb sind die Gesamtbeurteilungspegel zumindest nachrichtlich zu nennen,<br />

wenn sich im Einwirkungsbereich eines geplanten Verkehrsweges andere laute<br />

Verkehrswege befinden und ggf Lärmsanierungsmaßnahmen durchzuführen. Dies<br />

© <strong>VCD</strong> 09/2003 71


<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

ist auch erforderlich, um bei der „Lärmvorsorge“ nach der 16. BImSchV unwirtschaftliche<br />

Schallschutzmaßnahmen zu vermeiden, die im Hinblick auf den Summenpegel<br />

wenig wirksam wären (vgl. § 41 Abs. 2 BImSchG). Das Thema „Beurteilung<br />

der Gesamtgeräuschverhältnisse“ ist u.a. in folgenden Urteilen behandelt<br />

worden:<br />

• Bundesverwaltungsgericht vom 21.03.1996, Az. BVerwG 4 C 9.95 (A-99-<br />

Urteil) [15]; aus der Begründung zu diesem Urteil lässt sich bei Ausbaustrecken<br />

ein Sanierungsanspruch außerhalb der punktuellen Ausbaubereiche ableiten,<br />

wenn infolge des punktuellen Ausbaues auf der gesamten Strecke die Leistungsfähigkeit<br />

und damit die Schallemissionen zunehmen.<br />

• Bayer. Verwaltungsgerichtshof – BayVGH vom 20.06.1996, Az. 20 B 92.1055<br />

(Pass. Schallschutz an der Strecke Nürnberg –Marktredwitz bei Lauf). In diesem<br />

Urteil wurden die später in [10] übernommenen Sanierungsgrenzwerte anerkannt.,<br />

• BayVGH vom 18.07.1996, Az. 8 C 5 96.1612 (Klage gegen den Sofortvollzug<br />

der Planfeststellung der Südtangente Ochsenfurt):<br />

Das Anwesen des Klägers in Ochsenfurt ist derzeit beschallt von der Hauptbahnstrecke<br />

Würzburg – Treuchtlingen, künftig zusätzlich von der geplanten<br />

Südtangente Ochsenfurt. Die hohe Lärmbelastung wirft die Frage nach der<br />

Ausgewogenheit der Planung auf. Obwohl im allgemeinen Straßen- und<br />

Schienenlärm getrennt ermittelt und bewertet werden, ist nach Meinung des<br />

Gerichtes von diesem Grundsatz dann abzugehen, „wenn die Grenze zur Gesundheitsgefährdung<br />

und zur Gewährleistung der Substanz des Eigentums überschritten<br />

zu werden droht.“ Am Anwesen des Klägers wäre nach dem Bau<br />

der Straße eine Gesamtbelastung aus Straßen- und Schienenlärm von 70 dB(A)<br />

tags und 71 dB(A) nachts aufgetreten. Die Beurteilungspegel hätten damit im<br />

eigentumsrechtlich kritischen Bereich gelegen, der nach neuerer Rechtsprechung<br />

z.B. bei Wohngebieten dann vorliegt, wenn die Beurteilungspegel<br />

tagsüber 70 dB(A) und nachts 60 dB(A) überschreiten.<br />

Ein einklagbarer Anspruch auf Lärmsanierung ist nach ständiger Rechtsprechung<br />

jedoch auch im Falle eigentumsrechtlich kritischer oder gesundheitlich bedenklicher<br />

Lärmeinwirkungen nur dann gegeben, wenn der betroffene Hauseigentümer<br />

nicht in den Lärmeinwirkungsbereich hineingebaut hat oder wenn keine Funktionsänderung<br />

des Verkehrsweges vorgenommen worden ist. Die allgemeine Verkehrszunahme<br />

führt nicht zu einem Schallschutzanspruch; denn nach Auffassung<br />

der Gerichte muss ein Hauseigentümer damit rechnen, dass z.B. klassifizierte Straßen<br />

oder Hauptbahnlinien bis zur Kapazitätsgrenze ausgelastet werden.<br />

3.4 Schutz vor Erschütterungen und Körperschall [20]<br />

Der ausführliche Titel des Bundes-Immissionsschutzgesetzes lautet „Gesetz zum<br />

Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche,<br />

Erschütterungen und ähnliche Vorgänge“. Damit sind beim Bau oder Umbau<br />

von Schienenbahnen auch die Immissionen aus Erschütterungen und sekundärem<br />

Luftschall zu ermitteln und zu beurteilen. Eine verbindliche Regelung hierfür fehlt<br />

allerdings bis heute. Jedoch geht die Rechtsprechung davon aus, dass bei beste-<br />

72<br />

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<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

henden Strecken Immissionen hinzunehmen sind und dass nach Baumaßnahmen<br />

an der Strecke keine wesentliche Erhöhung eintreten darf. Als Regelung für Erschütterungsimmissionen<br />

wird inzwischen die DIN 4150-2 von Gerichten, Betreibern<br />

und Immissionsschutzbehörden angewendet.<br />

Umstritten ist noch die Beurteilung der Immissionen aus sekundärem Luftschall,<br />

der durch Erschütterungseinwirkungen in den Gebäuden entsteht. Hier sollte die<br />

Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm [12] Nr. 6.2 herangezogen<br />

werden. Danach sollen in Wohn- und Schlafräumen während der Nachtzeit<br />

(22.00 bis 06.00 Uhr) der Beurteilungspegel nicht über 25 dB(A) und einzelne<br />

Schallpegelspitzen nicht über 35 dB(A) liegen. Der in der 16. BImSchV für Außenpegel<br />

festgelegte Abschlag für die geringere Störwirkung des Schienenlärms gegenüber<br />

dem Straßenverkehr (Schienenbonus) ist bei dieser Betrachtung nicht anzuwenden.<br />

Bei Abständen von weniger als 10 m zwischen Gleisen und Gebäuden können bei<br />

einer Gleislagerung ohne Schwingungsisolierung die Anhaltswerte der DIN 4150-2<br />

für Erschütterungsimmissionen und die Immissionsrichtwerte der TA Lärm überschritten<br />

werden. Bei den o.g. geringen Abständen hat sich seit einigen Jahren bei<br />

der Münchner Straßenbahn ein Oberbau mit Unterschottermatten bewährt. Im<br />

übrigen ist zur Minderung der Erschütterungs- und Körperschallimmissionen – ebenso<br />

wie zur Minderung der Luftschallemissionen – darauf zu achten, dass die<br />

Immissionen durch regelmäßige Gleis- und Radsatzpflege möglichst gering gehalten<br />

werden.<br />

4. Kritik an der Rechtslage<br />

Die rechtlichen Regelungen auf dem Gebiet des Verkehrslärmschutzes sind in<br />

Deutschland seit Jahrzehnten mangelhaft. Hier seien nur einige Hauptkritikpunkte<br />

angesprochen.<br />

• Ein schwerwiegender Mangel ist die seit fast 30 Jahren fehlende Rechtsverordnung<br />

nach § 38 BImSchG, in der u.a. die Emissionen von Schienfahrzeugen<br />

festgelegt werden sollen. Deshalb haben die Betreiber und Hersteller weitgehend<br />

