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f - Gaia Festival

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Die letzten<br />

Friedenstage 1914<br />

im schweizerischen<br />

Gland<br />

„Beethoven… Es gibt<br />

wohl kaum einen anderen<br />

Komponisten,<br />

in dessen gesamtem<br />

Lebenswerk der Protest<br />

gegen die Tyrannei,<br />

die Sehnsucht<br />

nach der Weltfreiheit<br />

und der Brüderlichkeit<br />

so gewaltig zum<br />

Ausdruck kommt.“<br />

(Zoltán Kodály,<br />

An Beethovens<br />

Todestag, Eröffnungsrede<br />

zum Festkonzert<br />

an der<br />

Budapester Musikakademie,<br />

1952)<br />

24<br />

nutzte, waren aber eben die Cellostimmen<br />

bei den vielen Umzügen verloren gegangen.<br />

Und das waren nun meine ersten Versuche,<br />

diese Cellostimmen zu ersetzen.<br />

Ich legte die drei anderen Stimmen vor<br />

mich hin und versuchte, dazu eine Cellostimme<br />

zu schreiben. Es ging eine Weile,<br />

aber dann habe ich doch das Original erwerben<br />

können, und ich habe durch den<br />

Vergleich viel gelernt.“<br />

Schweiz, im Juli 1914. Auf die Nachricht<br />

von der Kriegserklärung unterbricht das Ehepaar Kodály<br />

seine Schweizer Wanderschaft und begibt sich auf den<br />

Heimweg. Über die Reise und die Entstehung seines Duos<br />

für Violine und Violoncello schreibt Kodály später (um 1922)<br />

an Jen Léner, den Primgeiger des berühmten Streichquartetts,<br />

und seine Frau: „Den letzten Abschnitt unseres Weges<br />

bis zur Grenze hier mussten wir per Lastkraftwagen zurücklegen,<br />

denn auch in der Schweiz wurde bereits mobilgemacht.<br />

Tagelang saßen wir in einem entlegenen Tiroler<br />

Grenzort. Da kam mir urplötzlich die Vision dieses Duos.<br />

Es war mir zuvor nie eingefallen, für eine solche Besetzung<br />

schreiben zu wollen... Notenpapier gab es in Feldkirch keines<br />

zu kaufen, somit brachte ich den ersten Satz, den ich<br />

gleich an Ort und Stelle schrieb, fast vom Anfang<br />

bis zum Ende auf den Seiten eines Notenschulheftes<br />

heim. So war der Boden, dem<br />

dieses Duo entwuchs, bestellt. Ob mir nun jemand<br />

einst aus diesem Stück etwas von den<br />

unheimlichen Dimensionen jener wunderbaren<br />

Bergriesen oder den düsteren Ahnungen eines<br />

so jäh über uns hereingebrochenen Krieges<br />

nachempfinden wird, diese gewaltige Frage<br />

bleibt wohl offen.“<br />

Feldkirch 1914, mit der kleinen Adelheid aus dem Dorf<br />

Dvorˇáks ‚Amerikanisches’ Streichquartett<br />

Ein Ausruf der Erleichterung, notiert nach der letzten Seite<br />

der Skizze zu seinem zwölften Streichquartett: Nur drei Tage<br />

brauchte Dvorˇák für den Entwurf aller 4 Sätze (8.-10. Juni<br />

1893). Und es ging rekordverdächtig weiter, die fertige Partitur<br />

entstand ohne Unterbrechung bis zum 23. Juni. Ursprünglich<br />

hatten die Dvorˇáks vor, ihre Sommerferien 1893<br />

im Familienkreis in Böhmen zu verbringen, entschieden sich<br />

dann allerdings für die „Neue Welt“ und ließen die vier Kinder<br />

aus Prag nachkommen. Sie reisten ins 1300 Meilen von<br />

New York entfernte Dorf Spillville im Staat Iowa, in dem<br />

tschechische Einwanderer lebten. „Lehrer und Pfarrer, alles<br />

ist tschechisch und so werde ich unter den Meinen sein [...]<br />

Ich werde dort sogar Tauben haben und vielleicht werden<br />

wir auch Darda [tschech. Kartenspiel] spielen. Welch ein Vergnügen<br />

wird das sein!“ (Dvorˇák an Emil Kozánek, 12. April<br />

1893)<br />

Tatsächlich herrschte in der kleinen tschechischen Enklave<br />

eine Unbeschwertheit, die die Familie wie das „Erwachen<br />

heiterer Gefühle bei der Ankunft auf dem Lande“ in<br />

Beethovens „Pastorale“ aufsog. Der Jubel in Dvorˇáks Quartett<br />

beginnt nicht zufällig mit seinem eigenen Instrument,<br />

der Bratsche; bei den ersten Aufführungen in Spillville<br />

führte der Komponist hingegen das Dorfquartett als Primarius<br />

an. „Als ich dieses Quartett [...] schrieb, wollte ich einmal<br />

etwas ganz Melodisches und Einfaches niederschreiben,<br />

und immerfort hatte ich Väterchen Haydn vor Augen, und<br />

deshalb ist es im Geist so einheitlich, wie aus einer Seele<br />

ausgefallen.“ (Brief vom März 1895) Ist also das ‚Amerikanische’<br />

Streichquartett ein Werk für den Hausgebrauch, quasi<br />

zur Entspannung? Es sieht ganz danach aus – und auch der<br />

Höreindruck spricht nicht dagegen.<br />

Aber wie ‚amerikanisch’ ist nun die Musik (eine Frage<br />

übrigens, die nicht unbedingt unter den Nägeln brennt)?<br />

Dvorˇáks Sohn Otakar erzählte später, sein Vater sei mit Indianern<br />

in Kontakt gekommen, die im Dorf Kräuter verkauften<br />

und auf seine Bitte hin gemäß ihrer Stammesbräuche<br />

25<br />

„Gott sei Dank.<br />

Ich bin<br />

zufrieden. Es<br />

ging schnell...“<br />

Antonin Dvorˇák<br />

1901, Kohle-/Kreidezeichnung<br />

von Max<br />

Svabinský, Maler und<br />

Grafiker in Prag

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