Der Internationale Strafgerichtshof - Vorbote eines Weltinnenrechts?
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40<br />
hin. 39 Durch vielschichtige Lobbyarbeit<br />
von Interessengruppen im innerstaatlichen<br />
Raum fände das Gebot zur nationalen<br />
Strafverfolgung somit Fürsprecher<br />
im nationalen Regierungs- und Justizsystem<br />
sowie der breiten Öffentlichkeit.<br />
Damit könnte sich nicht nur der Compliance-Druck<br />
auf die betreffenden Regierungen<br />
erhöhen, sondern auf lange Sicht<br />
auch das Wertegefüge innerhalb des<br />
nationalen Systems. 40 Das liefe unter<br />
anderem darauf hinaus, dass sowohl die<br />
Transformation des Völkerstrafrechts in<br />
nationales Recht gefördert wird als auch<br />
die Bereitschaft von Staatsanwälten,<br />
dieses Recht anzuwenden. Darüber<br />
hinaus sind Anklagebehörde und Gericht<br />
gefordert, durch bilateralen Dialog und<br />
aktive Präsenz in internationalen Foren<br />
wie den Vereinten Nationen die normative<br />
Kraft des Gebots zur nationalen<br />
Strafverfolgung zu fördern (OTP 2003b:<br />
5). Oft ist in diesem Zusammenhang von<br />
einer „culture of accountability“ die<br />
Rede (vgl. Broomhall 2002: 162).<br />
An der Relativierung der Menschenrechte<br />
in jüngster Vergangenheit wird jedoch<br />
deutlich, dass die Legitimität von Normen<br />
keine stabile Größe ist. Insbesondere<br />
wenn sich Staaten und Gesellschaften<br />
von außen bedroht fühlen, geraten<br />
scheinbar unverrückbare Maximen ins<br />
39 Dies verbreitete die Association in der email-news-group<br />
der NGO-Koalition Coalition<br />
for the International Criminal Court<br />
(CICC) am 23.6.2004. Zu den Plänen und<br />
Grundsätzen der Association vgl. http://<br />
www.war-crimes.net.<br />
40 Diese Ansicht vertritt insbesondere Harold<br />
Hongju Koh, der einen solchen „transactional<br />
process“ der Internalisierung von Normen<br />
als entscheidende Compliance-<br />
Determinante begreift (vgl. Koh 1997:<br />
2645-2659).<br />
PHILIPP STEMPEL<br />
Wanken. In dieser Hinsicht stellt der<br />
internationale Terrorismus derzeit sicherlich<br />
die größte Gefahr dar. Eine<br />
„culture of accountability“ befindet sich<br />
folglich in Konkurrenz mit anderen<br />
Normen, so dass der Förderung der Ziele<br />
des IStGH durch innerstaatliche Gruppen<br />
eine herausragende Bedeutung<br />
zuwächst.<br />
Eine Zwischenbilanz der Compliance-<br />
Chancen auf Ebene der nationalen Strafverfolgung<br />
muss somit vorsichtig ausfallen:<br />
Einerseits sprechen Hintergrund und<br />
Entstehungsgeschichte der Verpflichtung<br />
zur indirekten Rechtsdurchsetzung für<br />
einen compliance-pull. Die Förderung<br />
einer Entstehung einer „community of<br />
law“ durch den Ankläger lässt ebenfalls<br />
eine steigende Compliance-Bereitschaft<br />
erwarten. Solange sich jedoch der Trend<br />
zur Relativierung internationaler Rechtsstandards<br />
weiter fortsetzt, ist damit zu<br />
rechnen, dass eine nationale Strafverfolgung<br />
nur nach politischen Motiven<br />
erfolgt und somit die ungleiche Praxis<br />
der Vergangenheit weiter fortsetzt. Von<br />
einer globalen Herrschaft des Rechts<br />
wäre das weit entfernt.<br />
Die Compliance-Bereitschaft von Staaten<br />
erklärt sich jedoch nicht allein durch<br />
die faire Normsetzung, sondern auch<br />
durch deren als legitim erachtete Anwendung.<br />
Im Hinblick auf das Strafverfolgungsgebot<br />
ist demnach zu fragen,<br />
auf welche Art und Weise im Rahmen<br />
des IStGH-Regimes eine Nichtbefolgung<br />
behandelt, wie also darüber entschieden<br />
wird, ob ein Staat nicht willens oder<br />
nicht in der Lage ist, seinen vertraglichen<br />
Verpflichtungen nachzukommen.<br />
Die Entscheidungskompetenz über die<br />
Ernsthaftigkeit der nationalen Strafver-