Entscheidungsfreiheit darüber, wie hoch sie die Schallemissionen neuer<br />

Schienenfahrzeuge festlegen wollen. Die Folge sind z.B. die tonhaltigen<br />

Quietschgeräusche beim Bremsen und Anfahren neuer Triebwagenzüge, verursacht<br />

durch schallschutztechnisch nicht optimierte Stromrichter [23]. Geplant<br />

ist seit längerem eine EU-Regelung. Allerdings müssen die Verkehrsunternehmen<br />

schon heute nach § 38 Abs. 1 Satz 2 beim Betrieb von Schienenfahrzeugen<br />

vermeidbare Emissionen verhindern und unvermeidbare Emissionen auf<br />

ein Mindestmaß beschränken, wobei sich die Anforderungen am Stand der<br />

Technik messen lassen müssen.<br />

• Über 20 Jahre lang haben die jeweils in der Opposition stehenden Parteien<br />

regelmäßig die Lärmsanierung für laute Bahnstrecken gefordert. Dies wurde<br />

ebenso regelmäßig von der jeweiligen Regierungskoalition abgelehnt – streng<br />

genommen ein Trauerspiel. Im Jahre 1999 ist wenigstens die nicht rechtsverbindliche<br />

Lärmsanierung an Strecken der Deutschen Bahn AG im Rahmen vorhandener<br />

Haushaltsmittel zustande gekommen. Für Straßenbahnstrecken und<br />

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<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

74<br />

oberirdische U-Bahn-Strecken gibt es m.W. keine Lärmsanierungsprogramme.<br />

Es bleibt daher die von vielen als ungerecht empfundene Tatsache, dass gleich<br />

hohe Lärmeinwirkungen hinsichtlich des Anspruches auf Schallschutzmaßnahmen<br />

nicht gleich behandelt werden, da die Rechtsansprüche auf Lärmschutz<br />

bei Neubauabschnitten, Umbauabschnitten und unveränderten Abschnitten<br />

ganz unterschiedlich geregelt sind. Wichtig wäre der gesetzlich festgelegte Anspruch<br />

auf eine Lärmsanierung.<br />

• Derzeit fehlt eine verpflichtende Gesamt-Beurteilungspegel-Betrachtung für<br />

die Verkehrsgeräusche. Damit sind die Regelungen zum Lärmschutz, insbesondere<br />

zum Verkehrslärmschutz in kritischen Fällen nicht wirkungsgerecht. Zwar<br />

könnte der Wortlaut des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der Verkehrslärmschutzverordnung<br />

insbesondere von den Verwaltungsgerichten lärmwirkungsgerechter<br />

und damit betroffenenfreundlicher ausgelegt werden. Damit<br />

wären vielfach wirkungsvollere Lärmschutzmaßnahmen möglich – es geht hier<br />

nicht nur um eine Kostenerhöhung. Nach höchstrichterlicher Meinung müssen<br />

bei der Ermittlung des öffentlich-rechtlichen Anspruches auf Schutzmaßnahmen<br />

vor Verkehrslärm (gem. § 2 Abs. 1 Nr. 4 und § 41BImSchG [2] in Verbindung<br />

mit der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) [3]) nur die Teilpegel<br />

der neu zu bauenden oder umzubauenden Verkehrswege einbezogen<br />

werden. Das bedeutet, dass i.d.R. keine Beurteilung aus allen einwirkenden<br />

Verkehrsgeräuschen vorgenommen wird, obwohl „schädliche Umwelteinwirkungen“<br />

im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG nur auf diese Weise erkannt und<br />

beseitigt werden können und auch das Risiko besteht, dass wenig wirksame<br />

und somit unwirtschaftliche oder mehr oder weniger unwirksame Schallschutzmaßnahmen<br />

vorgesehen werden. Die Nichtberücksichtigung aller immissionswirksamen<br />

Teilbeurteilungspegel der einwirkenden Straßen und Bahnen<br />

kann gerade bei aufwendigen Schallschutzmaßnahmen zu Fehlinvestitionen<br />

führen, wenn z.B. ein lauter (pegelbestimmender) Hauptverkehrsweg nur deshalb<br />

unberücksichtigt bleibt, weil ein erheblicher baulicher Eingriff in ihn unterbleibt.<br />

