KulturFenster Nr. 01|2013 - Februar 2013
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Komponisten im Porträt<br />
Mit Blasmusik durch die EU<br />
Komponisten aus den EU-Ländern – 2. Teil<br />
Joachim Buch stellt in einer neuen Artikelserie die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union „blasmusikalisch“ vor; diesmal sind<br />
Zypern und Slowenien an der Reihe.<br />
(3) Zypern - Sophia Serghi<br />
Land<br />
Fläche<br />
Zypern<br />
9251 km²<br />
Einwohner 1.120.489<br />
Sophia Serghi, in Zypern geboren<br />
und auf der ganzen Welt zuhause<br />
Hauptstadt<br />
Nikosia<br />
Mit 18 Jahren begann die 1972 in der<br />
zypriotischen Hauptstadt Nikosia (Nordzypern)<br />
geborene Sophia Serghi ihr Studium<br />
in den USA. Bis heute ist sie dort wohnhaft<br />
geblieben, sieht man von einer zweijährigen<br />
Lehrtätigkeit in der Nähe ihrer alten<br />
Heimat ab: Von 2000 bis 2002 unterrichtete<br />
sie in Griechenland an den Universitäten<br />
von Korfu und Saloniki.<br />
Ihre akademischen Abschlüsse („degrees“)<br />
erwarb sie 1994 am Lewis and<br />
Clark College in Oregon (Bachelor) und<br />
1998 an der Columbia University (Master,<br />
Doctor). Weitere Qualifikationen erwarb<br />
sie sich durch Teilnahmen am Aspen<br />
Music Festival, am Oregon Bach Festival<br />
und an der École des Arts Américaines in<br />
Fontainebleau. Ihre berühmtesten Lehrer<br />
waren Joan Tower, Louis Andriessen und<br />
John Harbison. Heute unterrichtet sie am<br />
College of William and Mary in Williamsburg<br />
/ Virginia.<br />
Der musikalisch-kulturelle Hintergrund<br />
in ihrer Familie war sehr ausgeprägt. Die<br />
Mutter war studierte Pianistin und komponierte<br />
für die von ihr geleiteten Chöre. Der<br />
Vater war in der Theaterszene aktiv und für<br />
mehr als 30 Jahre zypriotischer Kulturminister.<br />
„Ich war umgeben von Musikern“ erzählt<br />
die Komponistin heute. Yehudi Menuhin<br />
sei anlässlich eines Konzerts in Zypern<br />
bei ihr zuhause vorbei gekommen. Auch<br />
habe der Vater Geschichten von Kurt Masur,<br />
Zubin Mehta und anderen Dirigenten<br />
erzählt. Sophia selbst erhielt mit sechs Jahren<br />
den ersten Klavierunterricht, „aber ich<br />
war stets mehr daran interessiert, Musik<br />
aufzuschreiben als die aktuell anstehenden<br />
Stücke zu üben.“<br />
In den späten achtziger Jahren besuchte<br />
sie ein Jahr die New Trier High School in<br />
den USA. Was sie dort an zeitgenössischer<br />
Musik kennenlernte, habe ihr Leben komplett<br />
verändert. Vor allem der Kontakt mit<br />
dem Komponisten John Rutter, unter dessen<br />
Leitung sie auch in der Carnegie Hall<br />
auftrat, habe sie nachhaltig beeinflusst.<br />
Nach Abschluss der High School in ihrer<br />
Heimat stand fest, dass sie mit einem<br />
Fulbright Stipendium zum Kompositionsstudium<br />
in die USA zurückkehren werde.<br />
Auf Zypern lernte sie zeitgenössische<br />
Musik vor allem durch junge Russen kennen,<br />
die in den ersten Perestroika-Jahren<br />
in ihr Land kamen, um dort zu sehen, wie<br />
der Kapitalismus funktioniere. Parallel dazu<br />
hörten sie bei Sophias Vater Vorlesungen<br />
über das antike Griechenland und gaben<br />
ihm als Gastgeschenk Schallplatten mit<br />
zeitgenössischer sowjetischer Musik von<br />
Schnittke, Gubaidulina und anderen, die<br />
eine wichtige Rolle im Leben der jungen<br />
Komponistin spielen sollten.<br />
Aber auch populäre Musik ist bei Serghi,<br />
deren Werke immer wieder von einem<br />
sehr prägnanten Rhythmus leben, nicht<br />
ganz zur Bedeutungslosigkeit verdammt.<br />
Im Soldatensender der britischen Armee<br />
auf Zypern hörte man regelmäßig die Top<br />
20 der Hitparade. „Ich habe mir die Titel<br />
mit meinem Cassettenrecorder aufgenommen<br />
und immer und immer wieder angehört.<br />
Popmusik mag ich eigentlich bis<br />
heute“, sagt sie und verweist auf ein vor<br />
zwei Jahren gehaltenes eigenes Seminar<br />
über Hip-Hop in Schwarzafrika. Ihr Verhältnis<br />
zur populären Musik fasst Serghi<br />
wie folgt zusammen: „Popmusik und ihre<br />
Rhythmen sind immer mit meiner Musik<br />
verflochten, ganz gleich ob es sich um einen<br />
russischen, griechischen oder amerikanischen<br />
Sound handelt. Ich bin schamlos<br />
im Verwenden von Melodien, die ich<br />
höre und liebe.“<br />
Einem in Europa weniger bekannten<br />
populären Stil ist Serghis bislang einziges<br />
Werk für Blasorchester verpflichtet: Die vor<br />
wenigen Jahren erschienene „Hommage<br />
à P-Funk“ bezieht sich auf den Ende der<br />
sechziger Jahre aufgekommenen „Pure &<br />
uncut Funk“ und ist eine Spielart der Musikrichtung<br />
Funk, die sich in den USA zunächst<br />
als Mischung aus psychedelischer<br />
Rockmusik, Soul und Funk entwickelte. Die<br />
Hauptpersonen stellten George Clinton und<br />
Bootsy Collins mit den von ihnen produzierten<br />
Bandprojekten Parliament, Funkadelic,<br />
Parlet und Brides of Funkenstein dar.<br />
Aktuell arbeitet Serghi an zahlreichen<br />
neuen Projekten, die oft auch vom Jazz<br />
beeinflusst sind. Dafür ist sie extrem oft<br />
unterwegs, wie man ihrem Facebook-Eintrag<br />
entnehmen kann. Auf die Frage nach<br />
ihrem aktuellen Wohnort gibt sie an: „Irgendwo<br />
in einem Flugzeug.“<br />
18<br />
<strong>KulturFenster</strong>