f - Gaia Festival
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„gemacht aus<br />
Himmel und<br />
Unendlichkeit“<br />
28<br />
George Enescus Oktett C-Dur<br />
Um eine mitunter aufkommende kleine Verwirrung zu beseitigen:<br />
auch „Enesco“ wäre richtig, denn der im rumänischen<br />
Liveni (heute Enescu!) geborene George nannte sich aus<br />
phonetisch naheliegenden Gründen in Paris nicht mehr original<br />
„Enescu“ („Enescü“), ein Name, der „Sohn des Enea“<br />
bedeutete (ein Vorfahre Enescus hieß so), sondern änderte<br />
ihn durch Austausch des Endbuchstabens.<br />
Erste musikalische Eindrücke erhielt er im Elternhaus;<br />
der Vater spielte Geige, die Mutter Gitarre. Abends lauschte<br />
er den Gesängen der Dorfmusikanten, die ihn so aufregten,<br />
dass er sich aus einem Holzstück und einem Faden eine<br />
Geige baute. George war damals 3 Jahre alt. Die Geige, die<br />
man ihm daraufhin schenkte, hatte nur drei Saiten – er warf<br />
sie beleidigt ins Feuer. Als Vierjähriger, mittlerweile im Besitz<br />
einer „richtigen“ Geige, konnte er die Melodien bereits<br />
erstaunlich genau nachspielen. 1888 spielte er einem Professor<br />
vor, der dem Vater riet, den Jungen zur Ausbildung<br />
nach Wien zu schicken. Beim ersten Auftritt vor Bukarester<br />
Publikum spielte er unter anderem Mendelssohns Violinkonzert...<br />
Es folgten Studien in Paris. Als Virtuose, mit Beethovens<br />
Violinkonzert 1900 in Paris berühmt geworden, ist er bald<br />
darauf in allen europäischen Konzertsälen zu hören. 1902<br />
Gründung eines Trios (mit Alfredo Casella und Louis Fournier),<br />
zwei Jahre später des „Enescu-Quartetts“ (mit Henri<br />
Casadesus, Louis Fournier, Fritz Schneider), Erfolge als Komponist,<br />
Tourneen... Schließlich wird George Enescu als Komponist,<br />
als Dirigent und große musikalische Persönlichkeit<br />
in ganz Europa, besonders aber in seinem Heimatland verehrt.<br />
Bei allem Erfolg verließ ihn nie die etwas wehmütige<br />
Erinnerung an glückliche Kindertage „im Norden der Moldau,<br />
dort, wo sich die endlosen Auen des Siret bis zu den<br />
sanften Anhöhen am Fuße der Karpaten erstrecken, mit ihren<br />
wogenden Gerste- und Maisfeldern, ihren alten Wäldern<br />
am Horizont und den zwischen Weiden<br />
und Birken verlorenen alten Dörfern“.<br />
(Enescu in einem Interview)<br />
Nach einem Fragment gebliebenen<br />
Versuch in D-Dur von 1898 entstand<br />
1899/1900 in Paris und Moldavien sein<br />
Oktett, von dem er erklärte, er habe damit<br />
weniger die Persönlichkeit des Stils,<br />
als mehr das „Gleichgewicht der Architektur“<br />
im Blick gehabt, für die er eine<br />
durchaus neuartige Lösung fand: „Vier<br />
miteinander verbundene Sätze, die einen<br />
einzigen großen, extrem ausgeweiteten Sonatensatz bilden,<br />
aber gleichzeitig die Autonomie jedes Teiles respektieren.“<br />
Damit wird das Oktett zum Urbild für spätere Formgebungen<br />
Enescus, wo sich aus kleinen Intervall-Zellen durch Variation<br />
und Kombination größere bilden und daraus die Thematik<br />
des ganzen Werkes erwächst. Die Chromatik jener Zeit<br />
scheint im Oktett vorzuherrschen, aber sie wird nicht „per<br />
se“ als stilistisches Mittel verwendet, sondern bildet sich<br />
aus mobilen Stufen diatonischer Skalen, bei denen sich einige<br />
Töne „statisch-konform“ verhalten, während andere<br />
den melodischen Ausweg suchen. Manch eine harmonische<br />
Wendungen erinnert an Schönbergs „Verklärte Nacht“, ein<br />
„Gewisse Personen haben sich beun ruhigt und<br />
gelangweilt gezeigt, weil sie mich nicht in gewöhnlicher<br />
Art katalogisieren und klassifizieren<br />
konnten.<br />
Das wäre keine französische Musik in der Art<br />
Debussys, das wäre auch keine deutsche Musik,<br />
die ich schriebe, erklärten sie. Kurz, ohne<br />
fremd zu erscheinen, ähnelte sie kaum einer<br />
bekannten Sache, aber gerade das langweilt<br />
die Leute, wenn sie einen nicht klassifizieren<br />
können.“<br />
29<br />
Georg Enescu,<br />
1903<br />
(Musica, Januar<br />
1904)