Somit entspricht die enge Gesetzesauslegung auch nicht der berechtigten<br />

Forderung von § 41 Abs. 2 BImSchG, wonach die Kosten einer Schutzmaßnahme<br />

nicht außer Verhältnis zum Schutzzweck stehen sollen. Für dieses<br />

Teilproblem hat der Bundesrat in seiner Entschließung zur 24. BImSchV schon<br />

1996 die Bundesregierung aufgefordert, die Rechtslage zu verbessern – bis<br />

jetzt leider vergeblich.<br />

• Auch ist der erhebliche bauliche Eingriff, verbunden mit gewissen Pegelerhöhungen,<br />

als derzeitige Voraussetzung für Schallschutzmaßnahmen an bestehenden<br />

Straßen keine lärmwirkungsgerechte Regelung. Sie sollte baldmöglich<br />

geändert werden. So kommt es an den Übergangsbereichen zwischen Neubau<br />

und erheblichem baulichen Eingriff einerseits sowie zwischen erheblichem baulichem<br />

Eingriff und unverändertem Verkehrsweg andererseits immer wieder zu<br />

ungerechten Regelungen, wenn z.B. zwei gleich beschallte Immissionsorte unterschiedliche<br />

Schallschutzansprüche zugestanden bekommen. Noch unsinniger<br />

ist es, wenn z.B. Gebäude auf einer Seite des Verkehrsweges einen Schallschutzanspruch<br />

zugebilligt bekommen, weil sich der Nacht-Beurteilungspegel<br />

von 60,0 auf 60,1 dB(A) erhöht, während die Gebäude auf der anderen Seite<br />

des Verkehrsweges leer ausgehen, weil sich dort der Pegel von 70,0 auf 69,9<br />

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<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

dB(A) verringert. Welchem Bürger können die zuständigen Beamten vermitteln,<br />

z.B. auf dem Erörterungstermin, dass er keinen Schallschutzanspruch hat,<br />

obwohl er doppelt so laut beschallt wird als sein Nachbar auf der anderen<br />

Straßen- oder Streckenseite? Hier kann nur auf den Gesetzgeber verwiesen<br />

werden. Sinnvoll wäre eine Gesamtpegelbetrachtung aller einwirkenden Verkehrswege<br />

mit einer praktikablen Regelung, wie die Kosten unter den verschiedenen<br />

Verkehrsträgern aufzuteilen sind. Ansätze zu einer sinnvollen Kostenaufteilung<br />

bei einer Gesamtlärmbetrachtung enthielt die bayerische Bekanntmachung<br />

„Verkehrslärmschutz im Straßenbau“ vom 20.12.1982, die im<br />

Juni 1990 durch die 16.BImSchV abgelöst worden ist.<br />

• Die Regelungen für den sog. passiven Schallschutz, d.h. für die Entschädigung<br />

für Schallschutzmaßnahmen am Gebäude, sind ebenfalls mangelhaft. Der Bemessung<br />

des passiven Schallschutzes werden üblicherweise nur die (Teil-<br />

)Beurteilungspegel der 16. BImSchV zu Grunde gelegt, d.h. die Schallimmissionen<br />

aus einwirkenden unveränderten Verkehrswegen werden immer wieder<br />

vernachlässigt. Die tatsächliche Lärmbelastung wird daher vielfach nicht berücksichtigt,<br />

was im Hinblick auf eine ausreichende Würdigung der Lärmwirkungen<br />

bedenklich ist. Damit zeigt die 24. BImSchV [7] vom 04.02.1997<br />

deutlich, dass bei ihrer Erarbeitung weniger Lärmschutzgründe als Spargesichtspunkte<br />

eine Rolle gespielt haben. Dies hat zur Folge, dass man bei Berücksichtigung<br />

der Gesamtbeurteilungspegel und bei Heranziehung der niedrigen<br />

Anhaltswerte nach VDI 2719 [13] für Innenräume mindestens eine Schallschutzklasse<br />

mehr ermitteln würde. Falls die Gesamtbeurteilungspegel bei der<br />

Ermittlung der Schallschutzfensterklasse unberücksichtigt bleiben, sind die anspruchsberechtigten<br />

