KulturFenster Nr. 01|2013 - Februar 2013
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Kritisch hingehört<br />
Musikalische Dramaturgie und<br />
mitreißende Rhythmen<br />
Cäcilienkonzert der Musikkapelle Zwölfmalgreien<br />
Die Musikkapelle Zwölfmalgreien bei ihrem traditionellen Cäcilienkonzert am 1. Dezember 2012 im Waltherhaus in Bozen<br />
Kapellmeisterin Cäcilia Perkmann hat<br />
für das traditionelle Cäcilienkonzert am<br />
1. Dezember 2012 eine interessante Programmauswahl<br />
abseits der inflationären<br />
Konfektionsware getroffen, mit der die<br />
Blasmusikverlage den Markt überschwemmen.<br />
Mit Perlen originaler Blasmusik und<br />
hervorragenden Transkriptionen macht sie<br />
den Zuhörer neugierig – und überzeugt.<br />
Leider kesselt der Rahmen der Theaterbühne<br />
des Waltherhauses den Orchesterklang<br />
ein, sodass sich der Klang der<br />
tiefen Register der hinteren Reihen nicht<br />
mit den vorderen Holzregistern mischen<br />
kann. Dadurch wirkt die Kapelle holzlastig,<br />
wohl auch durch das überdimensionierte<br />
Saxofonregister. Das Ohr gewöhnt sich aber<br />
nach kurzer Zeit an dieses Raumgefühl.<br />
Mit dem „Ungarischen Marsch“ von<br />
Hector Berlioz geht die Kapelle ohne lange<br />
Begrüßungsreden und Ansprachen sofort<br />
in „medias res“. Mit der verträumten und<br />
spielerischen „Neapolitan Serenade“ von<br />
Martin Ellerby verzaubert die junge Musikstudentin<br />
Agnes Mayr mit samtweichem<br />
Klang und musikalischer Leichtigkeit, getragen<br />
von den Arpeggi der Harfe und einer<br />
„kammermusikalischen“ Orchesterbegleitung.<br />
Mit musikalischer Dramaturgie<br />
lassen die feierliche Einleitung, der anmutige<br />
Walzer und das schwungvolle<br />
Scherzo aus der „Ballet Suite <strong>Nr</strong>. 4“ von<br />
Dmitri Schostakowitsch in einer Bearbeitung<br />
von Gert Buitenhuis die Tänzerinnen<br />
und Fabrikarbeiter der sowjetischen Kolchose<br />
erahnen.<br />
In Brassbandbesetzung eröffnet Jan<br />
Van der Roost‘s Hymne an den Sonnengott<br />
„Helios“ den zweiten Konzertteil, an<br />
dem sich die Kapelle fast wie gewandelt<br />
präsentiert. Nach den anfänglichen Intonationsproblemen<br />
und Unsicherheiten<br />
ist nun auch das Lampenfieber der Spielfreude<br />
gewichen. In einem wahren Wechselbad<br />
der Gefühle wird vom Untergang<br />
Pompejis erzählt („Vesuvius“ von Frank<br />
Ticheli), der Zuhörer in das emsige Treiben<br />
am Broadway und auf die Dachterrasse<br />
des 70 Stockwerke hohen Rockefeller<br />
Building mit seiner unbeschreiblichen<br />
Aussicht auf New York („Manhatten Symphony“<br />
von Serge Lancen) begleitet und<br />
mit mitreißenden Rhythmen in die irische<br />
Volksmusik („Gealforce“ von Peter Graham)<br />
entführt. Der spanische Marsch „Embajador<br />
Moro“ von Daniel Ferrero Silvaje<br />
ist die feurige Zugabe, eine Erinnerung<br />
an das Cäcilienkonzert des Vorjahres. Der<br />
bekannte Radetzky-Marsch hingegen ist<br />
wohl als Versöhnung für fehlende traditionelle<br />
Blasmusik im Konzert gedacht.<br />
Obwohl sehr musikalisch serviert, hätte<br />
sich der Zuhörer ob dieses phänomenalen<br />
Programms eine überzeugendere<br />
Draufgabe erwartet.<br />
Stephan Niederegger<br />
10<br />
<strong>KulturFenster</strong>