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KONGRESSJOURNAL 2015/Samstag-Ausgabe public

Offizielle Kongresszeitung der Steirischen Akademie für AllgemeinmedizinGraz/28. November 2015 An drei Tagen wurden zwei Kongressjournale mit Live-Berichterstattungen, Vorschauen auf Vorträge und Seminare, Interviews und Rückblicke direkt am Kongress verteilt.

Offizielle Kongresszeitung der Steirischen Akademie für AllgemeinmedizinGraz/28. November 2015 An drei Tagen wurden zwei Kongressjournale mit Live-Berichterstattungen, Vorschauen auf Vorträge und Seminare, Interviews und Rückblicke direkt am Kongress verteilt.

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KONGRESS<br />

JOURNAL<br />

Kommunikation mit Demenz-Patienten<br />

Auf ihre Signale genau achten<br />

Menschen mit Demenz haben<br />

viele Fähigkeiten und Ressourcen.<br />

Sie sind in ihrer Persönlichkeit<br />

einzigartig und vollständige<br />

Wesen. „Verstehen wir ihre<br />

Signale, gibt es tiefe und bereichernde<br />

Begegnungen von<br />

Mensch zu Mensch“, erklärt Mag.<br />

Sabine Oswald, Psychotherapeutin,<br />

Volkshilfe Steiermark.<br />

Verloren wirkend, unsicher, nicht wissend,<br />

wo sie sind und was sie hier tun<br />

sollen – unter Spannung, aggressiv,<br />

enthemmt, beschuldigend – still, in<br />

sich gekehrt, kaum reagierend, apathisch<br />

– sehr freundlich, plaudernd,<br />

tarnend und täuschend, um Unsicherheiten<br />

zu maskieren – verzweifelt,<br />

traurig, hilflos, den Verlust spürend,<br />

beschämt, anklammernd – humorvoll,<br />

ablenkend jede Klippe umschiffend<br />

– Anweisungen nicht folgen<br />

können, Erklärungen nicht verstehen,<br />

bemüht – begleitende Angehörige<br />

gestresst, unter Druck, angestrengt,<br />

auch verzweifelt, Hilfe suchend.<br />

Es gibt viele unterschiedliche Verhaltensweisen<br />

von Menschen mit Demenz<br />

und deren Betreuungspersonen.<br />

Sabine Oswald: „Gleichzeitig gibt<br />

es auch Begegnungen, wo alles stimmig<br />

erscheint und wir uns auf einer<br />

tiefen Wesensebene finden können,<br />

wo wir miteinander etwas zum Klingen<br />

bringen und Kommunikation auf<br />

eine ganz andere Art funktioniert. Wir<br />

finden Wege zueinander und erreichen<br />

unkompliziert, was geplant war.“<br />

Was gilt es zu beachten?<br />

Demenz ist der Überbegriff einer Vielzahl<br />

von Erkrankungen, die mit einer<br />

Störung des Gedächtnisses, der Orientierung,<br />

Veränderungen im Verhalten<br />

und der Persönlichkeit, dem<br />

Verlust von Alltagsfertigkeiten, kognitivem<br />

Abbau und einer Verlangsamung<br />

zu tun haben. Jede betroffene<br />

Person, jedes Familiensystem reagiert<br />

in seiner ureigenen Art darauf. Alle<br />

brauchen Zeit, mit dieser Situation<br />

umgehen zu lernen, wichtige Informationen<br />

über das Krankheitsbild<br />

zu erhalten und andere Wege in der<br />

Kommunikation zu beschreiten.<br />

Menschen mit Demenz weisen schon<br />

sehr früh darauf hin, dass sie besondere<br />

Antennen für Authentizität, Präsenz<br />

und den emotionalen Zustand<br />

eines Gegenübers entwickeln und<br />

sehr fein auf Atmosphäre und Umgebungseinflüsse<br />

reagieren. Daher<br />

sind Tipps für Angehörige und Betreuungspersonal<br />

im Vorfeld wichtig,<br />

wie der Weg in die Arztpraxis zum<br />

Termin möglichst entspannt gelingen<br />

kann. Hilfreich sind hier auch einfache<br />

Erklärungen und Zugänge zur Erkrankung,<br />

die einen das Verhalten verstehen<br />

lassen. Ebenso muss die Sprache<br />

einfach und klar sein, damit Anweisungen<br />

verstanden werden.<br />

Nehmen die hirnphysiologischen Abbauprozesse<br />

zu, treten Sprache und<br />

Kognition in den Hintergrund, handelt<br />

die Person immer stärker instinktiv,<br />

evolutionsgesteuert. Unbewusste Bewertungsmechanismen<br />

leuchten die<br />

Foto: privat<br />

Umgebung ab und lassen sie biologisch-emotional<br />

reagieren. Speziell<br />

bei so empfundenem, feindlichem<br />

Stress treten schlüssige Reaktionen<br />

zu Tage, die oft als herausforderndes<br />

Verhalten wahrgenommen werden.<br />

„Reagieren wir hier zu spät, da wir frühe<br />

Signale nicht wahrnehmen, sind<br />

wir selbst mit der Situation überfordert<br />

und reagieren wir körpersprachlich<br />

inadäquat, können viele Situationen<br />

eskalieren“, so Sabine Oswald.<br />

Hier können bereits Milieugestaltung<br />

und Lichtverhältnisse Sicherheit, Geborgenheit<br />

und Entspannung bieten.<br />

Schon ein universal angebotener<br />

„Augengruß“ kann Bindung und eine<br />

tragfähige Beziehung herstellen. Gerade<br />

in schwierigen Situationen sendet<br />

Körpersprache die entscheidenden<br />

Signale zur Deeskalation.<br />

Mag. Sabine<br />

Oswald<br />

VORTRAG FÜR MITARBEITER:<br />

Menschen mit Demenz in der Arztpraxis<br />

Sa., 28. 11., 11.00 – 12.30 Uhr<br />

14 <strong>KONGRESSJOURNAL</strong>Graz/28. November <strong>2015</strong>

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