Hauseigentümer im Laufe des Planfeststellungsverfahrens,<br />

spätestens aber bei der Ermittlung vor Ort, darauf hinzuweisen, dass die nach<br />

24. BImSchV ermittelte Fensterklasse nicht ausreichend gegen den Gesamtlärm<br />

schützt und dass daher empfohlen wird, unter Selbstbeteiligung von 100 –<br />

150,- € je Fenster solche Fenster einzubauen, die eine um ein oder zwei Stufen<br />

höhere Schallschutzklasse besitzen.<br />

Letztlich führt die Absicht, beim Lärmschutz Kosten zu sparen, zu spitzfindigen<br />

und für die Lärmbetroffenen schwer verständlichen Regelungen mit weitem Ermessensspielraum.<br />

Trotz der schlechten Haushaltslage wäre es im Hinblick auf den<br />

nach Art. 3 Grundgesetz (GG) zu beachtenden Gleichheitsgrundsatz Aufgabe von<br />

Bundestag und Bundesregierung, den Verkehrslärmschutz mit dem Ziel einer sinnvollen<br />

und gerechten Regelung neu zu gestalten. Zur Finanzierung von Lärmschutzmaßnahmen<br />

bei bestehenden Verkehrswegen sind natürlich Stufenpläne<br />

erforderlich, die gemäß dem Verursacherprinzip mindestens teilweise aus dem Mineralölsteueraufkommen<br />

sowie aus den Fahr- und Trassenpreisen finanziert werden<br />

könnten.<br />

Immerhin waren im Kommissionsentwurf des Umweltgesetzbuches [5] (im Juli<br />

1997 herausg. vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit)<br />

in § 437 aus Immissionsschutzgründen nicht nur Verkehrsbeschränkungen,<br />

sondern auch die nachträgliche Anordnung von baulichen Maßnahmen<br />

vorgesehen. Leider ist das lobenswerte Vorhaben eines Umweltgesetzbuches, das<br />

die verwirrende und doch lückenhafte Vielfalt der deutschen Umweltgesetzgebung<br />

übersichtlich regeln sollte, wieder zu den Akten gelegt worden.<br />

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Literatur:<br />

[1] Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung – UVPG vom 12.02.1990,<br />

neugefaßt<br />

durch Bek. v. 5. 9.2001, BGBl I 2350.<br />

[2] Bundes-Immissionsschutzgesetz – BImSchG vom 15. März 1974, neugefaßt<br />

durch Bek.<br />

v. 26. 9.2002 BGBl I 3830.<br />

[3] Verkehrslärmschutzverordnung - 16. BImSchV vom 12.06.1990, BGBl I S.<br />

1036.<br />

[4] Bundesrats-Drucksache 661/89: Begründung zur Verkehrslärmschutzverordnung<br />

– 16. BImSchV S. 9.<br />

[5] Umweltgesetzbuch (Entwurf vom Juli 1997) - UGB-KomE.<br />

[6] Allg. Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

- UVPVwV vom 18.09.1995 (GMBl 1995 S. 671).<br />

[7] Verkehrswege-Schallschutzmaßnahmenverordnung - 24. BImSchV vom<br />

04.02.1997, BGBl I S. 172.<br />

[8] Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen - RLS-90.<br />

[9] Richtlinie zur Berechnung der Schallimmissionen von Schienenwegen -<br />

„Schall 03“.<br />

[10] Richtlinien für den Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen in der Baulast<br />

des Bundes - VLärmSchR 97, in: „Verkehrsblatt“ 1997 S. 434.<br />

[11] Richtlinie für die Förderung von Lärmsanierungsmaßnahmen Schiene (Entwurf<br />

vom 09.11.2000), Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen,<br />

abgedruckt in „Hinweise zum Schutz gegen Schienenlärm“, S. 29, Lärmkontor<br />

GmbH, Große Bergstraße 213-217, D-2267 Hamburg.<br />

[12] „Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm“ vom<br />

26.08.1998.<br />

[13] VDI-Richtlinie 2719 „Schalldämmung von Fenstern und deren Zusatzeinrichtungen“,<br />

