Der Internationale Strafgerichtshof - Vorbote eines Weltinnenrechts?
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36<br />
ten den Impuls zur Angleichung des<br />
nationalen Strafrechts an die Vorgaben<br />
des Rom-Statuts gesetzt. Als vorbildlich<br />
gilt in diesem Zusammenhang das im<br />
Juni 2002 von der deutschen Bundesregierung<br />
eingeführte Völkerstrafgesetzbuch,<br />
das alle vom Römischen Statut<br />
erfassten Verbrechen abdeckt. Es erfüllt<br />
aus rechtlicher Sicht alle Voraussetzungen<br />
für einen größeren deutschen Beitrag<br />
zur dezentralen Durchsetzung des Völkerstrafrechts.<br />
Bemerkenswerterweise wird auch in<br />
Nichtvertragsstaaten wie beispielsweise<br />
den USA eine Anpassung des nationalen<br />
Strafrechts erwogen. Dies erklärt sich<br />
dadurch, dass der Grundsatz der Komplementarität<br />
auch im Verhältnis zu<br />
Drittstaaten gilt. Sollte also beispielsweise<br />
ein Amerikaner verdächtigt werden,<br />
auf dem Gebiet <strong>eines</strong> Vertragsstaates ein<br />
Völkerrechtsverbrechen begangen zu<br />
haben, kann die US-Justiz amerikanische<br />
Staatsbürger vor einer Strafverfolgung<br />
durch den IStGH schützen, indem sie<br />
sich selbst der Sache annimmt.<br />
Indem völkerrechtliche Normen Eingang<br />
in die nationale Rechtsordnung finden,<br />
werden nationale Gerichte zu wichtigen,<br />
wenn nicht sogar den wichtigsten Instanzen<br />
zur Durchsetzung des Völkerrechts.<br />
Je mehr Angleichung zwischen nationalem<br />
und internationalem Recht stattfindet,<br />
desto mehr werden nationale Richter<br />
zu Vollzugsträgern der Völkerrechtsordnung.<br />
Allerdings formuliert das Statut<br />
keine ausdrückliche Verpflichtung zur<br />
Strafverfolgung. Die rechtspolitisch<br />
brisante Frage, ob Drittstaaten zur Verfolgung<br />
von Völkerrechtsverbrechen<br />
PHILIPP STEMPEL<br />
verpflichtet sind, bleibt damit unbeantwortet.<br />
35<br />
Dies gilt in besonderem Maße für die<br />
Anwendung des Weltrechtsprinzips, bei<br />
dessen Geltendmachung die nationale<br />
Justiz bekanntlich als Stellvertreter der<br />
internationalen Gemeinschaft agieren<br />
kann (vgl. Kap. 3.2.). So sieht beispielsweise<br />
das neue deutsche Völkerstrafgesetzbuch<br />
die uneingeschränkte Geltung<br />
des Weltrechtsprinzips vor. War zuvor<br />
für die Geltendmachung dieses Leitsatzes<br />
noch ein Anknüpfungspunkt zum<br />
deutschen Inland erforderlich, verfügt §<br />
1 des Völkerstrafgesetzbuchs die Geltung<br />
des Weltrechtspflegeprinzips für<br />
alle in seinem Rahmen erfassten Völkerrechtsverbrechen,<br />
auch wenn die Tat<br />
keinen Bezug zum Inland aufweist (vgl.<br />
Werle 2003: 84-92; Eser / Kreicker<br />
2003). Allerdings ist in naher Zukunft<br />
kaum mit einer weiteren Verbreitung des<br />
uneingeschränkten Weltrechtsprinzips zu<br />
rechnen. So soll es im Bundesjustizministerium<br />
hinter vorgehaltener Hand<br />
heißen, dass ein zum jetzigen Zeitpunkt<br />
aufgelegtes Völkerstrafgesetzbuch sicher<br />
nicht mehr auf das uneingeschränkte<br />
Weltrechtsprinzip zurückgreifen würde. 36<br />
Grund dafür sind die jüngsten Entwicklungen<br />
in Recht und Politik: Zum einen<br />
sind damit die absehbaren politisch<br />
brisanten Verwerfungen angesprochen,<br />
wie sie Belgien im Zusammenhang mit<br />
Klagen gegen beispielsweise Ariel Scha-<br />
35 Die Formulierungen in der Präambel des<br />
Statuts bekräftigen lediglich die Verpflichtung<br />
zur Bestrafung von Taten, die im Hoheitsgebiet<br />
des Staates begangen worden<br />
sind. Vgl. mit weiteren Verweisen Werle<br />
2003: 189.<br />
36<br />
Gespräch<br />
8.6.2004.<br />
mit Helmut Kreicker am