Der Internationale Strafgerichtshof - Vorbote eines Weltinnenrechts?
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DER INTERNATIONALE STRAFGERICHTSHOF 55<br />
NGO-Koalition für einen <strong>Internationale</strong>n<br />
<strong>Strafgerichtshof</strong> sind bis zum Sommer<br />
2004 beachtliche 90 solcher Bilateral<br />
Agreements abgeschlossen worden, 41<br />
davon mit Vertrags- oder Unterzeichnerstaaten<br />
des Statuts von Rom (vgl. ICCnow<br />
2004). Die bilateralen Abkommen<br />
stellen für den IStGH somit eine immense<br />
Herausforderung dar. Wenn die Vereinigten<br />
Staaten ihr Ziel erreichen und<br />
ein weltweites Netz von Verträgen<br />
schließen, werden US-Bürger eine dauerhafte<br />
Immunität vor dem IStGH genießen.<br />
Von einer Herrschaft des Rechts in<br />
den internationalen Beziehungen könnte<br />
keine Rede mehr sein, wenn der Welthegemon<br />
sich dauerhaft außerhalb der<br />
Rechtsordnung begibt.<br />
Damit bestätigt sich letztlich die historische<br />
Erfahrung, dass die Vereinigten<br />
Staaten internationalen Vereinbarungen<br />
generell keine Legitimität zugestehen,<br />
wenn sie diese nicht selbst kontrollieren<br />
können. Traditionell ist die amerikanische<br />
Außenpolitik durch eine ambivalente<br />
Haltung gegenüber dem Recht gekennzeichnet,<br />
wie auch Nico Krisch in<br />
seiner Abhandlung zum Verhältnis<br />
zwischen Recht und US-Außenpolitik<br />
feststellt: “Insofar as it [die USA, P.S.] is<br />
subject to international law, it seeks to<br />
maintain it in a primitive state, too weak<br />
to constitutional constraints on the pursuit<br />
of the U.S. national interest. And it<br />
seeks to establish strong legal rules for<br />
other states, through international or<br />
domestic processes, remaining itself<br />
exempt from or even, as far as possible,<br />
above the law. [...] In the hierarchy of<br />
norms, the U.S. Constitution is uppermost,<br />
and international law is merely<br />
part of subordinate foreign-relations<br />
law“ (Krisch 2003: 62).<br />
Dennoch: <strong>Der</strong> <strong>Strafgerichtshof</strong> ist auf die<br />
Unterstützung der Supermacht maßgeblich<br />
angewiesen. Im Hinblick auf die<br />
Durchsetzungsfähigkeit des IStGH ist<br />
darum die Frage unumgänglich, ob<br />
Aussichten darauf bestehen, die USA in<br />
absehbarer Zeit für den IStGH zu gewinnen<br />
oder zumindest zu einer Haltung<br />
der „guten Nachbarschaft“ zu bewegen,<br />
wie sie noch die Regierung Clinton in<br />
Aussicht gestellt hatte. Paradoxerweise<br />
waren es doch gerade die USA, die in<br />
der Geschichte mit Nürnberg oder den<br />
Ad-hoc-Tribunalen die internationale<br />
Strafgerichtsbarkeit vorangetrieben<br />
hatten.<br />
Als Erklärung für diese ablehnende<br />
Haltung lässt sich eine ganze Reihe von<br />
möglichen Gründen anführen: So lässt<br />
sich das Verhalten der USA sowohl mit<br />
einem realpolitischen Interesse am Erhalt<br />
der Machtposition im internationalen<br />
System erklären wie auch mit eher<br />
konstruktivistisch orientierten Ansätzen,<br />
die vor allem in der politischen Kultur<br />
der Vereinigten Staaten und dem „American<br />
Exceptionalism“ die entscheidende<br />
Ursache sehen. Matthias Dembinski hat<br />
zudem darauf hingewiesen, dass große<br />
Teile der politischen Klasse der USA<br />
gegenüber internationaler Kooperation<br />
ein tief sitzendes Misstrauen empfinden,<br />
da sie wegen der damit verbundenen<br />
Beschränkungen das Ideal demokratischer<br />
Selbstbestimmung gefährdet sehen.<br />
52<br />
52 Dembinskis Studie liefert zudem einen<br />
erhellenden Überblick auf die verschiedenen<br />
Erklärungsansätze zur amerikanischen