Ausg. August 1987.<br />

[14] DIN 4150-2 „Erschütterungen im Bauwesen - Einwirkungen auf Menschen<br />

in Gebäuden“, Ausgabe 1999.<br />

[15] Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.03.1996, Az.<br />

BVerwG 4 C 9.95<br />

(sog. A-99-Urteil).<br />

[16] vgl. u.a. Planfeststellungsbeschluß der Regierung von Mittelfranken vom<br />

09.07.1999, Az. 225-4354.6-1/94, für den Neubau einer Straßenbahnstrecke in<br />

Nürnberg, Ostendstraße.<br />

[17] UBA-Forschungsbericht 84-101 07 051, hrsg. vom Umweltbundesamt,<br />

Berlin 1984.<br />

[18] Umweltbundesamt: Lärmbekämpfung ‚88, Berlin 1989.<br />

76<br />

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<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

[19] Jahresbericht 1993 des Umweltbundesamtes.<br />

[20] Borgmann R.: „Schutz vor Erschütterungen und sekundärem Luftschall an<br />

Schienenverkehrswegen“, in: Schriftenreihe des Bayer. Landesamtes für Umweltschutz,<br />

Heft 147 „Umwelt und Verkehr“, S. 125, Augsburg 2001.<br />

[21] Giesler H.-J., Krawiec J.: „Die Berliner Straßenbahn - Minderung der Geräuschemission“,<br />

in: „Der Nahverkehr“ 4/1998 S. 26.<br />

[22] Giesler, H.-J.: „Geräuschemissionen von Straßenbahnen“, in: „Der Nahverkehr“<br />

4/2000 S. 10.<br />

[23] Groß, K.: Heuler und Quietschenten, in „Der Fahrgast“ 2/2002 S. .41.<br />

[24] Hendlmeier, W.: „Gesichtspunkte der Umweltverträglichkeit beim<br />

Straßenbahnbetrieb - Vergleich mit anderen Verkehrsmitteln“, in „Stadtverkehr“<br />

1/1988 S. 30.<br />

[25] Ising H., Kruppa B.: Zum gegenwärtigen Erkenntnisstand der Lärmwirkungsforschung:<br />

Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels, Umweltmed Forsch<br />

Prax 6 (4) 181-189 (2001).<br />

[26] Krüger, F. und Witte, G.: Hamburger U-Bahn deutlich leiser, in „Der Nahverkehr“<br />

5/2001 S. 20.<br />

[27] Möhler + Partner, München: „Schallemissionen von Schienennahverkehrsbahnen“,<br />

im Auftrag des Bayerischen Landesamtes für Umweltschutz, Abschlußbericht<br />

090 416, Dezember 1997, zu beziehen zum Preis von 35,- DM beim Ingenieurbüro<br />

Möhler + Partner, Schwanthalerstraße 79, 80336 München.<br />

[28] Möhler U., Prestele G., Giesler H.-J., Hendlmeier, W.: „Schallemissionen<br />

von<br />

Schienennahverkehrsbahnen“, in: „Zeitschrift für Lärmbekämpfung“ 6/1998 S.<br />

209.<br />

[29] Pelikan P.: „Lärmbelastung durch Straßen- und Schienenverkehr“, in:<br />

Schriftenreihe des Bayer. Landesamtes für Umweltschutz, Heft 147 „Umwelt und<br />

