Der Internationale Strafgerichtshof - Vorbote eines Weltinnenrechts?
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34<br />
Staaten hergestellt werden. So sieht<br />
Artikel 86 des Statuts eine explizite<br />
Verpflichtung zur „uneingeschränkten“<br />
Kooperation vor, die im anschließenden<br />
Teil 9 mit detaillierten Regelungen zur<br />
Rechtshilfe näher ausgeführt wird (vgl.<br />
Römisches Statut: Teil 9, insbes. Art. 86<br />
und 93). Staaten sind demnach verpflichtet,<br />
Rechtshilfeersuchen des Gerichts<br />
Folge zu leisten und beispielsweise<br />
Beweismaterial sicherzustellen, Tatorte<br />
zu untersuchen sowie Angeklagte zu<br />
verhaften und auszuliefern. Um auszuschließen,<br />
dass Staaten ein Gesuch des<br />
IStGH aus formalen Gründen ablehnen<br />
können, stellt Artikel 88 darüber hinaus<br />
klar, dass die Vertragsstaaten dafür zu<br />
sorgen haben, dass „in ihrem innerstaatlichen<br />
Recht für alle [...] vorgesehenen<br />
Formen der Zusammenarbeit Verfahren<br />
zur Verfügung stehen“ (Römisches<br />
Statut: Art. 88). Aus formeller Sicht<br />
steht einer direkten Durchsetzung des<br />
Völkerstrafrechts damit nichts mehr im<br />
Wege. Rechtsdurchsetzungsinstrumente<br />
des IStGH sind die Vertragsstaaten.<br />
Doch lassen die Erfahrungen, die beispielsweise<br />
das Jugoslawientribunal<br />
gemacht hat, nicht darauf schließen, dass<br />
der IStGH mit einer reibungslosen Zusammenarbeit<br />
rechnen kann. 32 So schildert<br />
ein Ermittler des Jugoslawientribunals<br />
anschaulich, wie sich Staaten dem<br />
ICTY dauerhaft widersetzten, obwohl<br />
Resolutionen des Sicherheitsrats verbindlich<br />
die Zusammenarbeit vorschreiben:<br />
„Da will Louise Arbour, die damalige<br />
Chefanklägerin, zu Beginn des<br />
32 Für einen Abriss der Zusammenarbeit von<br />
Bosnien-Herzegowina, Serbien und Kroatien<br />
mit dem ICTY vgl. Bass 2000: 255-<br />
260.<br />
PHILIPP STEMPEL<br />
Jahres 1999 einen Tatort im Kosovo<br />
besuchen, um rechtzeitig die Beweise<br />
des behaupteten Massakers von Racak<br />
sicherzustellen. An der Grenze zwischen<br />
Mazedonien und Serbien muss sie aber<br />
wieder umkehren, weil ein einfacher<br />
Grenzbeamter ihr und ihren Ermittlern<br />
die Einreise verweigert“ (Wäspi 2000:<br />
2453). Im Jahresbericht des Tribunals<br />
heißt es zu dem Thema: „Noncompliance<br />
by the FRY [Former Republic<br />
of Yugoslavia] continued to pose<br />
serious problems for the Tribunal [...]“<br />
(ICTY 1999: § 91). Mit solchen Problemen<br />
wird sich zweifellos auch der<br />
IStGH herumschlagen müssen.<br />
Es lässt sich festhalten, dass die Unterstützung<br />
durch die Vertragsstaaten für<br />
die Durchsetzung des Völkerstrafrechts<br />
sowohl auf zentraler als auch dezentraler<br />
Ebene von entscheidender Bedeutung ist.<br />
Einer erfolgreichen Rechtsdurchsetzung<br />
im Sinne einer Bestrafung schwerster<br />
völkerrechtlicher Verbrechen muss<br />
immer eine ausreichende Regelbefolgung<br />
der Staaten vorausgehen. Im Folgenden<br />
ist deswegen mit Hilfe der<br />
Compliance-Forschung der Frage nachzugehen,<br />
inwieweit im Rahmen des<br />
IStGH-Durchsetzungsregimes eine<br />
Rechtsbefolgung der Staaten erwartet<br />
werden kann. Auf indirekter Ebene wird<br />
die Folgebereitschaft im Zusammenhang<br />
mit der Verpflichtung zur Strafverfolgung<br />
auf nationaler Ebene untersucht,<br />
auf direkter Ebene im Zusammenhang<br />
mit der Verpflichtung zur Zusammenarbeit<br />
und Rechtshilfe. Auf beiden Ebenen<br />
greift die Analyse auf die drei Hauptansätze<br />
der Compliance-Forschung zurück:<br />
die Enforcement-, Legitimacy- und<br />
Management-School.