Der Internationale Strafgerichtshof - Vorbote eines Weltinnenrechts?
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lerweile im so genannten „ius cogens“<br />
zur Geltung, das für Staaten zwingendes<br />
Gemeinschaftsrecht formuliert. Die im<br />
Rahmen der Wiener Vertragsrechtskonvention<br />
ausdrücklich anerkannte Geltung<br />
von ius cogens erlaubt Staaten unter<br />
keinen Umständen eine Abweichung von<br />
der zwingenden Norm und entzieht sie<br />
somit staatlicher Disposition (vgl. Delbrück<br />
2001a: 28-31). Zusammengenommen<br />
bedeutet dies laut Delbrück,<br />
„daß das Völkerrecht sich von der bisher<br />
vertretenen souveränitäts- und konsensbasierten<br />
Geltungsgrundlage entfernt<br />
und sich zu einer objektiven Rechtsordnung<br />
entwickelt“ (Delbrück 2001: 6).<br />
2.2 Erweiterung des Kreises<br />
der Völkerrechtssubjekte<br />
Die zweite Kernthese, auf der der Befund<br />
von der Transformation des Völkerrechts<br />
zu einem Weltinnenrecht aufbaut,<br />
ist die Erweiterung des Kreises der<br />
Völkerrechtssubjekte. Wie auch die<br />
Globalisierungsforschung stichhaltig<br />
belegt, ist das Monopol des Staates als<br />
politischer Akteur in den internationalen<br />
Beziehungen gebrochen. Stattdessen ist<br />
an der Gestaltung der Weltpolitik eine<br />
Vielzahl von Akteuren beteiligt: Dazu<br />
zählen neben Staaten etwa internationale<br />
Organisationen, multinationale Unternehmen,Nichtregierungs-Organisationen<br />
und Individuen.<br />
Die Anerkennung einer Völkerrechtssubjektivität<br />
von internationalen Organisationen<br />
war dabei stets unstrittig, da diese<br />
ihre Existenz direkt aus staatlichem<br />
Willen ableiten. Anders stellt sich der<br />
Fall bei nicht-staatlichen Organisationen<br />
(NGOs) und Individuen dar. Sie könnten<br />
an einer rein zwischenstaatlichen Ord-<br />
PHILIPP STEMPEL<br />
nung keinen Anteil haben, weil sie nicht<br />
mit hoheitlichen Rechten ausgestattet<br />
sind. Delbrück führt jedoch an, dass in<br />
der politischen Realität sowohl NGOs<br />
als auch Individuen im Rahmen des<br />
Völkerrechts agieren (vgl. Delbrück<br />
2001a: 21-26). So wirkten NGOs beim<br />
Abkommen zum Verbot von Landminen<br />
oder auch bei der Umweltkonferenz in<br />
Rio aktiv an der Ausarbeitung von völkerrechtlichen<br />
Verträgen mit. Ferner<br />
haben sie im Rahmen des Menschenrechtsschutzes<br />
ein Beschwerderecht bei<br />
internationalen Überwachungsorganen<br />
und sind zum Teil fest in den Implementationsprozess<br />
völkerrechtlicher Regelungen<br />
mit eingebunden, wie etwa in der<br />
Konvention zur Verhinderung der Wüsten.<br />
Auch für Individuen konstatiert<br />
Delbrück eine direkte Partizipation an<br />
völkerrechtlichen Regelungen, sei es<br />
durch Klagerechte vor internationalen<br />
Gerichten wie dem Europäischen Gerichtshof<br />
für Menschenrechte oder eine<br />
individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit.<br />
Insofern muss laut Delbrück Individuen<br />
und NGOs eine zumindest beschränkte<br />
Völkerrechtssubjektivität zugestanden<br />
werden. Eine solche Öffnung des Völkerrechts<br />
für gesellschaftliche Akteure<br />
veranlasst Delbrück zu dem vorläufigen<br />
Fazit, „daß es zumindest einen Trend im<br />
Völkerrecht gibt, daß sich dieses bisher<br />
zwischenstaatliche Recht zu einer –<br />
auch – transnationalen Rechtsordnung<br />
transformiert“ (Delbrück 2001: 5).<br />
2.3 Durchsetzungsfähigkeit<br />
des Rechts<br />
Das traditionelle Völkerrecht kennt<br />
keine zentrale Rechtsdurchsetzungsin-