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Der Internationale Strafgerichtshof - Vorbote eines Weltinnenrechts?

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DER INTERNATIONALE STRAFGERICHTSHOF 21<br />

Standfestigkeit bewiesen und sei dabei<br />

auch nicht vor dem politischmilitärischen<br />

Establishment zurückgeschreckt.<br />

Dass Moreno-Ocampo angekündigt<br />

hat, Hinweise auf eine mögliche<br />

Verwicklung internationaler Konzerne in<br />

die Verbrechen in der Republik Kongo<br />

zu untersuchen, kann als erster Beleg<br />

dafür gelten, dass diese Einschätzung<br />

zutrifft (vgl. OTP 2003: 3-4). Menschenrechtsorganisationen<br />

und Vertreter der<br />

CICC lobten den Argentinier als gute<br />

Wahl (Ulrich 2003: 10). Die Integrität<br />

und fachliche Qualifikation des Anklägers<br />

sowie der 18 Richter, die zum Teil<br />

schon am Jugoslawien-Tribunal Recht<br />

gesprochen haben, lassen somit eine<br />

unabhängige Amtsausübung erwarten.<br />

3.3.3 Auslegungsfreiheit<br />

Eine große richterliche Auslegungsfreiheit<br />

hat häufig eine Kompetenzerweiterung<br />

des Gerichts zur Folge. Idealtypisch<br />

wird in diesem Zusammenhang immer<br />

wieder der Europäische Gerichtshof<br />

angeführt, der durch Auslegung unpräziser<br />

Rechtsgrundlagen die Stärkung des<br />

Gemeinschaftsrechts vorangetrieben und<br />

dadurch letzten Endes dessen Vorrang<br />

vor nationalem Recht etabliert hat (vgl.<br />

Helfer / Slaughter 1997: 292; Keohane /<br />

Moravcsik / Slaughter 2001: 77-78). Wo<br />

aber das anzuwendende Recht präzise<br />

formuliert ist und wenig Spielraum für<br />

Interpretationen lässt, ist die Unabhängigkeit<br />

<strong>eines</strong> Gerichts als eher gering<br />

einzuschätzen.<br />

Gemessen daran kann dem IStGH nur<br />

eine stark eingeschränkte Unabhängigkeit<br />

bescheinigt werden. So haben die<br />

Vertragsstaaten im Rahmen der preparatory<br />

commission sowohl die Verfahrens-<br />

und Beweisregeln als auch eine Präzisierung<br />

der Straftatbestände erarbeitet, die<br />

für das Gericht bindend sind. Dieser<br />

Vorgang ist ungewöhnlich und bringt ein<br />

tiefes Misstrauen gegenüber dem Gericht<br />

zum Ausdruck: „Denn hiermit wird eine<br />

genuine richterliche Aufgabe, nämlich<br />

die Interpretation der anzuwendenden<br />

Norm in einem wesentlichen Punkt<br />

beschnitten und die Möglichkeit des<br />

<strong>Internationale</strong>n <strong>Strafgerichtshof</strong>s, eine an<br />

den Bedürfnissen der Praxis ausgerichtete<br />

Fortentwicklung der Norm zu betreiben,<br />

eingeschränkt“ (Dahm / Delbrück /<br />

Wolfrum 2002: 1145).<br />

Anders stellt sich die Lage im Zusammenhang<br />

mit der Einleitung von Ermittlungsverfahren<br />

durch die Anklagebehörde<br />

dar. Dabei zeigt sich, dass die Bestimmungen<br />

des Statuts dem Ankläger in<br />

entscheidenden Aspekten erheblichen<br />

Spielraum lassen. So muss der Ankläger<br />

die offizielle Einleitung von Verfahren<br />

davon abhängig machen, ob er eine<br />

„hinreichende Grundlage für die Aufnahme<br />

von Ermittlungen“ (Römisches<br />

Statut: Art. 15 (3)) vorfindet. Im englischsprachigen<br />

Text ist ebenso unscharf<br />

von einer „reasonable basis to proceed“<br />

die Rede.<br />

Somit ist es dem Ankläger überlassen zu<br />

bestimmen, wann seiner Meinung nach<br />

hinreichende Verdachtsmomente vorliegen.<br />

Bevor aber ein Verfahren eingeleitet<br />

werden kann, muss er – wie im Zusammenhang<br />

mit dem Kriterium Entfaltungsfreiheit<br />

angesprochen wurde – auch<br />

die Vorverfahrenskammer von seiner<br />

Auffassung überzeugen. Folglich ist der<br />

Ankläger gezwungen, seine Auslegung<br />

in möglichst eindeutiger und nachvollziehbarer<br />

Weise begründen zu können.

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