Der Internationale Strafgerichtshof - Vorbote eines Weltinnenrechts?
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DER INTERNATIONALE STRAFGERICHTSHOF 41<br />
folgung ist im Statut von Rom eindeutig<br />
dem IStGH zugeordnet (vgl. Römisches<br />
Statut: Art. 17 (2) und Art. 19; Bruer-<br />
Schäfer 2001: 254-263; Meißner 2003:<br />
51-75). Im konkreten Verfahrensablauf<br />
ist zunächst der Ankläger zuständig, der<br />
vor jedem Verfahren im Rahmen einer<br />
Zulässigkeitsprüfung zu kontrollieren<br />
hat, ob ein Staat unwillig oder unfähig<br />
ist, seiner Pflicht zur nationalen Strafverfolgung<br />
nachzukommen. Für die Legitimität<br />
der Verfahren ist dem Legitimacy-<br />
Ansatz zufolge vor allem von Interesse,<br />
inwieweit die Anklagebehörde unabhängig<br />
von politischen Interessen vorgeht.<br />
Dabei ist davon auszugehen, dass ein<br />
Verfahren umso legitimer empfunden<br />
wird, je weniger es von politischen<br />
Interessen bestimmt ist.<br />
Dass dem <strong>Internationale</strong>n <strong>Strafgerichtshof</strong><br />
mitsamt seiner Anklagebehörde in<br />
Sachen Unabhängigkeit gute Werte zu<br />
bescheinigen sind, haben bereits die<br />
Ausführungen zur Objektivität des<br />
IStGH gezeigt (vgl. Kap. 3.4.). Die<br />
Voraussetzungen für eine interessenfreie<br />
Rechtsanwendung sind somit gegeben,<br />
bieten aber noch keine Garantie dafür,<br />
dass das Gericht, beziehungsweise der<br />
Ankläger frei von politischen Interessen<br />
agiert. Doch kommt hier den von den<br />
gerichtshofskeptischen Staaten durchgesetzten<br />
checks and balances eine wichtige<br />
Rolle zu: Die Kontrolle des Anklägers<br />
durch die drei Richter der Vorverfahrenskammer<br />
schränkt die Gefahr<br />
politischer Willkür erheblich ein. Im<br />
Hinblick auf die Legitimität und Fairness<br />
der gerichtlichen Verfahren sind weitreichende<br />
Kontrollen durchaus positiv zu<br />
werten, da sie den Beteiligten zusätzliches<br />
Vertrauen in die Normanwendung<br />
ermöglichen. Den wichtigsten Beitrag<br />
für eine zunehmende Anerkennung der<br />
Normanwendung des IStGH muss jedoch<br />
die Auslegungspraxis des Gerichts<br />
liefern.<br />
Ob aber im konkreten Fall durch faire<br />
Gerichtsverfahren zur Bewertung der<br />
nationalen Strafverfolgung die Bereitschaft<br />
von Staaten steigt, die eigene<br />
Strafverfolgung zu verbessern, ist zweifelhaft.<br />
Entscheidungen aus Den Haag<br />
werden voraussichtlich nur Staaten<br />
betreffen, die sich dem Verdacht aussetzen,<br />
schwerste Menschheitsverbrechen<br />
nicht bestrafen zu können oder zu wollen.<br />
Es ist anzunehmen, dass der betreffende<br />
Staat für ein solches Verhalten<br />
schwerwiegende Gründe haben wird,<br />
welche so stark sind, dass sie die Norm<br />
zur Strafverfolgung und damit auch den<br />
Compliance pull legitimer Verfahren<br />
überlagern. Am deutlichsten ist diese<br />
Konstellation sicher gegeben, wenn<br />
Staaten systematisch in die Begehung<br />
von Völkerrechtsverbrechen involviert<br />
sind: Das Interesse der Verantwortlichen<br />
besteht dann schlicht darin, sich nicht<br />
selbst verurteilen zu wollen. Faire Verfahren<br />
können da wenig ausrichten.<br />
Wo aber ein unabhängiges Rechtssystem<br />
besteht, ist die Legitimität von Rechtsverfahren<br />
vor dem IStGH zweifelsfrei<br />
ein wichtiges Motiv für die nationalen<br />
Behörden, eine Strafverfolgung zu<br />
betreiben. So beschränkt sich eine durch<br />
legitime Verfahren bedingte bessere<br />
Compliance vor allem auf Drittstaaten<br />
und Staaten mit einer stabilen und unabhängigen<br />
Rechtsordnung.