Verkehr“, S. 43, Augsburg 2001.<br />

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Teilnehmerverzeichnis<br />

78<br />

Name Organisation, Behörde, Firma Ort<br />

Jutta Baumbach Markkleeberg<br />

Britta-Antje Behm Ministerium für Umwelt und Verkehr<br />

Baden-Württemberg<br />

Stuttgart<br />

Paul Berger Wiener Linien, Technische Prüfstelle BG<br />

2<br />

Wien<br />

Corinna Bonati Deutsche Bahn AG Berlin<br />

Dr. Hans-Joachim<br />

Braune<br />

DB Cargo AG Mainz<br />

Regina Bühring IBPM GmbH Berlin<br />

Mechthild Caspers Bundesumweltministerium Bonn<br />

Florian Denzler PB-Consult GmbH Nürnberg<br />

Armin Duttiné Transnet Berlin<br />

Ludger Eilermann Akustik Beratung Eilermann Köln<br />

Fredy Fischer Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft<br />

Bern<br />

Julius Forster Bayerischer Städtetag München<br />

Roland Frey Regierungspräsidium Stuttgart Stuttgart<br />

Dr. Rolf Geßner Deutsche Bahn AG, Bahn-Umwelt-<br />

Zentrum<br />

Berlin<br />

Nicole Göbel <strong>VCD</strong> Bonn<br />

Robert Grootings Siemens AG Wegberg<br />

Andreas Große Baumann Rechtsanwälte Würzburg<br />

Jürgen Guilliard Verband Region Stuttgart Stuttgart<br />

Peter Hackenberg Stuttgarter Straßenbahnen AG Stuttgart<br />

Martin Hanisch EDILON GmbH München<br />

Michael Harreiß VAG Nürnberg Nürnberg<br />

Günther Hauck München<br />

Wolfgang Hendel- Bayerisches Landesamt für Umwelt- Augsburg<br />

meierschutz<br />

Dr. Thomas Hills Ingenieurbüro Hils Consult Kaufering<br />

Michael Hofmann IBAS Ingenieurgesellschaft mbH Bayreuth<br />

Andreas Holzer Bayerisches Landesamt für Umweltschutz<br />

Augsburg<br />

Michael Jäcker-<br />

Cüppers<br />

Umweltbundesamt Berlin<br />

Klaus Jäger Deutsche Bahn AG, DB Systemtechnik München<br />

Herbert Kaltenegger Rechtsanwaltskanzlei Labbé & Partner München<br />

Uemit Kaya Eisenbahn Bundesamt Frankfurt<br />

Dieter Kemmather Stadt München, Referat für Gesundheit<br />

und Umwelt<br />

München<br />

Christoph Knoch Eisenbahn Bundesamt München<br />

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Name Organisation, Behörde, Firma Ort<br />

