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PTB-Mitteilungen 2012 Heft 2

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<strong>PTB</strong>-<strong>Mitteilungen</strong> 122 (<strong>2012</strong>), <strong>Heft</strong> 2<br />

führte Konzept des harmonischen Oszillators zur<br />

Beschreibung der Emission und Absorption elektromagnetischer<br />

Strahlung auf die Wärmestrahlung<br />

des Schwarzen Körpers. In „einem Akt der Verzweiflung“<br />

erlaubte Planck nur bestimmte (diskrete)<br />

Energiezustände. Am 14. Dezember 1900 stellte<br />

er seine Herleitung des Strahlungsgesetzes auf der<br />

Sitzung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft<br />

in Berlin vor [6]. Diese Veranstaltung gilt heute als<br />

„Geburtsstunde der Quantenmechanik“.<br />

Das so hergeleitete und heute nach ihm<br />

benannte Planck’sche Strahlungsgesetz enthält<br />

neben der Abhängigkeit der spektralen Strahldichte<br />

von Temperatur und Wellenlänge noch drei<br />

Naturkonstanten, nämlich die Lichtgeschwindigkeit<br />

c, die Boltzmann-Konstante k und das Plancksche<br />

Wirkungsquantum h.<br />

2<br />

2hc 1<br />

Lλ<br />

= ⋅ 5<br />

λ ⎛ hc ⎞<br />

exp⎜ −1<br />

kλT ⎟<br />

⎝ ⎠<br />

In dieser Formulierung des Planck’schen<br />

Strahlungsgesetzes beschreibt L λ die spektrale<br />

Strahldichte des Schwarzen Körpers im Vakuum.<br />

Die spektrale Strahldichte mit der Einheit<br />

W · nm –1 · m –2 · sr –1 ist die abgestrahlte spektrale<br />

Strahlungsleistung, normiert auf die Fläche des<br />

strahlenden Körpers und den Raumwinkel, in den<br />

die Abstrahlung erfolgt.<br />

Nachdem nun ein vollständiges theoretisches<br />

Verständnis der Wärmestrahlung erreicht worden<br />

war, wurde von der PTR die darauf beruhende<br />

Temperaturmessung – heute als Strahlungsthermometrie<br />

bezeichnet – zu einer präzisen Methode<br />

der berührungslosen Temperaturmessung in<br />

Der Schwarze Körper und die Quantisierung der Welt �<br />

Wissenschaft und Technik entwickelt. Für nahezu ein Jahrhundert war<br />

der von Lummer und Kurlbaum eingeführte Hochtemperatur-Hohlraumstrahler<br />

das einzige primäre Strahlungsnormal zur Darstellung<br />

und Weitergabe von Temperatur und Strahlung. Erst seit den achtziger<br />

Jahren des 20. Jahrhunderts stand mit dem Elektronenspeicherring ein<br />

neues, zweites primäres Strahlungsnormal zur Verfügung.<br />

Der Hohlraumstrahler<br />

dient<br />

noch heute zur<br />

Darstellung und<br />

Weitergabe der<br />

Hochtemperatur-<br />

Skala sowie<br />

radiometrischer<br />

und photometrischer<br />

Größen vom<br />

ultravioletten bis<br />

in den infraroten<br />

Spektralbereich.<br />

Erst kürzlich wurde in der <strong>PTB</strong> ein Hohlraumstrahler entwickelt, der es<br />

sogar erlaubt, Strahlungsmessungen im äußerst langwelligen Spektralbereich<br />

der THz-Strahlung (30 µm bis 1500 µm) durchzuführen. In der<br />

<strong>PTB</strong> kann heute mit Hilfe von Präzisions-Hohlraumstrahlern bei jeder<br />

Temperatur im Bereich von – 170 °C bis 3000 °C Schwarzkörperstrahlung<br />

erzeugt werden [7]. Dabei werden bei der Kalibrierung von Strahlungsthermometern<br />

Standardmessunsicherheiten von 70 mK am Silbererstarrungspunkt<br />

(etwa 962 °C) und 700 mK bei 3000 °C erreicht und damit<br />

die Messunsicherheitsanforderungen erfüllt, die an die Strahlungsthermometrie<br />

als schnelle und berührungslose Temperaturmessung in der<br />

modernen Produktionsüberwachung und -steuerung gestellt werden.<br />

Eine neue Herausforderung für die Temperaturmessung auf der<br />

Grundlage des Schwarzen Körpers sind heute weltraumgestützte Messungen<br />

der Temperatur der Erdoberfläche und der Erdatmosphäre mit sehr<br />

hoher Auflösung über lange Zeiträume und große Flächen. Sie dienen zur<br />

präzisen Überwachung möglicher Klimaänderungen und liefern wichtige<br />

Eingangsdaten für Klimamodellrechnungen. Aber nicht nur in der Erdfernerkundung,<br />

sondern auch in der industriellen Prozesssteuerung wird<br />

die bildgebende Temperaturmessung immer wichtiger. Das von Kurlbaum<br />

noch als einzelner Empfänger eingesetzte Bolometer wird heute lithografisch<br />

als Sensorarray mit typisch 12 000 bis 310 000 Einzelbolometern<br />

von 25 µm × 25 µm Sensorgröße hergestellt und als eine Schlüsselkomponente<br />

in immer preiswertere Thermografiekameras integriert. In der <strong>PTB</strong><br />

werden daher Messplätze entwickelt und betrieben, die es erlauben, Erdfernerkundungsinstrumentierungen<br />

und bildgebende Temperaturmesssysteme<br />

unter Bezug auf die Hohlraumstrahlung unter anwendungsnahen<br />

Bedingungen zu kalibrieren und so die damit durchgeführten Messungen<br />

mit kleiner Messunsicherheit auf die Internationale Temperaturskala<br />

rückzuführen. In der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt existiert<br />

damit eine ununterbrochene 125-jährige Geschichte zur Arbeit an und<br />

mit der Strahlung des Schwarzen Körpers. �<br />

[1] G. Kirchhoff: Ann. Phys. Chem. 109, (1860), 275−301<br />

[2] W. Wien: Ann. Phys. 294, (1896) 662−669<br />

[3] O. Lummer, E. Pringsheim: VhDPG 2, (1900), 163–180<br />

[4] H. Rubens, F. Kurlbaum: Ann. Phys. 309 (1901), (IV,4), 649–666<br />

[5] M. Planck: VhDPG 2, (1900), 202–204<br />

[6] M. Planck: VhDPG 2, (1900), 237–245<br />

[7] J. Hollandt, R. Friedrich, B. Gutschwager, D. R. Taubert, J. Hartmann: High<br />

Temperatures – High Pressures 35/36, (2003/2004), 379–415<br />

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