f - Gaia Festival
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„Schrecklich, wie<br />
zufrieden ich<br />
über mich bin“<br />
6<br />
den „Feiglingen“ nie wieder ein Werk anbot. Sie hatten sich<br />
vom damaligen Gewandhauskapellmeister Carl Reinecke<br />
(der zeitlebens ausschließlich vom „Herrn Brahms“ sprach)<br />
und Selmar Bagge, Herausgeber der von B&H verlegten Allgemeinen<br />
musikalischen Zeitung, einreden lassen, dass<br />
das Werk für eine Ausgabe nicht tauglich sei. Schließlich<br />
erklärte Simrock sich doch noch bereit, das Sextett herauszugeben<br />
und bezahlte Brahms das von ihm geforderte<br />
Honorar in Höhe von 20 Friedrichsdor (nach heutiger Kaufkraft<br />
etwa 4.000 €).<br />
Die Uraufführung des vollständigen Werkes fand am 11.<br />
Oktober 1866 in Boston statt, bevor es am 3. Februar 1867<br />
von Joseph Hellmesbergers erweitertem Quartett im Wiener<br />
Musikvereinssaal und am 25. Februar desselben Jahres von<br />
Joseph Joachim und dessen Musikerkollegen in London gespielt<br />
wurde. Der Rezensent Carl Grädener bewunderte die<br />
„Fülle und Mannigfaltigkeit der Instrumentalwirkung“, wobei<br />
nicht die einzelnen Momente, sondern „alles dieses zusammengenommen,<br />
wie es im steten Wechsel, bald<br />
kontrastirend, bald Bezug nehmend auf einander, sich manifestirt,<br />
das ist’s, was so warm macht und so einnimmt, ja<br />
fast gefangen hält.“<br />
Tschaikowskys „Souvenir de Florence“<br />
Dachten Sie nicht auch für einen Moment an die Grand<br />
Dame des falschen Tons, an jene verwegene alte Tante, deren<br />
wunderbar dreiste Auffassung von der Käuflichkeit der<br />
Kunst eine skurrile Kostbarkeit, ja eine Jahrhundert-Aufnahme<br />
bewahrt hat? Gemeint ist Miss Florence Foster Jenkins<br />
mit ihren ebenso vergeblichen wie frenetisch gefeierten<br />
Bemühungen, so etwas wie Gesang hervorzubringen, die,<br />
von ihrer betörenden Stimme gleichwohl überzeugt, kurzerhand<br />
die Wochen vorher restlos ausverkaufte Carnegie Hall<br />
mietete, um daselbst unter etlichen aufwendigen Umkostü-<br />
mierungen ihre rasenden Fans zu verzaubern. Auf einem der<br />
zahlreichen Höhepunkte des Abends schwebte (oder<br />
schwob) die Fregatte als „Engel der Inspiration“ mit Schwingen,<br />
in Flitter und Tüll gepackt, durch die riesigen Topfpalmen<br />
auf den wehrlosen Flügel zu…<br />
Bei Tschaikowskys „Souvenir de Florence“ handelt es<br />
sich allerdings um seriöse Kunst, dabei geht es nicht einmal<br />
um eine Frau, sondern um „ein Herz der Welt“ (José Saramago),<br />
die Schöne, die Blühende, Wiege der Renaissance,<br />
Perle der Toskana, es geht um Florenz: „Da liegt es vor uns<br />
in dem sonnendurchfluteten Tal, durchflossen von dem sich<br />
dahinwindenden leuchtenden Band des Arno und eingeschlossen<br />
von schwellenden Hügeln. Seine Kuppeln, Türme<br />
und Paläste erheben sich aus der üppigen<br />
Landschaft als eine riesige schimmernde<br />
Masse und glänzen in der<br />
Sonne wie Gold.“ (Charles Dickens,<br />
1845)<br />
Zweimal hielt sich Tschaikowski in<br />
der Stadt auf: „Mir scheint, in Rom<br />
könnte ich nicht für längere Zeit leben.<br />
Dort [...] gibt es keine Zeit zum Träumen,<br />
sich zu versenken. Wenn ich die<br />
Wahl hätte, ich würde Florenz bevorzugen<br />
[...] Florenz ist netter, graziöser.“<br />
1878 erlebte er hier – wie es die Biographen<br />
apostrophierten – sein „Florentiner Idyll“ als Gast seiner<br />
reichen Mäzenin und Brieffreundin Nadeshda von Meck.<br />
Der zweite Aufenthalt in Florenz im Winter und Frühling<br />
1890 sollte vor allem dazu dienen, die Komposition der<br />
„Pique Dame“ ungestört und in angenehmerem Klima voranzubringen.<br />
Dieser Aufenthalt gilt als Auslöser für Tschaikowskys<br />
Streichsextett, das im Juni in St. Petersburg<br />
begonnen wurde, und so heißt es denn etwa: „Da scheint er<br />
einmal glücklich gewesen zu sein, im sonnigen Italien“ –<br />
was angesichts einiger recht derber Tagebucheintragungen<br />
7<br />
Florenz 2005,<br />
Ausblick vom<br />
Giardino di Boboli