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Der Internationale Strafgerichtshof - Vorbote eines Weltinnenrechts?

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20<br />

versammlung (vgl. Römisches Statut:<br />

Art. 42 (1)).<br />

Da derartige Feststellungen eine politische<br />

Unabhängigkeit noch nicht garantieren,<br />

sind im Statut einige weitere<br />

Vorkehrungen getroffen, die einen politischen<br />

Einfluss auf die Amtsträger<br />

möglichst ausschließen sollen. So ist<br />

etwa die neunjährige Amtszeit von<br />

Richtern und Ankläger bewusst nicht<br />

verlängerbar, so dass die IStGH-Juristen<br />

gar nicht erst in Versuchung geraten,<br />

ihre Wiederwahl durch politische und<br />

taktische Rücksichtnahmen zu befördern<br />

(vgl. Cassese 1999: 163). Ebenfalls in<br />

diese Richtung deutet die ungewöhnliche<br />

Vorgabe, dass Richter- und Anklägerkandidaten<br />

ein hohes sittliches Ansehen<br />

genießen und die Voraussetzungen für<br />

höchste juristische Ämter in ihren Heimatländern<br />

erfüllen sollten (vgl. Römisches<br />

Statut: Art. 36 (3); Art. 42 (3)).<br />

Auch die Dauer der Amtszeit von neun<br />

Jahren erlaubt weitgehend eine freie<br />

Entfaltung der Amtspersönlichkeit.<br />

Des Weiteren kann auch das komplizierte<br />

Proporzsystem bei der Auswahl der<br />

Richter durch die Vertragsstaatenversammlung<br />

als Beleg für eine Unabhängigkeit<br />

des Gerichts angeführt werden:<br />

Jeder Vertragsstaat darf nicht mehr als<br />

einen Richter stellen, so dass eine politische<br />

Dominanz bestimmter Staaten<br />

auszuschließen ist. Auch die Regionen<br />

und Rechtskulturen der Vertragsstaaten<br />

werden angemessen berücksichtigt.<br />

Abgesehen davon muss ein Kandidat in<br />

der Vertragsstaatenversammlung zuvor<br />

eine Zweidrittelmehrheit in geheimer<br />

Abstimmung gefunden haben.<br />

Eine grundsätzliche Garantie für die<br />

interessenfreie Amtsausübung von An-<br />

PHILIPP STEMPEL<br />

kläger und Richtern können die Verfahren<br />

allerdings nicht bieten. Repräsentatitivität<br />

und hohe Qualifikation schließen<br />

eine politische Beeinflussung der Kandidaten<br />

k<strong>eines</strong>wegs aus. Ebenso wenig<br />

können die Rahmenbedingungen der<br />

Wahlverfahren garantieren, dass Richter<br />

im Anschluss an ihre Amtszeit keine<br />

Nachteile erleiden, weil sie politisch<br />

missliebige Urteile gefällt haben. Das<br />

Nominierungsrecht für die Richterkandidaten<br />

liegt bei den einzelnen Vertragsstaaten,<br />

so dass letztlich deren Entscheidungspraxis<br />

darüber bestimmt, ob ein<br />

Rechtsexperte oder ein staatlicher Interessenvertreter<br />

nach Den Haag geschickt<br />

werden soll. 21 Eine offene politische<br />

Einflussnahme schließt das Wahlverfahren<br />

in Kombination mit den hohen Anforderungen<br />

an das IStGH-Personal<br />

jedoch aus.<br />

Die ersten Richterwahlen im März 2003<br />

und die später folgende Wahl des Argentiniers<br />

Luis Moreno-Ocampo zum<br />

Chefankläger lassen inzwischen erste<br />

Bewertungen zu, inwieweit das Personal<br />

am IStGH eine unabhängige Amtsführung<br />

erwarten lässt. Die NGO-Koalition<br />

für einen <strong>Internationale</strong>n <strong>Strafgerichtshof</strong>,<br />

CICC, hat in diesem Zusammenhang<br />

die Besetzung der 18 Richterposten<br />

ausdrücklich begrüßt (vgl. CICC 2003).<br />

Ebenso geht Chefankläger Luis Moreno-<br />

Ocampo ein tadelloser Ruf voraus: Dem<br />

Argentinier wird nachgesagt, er habe in<br />

der Aufarbeitung der Menschenrechtsverbrechen<br />

in seiner Heimat Mut und<br />

21 Eine vergleichende Studie über die nationalen<br />

Verfahren zur Berufung hoher Richter<br />

hat ergeben, dass sich bei der Bestimmung<br />

von Richtern in jedem Staat Spielräume für<br />

politischen Einfluss finden (vgl. Brinke /<br />

Deml 2002: 101).

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