Doris Kraeker <strong>VCD</strong>, Landesverband Bayern Erding<br />

Dieter Kubisch Bund Naturschutz in Bayern e.V. München<br />

Knut Landgrebe DB Netz AG Fachstelle Umweltschutz Frankfurt<br />

Alois Lang Aktionskreis Lärmschutz Bahn/S1 e.V. München<br />

Thomas Leidinger Seib Ingenieur-Consult GmbH Würzburg<br />

Günther Lohr DB Projektbau GmbH, NL Südwest, PZ<br />

Stg 1<br />

Stuttgart<br />

Dr. Annette Lommel Hamburger Behörde für Umwelt und<br />

Gesundheit<br />

Hamburg<br />

Franz Maget DORSCH CONSULT München<br />

Maik Manschitz München<br />

Dr. Matthias Mather Deutsche Bahn AG, Bahn-Umwelt-<br />

Zentrum<br />

Berlin<br />

Josef Mailhammer Stadt München, Referat für Gesundheit<br />

und Umwelt<br />

München<br />

Stephan Merz Gendorf Burgkirchen<br />

Nicolas Meunier Deusche Bahn AG, DB Systemtechnik,<br />

TZF 101.1, Messungen Akustik und<br />

Schwingungstechnik<br />

München<br />

Günter Mezger UVM Stuttgart<br />

Ulrich Möhler Ingenieurbüro Möhler + Partner München<br />

Günter Moll Eisenbahn Bundesamt Frankfurt<br />

Nadja Najib-Feick Regierungspräsidium Stuttgart Stuttgart<br />

Henry Nestler Deutsche Bahn AG, DB Netz AG Frankfurt<br />

Rudolf Nützel BUND NATURSCHUTZ München<br />

Matthias Pippert Allianz pro Schiene e.V. Oldenburg<br />

Helmar Pless <strong>VCD</strong> Bonn<br />

Franz Poschenrieder DB Projektbau GmbH München<br />

Gerhard Prestele MPS Akustik Germering<br />

Gunhild Preuß-Bayer Gesundheitsladen München e.V. München<br />

Heinz Joachim Rehbein<br />

Ingenieurbüro Rainer Auktor Würzburg<br />

Dr. Sebo Reich VBI - Bürger für Lärmschutz München<br />

Jürgen Reinhardt Deutsche Bahn AG, DB Systemtechnik,<br />

T2F<br />

Frankfurt<br />

Christian Reuter IFEU - Institut für Energie und Umweltforschung<br />

Heidelberg<br />

Andreas Schade IBS - Ingenieurbüro für Schall- und<br />

Schwingungstechnik GmbH<br />

Frankenthal<br />

Thomas Schene Landeshautstadt Stuttgart, Amt für Umweltschutz<br />

36-4.31<br />

Stuttgart<br />

Manfred Schenk DB Projektbau GmbH, NL Südwest, PZ<br />

Stg 1<br />

Stuttgart<br />

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<strong>VCD</strong> Tagungsband � Bekämpfung von Schienenverkehrslärm April 2003<br />

Name Organisation, Behörde, Firma Ort<br />

Uwe Scheuhing Bündnis 90/ Die Grünen im bayerischen<br />

Landtag<br />

München<br />

Ursula Schmidt Görlitz<br />

Rainer Schnierle Stadtwerke Augsburg Augsburg<br />

Kurt Scholz BI für Bahntunnel von Zamdorf bis Johanneskirchen<br />

München<br />

Roland Scholz MPS Akustik Germering<br />

Beate Schuler Ministerium für Umwelt und Verkehr<br />

Baden-Württemberg<br />

Stuttgart<br />

Dr. Burkhard Schulte-<br />

Werning<br />

Deutsche Bahn AG, TZF 10 München<br />

Markus Schweiger OBERMEYER Planen + Beraten München<br />

Konrad Seubert BPI-Consult GmbH Berlin<br />

Gunther Sigl Ingenieurbüro Möhler + Partner München<br />

Antje Simon Rhein-Main-Verkehrsverbund GmbH Hofheim<br />

Ingomar Spieß Hamburger Hochbahn AG Hamburg<br />

Martin Staiger Deutsche Bahn AG, DB Systemtechnik<br />

TZF 101.1 Messungen/Akustik<br />

München<br />

Gerhard Steger Steger & Piening GmbH München<br />

Dr. Dorothée Stiebel Deutsche Bahn AG, DB Systemtechnik München<br />

Matthias Striebich <strong>VCD</strong>, Landesverband Bayern Nürnberg<br />

Siegfried Strobel Stadtwerke Augsburg Augsburg<br />

Dietmar Thamm Umweltbundesamt Berlin<br />

Vera Vogt Vogt GmbH Wittgert<br />

Winfried Vogt Vogt GmbH Wittgert<br />

Stefan Voth <strong>VCD</strong> Bonn<br />

W. Weißenberger Müller-BBM-GmbH Planegg<br />

Lutz-Eckhard Wellner HAMANN CONSULT AG Köln<br />

Jürgen Wendt Ministerium für Umwelt und Verkehr<br />

Baden-Württemberg<br />

Stuttgart<br />

Peter Winter Deutsche Bahn AG, DB BauProjekt<br />

GmbH<br />

Köln<br />

80<br />

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